StZ: Den Kickers droht die Zerreißprobe

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 26.11.2010
Hauptversammlung
Beim Regionalligisten löst in erster Linie die Position des Sportkoordinators Diskussionen aus. Nachdem Michael Zeyer und der Trainer Dirk Schuster nicht harmonieren, ist inzwischen auch Guido Buchwald im Gespräch. Von Joachim Klumpp

Der Kickers-Präsident Edgar Kurz ist diese Woche zwei Tage in Kassel gewesen – rein geschäftlich wohlgemerkt, und nicht etwa, um beim örtlichen Fußballclub Nachhilfe zu nehmen, wie man erfolgreich in der Regionalliga spielt. Kassel ist nach der Hinrunde souveräner Tabellenführer, die Kickers sind schon abgeschlagen Neunter. Doch das ist bei den Blauen nicht die einzige Baustelle vor der Hauptversammlung am Montag.

Sportlich
Die Kickers sind nach der Hinserie Neunter, das ist exakt die gleiche Platzierung wie zum Abschluss der Vorsaison. Stagnation heißt in diesem Fall Rückschritt, zumal die Verantwortlichen offiziell Platz eins bis sechs als Saisonziel ausgegeben haben. Wobei nicht nur der Präsident Edgar Kurz weiß, dass die Meisterschaft und damit der Aufstiegszug ohne die Kickers abgefahren ist: „Das ist gelaufen“, sagt Kurz, „alles andere ist illusorisch.“

Deshalb gilt es, in der Winterpause die Weichen für die nächste Saison zu stellen. Wer kommt – und vor allem wer geht? Ganz oben auf der Verkaufsliste steht ein Spitzenverdiener: der ins zweite Team verbannte Stürmer Daniel Reule. Der hat die Erwartungen, neben dem einen oder anderen Mitspieler auch, nicht erfüllt. „Fußball ist eben teilweise unberechenbar“, sagt Edgar Kurz, „und nicht wie Schach, wo man sagen kann: der nächste Zug sitzt.“

Wirtschaftlich
Rote Zahlen sind bei den Blauen nichts Ungewöhnliches. „Wir müssen jeden Monat schauen, dass wir unseren Verpflichtungen nachkommen“, sagt Edgar Kurz. Was er nicht sagt: auch über Degerloch könnte das Damoklesschwert der Insolvenz schweben, das ja schon die Nachbarn SSV Reutlingen und möglicherweise den SSV Ulm (auch wenn deren Verantwortliche noch hoffen, dass das Verfahren nicht eröffnet werden muss) getroffen hat. „Auf Dauer ist man in dieser Liga tot“, sagt der Präsident und weiß nur zu gut, dass nächste Saison der Aufstieg geschafft werden muss.

Er betont in diesem Zusammenhang aber, dass der Club in den vergangenen anderthalb Jahren erst einmal etliche Altlasten klären musste. Die vereinbarten Ratenzahlungen an die Gläubiger – etwa das Finanzamt oder den Expräsidenten Hans Kullen – „gehen natürlich an die laufende Liquidität“, sagt Kurz.

Trainer
Edgar Kurz hat sich von Anfang an für Dirk Schuster eingesetzt und stärkt ihm auch jetzt den Rücken, zumal Trainer (und Mannschaft) selbst eine andere Erwartungshaltung hätten und bei den Neuverpflichtungen wie Ali Pala oder Marcel Brandstetter bewusst Spieler mit Perspektive geholt wurden, deren Verträge an das Aufstiegsziel 2012 ausgelegt wurden. „Der Trainer ist für mich kein Thema“, sagt Kurz, der in diesem Punkt bewusst auf Kontinuität setzt.

Investor
Ob das auch der zu dieser Saison eingestiegene Investor so sieht? Der hat den Kickers eine Anschubfinanzierung von angeblich etwa einer Million Euro zugesichert – allerdings mit der Erwartung einer Rendite über die Vertragslaufzeit, die auf zehn Jahre ausgelegt sein soll.

Das ist Chance und Risiko zugleich. Denn wer zahlt, will (nicht nur im Sport) Einfluss nehmen. Aus diesem Grunde wurde die Position des Koordinators Sport neu geschaffen und mit dem Exprofi Michael Zeyer besetzt. Das Problem dabei: der Verein scheint offensichtlich mit dessen Arbeitsweise nicht ganz zufrieden zu sein. Hinzu kommt, dass er sich mit dem Trainer Schuster nur sehr bedingt versteht, seit er Spieler wie Sascha Rößler und Björn Schlicke andiente, die nicht in Schusters Vorstellungen passten. Andererseits hat der Coach nach der enttäuschenden Hinserie nicht die besten Argumente.

Inzwischen steht eine Trennung von Zeyer im Raume – genauso wie der Name Guido Buchwald als dessen potenziellem Nachfolger. Die Gretchenfrage lautet: wie stellt sich der Zeyer nahestehende Investor dazu? Eine Antwort bei diesem heiklen Thema dürfte spätestens zur Hauptversammlung am Montag gefallen sein, denn sonst kann auf Degerlochs Höhen nicht vernünftig weitergearbeitet werden.

Persönlich
Edgar Kurz hat sich nach dem Rücktritt seines Vorgängers Dirk Eichelbaum zunächst interimsweise zur Verfügung gestellt, wurde auf der Hauptversammlung vor einem Jahr dann aber offiziell gewählt. „Ich stelle mich gerne in den Dienst des Vereins“, sagt der 69-Jährige heute. Zudem wurde das Präsidium auf sechs Personen erweitert, was auch der beruflichen (oder im Falle Dieter Wahls der politischen) Belastung der Personen geschuldet ist. „Es war von Anfang an klar, dass ich nur einen begrenzten zeitlichen Aufwand für die Kickers leisten kann“, sagt Kurz, der zudem darauf verweist, dass er und seine Kollegen für den Verein nicht nur Zeit, sondern auch Geld opfern.

Auch wenn der Versicherungskaufmann nach außen hin stets zurückhaltend auftritt, bezieht er intern in wichtigen Fragen klar Position. Ob die mehrheitsfähig ist, wird sich in den nächsten Wochen weisen.

Regionalliga
Fußball gespielt wird, nebenbei bemerkt, auch noch. Sofern das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht, geht es am Sonntag gegen den SC Pfullendorf. Drei Punkte wären da sehr hilfreich, nicht nur weil sich der Präsident nach geraumer Zeit auch persönlich wieder einmal ein Bild von der Mannschaft machen wird.

Stuttgarter Zeitung

StN: Guido Buchwald zu den Kickers

Platz im Präsidium
Von Gunter Barner und Jürgen Frey, aktualisiert am 25.11.2010 um 19:08

Stuttgart – Sportlich sind die Stuttgarter Kickers im Niemandsland der Fußball-Regionalliga abgetaucht, für die eine oder andere Überraschung sorgen sie noch immer. Jetzt sortiert sich die Führungscrew neu.

Für gewöhnlich sind die Stuttgarter Kickers ein recht auskunftsfreudiger Club. Schon deshalb, weil sie kaum mehr jemand was fragt. Seit einigen Tagen jedoch wirkt der Fußball-Regionalligist so fest verschlossen wie Fort Knox. Das wirklich Wichtige gibt es, wenn überhaupt, nur noch unter der Hand. Und das was am kommenden Montag bei der alljährlichen Mitgliederversammlung verkündet werden soll, ist für die Zukunft des Vereins durchaus von Bedeutung. Guido Buchwald (48) kehrt zu den Blauen zurück. Er soll künftig im sechsköpfigen Präsidium für die sportlichen Belange des Regionalligisten zuständig sein.

Zeyer wird die Kickers früher oder später verlassen

Weil die Blauen aber so arm sind wie eine Kirchenmaus, wird die Personalie mit dem Ex-Weltmeister vom heimlichen Sponsor des Clubs finanziert. Das Phantom mit dem Herz für die Kickers zahlt bisher aber schon für die Dienste des Sportkoordinators Michael Zeyer. Weshalb sich die Frage stellt, ob unterm Fernsehturm der Wohlstand ausgebrochen ist. Ist er nicht. Michael Zeyer, ein unbequemer Zeitgenosse mit eigenen Vorstellungen, wird die Kickers früher oder später wohl verlassen. Früher wäre Dirk Schuster auf alle Fälle lieber. Der Trainer, so ätzen seine Kritiker, sei nicht dabei gewesen, als die Diplomatie erfunden wurde. Beobachter des Geschehens behaupten, der Sportkoordinator sei in Schusters Büro fast so willkommen wie die Steuerfahndung. So ähnlich gilt das auch für Geschäftsführer Jens Zimmermann, der dem Vernehmen nach andere Götter äußerst ungern neben sich duldet. Das klingt nicht unbedingt nach gedeihlicher Teamarbeit zum Wohle des Vereins.

Diskutiert wird deshalb darüber, ob Guido Buchwald nicht auch den Job des Sport-Koordinators übernehmen sollte. Der Weltmeister von 1990, Ehren-Kapitän des VfB Stuttgart und Restwert aus den guten, alten Kickers-Zeiten, fordert: „Ich bin für hierarchisch klare Verhältnisse, und zwar in allen Bereichen.“ Mit Zeyer noch einige Zeit den Doppelpass zu spielen kommt für ihn allenfalls aus Gründen der Einarbeitung infrage. Danach muss klar sein, wer der Chef im Hause ist.

Kurz hält große Stücke auf Zimmermann

Präsident Edgar Kurz kehrt zwar nicht mit eisernem Besen, immerhin sorgt er nach einigem Zögern für Durchzug auf der Geschäftsstelle, die zuletzt mit dicker Luft durchdrängt war. Der Chef der Blauen geht zwar gern mal am Bodensee spazieren, während die Kickers-Elf um Punkte kämpft, im Personal-Streit ist er aber jederzeit präsent. Kurz hält große Stücke auf den Marketing-Experten Zimmermann. Der anonyme Sponsor dagegen hätte gern mehr solides Handwerk und weniger Chichi. Die Kosten für die Feierlichkeiten zum 111-Jahr-Jubiläum trieben den Sparkommissaren auf der Waldau den Angstschweiß auf die Stirn.

Unklar ist bisher noch, wer im sechsköpfigen Präsidium seinen Stuhl für den Rückkehrer räumen wird. Klar ist aber, dass die Führungscrew nicht unnötig aufgebläht werden soll. Angeblich überlegt Dieter Wahl, zuständig für die anderen Abteilungen außer Fußball, den Rückzug anzutreten.

Ganz gleich, wo genau das Personal-Karussell am Ende zum Stehen kommt, Buchwald erwartet eine Herkules-Aufgabe. Denn nach wie vor gilt, was schon den ehemaligen Präsidenten Axel Dünnwald-Metzler zur Verzweiflung trieb: „Wenn wir ausnahmsweise mal kein Problem haben, dann findet sich immer einer, der eines macht.“

Stuttgarter Nachrichten

StZ: „Die Regionalliga ist tödlich“ Nachgefragt

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 08.10.2010
Die Jahrhundertelf der Stuttgarter Kickers mit Guido Buchwald trifft morgen (15.30 Uhr) auf Viktoria Berlin.

Herr Buchwald, waren Sie denn überrascht, bei der Wahl des Jubiläumsteams der Stuttgarter Kickers die meisten Stimmen bekommen zu haben – noch vor einem Spieler wie Jürgen Klinsmann?

Zunächst hatte ich gar nicht unbedingt damit gerechnet, überhaupt in die Jahrhundertelf gewählt zu werden. Dass ich dann sogar der Stimmenkönig geworden bin, freut mich natürlich.

Mit welcher Erwartung gehen Sie denn in das Spiel gegen Viktoria Berlin, den Finalgegner um die Deutsche Meisterschaft 1908?

Zunächst einmal damit, dass das ein tolles Ereignis ist, wo man alte Bekannte trifft und wo die Tradition der Kickers auflebt. Denn der Verein hat in Stuttgart immer noch einen Stellenwert, auch wenn er sportlich bis in die vierte Liga abgerutscht ist.

Und selbst da verkörpert die Mannschaft momentan nur Mittelmaß. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach, nachdem der Club vorne mitspielen wollte?

Ich habe in der Vorbereitung einige Spiele gesehen, auch das Derby gegen den VfB, und war danach überzeugt, dass die Mannschaft intakt ist. Warum sie jetzt einen Durchhänger hat, ist für mich schwer nachvollziehbar. Ich kenne die Regionalliga und war sicher, dass die Kickers vorne mitspielen werden.

Wenn Sie die Regionalliga kennen: Ist ein Traditionsverein wie die Kickers da auf Dauer denn überlebensfähig?

Von der Konstellation, wie die Liga jetzt gehandhabt wird – ein Beispiel sind die sinkenden Fernsehgelder -, ist das unheimlich schwer. Man muss da also schnell wieder raus. Sonst wird man auch für Sponsoren und das Umfeld uninteressant. Oder aber der DFB ringt sich doch noch durch, etwas zu ändern. Bei nur einem Aufsteiger droht rasch Langeweile – und das ist tödlich.

Sie haben einst bei den Kickers gespielt und sind immer wieder im Gespräch, eine Funktion zu übernehmen. Ist das denkbar?

Also momentan kann ich mir das nicht vorstellen. Seit Herr Kurz das Amt des Präsidenten übernommen hat, ist der Verein gut aufgestellt und hat sich in der Außenwirkung positiv entwickelt. Aber ich versuche schon, immer wieder unterstützend zu wirken. Schließlich hängt mein Herz nach wie vor noch an den Kickers.

Die Fragen stellte Joachim Klumpp.

Stuttgarter Zeitung

Buchwald, Allgöwer und Co: Prominentes Wiedersehen mit der 111Elf im GAZi-Stadion

Kickers-Legenden treffen an diesem Samstag (15.30 Uhr) auf den BFC Viktoria – Großes Rahmenprogramm mit Kabinenfest

Mit einer Vielzahl an klangvollen Spielernamen aus der Geschichte des Fußball-Regionallisten Stuttgarter Kickers wird die Kickers-111Elf an diesem Samstag beim Jubiläumsspiel im GAZi-Stadion auflaufen, das um 15.30 Uhr unter der Leitung des ehemaligen Fifa-Schiedsrichters Bernd Heynemann (Magdeburg) angepfiffen wird. Stadion- und Kassenöffnung ist um 14.15 Uhr. Guido Buchwald, Karl Allgöwer, Ralf Vollmer, Claus Reitmaier, Adnan Kevric und viele weitere bekannte und beliebte Akteure werden anlässlich des 111. Geburtstags des Degerlocher Vereins das Kickers-Trikot tragen. Gegner dieser prominent besetzten Auswahl ist der Berliner Fußballclub Viktoria, die Hauptstädter hatten im Jahr 1908 das Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft mit 3:1 gegen die Blauen gewonnen. Eintrittskarten für die Begegnung sind noch für alle Kategorien erhältlich, der Eintritt beträgt 5 Euro (Stehplatz) und 15 Euro (Sitzplatz). Für das anschließende Kabinenfest in den Katakomben des GAZi-Stadions ist ein zusätzliches Ticket für 11,10 Euro zu lösen.

Mit einem großen Festakt im ADM-Sportpark werden die Blauen zuvor diesen Festtag eröffnen, nach der reizvollen Begegnung gegen die Hauptstädter geht im GAZi-Stadion die Party nahtlos weiter. Es folgen eine große Autogrammstunde sowie eine öffentliche Interviewrunde mit den Kickers-Stars von einst und heute (im Bereich zwischen der Haupttribüne und dem Catering-Verkaufsstand), die Ausgabe für die Besteller der limitierten Jubiläums-Trikots sowie ein großes Kabinenfest in den Katakomben.

SWR3-DJ Michael Spleth und SWR1-DJ Rene Hagdorn sorgen in den beiden Partyräumen mit fetziger Disco-Mucke von 18.99 Uhr an für gute Stimmung, Einlass ist ab 18.30 Uhr. Alle Getränke an den Bars gibt es zum Preis von lediglich 2 Euro. Der Eintritt beträgt 11,10 Euro inklusive eines Welcome-Drinks sowie eines Begrüßungsgeschenks. Nur noch wenige Restkarten gibt es für dieses einzigartige Kabinenfest auf der Waldau. Diese Tickets gehen am Samstagnachmittag im GAZi-Stadion am FAdSKi-Stand und bei den Mitarbeitern des Kickers-Arbeitskreises in den freien Verkauf.

Diese Kickers-Legenden haben ihr Kommen angekündigt (Rückennummern):

Tor: (1) Bernd Klaus, (1) Claus Reitmaier, (1) Waldemar Cimander.

Abwehr: (2) Dirk Wüllbier, (2) Moritz Steinle, (3) Matthias Imhof, (4) Bernd Schindler, (4) Jochen Novodomsky, (5) Erich Schmeil, (5) Stefan Kleyer, (5) Markus Lösch, (5) Rolf Steeb, (5) Dieter Dollmann, (7) Robert Hofacker, (19) Michael Kümmerle, (23) Alexander Malchow.

Mittelfeld: (5) Horst Schairer, (6) Guido Buchwald, (6) Reinhold Tattermusch, (7) Karl Allgöwer, (7) Marcel Ivanusa, (8) Alois Schwartz, (8) Roland Bazlen, (8) Markus Straubmüller, (10) Janusz Gora, (10) Ralf Allgöwer, (10) Adnan Kevric, (10) Kazimierz Kmiecik, (10) Enzo Marchese, (17) Thorsten Raspe.

Angriff: (9) Dimitrios Moutas, (9) Helmut Fürther, (11) Ralf Vollmer, (11) Marcus Marin, (14) Tomislav Maric.

Offizielle Homepage

Nachlese zum ersten Sieg in der 4. Liga

„Der Funke ist übergesprungen“

Die Kickers sind mit der Besucherzahl zufrieden, das gilt erst recht für den SSV Reutlingen. Von Joachim Klumpp

Nach dem ersten Regionalligaheimspiel der Stuttgarter Kickers am Freitagabend gegen den SV Wehen Wiesbaden II hat ein Fan seinen Kumpel gefragt, wie weit es eigentlich nach Weiden ist, zum nächsten Gegner. „Etwa 320 Kilometer“, lautete die Antwort. Das ist dann doch etwas viel, also verabschiedete er sich mit den Worten: „Bis in zwei Wochen“ – dann zum nächsten Heimspiel gegen den TSV 1860 München II.

Immerhin, der Mann kommt wieder. Und das war auch die Quintessenz des Präsidenten Edgar Kurz nach seiner Punktspielpremiere und dem 2:0: „Der Funke ist übergesprungen.“ Ein Verdienst der Mannschaft, keine Frage, die die Fans nach einer quälenden Drittligasaison mal wieder mit erfrischendem Offensivfußball begeistert hat. So sah es auch der Zaungast Guido Buchwald, der zum Geschäftsführer Jens Zimmermann einen guten Kontakt pflegt. „Die Zuschauer sind auf ihre Kosten gekommen, aber man darf jetzt nicht gleich zu viel erwarten.“ Rückschläge sind einkalkuliert, zumal bei einer jungen Mannschaft, bei der vermeintliche Leistungsträger wie Franco Petruso, Christian Grujicic, Slaven Jokic oder Mijo Tunjic, zumindest zunächst, auf der Bank saßen. Doch auch das spricht für den Trainer Dirk Schuster, der sagt: „Bei mir zählt nur der Leistungsgedanke.“

Morgen geht es zum Pokalspiel nach Herrenberg (18.30 Uhr), am Freitag dann – eben – nach Weiden, zum starken Aufsteiger, der sich zum Beispiel mit den ehemaligen Kickers-Akteuren Sokol Kacani und zuletzt noch Michael Kümmerle verstärkt hat. Ein gutes Ergebnis vorausgesetzt, dürften in zwei Wochen wohl noch ein paar mehr Zuschauer kommen als die 2140 vom Freitag. Zudem wollen die Kickers den Dauerkartenverkauf aus dem Vorjahr (791) knacken. Der Präsident Edgar Kurz war erst mal zufrieden, auch mit der Kulisse. „Ich habe mit zweitausend gerechnet, jetzt sind es sogar noch ein paar mehr geworden .“

(…)

Stuttgarter Zeitung

Die Vertreibung der Trostlosigkeit
Die Stuttgarter Kickers mussten erst Viertligist werden, um wieder Leidenschaft zu zeigen

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Die Stuttgarter Kickers in der Fußball-Regionalliga. Eine halbe Stunde vor dem Beginn des ersten Saison-Heimspiels nach dem Abstieg aus der dritten Liga gegen den SV Wehen Wiesbaden II sind noch ausreichend Parkplätze hinter der Gegentribüne vorhanden. Als Stadionsprecher Frank Pfauth zehn Minuten vor dem Anpfiff die Mannschaftsaufstellung vorliest, sind Fan-Block und Haupttribüne nur spärlich besetzt. Radiomann und Sänger Michael Spleth gibt im Mittelkreis die neue Kickers-Hymne „Stuttgart – deine Seele“ zum Besten, niemand geht mit. Die Trostlosigkeit ist perfekt. Beim Anpfiff zumindest sind viele Sitzplätze auf der Haupttribüne belegt und im B-Block stimmen die Treuesten der Treuen erste Gesänge an.

Einer ist ohnehin optimistisch: „Ich war in Freiburg dabei – die werden kämpfen, das werdet ihr sehen“, sagt ein Fan vor dem Stadion zu den Umstehenden. Beim SC II hatte das Team zum Auftakt 0:0 gespielt.

Tatsächlich: Gut eine Stunde später, die Kickers führen hoch verdient mit 2:0, trabt Dirk Prediger vom Platz und klatscht Einwechselspieler Mijo Tunjic ab. Der Stürmer, einer von vier verbliebenen Akteuren aus der vergangenen Saison in der Startelf, hat zuvor 84 Minuten fußballerisch kein überragendes Spiel gezeigt. Er hat Fehlpässe gespielt, hat weit am Tor vorbeigeschossen. Aber er ist 84 Minuten lang gerannt, hat die Wehener bissig am Spielaufbau gehindert, hat nach Fehlern von Mitspielern den Ball zurückerobert. So wie es die Kollegen nach seinen Fehlern getan haben. Die Zuschauer belohnen es mit langanhaltendem Applaus. Prediger klatscht zurück und lächelt glücklich.

Offensichtlich mussten die „Blauen“ erst Viertligist werden, um wieder Leidenschaft zu zeigen. In ihren Reihen stehen viele junge Spieler, die in einer höheren Spielklasse keine Chance bei dem Traditionsverein bekommen hätten. Und sie versuchen, sie zu nutzen. Am Spielfeldrand steht Dirk Schuster. Der Coach wirkt sehr angespannt, lebt mit und tobt, wenn er Unzulänglichkeiten sieht. Auch für den ehemaligen Profi, Bester seines Jahrgangs beim Fußballlehrer-Lehrgang in Köln, ist die erste Trainerstation seiner Karriere eine Chance. Seine Handschrift ist schon ansatzweise zu erkennen. Und auch, dass die Kickers einige Talente in ihren Reihen haben. Zum Beispiel Dominik Salz, der Bruder des bisherigen Torhüters Manuel Salz, der einen Tag später in der Mercedes-Benz-Arena im Tor des SC Freiburg stand. Der Stürmer schließt eine sehenswerte Kombination per Kopf zum 1:0 ab und hat noch genug Energie, um zum B-Block zu spurten und sich feiern zu lassen. Schuster sieht das Engagement der Spieler. Doch dem Coach liegt im Magen, dass das Team „viel zu viele einfache Fehler gemacht“ hat. Er weiß, dass es die junge Kickers-Mannschaft im Verlauf der Saison mit stärkeren Gegnern als den harmlosen Wehenern zu tun bekommen wird. Eines aber ist den „Blauen“ am Freitag gelungen: Die Vertreibung der Trostlosigkeit, zumindest für einen Abend.

Eßlinger Zeitung

Rainer Lorz ziert sich – Eichelbaum weiter im Amt

Die Präsidentenfrage

Stuttgarter Kickers Der Fußball-Regionalligist sucht einen Nachfolger für Dirk Eichelbaum – bisher ohne Erfolg. Von Joachim Klumpp

Manchmal ist der Wunsch der Vater des Gedankens. So hat der amtierende Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum wohl darauf gesetzt, dass sich der Aufsichtsrat des Fußball-Regionalligisten am Montagabend dazu durchringt, sein Rücktrittsgesuch zum Ende des offiziellen Geschäftsjahres (gestern) anzunehmen. Dem war aber nicht so, „weil der Verein noch keinen geeigneten Nachfolger gefunden hat“, wie Eichelbaums Begründung nach Rücksprache mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Rainer Lorz lautet. Was heißt: Eichelbaum ist weiter im Amt.

Wie lange noch, das muss sich zeigen. „Ich bin ja nicht auf der Flucht“, sagt Eichelbaum, „und will auch eine geordnete Amtsübergabe.“ Doch offensichtlich besteht gerade in dieser Hinsicht noch Klärungsbedarf in diversen Punkten. Zum Beispiel bei der Vertragsauflösung mit dem Manager Joachim Cast. „Das machen wir in aller Stille“, sagt Eichelbaum. Dass er bis zur ordentlichen Hauptversammlung – spätestens im November – weitermacht, das ist zwar nicht sein Ziel, scheint aber ebenfalls nicht mehr gänzlich ausgeschlossen, auch wenn er betont: „Für die neue Saison stehe ich nicht mehr zur Verfügung.“

Abwarten. Der intern hoch gehandelte Rainer Lorz lässt sich nicht unter Druck setzen und hat sich bisher öffentlich bewusst aus der Diskussion herausgehalten. Er dürfte den nicht gerade vergnügungssteuerpflichtigen Posten nur dann übernehmen, wenn er geordnete Finanzen vorfindet. Inwieweit andere personelle Optionen bestehen, ist offen. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Christian Dinkelacker sagt dazu nur: „Ich bin mir der Verantwortung des Amtes bewusst. Die Kickers werden auch künftig einen Präsidenten haben.“

Zu allem Überfluss kommen noch Verletzungssorgen bei den Spielern hinzu: Im Training zogen sich der Torhüter Rodriguez vermutlich einen doppelten Schienbeinbruch und Marcel Charrier einen Kreuzbandriss zu. Offen ist auch die Zukunft von Bashiru Gambo, der nach seiner Rückkehr aus Ghana zunächst einmal krankgeschrieben ist.

Stuttgarter Zeitung

Lorz ringt noch mit sich selbst

Kickers-Aufsichtsrat bestärkt seinen Vorsitzenden, Präsident zu werden

STUTTGART (jüf). „Ich bin nicht auf der Flucht“, sagte Dirk Eichelbaum gestern. Deshalb nahm es der Noch-Präsident der Stuttgarter Kickers einigermaßen gelassen hin, dass die Wachablösung an der Spitze der Blauen nicht wie von ihm gewünscht schon am 30. Juni über die Bühne ging. Doch bis zum Wochenende soll es so weit sein. Der Aufsichtsrat hat am Montag die Weichen gestellt: Das Gremium hat sich dafür ausgesprochen, seinen Chef Rainer Lorz als neuen Präsidenten einzusetzen. Der Rechtsanwalt wird nun nicht nur in sich gehen, sondern auch diverse Gespräche vertiefen: mit seiner Frau, seiner Kanzlei und seriösen Geldgebern. Auch dürfte er sich Gedanken machen über die künftige Zusammensetzung des Präsidiums. Klar ist: Lorz plant, einen sportlichen Leiter in die Führungsetage zu holen. Mögliche Kandidaten wie Guido Buchwald oder Walter Kelsch zeigen jedoch auf Nachfrage unserer Zeitung derzeit kein Interesse. Da Lorz seit Wochen in verschiedenen Bereichen Verantwortung übernommen hat, spricht vieles dafür, dass er das Präsidentenamt übernimmt – wohl kommissarisch bis zur Hauptversammlung. Dort könnte er das Vertrauen in sein Team von den Mitgliedern bestätigen lassen.

Hiobsbotschaften gibt es im sportlichen Bereich: Torwart Luis Rodriguez (Schienbeinbruch) und Marcel Charrier (Kreuzbandriss) verletzten sich im Training schwer.

Stuttgarter Nachrichten

Welche Rolle spielt Buchwald?

Welche Rolle spielt Buchwald?

Der Weltmeister meldet Interesse an, aber die Stuttgarter Kickers geben sich bedeckt

STUTTGART. Die Stuttgarter Kickers sind immer noch auf der Suche nach einem Trainer. Da kommt jetzt sogar Guido Buchwald ins Spiel – doch passt der überhaupt ins Anforderungsprofil?

Von Joachim Klumpp

Tradition ist vergänglich. Auch im Fußball. Im ersten Europapokalfinale standen sich 1954 Real Madrid und, ja wer eigentlich, gegenüber? Stade Reims aus Frankreich, am Freitagabend abgestiegen in die dritte Liga. Selbst die ist auf deutscher Ebene inzwischen zu hoch für die Stuttgarter Kickers, die sich am Samstag von ihrem Publikum in die Regionalliga verabschiedeten. Oder von dem, was davon noch übrig geblieben war. Offiziell wurden zwar 3140 Zuschauer gezählt, doch nicht alle Dauerkartenbesitzer wollten sich das Begräbnis zweiter Klasse antun, dafür sorgten zumindest rund 1300 mitgereiste Anhänger des SC Paderborn, der sich mit dem 3:0-Sieg den Relegationplatz sicherte, für Stimmung. Ansonsten ist es überraschend ruhig geblieben. Keine Plakate, keine Proteste, die Fans scheinen sich mit dem Schicksal abgefunden zu haben.

Oder machen ihrem Unmut via Internetforum Luft. Was zur Folge hatte, dass Michael Feichtenbeiner kurzerhand aus dem Kreis der Trainerkandidaten ausschied, obwohl er „ein schlüssiges Konzept vorgelegt hat“, wie der Schatzmeister Frieder Kummer zugibt. Aber er hatte keine Lobby im Umfeld, weil er vor x Jahren angeblich unrühmlich aus dem Verein geschieden war, nachdem er die Mannschaft zuvor noch ins DFB-Pokalhalbfinale geführt hatte. Tradition ist vergänglich, Ressentiments sind es nicht, zumindest nicht auf Degerlochs Höhen. Der Präsident Dirk Eichelbaum will die Trainerfrage nun bis Mitte der Woche geklärt haben, wobei den Verantwortlichen eine Teammanagerlösung vorschwebt. „Aber das hängt auch von der Person ab“, sagt Eichelbaum.

Zumal jetzt noch Guido Buchwald ins Spiel kommt, der auch schon eine Kickers-Vergangenheit hat, als Sportdirektor 2001 – allerdings ohne nachhaltige Erfolge. „Er wurde an uns herangetragen“, sagt Eichelbaum zu der Personalie mit dem Weltmeister. „Wir müssen mit einem Gespräch abwarten, bis er heute wieder zurück ist.“ Aus Japan nämlich, wo er am Wochenende weilte, und nach wie vor einen guten Ruf genießt. Einen besseren jedenfalls als in Deutschland, wo er nach seinem gescheiterten Intermezzo bei Alemannia Aachen bisher vergeblich auf ein neues Engagement wartet.

Nun also die Kickers? Abgeneigt scheint Buchwald nicht zu sein, er sagt: „Mein Herz schlägt noch für den Verein. Grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen. Aber ich weiß nicht, wie die finanzielle Situation aussieht.“ Die Frage ist auch, ob Buchwald ins Anforderungsprofil des Neuaufbaus – mit jungen Spielern aus der Region – passt. Das trifft vielmehr auf Michael Rentschler zu, mit dem die Kickers heute die Gespräche vertiefen wollen. Bei dem 38-Jährigen bleibt eher abzuwarten, ob er seinen Job als WFV-Verbandssportlehrer aufgibt, zumal noch nicht einmal die Regionalligalizenz der Kickers sicher ist.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Lorz sagt zu diesem Punkt: „Ich bin da optimistischer als vor einer Woche. Es gibt positive Signale.“ Allerdings will zum Beispiel Eduardo Garcia vom Hauptsponsor verständlicherweise erst wissen, wie die sportliche Führung aussieht. Das interessiert auch die Spieler, zumindest die, die noch in der engeren Wahl stehen: Marcus Mann, Torsten Traub, Ralf Kettemann, vielleicht Benedikt Deigendesch, auch Bashiru Gambo will/soll bleiben – und selbst Alexander Rosen ist nicht abgeschrieben. Die Zeit drängt. Und an Urlaub ist für die Verantwortlichen auch in den Pfingstferien nicht zu denken.

Stuttgarter Kickers: Salz (84. Huber) – Steinle, Mann, Traub, Härter (67. Tucci) – Traut (65. Petruso), Ortlieb, Gentner, Köpf – Smeekes, Galm.

SC Paderborn: Jensen – Wachsmuth, Mohr, Holst (72. Fischer), Krecidlo, Gonther – Guié-Mien, Alushi, Brückner – Krause (67. Löhning), Damjanovic (46. Güvenisik).

Stuttgarter Zeitung

Kickers suchen Kontakt zu Buchwald

STUTTGART (jüf/jük). Das 0:3 gegen den SC Paderborn geriet für die Stuttgarter Kickers zur Nebensache. Beim Absteiger aus der dritten Liga interessiert derzeit nur eines: Wer wird neuer Trainer und damit Nachfolger von Rainer Kraft. Fest steht: Heute wird mit Michael Rentschler verhandelt. Der 38-jährige Fußball-Lehrer und Sportwissenschaftler entspricht dem Anforderungsprofil der blauen Chefetage. Allerdings ist der WFV-Verbandssportlehrer nicht der einzige Kandidat. Um sich nicht vorwerfen lassen zu müssen, es nicht wenigstens versucht zu haben, wollen die Kickers auch Kontakt zu Weltmeister Guido Buchwald aufnehmen. Bisher gelang das jedoch nicht, da er sich noch bis Mitte der Woche in Japan aufhält. „Ich werde mich mit ihm austauschen, nicht mehr und nicht weniger“, sagte Präsident Dirk Eichelbaum. Spätestens Ende der Woche soll der neue Trainer dann feststehen. Damit endlich auch mit den Spielern Nägel mit Köpfen gemacht werden können.

Stuttgarter Nachrichten

Keine Tränen mehr

Die Kickers verlieren mit 0:3 und gehen mit vielen offenen Fragen in die Viertklassigkeit

Stuttgart – Das war ‚ s: Für die Stuttgarter Kickers hat sich das Kapitel dritte Liga nach einem Jahr wieder geschlossen. Zum Saisonfinale unterlag das Schlusslicht dem SC Paderborn vor magerer Kulisse im heimischen Stadion mit 0:3 (0:1) und schlittert jetzt mit vielen offenen Fragen zum ersten Mal in seiner Geschichte in die Viertklassigkeit.

Von Beate Wockenfuß

Es war kurz und schmerzlos. Die 20. Saison-Niederlage machte den Strich unter die katastrophale Spielzeit, deren unheilvolles Ende sich schon lange vor diesem 38. Spieltag abgezeichnet hatte. In der letzten Partie gegen den Aufstiegsaspiranten aus Paderborn war der tapfere Widerstand der Gastgeber beim 0:1 durch Sven Krause (44.) gebrochen. Als Florian Mohr kurz nach Wiederanpfiff auf 2:0 (51.) erhöhte, ergaben sich die „Blauen“ vollends ihrem Schicksal und mussten schließlich noch das 0:3 von Sercan Güvenisik (65.) hinnehmen. Paderborn spielt nun in der Relegation um den Aufstieg und wurde euphorisch von 1300 mitgereisten Anhängern gefeiert. Deren hoffnungsfroher Schlachtruf „Dritte Liga – nie mehr, nie mehr“ trifft tragischerweise – vorerst zumindest – ebenso auf die Kickers zu und daher zusätzlich ins Mark. Am Ende blieben ein enttäuschter Trainer Rainer Kraft, schweigsame Spieler und 1800 traurige Fans, die den 90-minütigen Abgesang mit Fassung trugen und sich noch das eine oder andere Trikot als Erinnerung sicherten.

Resignation allerorten

Der Verein hatte die Sicherheitsbedingungen verschärft, doch die treuen Anhänger blieben bemerkenswert friedlich. Die Grenze ihrer Leidensfähigkeit wurde in den zurückliegenden Monaten offensichtlich mehrfach überschritten, so dass es für das Finale wohl keine Tränen mehr gab. Resignation allerorten.

Präsident Dirk Eichelbaum hatte sich im Stadionheft entschuldigt, „dass es aus den widrigen Umständen des geringsten Etats nicht gelungen ist, eine trotzdem schlagkräftige Einheit zu formen, die das Unternehmen ,Klassenerhalt ‚ bestanden hätte“. Wie das für die neue Saison gelingen soll, ist noch fraglich. Denn so lange es keine neue sportliche Leitung gibt, stehen unterm Fernsehturm alle Räder still. Der Acht-Spiele-Trainer Kraft wurde ohne Vorwarnung abserviert und darf sich jetzt einen neuen Job suchen. „Ich bin sehr enttäuscht, dass ich nicht einmal mein Konzept und meine Ideen vorstellen konnte“, sagte der Coach, der sich am Samstag­abend von der Mannschaft bei einem Essen verabschiedete.

Wer Kraft, der das Team in einer Art Himmelfahrtskommando am 14. April von Edgar Schmitt übernahm, nachfolgt, soll sich Mitte dieser Woche entscheiden. Ein Kandidat ist Michael Rentschler. Mit dem früheren Oberliga-Trainer des VfL Kirchheim sollen laut Eichelbaum heute oder morgen Gespräche stattfinden. Zudem geistert der Name Guido Buchwald über die Waldau. Der Ex-Kickers-Spieler trainierte zuletzt den Zweitligisten Alemannia Aachen, wo er im November 2007 entlassen wurde.

Auch bei der Besetzung des Kaders für die neue Saison gibt es noch keine Fortschritte. Fest steht lediglich, dass Thorsten Reiß zum West-Regionalligisten SV Elversberg wechselt. Wohin es Manuel Salz zieht, verriet der Torhüter, den die Fans mit 72,5 Prozent der Stimmen zum Spieler der Saison wählten, noch nicht. Dagegen hat Bashiru Gambo noch einmal bekräftigt, dass er bleiben will. Der Mittelfeldakteur ist ohnehin der einzige, der einen für die Regionalliga gültigen Vertrag besitzt. Die anderen Spieler, die gehalten werden könnten, wurden in die Warteschleife versetzt bis der neue Trainer – und möglicherweise Teammanager in Personalunion – feststeht. Erst dann will sich auch Eduardo Garcia vom Hauptsponsor Gazi dazu äußern, ob er die Kickers weiter unterstützt. Eine Personalie scheint dagegen wasserdicht: Der Präsident selbst macht weiter. „Stand heute: ja“, trotzt Eichelbaum aller Kritik.

Statistik

Stuttgarter Kickers: Salz (84. Huber) -Steinle, Mann, Traub, Härter (69. Tucci) – Traut (67. Petruso), Ortlieb, Gentner, Köpf – Galm, Smeekes.

SC Paderborn: Jensen – Wachsmuth, Mohr, Holst (73. Fischer), Krecidlo – Gonther – Guié-Mien, Alushi, Brückner – Krause (69. Löning), Damjanovic (46. Güvenisik).

Schiedsrichter: Wingenbach (Diez).

Zuschauer: 3140.

Tore: 0:1 Krause (44.), 0:2 Mohr (51.), 0:3 Güvenisik (65.).

Gelbe Karten: Steinle / Damjanovic.

Beste Spieler: Salz / Alushi, Mohr.

Eßlinger Zeitung

StN: Ehemalige Kickers-Spieler fordern Neuanfang

„Leute mit Ahnung müssen jetzt ans Ruder kommen“
Stuttgart – Der so gut wie sichere Abstieg des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers lässt auch die ehemaligen Blauen nicht kalt. Guido Buchwald und Wolfgang Wolf bieten sogar ihre Hilfe an.

Guido Buchwald (48): „Leider sind die Blauen jetzt kaum mehr zu retten, da leide ich natürlich mit. Die Kickers dürfen nicht untergehen. Sie sind ein Traditionsverein und gehören eigentlich in die zweite Liga. Die Gründe für den Absturz liegen ganz klar in den vielen Fehlern, die im sportlichen Bereich gemacht wurden. Teilweise sind Spieler verpflichtet worden, die beim Absteiger SSV Reutlingen nicht zur ersten Garde zählten. So etwas kann ich nicht nachvollziehen. Deshalb ist es höchste Zeit für einen Neuanfang. Eine Insolvenz halte ich für den allerletzten Ausweg. Ich plädiere für eine Konsolidierung in der Regionalliga mit jungen Spielern. Die Kickers liegen mir am Herzen. Wenn man mich fragt, wäre ich zumindest für ein Gespräch bereit, in dem ich meine Gedanken offenlegen würde.“

Fredi Bobic (37): „Die Entwicklung bei den Blauen stimmt mich sehr traurig. Keiner weiß doch jetzt richtig, wie es mit dem Verein weitergeht. Viel zu spät haben die Verantwortlichen die Realitäten der dritten Liga erkannt. Jetzt müssen Leute mit Ahnung ans Ruder kommen, die ein Konzept haben und die ihre eigenen Interessen hintenanstellen.“

Wolfgang Wolf (51): „Der Abstieg ist zu 95 Prozent sicher, das ist jammerschade. Jetzt müssen sich schnell Leute an einen Tisch setzen, die ein Herz für die Kickers haben. Ansonsten befürchte ich, dass der Verein komplett von der Bildfläche verschwindet. Meiner Meinung nach muss sich der Club neu aufstellen. So hart es sich anhört: Aber Personen, mit denen du absteigst, sind gescheitert. Nach der Drittliga-Qualifikation wurden die falschen Schlüsse gezogen, die falschen Leute geholt. Ich verspreche den Kickers, dass ich ihnen zum Ende meiner Laufbahn noch mal helfen werde. Für die wunderschönen Jahre, die ich in Degerloch erlebt habe, möchte ich etwas zurückgeben. Doch zunächst muss ich nach mir schauen und trete am 1. Juli mein Traineramt beim griechischen Erstligisten Skoda Xanthi an.“

Markus „Toni“ Sailer (40): „Ich würde den Blauen jederzeit helfen – wenn es sein müsste auch als Fanbeauftragter.“

Jürgen Frey

Stuttgarter Nachrichten