Reise in die Vereinsgeschichte: Die Stuttgarter Kickers in Budapest und Wien 1920

Nach dem Sieg gegen Bremen II hier auch der 2. Teil aus der Reihe „Zeitreise in die Vereinsgeschichte“.

Dieses Mal habe ich mir ein echtes Schmuckstück herausgezogen. Ein Schmuckstück, dass vielleicht auch den derzeitigen Politikern im Stuttgarter Gemeinderat vorgelegt werden sollte. Denn das was die Herren und Damen Entscheidungsträger von den Kickers heute halten, das war nicht immer so. Aber Werte und Traditionen sind heutzutage wohl nicht mehr gefragt.

Wir reisen zurück ins Jahr 1920. Nachdem das Kickers-Stadion im ersten Weltkrieg zum Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen genutzt wurde und die Revolution in Deutschland beendet ist, beginnt der Wiederaufbau. Die Kickers holem mit Dori Kürschner einen absoluten Top-Trainer vom MTK Budapest und feiern die Wiedereröffnung ihres Stadions mit einem Privatspiel gegen MTK Budapest. Kürschner soll das ungarische Fußballspiel – damals führend in Europa – auch bei den Kickers umsetzen. Von der Jugend bis hin zur ersten Fußballmannschaft soll dies auch später den Verein prägen. Zum Anschauungsunterricht begeben sich die Kickers an Ostern 1920 auf große Reise nach Österreich-Ungarn. „Reise in die Vereinsgeschichte: Die Stuttgarter Kickers in Budapest und Wien 1920“ weiterlesen

StZ: Wegen zu hoher Kosten: Stadt stoppt Sanierung des Gazi-Stadions

Kosten 27 Prozent höher als geplant – DFB ist informiert

Stuttgart – Das Kickers-Stadion wird im Winter keine Großbaustelle. Die Stadt verzichtet wegen der Finanzkrise vorerst auf die Modernisierung. Die Kosten wären von 5,4 auf 6,9 Millionen Euro gestiegen. Die Auflagen des Fußball-Bundes werden nun nicht erfüllt.

Von Jörg Nauke

Der Sportausschuss ist am Dienstag von der Absicht der Stadt informiert worden, das Gazi-Stadion auf der Waldau vorerst nicht so zu modernisieren, dass es die aktuellen Anforderungen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) an eine drittligagerechte Spielstätte erfüllt. In dieser Saison spielen sowohl die Kickers wie auch die Amateure des VfB mit einer Ausnahmegenehmigung. Der DFB fordert mindestens 10.000 Zuschauerplätze, davon 2000 in Einzelschalensitzen (1000 sind schon montiert), dazu großzügige Pressearbeitsplätze und VIP-Räume.

Hinzu kommen umfangreiche Sicherheitsauflagen, da vor allem mit Mannschaften aus den neuen Bundesländern die Gewalt Einzug in die Stadien der neu geschaffenen 3. Liga gehalten hat. Die Stadt hat einen hohen sechsstelligen Betrag in Provisorien für die Einsatzkräfte investiert.

Nun wäre der Beschluss für den anfangs auf 5,9 Millionen Euro geschätzten Umbau der Haupttribüne fällig gewesen. Doch in der Winterpause rücken keine Bagger an. Die Stadt hat am Dienstag dem Sportausschuss mitgeteilt, und wird heute den Finanzausschuss informieren, dass sie die Modernisierung zurückstellt. Begründet wird dies mit der „aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise“, so die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann.

Die Verwaltung und der Gemeinderat vertreten die Ansicht, dass im laufenden Doppelhaushalt 2008/2009 nur die Bauprojekte weiterverfolgt werden sollen, die bereits beschlossen und für die auch die Mittel schon bereitgestellt sind. Der Ausbau des Gazi-Stadions ist noch nicht finanziert. Wann die Stadt das Thema wieder aufruft, ist nicht bekannt. Der Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum hatte nach einem Gespräch im Rathaus bei der Mitgliederversammlung des Vereins von einer zweijährigen Verzögerung gesprochen; doch an ein derartiges Versprechen kann sich der Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) nicht erinnern.

Die Realisierung käme die Stadt viel teurer als geplant. Für den CDU-Stadtrat Fred-Jürgen Stradinger ist es „sehr ärgerlich“, dass sich die Kosten binnen weniger Monate um 27 Prozent auf 6,9 Millionen Euro erhöhen konnten. Sportamtsleiter Günther Kuhnigk sagte, Preiserhöhungen und „technische Zusatzanforderungen“ hätten dazu geführt. Mehrkosten würden jetzt auch für den Brandschutz und die Ertüchtigung der Haupttribüne anfallen. Der Vorschlag, die Tribüne abzureißen und ganz neu zu bauen, ursprünglich auf sieben Millionen Euro taxiert, habe nicht an Charme gewonnen, sagte Kuhnigk. Wer diese Variante bevorzuge, müsste mittlerweile 8,5 Millionen Euro bezahlen.

Auch wenn auf der Haupttribüne alles beim Alten bliebe, müssten zumindest noch rund 150000 Euro in die Sicherheit des Stadions investiert werden. Die Polizei bräuchte für ihr Provisorium zwei weitere Container. Die Kanzel und die Videoüberwachung müssten auch verbessert werden. „Wir haben aber kein Sicherheitsproblem im Gazi-Stadion“, betonte die Bürgermeisterin. Mit diesen Maßnahmen könnten noch einige Bundesligarunden gespielt werden.

Das setzt allerdings voraus, dass der DFB das genauso sieht und im Lizenzierungsverfahren der Vereine ein Auge zudrückt – sofern er nicht ohnehin die aktuelle Finanzkrise, die Vereine und Kommunen hart treffen wird, zum Anlass nehmen wird, seine Politik noch einmal zu überdenken. Bürgermeisterin Eisenmann hat am Dienstag in einem kurzen Gespräch mit einem DFB-Vertreter den Eindruck erhalten, dass der Verband Übergangslösungen nicht ausschließt.

Das liegt offenbar daran, dass die Lage nicht nur in Stuttgart angespannt ist. Auch andere Drittligavereine können oder wollen die vielfach als überzogen betrachteten Forderungen nicht länger erfüllen. In Regensburg ist kein Geld für den Stadionumbau da, und die Ostfriesenkicker aus Emden müssten eine Spielstätte für 10.000 Zuschauer vorweisen, obwohl es in der Region nicht annähernd so viele Interessierte gibt.

Die Hälfte der Drittligateams hat übrigens weniger als 4500 Zuschauer pro Spiel. Und wofür brauchen die Amateure des VfB Stuttgart 1000 überdachte Sitzplätze? Am Sonntag sahen das Spiel nur 400 Fans. Bei der „Reserve“ von Werder Bremen sieht das nicht anders aus. „Der DFB muss sich jetzt endlich von seinem hohen Ross runterbewegen“, sagte der SPD-Stadtrat Rainer Kußmaul. Das Volk brauche zwar „Brot und Spiele“ – „doch jetzt wird das Brot wieder wichtiger“.

Stuttgarter Zeitung

Kommentar

Unnötig
Stuttgart – Die Sportverwaltung hat am Dienstag vorgeschlagen, den Umbau des Gazi-Stadions zurückzustellen. Das ist vernünftig, denn die Stadt muss auf nicht absehbare Zeit wegen der Finanzkrise auf Sicht fahren. Es wäre unverantwortlich, jetzt noch weitere Baustellen zu eröffnen. Außerdem kann man in Ruhe abwarten, wie die Kickers in dieser Saison abschneiden.

Von Jörg Nauke

Würden die Blauen absteigen, müsste nicht mehr länger über ein drittliga-taugliches Stadion debattiert werden. Auf der spärlich gefüllten Tribüne des Stadions auf der Waldau wird nun sicher wieder auf die Stadträte geschimpft, die für die Kickers nichts übrig hätten und nur an den VfB dächten, denn der bekomme schließlich seinen Stadionumbau. Die beiden Fälle lassen sich aber überhaupt nicht vergleichen. Im Neckarpark fungiert der Bundesligist künftig als Betreiber; es ist vereinbart, dass er die Finanzierungskosten für den Umbau selbst erwirtschaftet. Ein solches Modell wäre mit den Kickers, die übrigens beim Steuerzahler seit Jahren ganz tief in der Schuld stehen, gar nicht zu machen.

Im Übrigen könnte man sich diese Debatte sparen, wenn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) endlich seine völlig überzogenen Kriterien für die Spielstätten seiner Drittligisten reduzieren und an die örtlichen Gegebenheiten anpassen würde. Für ein Kleinstadtteam wie Emden im strukturschwachen Norden und die anhängerlosen VfB Stuttgart Amateure gelten heute die gleichen Bedingungen wie für die reiche Fortuna aus Düsseldorf. Dabei reicht das Stadion auf der Waldau im jetzigen Ausbauzustand völlig aus. Im Weltbild des DFB kreist aber eben alles um das runde Leder. Doch die Zeiten, in denen Vereine und Kommunen jede abenteuerliche Forderung erfüllten, sind jetzt vorbei.

Stuttgarter Zeitung

StN: Klärung beim Ortstermin im Gazistadion

Verschobene Sanierung

DFB und Stadt wollen im Dezember zu einer Lösung wegen einer Übergangsregelung kommen

Stuttgart – Das Gazistadion wird wohl trotz der verschobenen Sanierung Heimstatt der Stuttgarter Kickers und des VfB II bleiben. Bei einem Ortstermin suchen Stadt und Deutscher Fußballbund (DFB) einen Kompromiss: Nächste Saison soll eine Übergangsregel gelten.

Die Stuttgarter sind nicht die einzigen, die beim DFB in Frankfurt gefragt haben, ob man denn die Auflagen wirklich im Sommer 2009 erfüllen müsse. 12.000 Zuschauer, neue Technik und Sicherheitsbereiche, auch in Emden und Regensburg ist dies nicht zu bezahlen. Kickers Emden fehlen fünf Millionen Euro für einen Neubau. Deshalb versteigert Fan Horst Müller ein Kilo Nordseewatt übers Internet, bei Interesse schreibt er, könne er auch drei Tonnen liefern. Immerhin, da geht’s schon ums Geld, in Regensburg weiß man noch gar nicht, wo das neue Stadion hin soll: Noch immer wird über den Standort debattiert.

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So gesehen ist aus Sicht der DFB das Problem in Stuttgart gering. Hier ist zwar die Sanierung um 1,5 Millionen Euro teurer geworden, doch den grundsätzlichen Bedarf stellt bisher niemand in Frage. „Wir sind in höchstem Maße an der Sanierung interessiert“, sagt Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann, die dafür nötigen 6,9 Millionen Euro sind jedoch nicht im Haushalt verankert. „Nach Abstimmung mit dem Gemeinderat sollen im laufenden Doppelhaushalt 2008/2009 nur die Bauprojekte verfolgt werden, die bereits beschlossen und für die Mitglieder im städtischen Etat bereits veranschlagt sind“, heißt es in einer Vorlage für den Sportausschuss, der heute debattiert.

Dabei werden die Stadträte erfahren, dass sich Vertreter der Verwaltung und des DFB noch im Dezember zu einem Ortstermin treffen wollen. Und wie es scheint, wird dabei der Wunsch der Stadt nach einer Übergangsregel nicht auf taube Ohren stoßen. Vertreter des VfB und der Kickers waren vergangenen Donnerstag beim DFB. VfB-Direktor Stefan Heim hat dabei den Eindruck gewonnen, „das wir auf einem guten Weg sind. Da ist sicher eine Lösung möglich.“ Keine Frist von zwei Jahren, die der Stadt vorschwebt, aber ein Aufschub um zwölf Monate.

Der DFB will dies nicht kommentieren, Wasserstandsmeldungen gebe man keine ab. Beim Treffen mit der Stadt werde man sehen „was möglich ist, damit es zu einem guten Ende kommt“. Klar sei aber, Abstriche bei der Sicherheit werde es nicht geben. „Das ist kein Thema“, sagt Eisenmann. Die Stadt sei bereit, 130.000 Euro zusätzlich zu investieren. In zwei weitere Polizeicontainer, sowie Verbesserungen der Videoüberwachung und der Polizeikanzel. Für die Polizei Bedingung, einem weiteren Jahr Drittligafußball im Gazistadion zuzustimmen.

Frank Rothfuß

Stuttgarter Nachrichten

Presse zur Jahreshauptversammlung – VfB kommt zum Testspiel

Schwarze und rote Zahlen bei den Blauen

Die Kickers erzielen Gewinn, doch im Etat klafft ein Loch

STUTTGART. Die sportliche Situation des Fußballdrittligisten Stuttgarter Kickers ist unbefriedigend, besser sieht es wirtschaftlich aus: das abgelaufene Geschäftsjahr 2007/08 endet mit einem Gewinn von 330 000 Euro.

Von Joachim Klumpp

Die relativ harmonische Stimmung bei der Hauptversammlung der Stuttgarter Kickers ist gestern Abend nur einmal etwas getrübt worden: als das Logo des Lokalrivalen VfB auf der Leinwand auftauchte, da gab es vereinzelt doch Pfiffe. Dabei hätten die 190 anwesenden Mitglieder dankbar sein sollen. Denn der Fußball-Bundesligist wird am 25. März nächsten Jahres in Degerloch zu einem – schon lange angekündigten – Benefizspiel antreten, durch das wiederum die finanzielle Lage der Kickers verbessert würde. Das ganze soll das ADM-Gedenkjahr schmücken, das die Kickers 2009 anlässlich des fünften Todes- und 70. Geburtstages ihres Ehrenpräsidenten Axel Dünnwald-Metzler ins Leben gerufen haben. Als Krönung obendrauf gibt es noch die berechtigte Hoffnung, dass im Lauf des Jahres auch der FC Bayern München seine Visitenkarte bei den Blauen abgibt. Dafür wiederum gab es – Applaus.

Und nicht nur dafür. Denn nachdem die sportliche Situation des Tabellenvorletzten in der dritten Liga unbefriedigend ist, konnte sich zumindest das wirtschaftliche Ergebnis sehen lassen. Als der Schatzmeister Friedrich Kummer einen Gewinn (zum Stichtag 30. Juni) von exakt 330 396,60 Euro verkündete, brandete Beifall im Clubheim auf. „Im Wesentlichen ist das auf die neu gegründete Beteiligungsgesellschaft zurückzuführen“, erklärte Kummer. Die besteht aktuell ausschließlich aus fünf Mitgliedern von Präsidium und Aufsichtsrat und wurde in einer kritischen finanziellen Situation der Vorsaison ins Leben gerufen, um den Verein mit Darlehen und der Abtretung der Transfererlöse zu helfen, was sich mit 525 000 Euro niederschlägt. In der Bilanz ist dieses Geld Vereinsvermögen, so dass der Stand der Verbindlichkeiten von knapp einer Million Euro auf nunmehr 591 684,17 Euro zurückgegangen ist. Da nach wie vor die Rangrücktrittsdarlehen des Expräsidenten Hans Kullen sowie von Ursi Dünnwald-Metzler existieren, ist der Verein aber nicht überschuldet. „Unser Ziel ist es, die Entschuldung des Vereins weiter voran zu treiben“, betonte der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Lorz.

Trotz des guten Ergebnisses im Geschäftsjahr 2007/08 können die Kickers keine großen Sprünge machen, was vor allem die Transfermöglichkeiten in der Winterpause betrifft. Das liegt in erster Linie daran, dass der angesetzte Saisonetat von etwa drei Millionen Euro bei den Ausgaben übertroffen wird, was mehrere Gründe hat: zum Beispiel erhöhte Kosten im Ordnungs- und Sicherheitsdienst bei Risikospielen, eine Verdreifachung der Stadionmiete – und natürlich auch die Verpflichtung des holländischen Spielers Orlando Smeekes sowie der Trainerwechsel. Hochgerechnet zum Saisonende fehlen dem Club damit etwa 300 000 Euro in der Kasse.

Deshalb muss auf der einen Seite eisern gespart werden (etwa durch den Verzicht auf ein Trainingslager im Januar), auf der anderen aber weiter versucht werden, die Einnahmen zu erhöhen, vor allem durch zusätzliche Werbeaktivitäten. Das Paradebeispiel dafür ist die zweite Auflage der Kampagne „Believe-in-Blue“, bei der Fans im Internet einzelne Bausteine (zu je 18,99 Euro) erwerben können und wo innerhalb kurzer Zeit bisher knapp 15 000 Euro eingegangen sind. Damit aber nicht genug: bei der Mitgliederversammlung kamen ganz aktuell sogar noch einmal 10 000 Euro dazu. Was den Präsidenten Dirk Eichelbaum zu der spontanen Aussage veranlasste: „Wenn immer zehntausend Euro zusammenkommen, machen wir künftig jeden Tag eine Hauptversammlung.“

Neben der leidigen Stadionfrage, in der die Kickers heute Abend einen Termin beim Deutschen Fußball-Bund haben, um auszuloten, ob es aufgrund des aufgeschobenen Umbaus nochmals eine Ausnahmeregelung geben könnte, wurden auch die Rechte am Kickers-Logo angesprochen, die noch die ausgegliederten Handballer besitzen. „Die Gespräche über eine gemeinsame Nutzung stehen aber unmittelbar bevor“, so Eichelbaum.

Ganz so weit wollten die Vertreter der Handballer, die sich dezent im Hintergrund hielten, noch nicht gehen. Sie werden das ausgearbeitete Vertragswerk, das vorsieht, dass der Hauptverein auf die jährlichen 1500 Euro Lizenzgebühr verzichtet, noch juristisch prüfen lassen. Tenor: wir sind bereit für eine Einigung, aber die gibt es noch nicht. Vielleicht hilft in dieser brisanten Frage ja das gemeinsame sportliche Leid. Während die Fußballer Vorletzter in der Tabelle sind, belegen die Handballer den letzten Platz.

Stuttgarter Zeitung

Gewinn täuscht über Ernst der Lage

Kickers vermelden für Geschäftsjahr 2007/08 Bilanzplus von 330000 Euro

Stuttgart – Die Stuttgarter Kickers haben im abgelaufenen Geschäftsjahr Gewinn gemacht und ihre Schulden verringert. Diese positiven Aspekte bei der gestrigen Mitgliederversammlung ändern nichts daran: Die Finanzierung des laufenden Spielbetriebs bleibt ein Tanz auf der Rasierklinge.

VON JÜRGEN FREY

Ein Sieg in 16 Spielen, Platz 19. Was die Zahlen in der dritten Liga angeht, können die Kickers alles andere als zufrieden sein. Da war das Zahlenwerk, das die Chefetage im Vereinsheim präsentierte, erfreulicher. Das Präsidium verkündete für das Geschäftsjahr 2007/08 einen Gewinn in Höhe von 330 396,80 Euro. Entsprechend harmonisch verlief die Versammlung – die 190 Mitglieder entlasteten sowohl Präsidium als auch Aufsichtsrat. Das bilanzielle Plus ist auf zwei Faktoren zurückzuführen:

Die Transfereinnahmen stiegen gegenüber dem Vorjahr von 330 000 Euro auf 802 892 Euro. Hintergrund: Der Verein hat die Transferrechte an die Kickers Beteiligungs GmbH & Co. KG verkauft.

Die außerordentlichen Erträge stiegen von 22 767 Euro auf 303 721 Euro. Dies ist vor allem auf einen Forderungsverzicht von Ursi Dünnwald-Metzler zurückzuführen.

Unterm Strich verringerten sich die Schulden von 922 080 Euro auf 591 684 Euro.

Diese positive Tendenz ändert nichts an den Liquiditätsproblemen. Bis zum 30. Juni 2009 wird der Etat um 300 000 Euro überzogen. Gründe: der Trainerwechsel und die Verpflichtung von Orlando Smeekes. „Die Finanzierung des Spielbetriebs ist ein Tanz auf der Rasierklinge“, sagte Präsident Dirk Eichelbaum. Den Ernst der Lage bestätigte Präsidiumsmitglied Dieter Wahl: „Wegen der Finanzkrise beißt man bei Sponsoren auf Granit.“ Der Marketingexperte meldete auch Positives: Am 25. März 2009 kommt der VfB zum Freundschaftsspiel – jeder Euro in der klammen Kickers-Kasse zählt.

Stuttgarter Nachrichten

Zumindest finanziell auf einem guten Weg

Die Stuttgarter Kickers vermelden auf der Mitgliederversammlung einen satten Gewinn

Stuttgart – Sportlich läuft es schlecht, finanziell geht es aufwärts: Während Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers weiter im Tabellenkeller festhängt, vermeldete Präsident Dirk Eichelbaum gestern Abend bei der Mitgliederversammlung für die abgelaufene Spielzeit (Stichtag: 30. Juni) ein „Rekordergebnis“ – und damit einhergehend einen erheblichen Schuldenabbau.

Von Beate Wockenfuß

„Hinter uns liegt das Jahr der Katze. Wir haben sieben Leben gebraucht“, sagte Eichelbaum angesichts der äußerst knappen Qualifikation für die eingleisige dritte Liga. Dort befindet sich das Team aktuell auf dem vorletzten Platz. Wie schon im vergangenen Jahr, so war es auch diesmal in Degerloch: Mitten in den Wirren einer sportlichen Depression der „Blauen“ überraschten die Vereinsbosse die leidgeprüften Anhänger bei der Jahreshauptversammlung mit positiven Nachrichten. Die etwa 190 anwesenden Mitglieder staunten nicht schlecht, als das für Finanzen zuständige Präsidiumsmitglied Friedrich Kummer die Geschäftszahlen für die Saison 2007/2008 präsentierte und dabei mit einem deutlichen Jahresüberschuss aufwartete. 330 397 Euro beträgt der erwirtschaftete Gewinn in der abgelaufenen Spielzeit – das bedeutet eine Steigerung um stattliche 139 Prozent gegenüber 2006/2007 (138 130 Euro). Schon damals hatte sich der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt.Zurückzuführen ist das neuerliche Plus auf die Anfang des Jahres gegründete Beteiligungs GmbH & Co. KG, an die der Verein seine Transferrechte verkauft hat. Damit sind die Kickers auf ihrem Weg aus den Schulden wieder ein großes Stück vorangekommen. 591 684 Euro gilt es jetzt „nur“ noch zu tilgen. Dazu gehört unter anderem das Darlehen von Ex-Präsident Hans Kullen. Über die Rückzahlung hatten sich der Verein und Eichelbaums Vorgänger nach monatelangem Streit erst Anfang Juli und damit nach dem Bilanz-Stichtag außergerichtlich geeinigt. Demnach soll über die kommenden acht Jahre hinweg eine nicht genannte Summe an Kullen gezahlt werden.Der ehemalige Präsident spielte bei der gestrigen Versammlung noch bei einem anderen Tagesordnungspunkt eine Rolle. Denn die Entlastung des alten Vorstands war im vergangenen Jahr wegen der unklaren juristischen Situation auf dieses Jahr verschoben worden. Diesmal ging die Entlastung ohne Diskussionen durch – ebenso für das aktuelle Präsidium.

2,86 Millionen Euro Ausgaben

Das lag vor allem an den positiven Zahlen: Insgesamt nahm der Verein in der vergangenen Spielzeit 2,93 Millionen Euro ein, das sind 105 834 Euro weniger als 2006/2007. Am deutlichsten sanken die Einnahmen im Bereich Spielbetrieb (minus 219 620 Euro), was an der verpassten Teilnahme am DFB-Pokal lag. Dieselbe Ursache hat der Rückgang im Bereich Fernsehen und Hörfunk (minus 207 540 Euro). Die Ausgaben auf der Waldau beliefen sich auf 2,86 Millionen Euro, das sind 42 961 Euro weniger als 2006/2007.

Das kommende Jahr wird bei den Kickers ganz im Gedenken an den im Jahr 2004 verstorbenen langjährigen Präsidenten Axel Dünnwald-Metzler stehen. Im Rahmen des „ADM-Gedenkjahres“ sind unter anderem zwei Freundschaftsspiele geplant. Bundesligist VfB Stuttgart gastiert am 25. März im Gazi-Stadion. Der FC Bayern hat ebenfalls für ein Spiel zugesagt, ein Termin steht jedoch noch nicht fest. Auch das bringt dem nach wie vor klammen Verein wertvolle Einnahmen.

Eßlinger Zeitung

Mitgliederversammlung: Streitobjekt Kickers-Emblem

Stuttgart – Die Tagesordnung für die Mitgliederversammlung der Stuttgarter Kickers am Mittwoch, 26. November (19 Uhr/Vereinsheim), wurde auf Antrag eines Mitglieds kurzfristig um einen Punkt ergänzt: Dabei geht es um die Rechte am Vereinsemblem.

Für Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum wäre es „die totale Schande“. Eine Posse und Blamage wäre es auf jeden Fall – wenn der SV Stuttgarter Kickers und der HV Stuttgarter Kickers sich vor Gericht um die Rechte am Logo streiten würden. Dieses Szenario war bis zum gestrigen Dienstag zwar immer noch nicht völlig auszuschließen, doch eine Einigung zwischen beiden Parteien ist die wahrscheinlichere Variante.

Der Reihe nach. In der Ära Hans Kullen entschied das Präsidium der Blauen mehrheitlich, die Rechte am Kickers-K beim Patent- und Markenamt für die nächsten zehn Jahre nicht zu verlängern. Der Club ging davon aus, auch so über den vollen Markenschutz zu verfügen, und sparte dadurch etwa 4500 Euro.

Jürgen Hollenbach, der Präsident des Handballvereins Stuttgarter Kickers, bekam davon Wind und sicherte sich die Rechte. Im September 2007 erhielt er die Urkunde zugestellt. Hollenbach stellte dies als reine Sicherheitsmaßnahme für die Kickers als Gesamtes dar: „Der Club muss froh sein, dass wir die Rechte haben, auch Markenpiraten hätte sie sich sichern können.“

Es vergingen Wochen und Monate, bis sich die beiden Lager aufeinander zubewegten. Am 13. November beschloss das Präsidium um Chef Eichelbaum, dem Vergleichsvorschlag des HV nach einer gemeinsamen Logo-Nutzung zuzustimmen. Knackpunkt dabei: Die Handballer müssen künftig nicht mehr die Lizenzgebühr von etwa 1500 Euro pro Jahr an den SV überweisen.

Dieser Betrag war nach der Ausgliederung der Handballer 2004 aus dem Hauptverein für die Nutzung des Schriftzuges und des Logos Stuttgarter Kickers vereinbart worden. Eigentlich wäre jetzt alles klar. Und die Blauen wollten mit aller Macht die Kuh vom Eis haben – und zwar vor der Mitgliederversammlung.

Doch Handballchef Hollenbach geht das alles zu schnell: „Unser Fachanwalt muss den Vertragsentwurf noch prüfen, dann müssen ihn meine Vorstandskollegen absegnen.“ In zehn Tagen soll alles klar sein. Dann endlich könnten die Kickers dieses unrühmliche Kapitel endlich schließen.

Jürgen Frey

Stuttgarter Nachrichten

Presse zur anstehenden Jahreshauptversammlung

„Die Konsolidierung des Vereins ist eine Herkulesaufgabe“

Interview mit dem Kickers-Präsidenten Dirk Eichelbaum zur wirtschaftlichen Situation des Fußballdrittligisten, dem verschobenen Stadionumbau und den Fernsehgeldern

Morgen steht die Hauptversammlung des Drittligisten Stuttgarter Kickers auf dem Programm. Während es sportlich beim Tabellenvorletzten nicht rund läuft, weist die Bilanz einen Gewinn von rund 170 000 Euro aus. Dennoch sagt der Präsident Dirk Eichelbaum im Gespräch mit Joachim Klumpp: „Wir brauchen aus den Fernsehgeldern mindestens einen siebenstelligen Betrag.“

Herr Eichelbaum, vor der letzten Hauptversammlung war die Rede von einem Investor für die Kickers. Wird der nun morgen aus dem Hut gezaubert oder ist das Thema abgehakt?

Das kommt darauf an, wie man das Thema angeht. Wir haben ja einen Investor, in Form einer Beteiligungsgesellschaft, die an den Spielerwerten partizipiert. Aber das Thema externer Investor steht aktuell nicht auf der Agenda. Und ich möchte auch nicht, dass es in Richtung Traumtänzerei gerückt wird.

Das bedeutet, die Kickers müssen vorerst mit einem Etat zwischen drei und dreieinhalb Millionen Euro pro Saison auskommen. Ist das machbar?

Das ist jedes Jahr aufs Neue sehr schwierig, weil alles auf Kante genäht ist und nirgends etwas dazwischenkommen darf.

Also keine zusätzlichen Kosten – wie ein Trainerwechsel?

Zum Beispiel.

Edgar Schmitt ist nun bereits der dritte Trainer innerhalb eines Jahres. Was macht Sie so sicher, dass es diesmal auf längere Sicht die richtige Wahl ist?

Weil er Begeisterung in der Mannschaft weckt – und das auch vorlebt. Und er es schafft, die Spieler so zu motivieren, dass sie wieder an ihre Stärken glauben. Und ich ganz sicher bin, dass wir, wenn die Saison zu Ende ist, mindestens drei Mannschaften hinter uns lassen.

Der Trainer hat den Wunsch geäußert, im Winter Verstärkung zu bekommen. Kann er das Präsidium motivieren, diesen zu erfüllen?

Wir haben das sehr wohl vernommen und werden sehen, ob das möglich ist. Aber versprechen kann ich das heute nicht. Das hängt von den Rahmendaten ab, wie sich wer noch engagieren möchte. Und ob wir eventuell Abgänge haben. Das planen wir zwar nicht, aber wir sind natürlich gesprächsbereit, wenn sich ein Spieler verändern möchte.

Beim Stichwort Engagement fällt uns der Vertrag mit der Agentur Event Sport Marketing in Leonberg ein. Da hört man wenig Erfolgsmeldungen. Warum?

Das läuft sicher für beide Seiten nicht zufriedenstellend. Aber auch da muss man die weitere Saison abwarten. Unsere Marketingeinnahmen insgesamt haben wir gesteigert, damit sind wir sehr zufrieden.

Weniger zufriedenstellend ist der Stadionumbau, der zunächst um zwei Jahre aufgeschoben wurde. Inwieweit belastet das die Planungen der Kickers?

Um es klar zu sagen: das belastet uns sehr, weil wir – Stand heute – für die nächste Saison in der dritten Liga keine geeignete Spielstätte haben. Und der DFB wird sicher nicht im Vorbeigehen sagen: dann spielt ihr halt so weiter.

Die Alternative wäre ja nur Mercedes-Benz-Arena, Reutlingen – oder?

Die Alternative wäre im Endeffekt, gar nicht für die dritte Liga zu melden, aber das kann“s ja wohl nicht sein. Deshalb wird es am Donnerstag ein Gespräch mit den Entscheidungsträgern des DFB geben. Wir müssen Klarheit haben, ob wir nochmal eine Ausnahmegenehmigung bekommen. Und zwar nicht erst im März, April – sondern zeitnah.

Wird auf der Hauptversammlung der alte und neue Vorstand komplett entlastet, also inklusive des Expräsidenten Hans Kullen, der gegen Jena auf der Tribüne saß?

Das hoffe ich und wünsche ich mir – und ich wüsste auch nicht, was dagegen spricht.

Sind denn beim Thema Satzungsänderung größere Änderungen zu erwarten?

Wir haben Satzungsänderungen vorbereitet, aber das sind eher Feinheiten, keine drastischen Dinge, wie eine Reduzierung des Aufsichtsrats. Und es gibt Anträge, die eher im weltanschaulichen Bereich liegen, von denen ich der Meinung bin, dass sie unsere Satzung schon hergibt.

Der Vertrag mit dem Hauptsponsor ist bereits verlängert worden, für die dritte Liga. Trotzdem gibt immer wieder Stimmen, die sagen, es ist zu wenig Geld.

Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Wir hatten eine klare Zielvorgabe, die haben wir erreicht, und es ist eine faire Lösung für beide Seiten. Der Hauptsponsor hat einen erstklassigen Vermarktungsbereich, weil vor allem der TV-Sektor über den Erwartungen liegt. Wir haben regelmäßig Sendezeiten zwischen 18 und 18.30 Uhr bei vier Millionen Menschen, mit einem Kernbereich der männlichen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahre.

Wären die jetzt angekündigten gut 200 000 Euro Mehreinnahmen pro Saison aus dem Fernsehvertrag eine Summe, bei der Sie sagen: damit können wir leben?

Es ist immer noch weit von dem entfernt, was ich für angemessen halte. Vor allem, wenn man die Sendezeiten im dritten Programm, aber erst recht in der ARD sieht. Das einzige, wo wir keine größere Verbreitung haben, ist das ZDF. Mit 500 000, 600 000 oder auch 800 000 Euro ist das nicht gerecht honoriert; es müsste zumindest eine siebenstellige Summe sein.

Zumal der Forderungskatalog des DFB, zum Beispiel in Sachen Stadion, schon sehr nahe an der zweiten Liga ist.

Und der nächste Punkt ist die Jugendarbeit, wo Professionalisierung gefordert wird. Aber wenn ich Professionalisierung fordere, dann muss ich sehen, dass es Geld kostet, und zwar massiv Geld.

Wie weit ist man in Sachen des von 2010/11 an geforderten Jugendinternats?

Wir arbeiten daran. Wir sind zwar aus der A- und B-Junioren-Bundesliga abgestiegen, aber da wollen wir auf Sicht natürlich wieder hin. Nur konkurrieren wir dann mit Mannschaften, die einen Jugendetat haben, wie wir einen Gesamtetat.

Und wie sieht es mit dem Jugendkoordinator Zoltan Sebescen aus, um dessen Aufgaben es immer mal wieder Diskussionen gegeben hat?

Er hat uns davon in Kenntnis gesetzt, dass er sich in absehbarer Zeit beruflich verändern will. Deshalb muss man hier abwarten.

Auch wenn aktuell keine Neuwahlen anstehen: wie lange wollen Sie noch den Job des ehrenamtlichen Präsidenten der Stuttgarter Kickers machen?

Wenn“s jemand anders machen möchte und mit großem finanziellen Engagement an die Sache geht, dann bin ich auch bereit, das Amt außerplanmäßig abzugeben. Ansonsten ist es einfach so, dass wir uns vorgegeben haben, in einer Art Schicksalsgemeinschaft mit dem Aufsichtsrat, die Konsolidierung des Vereins voranzutreiben. Das ist eine Herkulesaufgabe. Was die Altverbindlichkeiten angeht, haben wir große Erfolge erreicht. Allerdings ist es sehr schwierig, das Ganze mit einem wirtschaftlich einträglichen Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten.

Insofern wäre ein Weiterkommen im WFV-Pokal sicher hilfreich gewesen?

Vielleicht schafft es ja unsere zweite Mannschaft – die noch im laufenden Wettbewerb vertreten ist.

Stuttgarter Zeitung

Kickers-Präsident Eichelbaum im Interview

„Die Not schweißt zusammen“

Stuttgart – Die sportliche Situation beim Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers ist prekär, die Finanzlage wie immer angespannt. Dennoch blickt Präsident Dirk Eichelbaum der Mitgliederversammlung am Mittwoch, 26. November (19 Uhr/Kickers-Vereinsheim), gelassen entgegen.

Herr Eichelbaum, die Steilvorlage der Mannschaft für die Mitgliederversammlung blieb aus. Wie sehr tut das 0:3 gegen Jena weh?

Dieses Spiel ging leider total in die Hose. Und der Zeitpunkt der Niederlage war der denkbar ungünstigste.

Erwarten Sie eine turbulente Versammlung?

Nein, ich sehe dafür keine Ansatzpunkte. Die Mannschaft befindet sich nach dem Trainerwechsel, trotz des Rückschlags, auf einem guten Weg. Und finanziell können wir für das Geschäftsjahr 2007/08 einen Gewinn vermelden.

Sind Sie stolz auf diese 170.000 Euro?

Stolz nicht, da dieser Gewinn auf einen Sondereffekt zurückzuführen ist – die Einführung der Beteiligungs GmbH & Co. KG. Dies lässt sich nicht beliebig wiederholen.

Also droht in der einnahmefreien Winterpause wieder ein Liquiditätsengpass?

Derzeit nicht, aber wir haben einen auf der Kante genähten Etat und müssen ständig versuchen, neue Sponsoren zu generieren.

Stimmt es, dass Ex-Präsidiumsmitglied Walter Kelsch sein Darlehen in Höhe von 50.000 Euro zum 31. Januar 2009 gekündigt hat?

Das ist leider richtig. Wir wundern uns nur, weil er vor einem Jahr der Initiator dafür war, dass die Gremiumsmitglieder den Verein finanziell unterstützen.

Besteht denn in Anbetracht der angespannten Finanzlage überhaupt die Chance auf Verstärkungen in der Winterpause?

Ohne Spielerabgänge oder Sponsoren geht absolut nichts. Was mich allerdings optimistisch stimmt: Bisher hat sich bei den Blauen diesbezüglich immer etwas getan.

Der drohende sportliche und finanzielle Exitus ist ein ständiger Begleiter der Kickers. Worin liegt für Sie eigentlich der Reiz, das Präsidentenamt auszuüben?

Der Reiz war von Anfang an, einen als unsanierbar geltenden Club doch zu sanieren. Was die Altverbindlichkeiten betrifft, ist uns das gut gelungen. Die Not schweißt zusammen, wir in der Führungsetage verstehen uns als Schicksalsgemeinschaft.

Die bei einem sportlichen Abstieg am Saisonende das Ende der Kickers verkündet?

Nicht zwingend das Ende des Vereins, aber das Ende professioneller Strukturen. Wir könnten dann mit einer verstärkten Amateurmannschaft im ADM-Sportpark spielen – und ich sehe schon die Schlagzeilen: Gipfel der Schande – Ex-Bundesligist in der Regionalliga. Aber so weit wird es nicht kommen.

Wie groß sind Ihre Sorgen, dass Ihnen die Stadt wegen der aufgeschobenen Stadionmodernisierung einen Strich durch die Rechnung macht?

Sehr groß. Stand heute hätten wir keine Spielstätte für die nächste Saison. Was mir nicht in den Kopf will, ist die Argumentation der Stadt, die unsere Situation mit der in Aue, Emden und Regensburg vergleicht. Dabei müsste für Stuttgart Frankfurt der Maßstab sein. Und dort bekommt der FSV ein Stadion für 16 bis 17 Millionen Euro.

Die Sicherheitsauflagen sollen aber doch sofort erfüllt werden – reicht dies dem DFB nicht für die Lizenzerteilung?

Wenn das so wäre, möchte ich das schriftlich.

Haben Sie für sich entschieden, wie lange Sie Präsident bleiben möchten?

Axel Dünnwald-Metzler hat auf die Frage, wie man Millionär wird, mal gesagt: Man muss als Multimillionär Kickers-Präsident werden. Ich will zeigen, dass es auch anders geht und möchte den Club komplett sanieren. Wenn das Amt danach jemand anderer ausüben möchte, gebe ich es gerne ab.

Jürgen Frey, Gunter Barner

Stuttgarter Nachrichten

Kickers melden 170000 Euro Gewinn

Stuttgart (jüf) – Sportlich gab es gegen Jena einen Rückschlag, finanziell werden die Stuttgarter Kickers bei der Hauptversammlung am Mittwoch (19 Uhr/Kickers-Vereinsheim) für das abgelaufene Geschäftsjahr in ihrer Bilanz einen Gewinn in Höhe von 170 000 Euro vermelden. Dies hängt vor allem mit der Anfang 2008 gegründeten Beteiligungsgesellschaft zusammen. Neuwahlen stehen nicht auf dem Programm.

Stuttgarter Nachrichten

Gazi-Stadion wird nicht ausgebaut

Kickers droht ein Lizenzproblem
STUTTGART (ump). Der Fußballdrittligist Stuttgarter Kickers hat gestern mächtig die Werbetrommel gerührt: für seine Spendenaktion „Believe in Blue“, die in der zweiten Auflage gestartet ist. Bereits nach einer Woche sind mehr als 10 000 Euro eingegangen, was auch am Hauptpreis (ein Kleinwagen) liegen mag, der zum letzten Heimspiel des Jahres gegen Burghausen verlost wird.

Zunächst einmal steht morgen (14 Uhr) die Partie gegen Jena an, in der der Trainer Edgar Schmitt auf Marcus Mann (gesperrt) und Alexander Rosen (verletzt) verzichten muss. „Das bereitet mir kein Kopfzerbrechen“, sagt Schmitt selbstbewusst, in Marcel Rapp und Benedikt Deigendesch stehen die Alternativen parat. Fraglich ist Orlando Smeekes, der wegen Oberschenkelproblemen erst gestern ins Training einsteigen konnte und wohl nicht in die Startelf rücken wird.

Auf dem Platz wären also alle Fragen geklärt, dafür tun sich abseits Probleme auf. Nach einem Gespräch mit der Stadt steht inzwischen offiziell fest, dass der etwa sieben Millionen Euro teure Umbau des Gazi-Stadions ausgesetzt wird. „Das soll erst in zwei Jahren geschehen“, sagt der Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum. „Das heißt, dass wir beim Lizenzierungsverfahren – Stand heute – keine geeignete Spielstätte angeben können.“ Im Extremfall würde das bedeuten, dass die Kickers (unabhängig von der sportlichen Situation) keine Lizenz für die Saison 2009/10 bekämen. In einem Gespräch mit den DFB-Verantwortlichen wollen die Kickers nächste Woche abklopfen, inwieweit eine weitere Ausnahmeregelung realistisch ist, wenn alle Sicherheitsstandards garantiert werden.

Wobei die Kickers nicht alleine stehen: auch Emden und Regensburg sollen Probleme mit den Stadionauflagen haben, das Gleiche gilt für den VfB II, der sich mit den Kickers das Stadion teilt. Das Team des Trainers Rainer Adrion spielt bereits heute Abend (19 Uhr) bei Rot-Weiß Erfurt und muss dabei auf die verletzten Schwabe, Rahn, Enderle, Dausch und Hofmann verzichten.

Stuttgarter Zeitung

Gewalt in der dritten Liga: ein Restrisiko bleibt

In der neuen Fußballklasse häufen sich die Zwischenfälle auf den Rängen – Clubs aus dem Osten und dem Westen betroffen

STUTTGART. Morgen erwarten die Stuttgarter Kickers Carl Zeiss Jena. Jenen Club also, der zuletzt wegen Zuschauerausschreitungen vor halbleeren Rängen spielen musste. „Dennoch besteht kein Grund, die Dinge zu dramatisieren“, sagt der Kickers-Manager Cast.

Von Joachim Klumpp

Mitte der zweiten Spielhälfte hatte Ralf Minge vor knapp zwei Wochen seinen großen Auftritt beim Gastspiel im Gazi-Stadion. Der Dresdner Manager verließ die Tribüne, um in Richtung Kurve zu laufen, wo der harte Kern der 2500 Fans am Fangzaun rüttelte. So vehement, dass die Verantwortlichen Angst vor dem Zusammenbruch des Gerüsts hatten – und dass der Schiedsrichter das Spiel abbricht. So weit ist es zum Glück nicht gekommen, auch wenn Minges drastische Worte („Das kotzt mich an“) kaum gewirkt haben.

Morgen (14 Uhr) gastiert in Carl Zeiss Jena nun der nächste Problemclub in Degerloch. Von der Anzahl der Fans wird es zwar keine solche Dimension geben, an der Qualität der Sicherheitsvorkehrungen ändert das jedoch wenig. Dennoch warnt der Kickers-Manager Joachim Cast vor Hysterie: „Man darf das Ganze nicht dramatisieren.“

Cast meint die Zustände in der neuen Liga. Die steht bis jetzt nicht immer nur sportlich in den Schlagzeilen, sondern auch durch Zwischenfälle auf den Rängen (siehe Winkel). Das ist den Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) nicht verborgen geblieben. Dennoch gibt sich der DFB ebenfalls betont moderat. „Die dritte Liga hat kein höheres Sicherheitsrisiko als die anderen Ligen auch“, sagte der Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn nach den jüngsten Ausschreitungen. „Gefühlt hat die Zahl der durch Pyrotechnik hervorgerufenen Probleme zwar wohl zugenommen, doch wenn man die Zahlen der Vergangenheit betrachtet, gibt es keine signifikanten Steigerungen.“

Dabei war schon von Anfang an relativ klar, dass die neue bundesweite dritte Liga ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt, allein schon durch die Zuschauerbewegungen. Es ist eben ein Unterschied, ob der SV Elversberg nur zwanzig Fans mitbringt – oder Düsseldorf beziehungsweise Dresden 2000. Bayern Münchens Sicherheitschef Alfred Ziegler hatte seine Bedenken im Sommer sogar öffentlich geäußert: „Plötzlich kommen Tausende. Viele werden gewaltbereit sein.“ Weil er damit gezielt die Ostclubs ansprach, gab es von dort zwar große Empörung, im Nachhinein sind Zieglers Aussagen allerdings nicht ganz von der Hand zu weisen.

Gerade der aktuelle Kickers-Gegner aus Jena ist dabei unangenehm auf- und seine Fans sind aus der Rolle gefallen: sowohl im Heimspiel gegen Dresden als auch auswärts in Braunschweig, so dass der Verein nicht nur 12 000 Euro Geldstrafe bezahlen musste, sondern als Wiederholungstäter sein letztes Spiel gegen Paderborn mit abgesperrten Stehrängen austragen musste, so dass nur 2570 Besucher auf der Tribüne saßen.

Allerdings warnt man nicht nur beim DFB davor, die Zwischenfälle einzig und allein mit den Traditionsclubs aus dem Osten in Verbindung zu bringen, davon können auch die Kickers ein Lied singen. Wegen der Becherwürfe von Gästefans im Drittligaderby mussten sie (und auch der Gegner VfB Stuttgart II) gerade 2000 Euro Strafe zahlen. „Wer hätte schon damit gerechnet, dass Fans es schaffen, Becher über einen sechs Meter hohen Zaun zu werfen?“ fragt Cast, der als Clubvertreter auch im DFB-Spielausschuss sitzt.

Doch dem kriminellen Drang einiger Hooligans sind offensichtlich keine Grenzen gesetzt. Auch das Westderby Fortuna Düsseldorf gegen Wuppertaler SV musste eine Viertelstunde lang unterbrochen werden, weil Gästefans Leuchtraketen zündeten – was auch Spahn zu denken gab: „Es ist beunruhigend, wenn es solch herausragende Vorfälle wie in Jena und in Düsseldorf gibt.“ Wobei sich die Beteiligten kooperativ zeigen. „Wir sind mit den Clubs in Kontakt, die Vereine tun in dieser Hinsicht sehr viel – auch wenn ein Restrisiko bleibt“, sagt Spahn. Die Stuttgarter Kickers zum Beispiel hatten nach den letzten Erfahrungen gestern nochmals einen Ortstermin, um eventuelle Mängel zu beheben. Der Andrang aus Jena wird allerdings überschaubar sein. „Wir rechnen mit 500 bis 600 Fans“, sagt Cast, „je nach Wetterlage.“

Der angesagte Wintereinbruch könnte die Partie übrigens eher gefährden als die Fans. Spielausfälle jedenfalls hat es im Fußball immer mehr gegeben als Spielabbrüche.

Stuttgarter Zeitung

Die Ausschreitungen
17. Oktober: Stuttgarter Kickers – VfB Stuttgart II

(Becherwürfe aus dem Gästeblock)

18. Oktober: Carl Zeiss Jena – Dynamo Dresden

(zehn Minuten Unterbrechung nach

Rauchbomben aus dem Gästeblock)

25. Oktober: Eintracht Braunschweig – CZ Jena

(Feuerwerkskörper aus dem Gästeblock)

8. November: SV Sandhausen – Offenbach

(Becherwurf aus dem Gästefanblock,

der SV-Spieler Roberto Pinto wird getroffen)

8. November: Fort. Düsseldorf – Wuppertaler SV

(15 Minuten Unterbrechung nach

Leuchtraketen aus dem Gästeblock)

Stuttgarter Zeitung