Gold und Geld für den Prämientopf
Regionalliga Beim SSV Reutlingen gibt es für jedes Tor fünf Gramm Gold – bei den Kickers für jeden Punkt 100 Euro. Von Joachim Klumpp
Für den Schatzmeister Friedrich Kummer war das Fußball-Regionalligaspiel der Stuttgarter Kickers gegen 1860 München II vorab so etwas wie richtungsweisend. Wohin der Weg führt? Letzte Aufschlüsse konnten die 90 Minuten dann aber nicht liefern, weil es weder Sieger noch Verlierer gab bei diesem 1:1. Zumindest was die Mannschaften anging. Intern durfte sich Marcel Rapp durchaus als Gewinner fühlen, der den Ausgleich für die Kickers erzielt hatte – was der Mannschaft pro Kopf wenigstens 100 Euro Punktprämie brachte. Der Einsatz des 30-Jährigen war nach dem Abschlusstraining (am Donnerstagabend) gefährdet, nachdem ihm der Mitspieler Slaven Jokic, der deshalb bis heute vom Training freigestellt wurde, überhart anging, was einen Nasenbeinbruch zur Folge hatte. Rapp spielte trotzdem mit, ohne Maske. „Die Ärzte haben gesagt: es ist sowieso schon gebrochen, da kann eigentlich nichts mehr passieren“, erzählte der Kickers-Kapitän später.
Und sein Trainer Dirk Schuster lobte: „Man hat ihm die Verletzung nicht angemerkt. Von seiner Einstellung profitiert die ganze Mannschaft.“ Heute nun soll Rapp operiert werden, „ein kleiner Eingriff“, sagt der Spieler, am Mittwoch in Darmstadt will er wieder dabei sein. (…)
Stuttgarter Zeitung
Neues Wir-Gefühl macht die Kickers stark
Trotz Operation – Kapitän Rapp will am Mittwoch in Darmstadt spielen
Von Jürgen Frey
STUTTGART. Permanente Unterstützung aus dem B-Block, rhythmisches Klatschen auf der Haupttribüne, keine Pfiffe, wenn mal etwas schiefgeht: Wer den Stimmungswandel bei den Heimspielen der Stuttgarter Kickers nach dem Abstieg nicht live erlebt, kann es kaum glauben. „Diese Unterstützung hat sich das Team erarbeitet. Die Zuschauer honorieren, dass die Spieler Gas geben“, sagte Trainer Dirk Schuster nach dem 1:1 in der Fußball-Regionalliga gegen 1860 München II, „und dieses Wir-Gefühl macht uns auch stark.“ Der Funke springt vom Feld auf die Ränge über. Weil die junge Kickers-Elf von der ersten bis zur letzten Minute rennt, bis die Socken qualmen, und immer zumindest versucht zu kombinieren. Dass gegen die Löwen vor immerhin 2575 Zuschauern längst nicht alles klappte und noch zu viel Hektik im Spiel war, schob Schuster auch auf den Gegner: „1860 war unser bisher aggressivster Gegner.“
Schon am kommenden Mittwoch (19.30 Uhr) geht es für die Blauen zum SV Darmstadt 98. „Die stehen als Vorletzter schon unter Druck“, weiß Schuster, stellt aber klar: „Wir wollen so lange wie möglich ungeschlagen bleiben.“ Dazu will Marcel Rapp am Böllenfalltor beitragen. Heute wird der Nasenbeinbruch des Kapitäns zwar unter Vollnarkose operiert, doch Schuster ist sicher: „Wenn es keine Komplikationen gibt, wird er spielen.“
Stuttgarter Nachrichten
„Das neue geniale Wir-Gefühl“
Die Stuttgarter Kickers spielen sich mit leidenschaftlichem Kampfgeist in die Herzen der Fans
Von Beate Wockenfuß
Stuttgart – Die Fans schwärmen im Internet-Forum von dem „neuen genialen Wir-Gefühl“. Trainer Dirk Schuster lobt die „kompromisslose Zusammengehörigkeit“ innerhalb seines Teams. Und Kapitän Marcel Rapp erklärt freudestrahlend: „Man sieht, dass da eine Mannschaft auf dem Platz steht, in der jeder für jeden kämpft.“ Bei den Stuttgarter Kickers herrscht nach der Tristesse der vergangenen Drittliga-Saison – die mit dem sang- und klanglosen Abstieg sowie einer wahren Spielerflucht endete – und dem kompletten personellen Neuanfang in der Regionalliga eine neue Euphorie.
„Es ist gut angelaufen. Unsere Leistung war in jedem Spiel ansprechend. Das stimmt uns alle positiv“, erklärt Rapp, der einzige Verbliebene aus dem Drittliga-Team. Die neue blutjunge Mannschaft, die anfangs skeptisch ob ihrer Liga-Tauglichkeit betrachtet wurde, ließ die Kritiker vorerst verstummen. Nach vier Spieltagen sind die „Blauen“ – wie nur drei weitere Vereine – immer noch ungeschlagen und erobern mit den klassischen Tugenden Leidenschaft, Kampfgeist und Siegeswille die Herzen der zuvor arg leidgeprüften Fans. „Es macht wieder richtig Spaß, der Mannschaft zuzuschauen“, ist im Forum auf der Homepage genauso zu lesen wie: „Die gezeigten Leistungen machen regelrecht süchtig nach Kickers-Fußball.“ Die Begeisterung spiegelt sich auch auf den Rängen wider: Am Freitag beim zweiten Heimspiel in dieser Saison gegen den TSV 1860 München II kamen mit 2575 Zuschauern gut 400 mehr als bei der Heimpremiere gegen den SV Wehen Wiesbaden II (2:0). Vor allem die treuesten Anhänger im rappelvollen B-Block waren von Anpfiff an lautstark bei der Sache. Sie peitschten ihr Team nach vorne und reagierten bei Fehlern nicht mit Pfiffen. Zwar behielten die Kickers beim 1:1 trotz ihres unermüdlichen Einsatzes nur einen Zähler daheim, doch sie sammelten bei ihrem Publikum weitere Sympathiepunkte. Längst identifizieren sich die Fans mit den neuen Männern in Blau und tragen deren Namen und Rückennummern auf den Trikots.
„Die Fans sehen, dass die Mannschaft kämpft und das honorieren sie. Sie stehen hinter uns, weil wir absolut authentisch sind“, sagt Kapitän Rapp, der am Freitag die frühe Führung der Gäste (6. Minute) durch ein Kopfballtor egalisierte (24.). Dass der 30-Jährige trotz seines am Vorabend erlittenen Nasenbeinbruchs überhaupt auf dem Platz stand und zudem keinen Zweikampf scheute, verdeutlicht den Charakter des neuen Teams. „Ich wollte unbedingt spielen. Es ist wichtig, als Älterer dabei zu sein“, erklärt Rapp mit blauer Nase und Blutergüssen unter den – dennoch leuchtenden – Augen. „Von dieser Einstellung profitiert die ganze Mannschaft. Marcel ist ein echtes Vorbild“, lobt Schuster den Spielführer.
Doch bei aller Euphorie sind sich alle bewusst, dass es auch noch Defizite gibt. Die teils ungestümen Aktionen der Youngsters ließen so manchen Zuschauer in einigen Situationen zusammenzucken. Auch bei der Chancenverwertung hapert es noch. „Klar passieren durch die Unerfahrenheit noch Fehler. Wir müssen etwas ruhiger spielen, mit weniger Risiko, und vor dem Tor zielstrebiger sein“, so Rapp. Aber dem Kapitän ist nicht bange: „Das wird besser werden.“ Und auch Schuster, dem die Anfangsphase gegen 1860 II „überhaupt nicht gefallen“ hatte, blickt zuversichtlich in die Zukunft. „Die Kickers sind in der Regionalliga angekommen und mit vielen Mannschaften auf Augenhöhe“, bilanziert der Coach und betont: „Wenn wir weiter hundertprozentige Einsatzbereitschaft und Aggressivität zeigen, können wir jedem Gegner gefährlich werden.“
Eßlinger Zeitung
1860 II in der englischen Woche
Stabile Abwehr
Weil die zweite Mannschaft eines Profiklubs immer eine Baustelle ist, kann Dieter Märkle schon zufrieden sein, nach vier Spieltagen zumindest mal ein Gerüst gesehen zu haben. Am Freitag spielte der TSV 1860 II 1:1 bei den Stuttgarter Kickers, und dabei war der Trainer vor allem – und mal wieder – mit seiner Abwehr zufrieden. „Unsere Innenverteidigung mit Julian Leist und Mathias Wittek, das ist so etwas wie das Grundgerüst“, sagt Märkle. Dazu habe auch Dominik Stahl defensiv gut gearbeitet, und der lange verletzte Profi Benjamin Schwarz, der zurzeit in der zweiten Mannschaft Spielpraxis sammelt, habe für zusätzliche Stabilität gesorgt.
Dass es nicht zu einem Sieg reichte, lag vor allem daran, dass die schwache Phase der jungen Löwen recht lange dauerte. Sie hatten zielstrebig begonnen, Peniel Mlapa hatte schon nach sechs Minuten die erste Chance zum 0:1 genutzt. Doch die Kickers erspielten sich für den Rest der ersten Halbzeit ein Übergewicht und kamen nach 24 Minuten zum Ausgleich. Erst nach dem Wechsel hatten die Sechziger das Spiel wieder weitgehend im Griff. „Da haben wir wieder früher attackiert und die Stuttgarter im Schnitt 15 Meter weiter von unserem Tor entfernt halten können“, sagt Märkle. Wie stabil die Mannschaft tatsächlich ist, wird die nun bevorstehende englische Woche zeigen: Am Mittwoch spielt 1860 II gegen den Drittletzten Wehen II (19 Uhr, Stadion an der Grünwalder Straße), am Samstag bei der zurzeit starken SpVgg Weiden. cal
Süddeutsche