Fehlende Arrestzellen: Saisoneröffnung nicht im Gazi-Stadion

VfB-Amateure müssen am Samstag gegen Offenbach im Daimlerstadion spielen – Untaugliche Container werden umgebaut
Die gestern in Degerloch angelieferten Container sind nicht als Arrestzellen geeignet. Die Polizei untersagt deshalb dem Gastgeber VfB Stuttgart, am Samstag im Gazi-Stadion zu spielen. Ob dort die Kickers eine Woche später antreten können, ist unsicher.

Von Jörg Nauke

Am Samstag beginnt die Saison der neuen eingleisigen dritten Fußball-Bundesliga. Die Amateure des VfB Stuttgart, die wegen strenger Sicherheitsauflagen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gezwungen sind, vom Wasen auf Degerlochs Höhen zu ziehen und im Gazi-Stadion ihre Spiele auszutragen, dürfen zum Ligaauftakt nun doch im Neckartal antreten. Die Stadt Stuttgart hat gestern Abend mit dem Ausdruck des Bedauerns mitgeteilt, dass es für das Stadion auf der Waldau keine Freigabe der Sicherheitsorgane geben wird und deshalb der Umzug der Amateure ins Daimlerstadion notwendig wird. Dort empfangen sie die Offenbacher Kickers.

Dass die Verlegung notwendig würde, hatte sich bereits am Wochenende abgezeichnet (die StZ berichtete). Während alle anderen vom Deutschen Fußball-Bund für die dritte Liga formulierten baulich notwendigen Voraussetzungen erfüllt worden seien, so Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann, gebe es Probleme, den Sicherheitsauflagen gerecht zu werden. Hintergrund sind Lieferschwierigkeiten eines österreichischen Unternehmens, das die Ausschreibung für die Container gewonnen hat, die zur Errichtung einer provisorischen Polizeiwache genutzt werden sollten. Laut Bürgermeisterin können die als Arrestzellen vorgesehenen Container frühestens am 18. August geliefert werden. Bis dahin sollten aber bereits drei Spiele im Gazi-Stadion absolviert sein, und zwar zwei Partien der VfB-Amateure gegen Offenbach und Wuppertal sowie das Schlagerspiel zum Auftakt zwischen den Stuttgarter Kickers und Fortuna Düsseldorf am 2. August.

Gestern Mittag hat der Vertragspartner der Stadt Stuttgart im Gazi-Stadion zwar einige gebrauchte Container angeliefert. Sie waren allerdings nicht geeignet, bei der Stuttgarter Polizei, die in diesen Behältnissen ihre Wache einrichten soll, Begeisterungsstürme auszulösen. Das war aber auch nicht erwartet worden. Im Gegenteil, nachdem bekanntgeworden war, dass das Unternehmen Schwierigkeiten hat, die vertraglich vereinbarten Container fristgerecht zu liefern, erwarten die Sicherheitsorgane in Stuttgart gestern schon nicht mehr als eine Verlegenheitslösung. Im Rathaus geht man davon aus, dass die Lieferfirma damit lediglich Schadenersatzforderungen entgegentreten wolle.

Die gebrauchten Container seien als Arrestzellen völlig ungeeignet. Jene, die für die Einsatzlogistik der Polizei erforderlich seien, würden ebenfalls „erhebliche Ausstattungsdefizite“ aufweisen, hieß es in einer Pressemitteilung der Stadt. In den kommenden Tagen wird das Hochbauamt versuchen, die Behältnisse so auszustatten, dass ein provisorischer Wachbetrieb bis zum Eintreffen der richtigen Container gewährleistet werden kann. Ziel sei, so die Bürgermeisterin, den Kickers das erste Heimspiel und dem VfB die zweite Partie gegen Wuppertal im Gazi-Stadion zu ermöglichen. Sicher sei dies aber nicht. Die Polizei habe konkrete Vorstellungen von Mindeststandards. Die endgültige Entscheidung darüber falle am kommenden Dienstag, da die Polizei einige Tage benötige, um ihre Wache technisch auszustatten.

Für die Vereine ist der Umzug ein Problem. Der VfB Stuttgart bekommt im Daimlerstadion ein immer dichteres Programm. Ein Tag nach dem Amateurspiel gegen Offenbach tritt das Erstligateam im UI-Cup an. Am kommenden Mittwoch steht das Freundschaftsspiel gegen Arsenal London an. Für die Kickers wäre ein Umzug auch mit finanziellen Einbußen verbunden. Die Werbeverträge gelten fürs Gazi-Stadion, außerdem fallen im Daimlerstadion höhere Kosten an. Hier hofft man aber auf die Großzügigkeit der Stadt. Allerdings laufen die Kickers Gefahr, vom DFB belangt zu werden, weil sie in ihren Lizenzunterlagen keine Ausweichspielstätte aufgeführt haben sollen.

Quelle: Stuttgarter Zeitung

„Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft“

Der DFB-Direktor Helmut Sandrock erkennt in der neuen dritten Liga weitere Steigerungsmöglichkeiten

STUTTGART. Am Freitag startet die neue dritte Fußballliga in die Saison. Vor allem die zusätzliche Fernsehpräsenz der Clubs in der eingleisigen Spielklasse soll mehr Sponsoren anlocken.

Von Joachim Klumpp

Der Modus: Aus der dritten Liga steigen die beiden ersten Mannschaften direkt auf. Der Drittplatzierte bestreitet am Saisonende – quasi als Höhepunkt – zwei Relegationsspiele gegen den Drittletzten der zweiten Liga. Die Vereine auf den letzten drei Plätzen (18 bis 20) steigen in die dreigeteilte Regionalliga ab, deren Meister wiederum sich sportlich für die dritte Liga qualifizieren.

Die zweiten Mannschaften: Immer wieder umstritten ist, ob die zweiten Mannschaften von Proficlubs in der Liga spielen sollten. In letzter Konsequenz haben das nur drei (statt der zulässigen vier) Vereine geschafft, und zwar genau jene, die sich am meisten dafür verkämpft haben: Werder Bremen, der VfB Stuttgart und Bayern München. Im Gegenzug verzichten diese Clubs auf ihr Fernsehhonorar, das anteilig auf die restlichen 17 Vereine umgelegt wird. Aufsteigen können die sogenannten Amateurteams nicht, aber absteigen. Von der Regionalliga wiederum können unbegrenzt zweite Mannschaften aufsteigen.

Der DFB-Pokal: Für die erste Hauptrunde mit 64 Mannschaften sind die Drittligisten (wie bisher in der Regionalliga) nicht automatisch gesetzt, sondern müssen sich über ihre Landesverbände qualifizieren; die Stuttgarter Kickers etwa über den Pokalwettbewerb des Württembergischen Fußball-Verbands (WFV). Da die zweiten Mannschaften von Proficlubs künftig nicht mehr im DFB-Pokal spielen, verzichtet der VfB Stuttgart II auf die Teilnahme am WFV-Pokal. Ob sich am Modus etwas ändert, müsste übergeordnet beschlossen werden. „Der DFB überprüft sich permanent“, sagt der für die dritte Liga zuständige Direktor Helmut Sandrock und fügt hinzu: „Sollten wir feststellen, dass eine Änderung für alle Beteiligten sinnvoll und vertretbar ist, werden wir reagieren.“ Auf jeden Fall werden die ersten vier Vereine der dritten Liga in die DFB-Pokal-Hauptrunde einziehen.

Das Fernsehen: Die dritte Liga soll vor allem im TV eine höhere Präsenz erhalten als bisher, deshalb erfolgt der Spielplan nach dem Muster: ein Spiel freitags, sieben Partien am Kernspieltag Samstag (14 Uhr) und zwei sonntags. Zudem werden an den beiden ersten Spieltagen je eine Partie – Erfurt gegen Dresden sowie Jena gegen Aue – live (im MDR) übertragen; weitere sollen folgen. „Mit dem bislang Erreichten können wir zufrieden sein“, sagt Sandrock, gibt aber zu: „Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft.“

Die Stuttgarter Kickers sind mit ihrem Wunsch nach einem Livespiel (zum Beispiel zur Heimpremiere gegen Düsseldorf) beim zuständigen SWR bisher nicht auf offene Ohren gestoßen. Livespiele seien eine Option, sollen aber die Ausnahme bleiben, so die Antwort des Senders auf eine entsprechende Anfrage. Unabhängig von möglichen Liveübertragungen werden in der ARD-„Sportschau“ am Samstag künftig jeweils Ausschnitte von drei Spielen zu sehen sein, dazu eine Partie am Sonntag, wo die ZDF-„Sportreportage“ Interesse am zweiten Sonntagsspiel angemeldet hat. Darüber hinaus werden sämtliche dritten Programme am Samstag weiter ausführlich über die dritte Liga berichten (der SWR zum Beispiel von 17 Uhr an). „Es wird also von nahezu jedem Spiel bewegte Bilder geben“, sagt Sandrock.

Das TV-Honorar: Nachdem sich nur drei zweite Mannschaften qualifiziert haben, sank das Fernsehhonorar von ursprünglich 635 000 auf 589 000 Euro pro Club. Zu wenig, so der Tenor der Vereine, die vor allem die Diskrepanz zu den Millionensummen in der zweiten Liga beklagen. Sandrock gibt zu: „Es gibt noch Luft nach oben.“ Für die nächste Saison ist dabei immerhin eine Erhöhung auf 825 000 Euro geplant.

Die Sicherheit: Das Thema spielt eine wichtige Rolle, weshalb hier auch exakte Standards vom DFB im Zulassungsverfahren formuliert worden sind. Drastische Worte fand bereits Bayern Münchens Sicherheitschef Alfred Ziegler: „Die Zeit der beschaulichen Familienausflüge ist vorbei. Etliche Partien werden Problemspiele.“ Dabei denkt er vor allem an die Begegnungen mit den Ostclubs wie Union Berlin oder Dynamo Dresden. Dessen Geschäftsführer Bernd Maas wiederum reagierte empört auf die Vorurteile: „Ich finde die Äußerungen völlig unnötig. Wir müssen den Fokus kurz vor dem Start nicht schon wieder auf das Thema Ostclubs und Sicherheit lenken.“ Auch beim DFB sieht der Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn „keinerlei Probleme“ – und wenn, nicht auf die Ostclubs begrenzt.

So wurde auch das erste Heimspiel der Stuttgarter Kickers gegen Fortuna Düsseldorf unter die Sicherheitsstufe 1 gestellt. „Dadurch wird sich der Aufwand von normalerweise etwa 40 Ordnern sicher verdoppeln“, sagt der Kickers-Manager Joachim Cast. Der DFB-Funktionär Spahn ergänzt vor dem Start generell: „Wir sind bereit und können flexibel reagieren. Beispielsweise mit Pufferblöcken, einer Reduzierung von Kontingenten oder anderen Maßnahmen.“

Quelle: Stuttgarter Zeitung

Präsident denkt an Ortlieb

STUTTGART (ump). Die Fußballer der Stuttgarter Kickers treten heute (18.30 Uhr) in Adelberg bei Göppingen gewissermaßen zur Generalprobe für die dritte Liga an – gegen den künftigen Regionalligisten SSV Ulm. Allerdings fallen Ralf Kettemann und Björn Schmiedel verletzt aus, eine Halbzeit lang soll der Gastspieler Denis Lapaczinski zum Zuge kommen. Wobei die Kaderplanung der Kickers im Grunde abgeschlossen ist. „Sollte ein Spieler noch einen übermäßig guten Eindruck machen, dann müsste man sich nochmals zusammensetzen“, sagt der Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum, der allerdings auch darauf verweist, dass noch ein gewisser Markus Ortlieb unter Vertrag steht, der in der Innenverteidigung spielen kann und auch im defensiven Mittelfeld.

Als wesentlich größere Planstelle neben dem Drittligakader erweist sich derzeit das Nachwuchskonzept, das der Präsident in den nächsten Tagen noch einmal konkret mit dem Jugendkoordinator Zoltan Sebescen abklären will. Der Exprofi hat noch einen Vertrag für die laufende Saison, schien zuletzt aber nicht mehr zufrieden mit der Situation bei den Kickers zu sein. „Dennoch gehe ich davon aus, dass die Zusammenarbeit weitergeht“, sagt Eichelbaum. „Unsere Bestandsaufnahme muss vor allem dahin gehen, wie wir bis 2010 die DFB-Kriterien der Drittligisten für ein Nachwuchszentrum erfüllen können.“ Und nebenbei sollen A- und B-Junioren möglichst wieder in die Bundesliga aufsteigen.

Quelle: StZ

Die Stadionsanierung erhitzt die Gemüter

Heftige und zum Teil gereizte Debatte über die Varianten des Ausbaus auf der Waldau

Die Debatte über die Sanierung des Waldaustadions hat die Gemüter erhitzt, insbesondere die der Kickers-Fans. Viele fordern, dass das Gazi-Stadion so ausgebaut wird, dass es auch für die zweite Liga taugt.

Von Mathias Bury

Wenn es ums Stadion auf der Waldau geht, verstehen viele Kickers-Fans keinen Spaß. Und wenn sie gar den Eindruck haben, ihr Verein könnte zu kurz kommen, vergreifen sich manche auch im Ton. Sieht man von Ausrutschern ab, hat die Berichterstattung über die Sanierung des Gazi-Stadions aber eine lebendige Debatte im Internetforum der Stuttgarter Zeitung hervorgerufen.

Die Meinungen stoßen hart aufeinander: Ein Debattenteilnehmer namens Andi macht sich bei den Fußballanhängern auf der Waldau keine Freunde, wenn er erklärt: „Die Kickers sind nie und nimmer zweitligatauglich“, sie sollten froh sein, überhaupt die Qualifikation für die dritte Liga geschafft zu haben („mit Dusel“). „Kein Mensch“ brauche auf der Waldau ein Zweitligastadion. Ein gewisser Egon gibt ebenfalls den Kassenwart: „Wir sprechen von Steuergeldern.“

Viele Fans der Stuttgarter Kickers können solche Sparsamkeit nicht nachvollziehen. Tobias Hofferbert ist nicht der Einzige, der eine Sanierung des Waldaustadions für längst überfällig hält, weil in den vergangenen Jahren dort nicht viel getan worden sei. „Der Umbau hätte schon vor zehn Jahren erfolgen können“, sagt Hofferbert, jetzt gebe es gleich mehrere Gründe, dies mit Zukunftsoptionen zu tun. Zumal auch der VfB II, der das Stadion für seine Heimspiele nutzen wird, profitiere.

Das Wort von der „Luxussanierung“ weisen einige Schreiber entschieden zurück. Davon könne schon deshalb keine Rede sein, findet Leonhard Zirkler, weil die Mehrkosten „ohnehin nicht sehr hoch“ seien. Und Tobias Müller hält den Vorwurf angesichts von Millionenausgaben für die Rad-WM und für das Daimlerstadion für nicht gerechtfertigt. Ein Schreiber namens Pichierri sieht keinen Ansatz von Luxus, wenn man „in puncto Fassungsvermögen“ des Stadions nur mit dem SSV Reutlingen und VfR Aalen gleichziehe.

Ob die Kickers das Zeug haben, irgendwann in die zweite Liga aufzusteigen, schätzen auch die Fans verschieden ein. „Bälle flachhalten!!“, fordert Uli Davidsson, schon der „Nicht-Abstieg in der dritten Liga wäre ein Erfolg“, mit der zweiten müsse man sich „nicht im Ansatz beschäftigen“. Auch Winni sieht das so: die Debatte sei „sinnlos, Sommerloch eben. Wir haben nächste Saison damit zu kämpfen, die dritte Liga zu halten.“

Quelle: StZ

Kickers nach Cannstatt

Keiner weiß, wie unter Menschen Liebe entsteht. Biologen, Chemiker, Physiker, Prostituierte, Mediziner und andere Schamanen gehen meines Wissens davon aus, Liebe sei die Folge von Geruch. Ein Mann kann eine Frau riechen, ein Mann einen Mann oder ein Hund seinen Herrn. Der Rest ist Schicksal, Rechtsstreit, Friedhof. Man weiß es nicht.

Etwas schwieriger gestaltet sich das Thema Anziehungskraft, auch Liebe genannt, beim Fußball. Warum bändelt ein Mensch mit einem Verein an? Am guten Geruch kann es nicht liegen: Vereinspolitik stinkt, wie jede Politik, zum Himmel. Ich habe nicht vor, die Frage nach den Motiven eines Fußballfans zu beantworten. So größenwahnsinnig bin ich nicht. Ich gehe selbst zum Fußball, oft zu den Stuttgarter Kickers, und dort orientiert sich der Fan nicht am politisch begründeten Größenwahn gewisser Funktionäre. Der Fan in Degerloch lernt Demut: Er versteht etwas vom Verlieren.

Das weite Feld neben dem Platz, beispielsweise die Stehtribüne, begreift der Fan als seine Heimat. Dieses Land ist sein Land. Und nun zu Ihnen, Herr Oberbürgermeister von Stuttgart, Sie heimatloser Nichtversteher: Jetzt, da es um den Ausbau des Gazistadions auf der schönen Waldau geht, sagen Sie, die Kickers könnten bei gut besuchten Spielen „auch nach Cannstatt“ gehen. Geht“s noch?

Hintergrund ist ein hypothetisches Szenario: Die Kickers spielen in der zweiten Liga, es kommen viele Tausend Fans, das Gazistadion auf der schönen Waldau wäre zu klein. Trotzdem, Herr Oberbürgermeister, werden wir einen Dreck tun und „nach Cannstatt“ ziehen. Dort sind wir zweimal aus der ersten Liga abgestiegen. Haben Sie daran gedacht, als Sie auf Ihrem Business-Seat in der Cannstatter Vip-Lounge auf den Platz schauten? Wenn Sie nicht sehen konnten, ob ein VfB-Spieler gerade siebzig Zentimeter oder siebzehn Meter am Tor vorbeischoss, weil man in Ihrem Hammerwerferstadion noch nie richtig Fußball schauen konnte? Selbst der VfB hat Besseres verdient.

Es geht nicht darum, die schöne Waldau für die zweite Liga zu rüsten. Im Gegenteil. Als Kickers-Mann spiele ich in dieser Saison nicht um den Aufstieg in die zweite, sondern gegen den Abstieg in die vierte Liga. Aber selbst diese Tatsache gibt keinem verdammten Politiker das Recht, die Fans auch nur theoretisch „nach Cannstatt“ zu vertreiben. „Stuttgart“, Herr Schuster, „hört am Neckar auf“, singen wir. Aber das können Sie nicht verstehen: Stuttgart hört für Sie bereits am Bahnhof auf, sonst würden Sie den Neckar nicht noch stiefmütterlicher behandeln als den Nesenbach. Der Kickers-Platz auf der schönen Waldau schafft ein anderes Zugehörigkeitsgefühl als Ihr Sandhaufenstrand in der Neckargegend zu Bad Cannstatt.

Die klassische Fankultur, die Subkultur des Fußballs, ist ohnehin bedroht. Die modernen Arenen werden im Showgeschäft Fußball vom Event-Publikum überrannt, von Leuten, die nicht wissen, in welchen Szenen der geschulte Fußballfan Beifall klatscht, und zwar von Herzen.

Plätze wie das Gazistadion, von Herzen Kickers-Platz genannt, sind heute soziale Nischen. Manchmal beobachte ich sehr junge Fans auf der Stehtribüne fast mit Mitleid: Mann, denke ich, was sucht ihr in dieser Unterklassigkeit? Was macht das kleine, hübsche Mädchen mit seinen Ballettschuhen bei diesem Sauwetter im B-Block? Das ist B-Leben. Die Intimität des Rockclubs ist gelegentlich reizvoller als die Party-Euphorie der Arenashow, und selbstverständlich ist hier Pathos im Spiel. Wie aber soll Fußball ohne Sentimentalität funktionieren?

Fußballfans leiden an ihrer Clubliebe, sie nehmen sie ernst und sind extrem verletzlich. Wenn dies der Herr Oberbürgermeister nicht begreift, dann soll er doch bei Gefahr von großem Publikumsverkehr, etwa beim Thema Stuttgart 21, im Schwäbisch Gmünder Rathaus spielen. Den Geruch dort kennt er ja.

Quelle: StN

Ausbauziel dritte Liga

Gazistadion: Zweitliga-Standard allenfalls später

Das Gazistadion soll mit einem Aufwand von 5,4 Millionen Euro fit gemacht werden, damit darin Spiele der dritten Fußballliga stattfinden können. Diesen Beschluss fasste am Donnerstag der Gemeinderat – nach den Debatten der vergangenen Tage erstaunlicherweise sogar einstimmig.

VON JOSEF SCHUNDERBis kurz zuvor hatte es in den Fraktionen noch interne Debatten und zum Teil wechselnde Mehrheiten gegeben. Nachher unterstützten sie aber alle die Verwaltung: Die Tauglichkeit des Waldaustadions für die dritte Liga soll hergestellt werden, indem die Haupttribüne saniert, mit weiteren Sitzplätzen ausgestattet und neu überdacht wird. Die Variante, die Tribüne abzureißen und in steilerer Form neu zu bauen, fand keine Fans. Dies würde zwar die spätere Nachrüstung der Tribüne für die zweite Liga ermöglichen, aber schon jetzt eine Million Euro mehr kosten, später eine weitere Million.

OB Wolfgang Schuster erinnerte daran, dass man das Stadion in den neunziger Jahren durch Überdachung der Gegentribüne schon einmal zu einem „Schmuckkästchen“ gemacht habe, wie der damalige Kickers-Präsident gesagt habe. „Aber das Schmuckkästchen hat den Kickers nicht den wünschenswerten Fußballerfolg gebracht“, fügte Schuster hinzu. Reinhold Uhl (CDU) schlug erneut vor, die Zweitligatauglichkeit des Stadions mit dem Neubau der Gegentribüne zu lösen, wenn die Stuttgarter Kickers in fünf bis zehn Jahren zweitligatauglich wären. Dann würde ihnen „im Gemeinderat niemand den Ausbau des Stadions verweigern“.

Prompt kam Einspruch. Mehr als Drittligastandard sei der Bevölkerung in Stadionnähe gar nicht zuzumuten, sagte Günther Willmann (FDP). Denn beim Zweitligastandard werden 3000 statt 2000 Sitzplätze und insgesamt 15 000 statt 12 000 Zuschauerplätze gefordert. Der OB meinte auch, beim Aufstieg wäre vieles ganz neu zu überlegen. Mit dem Verwaltungsvorschlag werde für die Kickers aber noch keine Tür zugeschlagen. Rainer Kußmaul (SPD) warf ein, die Kickers hätten leider ja gar nicht den Anspruch, so viele Zuschauer zu haben wie andere Vereine der zweiten Liga. In München würden sowohl der FC Bayern wie auch der TSV 1860 in einer Arena spielen. Gleiches wäre bei Spielen mit vielen Zuschauern in Cannstatt möglich. Der Verwaltungsvorschlag sei gut, die Fußballer der Kickers und des VfB Stuttgart II „sollten dankbar sein“.

Werner Wölfle (Grüne) wurde noch deutlicher. Im Moment müsse man froh sein, dass die Kickers elf Spieler auf den Platz schicken könnten, die sie bezahlen könnten. Er sorgte sich nur, dass die Renovierung der Tribüne am Ende so viel kosten könnte wie der Neubau. Ein Vertreter des Hochbauamts räumte ein, Altbausanierung berge immer mehr Risiken als Neubau. Zur genaueren Prüfung fehle die Zeit. Schon schien die Stimmung zu kippen. Doch dann entsann man sich, dass es jetzt noch nicht um einen Baubeschluss, sondern um die Entscheidung zur weiteren Planung ging. Die könne man revidieren, wenn sich Mehrkosten ergeben.

Quelle: StN

Kickers: Anpfiff in Burghausen

Stuttgart – Stuttgart kann sich zum Auftakt der dritten Liga auf attraktive Spiele freuen. Der VfB II startet mit einem Heimspiel gegen Zweitliga-Absteiger Kickers Offenbach, eine Woche später empfangen die Stuttgarter Kickers Ex-Bundesligist Fortuna Düsseldorf. Los geht“s für die Blauen am 26. Juli bei Wacker Burghausen.

Blaue jubeln über Fortuna

Der offizielle Spielplan war noch gar nicht bekannt, da ratterte Punkt 14.39 Uhr auf der Geschäftsstelle der Stuttgarter Kickers das Faxgerät: Ein Fan von Fortuna Düsseldorf bestellte zwei Haupttribünenkarten für die Partie im Gazi-Stadion auf der Waldau, die am Samstag, 2. August (14 Uhr), stattfinden wird. Das erste Heimspiel der Blauen in der dritten Liga dürfte zum Zuschauermagnet werden. Auch bei Trainer Stefan Minkwitz legte sich ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht, als er die Kunde von der attraktiven Heimpremiere in der dritten Liga erhielt. „Was gibt es Schöneres, als im zweiten Saisonspiel vor vielleicht ausverkauftem Haus am Ball sein zu können“, sagte der Coach. Was dem Spiel für ihn persönlich eine besondere Note verleiht: Es geht gegen seinen ehemaligen Club. Von 1994 bis 1996 trug Minkwitz den Dress der Fortuna. „Außer Zeugwart Alex Spengler kenne ich dort aber bestimmt keinen mehr“, vermutete der 40-Jährige.

Für den Knüller gegen Düsseldorf können die Blauen am ersten Spieltag (26. Juli, 14 Uhr) im Auswärtsspiel bei Wacker Burghausen Werbung in eigener Sache betreiben. „Wir haben gute Erinnerungen an Wacker“, betonte Manager Joachim Cast. Dort feierte sein Team in der vergangenen Runde einen 2:1-Auswärtssieg.

Nicht nur der Spielplan beschäftigte die Kickers am gestrigen Mittwoch – am Abend traten die Blauen in Hechingen zu einem Benefiz-Spiel gegen die TSG Balingen an. Vor 400 Zuschauern besiegten die Stuttgarter den Oberliga-Aufsteiger durch die Treffer von Michael Schürg und Sokol Kacani 2:0 (1:0). Die Erlöse der Veranstaltung kommen den Geschädigten des verheerenden Unwetters in der Region Anfang Juni zugute.

Weiter ungeklärt ist indes die Zukunft von Mittelfeldspieler Mustafa Parmak. Bislang gibt es noch keinen Durchbruch in den Verhandlungen mit Zweitligist TuS Koblenz. Klar ist: Teil des Geschäfts ist auch der Koblenzer Spieler Sascha Traut (23). Mit dem rechten offensiven Mittelfeldspieler sind sich die Blauen „weitgehend einig“ (Cast). Bleibt die Frage, wie viel Euro Koblenz noch bereit ist, in diesem Tauschgeschäft draufzulegen.

Unabhängig davon hält sich derzeit Ex-Kickers-Spieler Suad Rahmanovic im Training in Degerloch fit. „Er macht einen sehr durchtrainierten Eindruck“, urteilte Minkwitz über den Stürmer. Eine Verpflichtung des 27-Jährigen ist derzeit aber kein Thema, könnte aber eines werden, wenn sich der Wechsel von Mirnes Mesic vom Zweitligisten SC Freiburg nicht realisieren lässt.

StN

StZ: Präsidium berät Jugendkonzept

STUTTGART (ump). Nachdem gestern die Spieltage der ersten und zweiten Fußballligen bekanntgegeben worden sind, dürften spätestens zum Wochenende auch die Pläne für die neue dritte Liga feststehen. „Wir müssen uns ja auch nach dem VfB richten“, sagt der Kickers-Manager Joachim Cast zur Termingestaltung, dem in Sachen Transfers noch die Hände gebunden sind. „Wir müssen erst mal unsere Hängepartien beenden, bevor wir noch jemanden verpflichten.“

Während Sven Sökler, wie Mike Baradel, zum Regionalligisten Reutlingen wechselt, stieg Mustafa Parmak nach seiner Grippe gestern wieder in das Training der ersten und Markus Ortlieb in das der zweiten Mannschaft ein. Wobei der Chefcoach Stefan Minkwitz sagt: „Ich habe Ortlieb in der Oberliga als guten Innenverteidiger gesehen.“ Also möglicherweise auch als Option für die erste Mannschaft, die heute (18.30 Uhr) in Hechingen zu einem Benefizspiel gegen den Oberligaaufsteiger TSG Balingen antritt.

„Auch im Umfeld müssen wir uns in vielen Bereichen professionalisieren“, sagt Cast zur Situation auf der Geschäftsstelle. Zunächst einmal gab es dort aber einen Abgang zu verzeichnen: Der Pressesprecher Guido Dobbratz beendet seine Tätigkeit, weil ihm die zeitliche Belastung zu groß geworden ist. Die Position muss also neu besetzt werden, was im Falle der Präsidiumsmitglieder Dieter Wahl und Edgar Kurz nun offiziell geschehen ist. Klärungsbedarf gibt es noch im Nachwuchsbereich, nachdem sich der Präsident Dirk Eichelbaum mit dem Jugendkoordinator Zoltan Sebescen ausgetauscht hat. „Er stellt ja keine utopischen Forderungen“, sagt Eichelbaum zum Konzept des Exprofis, das dennoch zusätzliche Investitionen benötigt. „Bis 2011 müssen wir die Kriterien für einen DFB-Stützpunkt erfüllen“, weiß Eichelbaum, der aber auch kurzfristige Ziele ausgibt: „Natürlich wollen wir mit A- und B-Jugend wieder in die höchste Spielklasse.“

StZ