Scham und Entsetzen

Nach fünf sieglosen Spielen in der Regionalliga sollte das Spiel ein Vergnügen werden. Ein Spiel wie ein Tag im Europapark. Raus aus dem Alltag, rein ins Vergnüngen.

Es wurde zum Desaster. Es ist wahrscheinlich der größte Schlag für unsere Stuttgarter Kickers. Drei Jahre harte Aufbauarbeit wurden innerhalb weniger Augenblicke zerstört. Die Tat eines Einzelnen, ein Becherwurf gegen einen Linienrichter. Durch nichts zu entschuldigen. Nicht durch eine merkwürdige Schiedsrichterleistung, nicht durch die Brisanz des Spieles, nicht durch Emotionalität.

Und auch nicht dadurch, dass sich die wirklichen Fans der Stuttgarter Kickers abgrenzen. Egal ob es ein Kickers-Fan oder ein neutraler Zuschauer war. Er war im Stadion. Ein angeblich wegen ähnlichen Vorfällen vorbestrafter Hooligan konnte ungestört in den Kickers-Fanblock. Der Ordnungsdienst hat in allen Linien versagt.

Die Frage die sich stellt: Wie konnte dies nach den Vorfällen gegen Saarbrücken ein weiteres mal geschehen. Die Kickers wurden wegen nicht ausreichenden Ordnungsdienstes in Tateinheit mit mangelndem Schutz des Schiedsrichters und des Schiedsrichter-Assistenten zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verklagt. Im Gästeblock wurden Rauchbomben und Feuerwerkskörper gezündet, das Spiel musste zweimal unterbrochen werden, und als Krönung versuchten einige Gästefans, den Fanblock der Kickers zu stürmen.

Traurigerweise war es nicht der einzige Vorfall. Die Kickers wurden mehrere Male wegen geworfener Plastikbecher zu Geldstrafen verurteilt. Es gab Ausschreitungen von Kickers-Fans bei WFV-Pokalspielen. Gegenmaßnahmen fruchteten anscheinend nicht. Auch vor dem Wurf auf den Schiedsrichterassistenten flogen Gegenstände Richtung Platz. Wohlgemerkt auch noch nachdem der Schiedsrichterassistent am Boden lag und ärztlich gehandelt wurde.

Als Fan, als stolzes Mitglied der Stuttgart Kickers bin ich entsetzt. Ich schäme mich nach all den Jahren, ein Blauer zu sein. Belächelt wurde ich als Fans einer Looser-Gruppe. Respekt wurde entgegengebracht, seinem Verein treu zu bleiben. Endlich ging es aufwärts. Freunde und Bekannte gingen mit ins Stadion, waren begeistert. Und nun das.

Differenzierungen der Presse sind nicht zu erwarten. Wir Kickers-Fans werden nun als Raubauken und Hooligans herhalten müssen.

Es liegt nun an uns Fans, die Öffentlichkeit vom Gegenteil zu überzeugen. Eine Entschuldigung beim Linienrichter wäre der erste Schritt.

Presse zum DFB-Pokal: Stuttgarter Kickers – Hertha BSC Berlin (0:2)

Ein Bierbecher beendet den Pokalabend
 
Beim Stand von 0:2 wird das Spiel der Stuttgarter Kickers gegen Hertha BSC abgebrochen
 
STUTTGART. Das DFB-Pokalspiel der Stuttgarter Kickers gegen Hertha BSC ist mit einem Skandal zu Ende gegangen. Von einem Bierbecher getroffen brach der Linienrichter zusammen, woraufhin die Partie abgebrochen wurde. Ein langes Nachspiel wird folgen.

Von Joachim Klumpp

Berlins Trainer Falko Götz hatte vor dem Spiel in Stuttgart schon geunkt gehabt: „Dort erwarten uns Hektik und Provokationen.“ Dass diese Worte, die auf den Pokalkampf David gegen Goliath gemünzt waren, gestern Realität wurden, war nicht zu ahnen. Die Pokalpartie war praktisch entschieden, der Favorit aus Berlin führte mit 2:0 gegen den Regionalligisten, als ein großer Abend ein ebenso dramatisches wie unwürdiges Ende fand. Von einem vollen Bierbecher im Nacken getroffen sank der Linienrichter Kai Voss nach 80 Minuten benommen vor der Gegengerade des Gazistadions in sich zusammen. Nachdem er kurz behandelt worden war, brach der Unparteiische Michael Weiner nach Rücksprache mit dem Schiedsrichterbeobachter Winfried Buchhard das Spiel schließlich vorzeitig ab.

„Dieses Ende ist für uns eine Katastrophe“, sagte der Kickers-Manager Joachim Cast, für den es ein schwacher Trost war, dass die Polizei unverzüglich den Täter ermitteln konnte. Es handelt sich nach Polizeiangaben um einen 38-jährigen Mann aus dem Raum Necker-Fils, der zur Hooliganszene zählt und mehrfach vorbestraft ist. Der Schiedsrichterassistent, so teilte ein Polizeisprecher mit, habe keine ernsthafte Verletzung davongetragen.

Dabei war alles angerichtet gewesen für einen großen Fußballabend. Das Gazistadion war mit 10 500 Zuschauern ausverkauft, die ARD rückte mit einem 30-Mann-Team an, die Berliner kamen mit all ihren Nationalspielern wie Arne Friedrich, Malik Fathi oder Yildiray Bastürk, denen Dutt ein hoch motiviertes Kickers-Team entgegen stellte. „Raus aus dem Alltag, rein ins Vergnügen“, so lautete vor dem Spiel das Motto des Trainers, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte, dass der Abend am Ende alles andere als vergnüglich werden sollte.

Auch der große Favorit aus der Hauptstadt hatte im Vorfeld nichts dem Zufall überlassen, als er sich auf das Pokalspiel vorbereitete. Gleich zweimal entsandte Hertha BSC seine Spione in den Süden, um Profile der Gegenspieler und Varianten ihrer Standardsituationen zu erstellen. Einen klassischen Pokalkampf erwarteten die Hertha-Chefs, die leidenschaftliche Auseinandersetzung zwischen den Kleinen aus Stuttgart, die nichts zu verlieren haben, und den Großen aus Berlin, die sich vor der Blamage fürchten. Dass es dann aber gleich so unschön werden würde, das hatten freilich auch Hoeneß und Götz in ihren schlimmsten Vorahnungen nicht vermutet. Der Manager Hoeneß ging hinterher davon aus, „dass das Spiel so gewertet wird, wie es bei Abbruch stand“.

Dabei wollten die Kickers mit aller Macht an das 4:3 nach Verlängerung in der ersten Runde gegen den Hamburger SV anknüpfen, mit dem sie bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten. Auch jetzt sind ihnen wieder die Schlagzeilen gewiss – diesmal allerdings der negativen Art. „Ich mag an die Folgen noch gar nicht denken“, sagte Cast.

Nicht mehr als eine Randnotiz wird es sein, dass die Kickers auch gegen Berlin lange Zeit ein ebenbürtiger Gegner waren. Im Gegensatz zu den letzten Regionalligapartien sprühte der Außenseiter nur so vor Spielfreude, erspielte sich gute Chancen und geriet erst in der zweiten Halbzeit ins Hintertreffen, nachdem Moritz Steinle kurz vor der Pause nach einer Notbremse gegen Marko Pantelic mit Rot vom Platz geflogen war.

Nach einer Stunde gingen die Berliner mit 1:0 in Führung: Solomon Okoronkwo war zur Stelle, als der Kickers-Schlussmann David Yelldell einen Distanzschuss nur hatte abklatschen können. Als auch die Berliner dezimiert waren – Cairo saht die rote Karte – bäumten sich die Kickers noch einmal auf, das nächste Tor fiel aber wieder auf der anderen Seite: Recep Yildiz war im Strafraum der Ball an die Hand gesprungen, Yildiray Bastürk verwandelte den fälligen Elfmeter.

Dennoch sagte Hertha-Trainer Götz: „So einen Abgang haben die Kickers nicht verdient, weil sie über die 90 Minuten dagegen gehalten waren.“ Dass es am Ende nur 86 Minuten wurden, sei unter diesen Umständen nachgesehen.

Stuttgart: Yelldell – Steinle, Hartmann, Yildiz, Kanitz, – Parmak, Akcay, Kanyuk (55. Schlabach), Benda – Okpala, Mesic.

Berlin: Fiedler – Friedrich, Chahed, Simunic, Fathi – Dardai – Cairo, Bastürk, Boateng – Pantelic (81. Lakic), Okoronkwo.

Schiedsrichter: Weiner (Giesen).

Tore: 0:1 Okoronkwo (58.), 0:2 Bastürk (74./Handelfmeter).

Rote Karten: Steinle (Notbremse/44.); Cairo (Tätlichkeit/63.).

Besonderes Vorkommnis: Abbruch (86.).

Stuttgarter Zeitung

Stimmen zum Spielabbruch
„Das schlimmste Szenario“
 
Robin Dutt (Kickers-Trainer): „So wollten wir das Spiel nicht beenden. Wir sind faire Verlierer und hätten die Niederlage akzeptiert, auch wenn wir ein gleichwertiger Gegner waren, so lange wir vollzählig waren. Das macht alles kaputt, was wir in den letzten drei Jahren hier aufgebaut haben. Das ist ein unglaublicher Rückschlag für den Verein.“

Hans Kullen (Präsident): „Ich kann mich nur in aller Form bei den Unparteiischen entschuldigen. Wir werden mit aller Härte gegen den Täter vorgehen.“

Dieter Wahl (Präsidiumsmitglied): „So etwas passt nicht zu den Kickers. Wir haben das Spiel heute gleich zweimal verloren.“

Marco Wildersinn (Kickers-Spieler): „Das ist das schlimmste Szenario, das man sich als Spieler vorstellen kann. Da hat ein Zuschauer total die Nerven verloren.“

Christian Mauch (Aufsichtsratsvorsitzender und Mannschaftsarzt): „Der Linienrichter war nach der Attacke sicher drei bis vier Minuten lang benommen. Das war keine Simulation. Es kann gut sein, dass der ganze Pokal für die Katz war. Das kann uns im schlimmsten Fall die gesamten Zuschauereinnahmen kosten.“

Dieter Hoeneß (Hertha-Manager): „Ich selbst habe so etwas noch nie erlebt. Aber dem Verein Stuttgarter Kickers kann man keinen Vorwurf machen. Das ist die Tat eines Wahnsinnigen. Allerdings hat sich der Schiedsrichter das Leben zuvor manchmal auch selbst schwer gemacht – auf beiden Seiten. Die eine oder andere Entscheidung hätte man nicht pfeifen müssen.“

Falko Götz (Hertha-Trainer): „Das ist sehr bedauerlich, was hier passiert ist. Man muss bedenken, dass so ein Geschoss auch einen Spieler hätte treffen können.“ ump

Stuttgarter Zeitung

Spielabbruch bei den Kickers
Tiefpunkt statt Höhepunkt
 
Von Joachim Klumpp
 
Das Pokalspiel in Gazistadion sollte gestern Abend ein Höhepunkt in der Vereingsgeschichte der Kickers werden – und endete als Tiefpunkt: nach 86 Minuten mit einem Spielabbruch. Der Linienrichter war von einem Bierbecher getroffen worden und nicht mehr in der Lage, die Partie zu Ende zu führen. Eine Katastrophe: für den Fußball im Allgemeinen und für die Kickers im Besonderen. Nachdem in den vergangenen Wochen die deutschen Fans schon durch rassistische Parolen unangenehm aufgefallen waren, hat sich gestern Abend die hässliche Fratze am Schiedsrichtergespann entladen. Auch wenn solche Auswüchse Einzelner nie hundertprozentig in den Griff zu bekommen sind, werden sie die Diskussion um Sicherheitsmaßnahmen neu anheizen.

Für die Kickers wird es nicht bei Diskussionen bleiben, sondern auch Sanktionen geben. In Form einer Geldstrafe, im schlimmsten Fall vielleicht sogar einer Platzsperre. Womit der Gewinn aus dem Pokal mit einem Schlag dahin sein könnte. Zum finanziellen Schaden kommt noch der Imageverlust. Und der wiegt weitaus schwerer als diese Niederlage in der zweiten Pokalrunde.

Stuttgarter Kickers

Kickers: Spielabbruch nach Becherwurf
 
Schiedsrichter beendet DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC vorzeitig – Zweimal Rot in hektischer Partie
 
Stuttgart – Unrühmliches Ende für ein hoch dramatisches DFB-Pokalspiel: Die Zweitrundenpartie zwischen dem Regionalligisten Stuttgarter Kickers und Bundesligist Hertha BSC Berlin am Mittwoch im Gazistadion wurde nach 86 Minuten beim Stand von 2:0 für Hertha BSC Berlin abgebrochen.

VON JÜRGEN FREY

UND DIRK PREISS

Eigentlich schien alles entschieden. Im mit 10 500 Zuschauern ausverkauften Gazistadion waren noch vier Minuten zu spielen, Berlin führte mit 2:0 – und es war klar, dass dem Pokal-Triumph über den Hamburger SV kein weiterer folgen würde. Die Niederlage war bitter, doch dann kam alles noch viel schlimmer.

In der 86. Minute brach Schiedsrichterassistent Kai Voss an der Seitenlinie auf der Gegengeraden plötzlich zusammen. Die Ursache war schnell geklärt: Der Mann an der Linie war von einem gefüllten HartplastikBierbecher am Nacken getroffen worden. Der Kickers-Arzt und Aufsichtsrats-Vorsitzende Christian Mauch behandelte den Unparteiischen mehrere Minuten lang. „Er war benommen“, berichtete er. Und vor allem: Voss war nicht mehr in der Lage, das Spiel fortzusetzen – Schiedsrichter Michael Weiner brach die Partie daraufhin ab.

Die Kickers waren geschockt. „Ich hatte nicht für möglich gehalten, dass bei uns so etwas möglich ist“, stammelte Präsident Hans Kullen, „ich kann mich bei den Schiedsrichtern nur entschuldigen.“ Das Spiel wird wohl mit 0:2 gegen die Kickers gewertet werden. Was aber noch viel schwerer wiegt: Die zu erwartende Strafe wird den Verein viel Geld kosten, die zusätzlichen Einnahmen aus dem DFB-Pokal fallen wesentlich geringer aus. Und auch das neu erworbene, gute Image der Blauen leidet unter diesem Vorfall enorm. „So ein tolles Pokal-Fest und dann macht uns ein Vollidiot alles kaputt“, schimpfte Manager Joachim Cast, „er muss richtig hart bestraft werden.“ Der Täter wurde noch im Stadion ermittelt und festgenommen. Es soll sich um einen Vorbestraften aus der Hooligan-Szene handeln, der den Kickers-Fans nicht zugeordnet wird.

Auch Kickers-Trainer Robin Dutt war sauer. Noch auf dem Spielfeld griff er zum Mikrofon und versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war: „Wir sind faire Verlierer“, brüllte er. Die Nachricht kam nicht bei allen an. Doch zumindest der Gegner zeigte Mitgefühl. „Den Club trifft keine Schuld, es ist ein Phänomen unserer Gesellschaft, dass einige Wahnsinnige alles zerstören“, sagte Hertha-Manager Dieter Hoeneß, „die Kickers haben diesen Abgang nicht verdient.“

Denn die Blauen hatten erneut an der Sensation geschnuppert. Doch nach der umstrittenen Roten Karte gegen Moritz Steinle (44./Notbremse) ging die Hertha in der 58. Minute durch Solomon Okoronkwo in Führung. Nach einem Rempler sah dann zwar auch der Berliner Ellery Cairo Rot, Yildiray Bastürk (74.) machte per Handelfmeter dennoch alles klar. Die Kickers fügten sich fortan in die Niederlage. „Wir hätten das so akzeptieren können“, sagte Dutt. Das Ende, wie es dann kam, dagegen nicht.

Stuttgarter Nachrichten

Der Skandal
 
VON JÜRGEN FREY
 
Bei den Kickers hatten sich vor dem Spiel gegen Hertha BSC nicht wenige zurückgelehnt, die Augen geschlossen und geträumt: vom Einzug ins Achtelfinale und vom damit verbundenen finanziellen Befreiungsschlag. Am Ende kam alles ganz anders: Abrupt ging ein Fußballfest zu Ende. Mit einem Skandal. Ein unverbesserlicher Zuschauer machte mit einem Wurf auf den Schiedsrichterassistenten alles zunichte. Ein Albtraum für die Blauen. Möglicherweise gibt es eine Platzsperre. Sicher: Die Geldstrafe wird hoch ausfallen und die Kickers hart treffen. Denn es war nicht das erste Mal, dass es im Gazistadion zu Vorkommnissen kam – wenn auch nicht in diesem Ausmaß und auch nicht von Kickers-Fans initiiert.

Das Schlimmste an der Tat eines einzelnen polizeibekannten Hooligans ist aber der Imageschaden für den gesamten Club. Die Kickers befanden sich in den vergangenen Wochen und Monaten auf dem besten Weg, sich mit ihrer jungen Mannschaft ein erfrischendes Bild in der Öffentlichkeit zu erwerben. Auch die Führungsriege machte sich zuletzt immer wieder stark für lobenswerte soziale Projekte. Dies tritt nun zumindest fürs Erste in den Hintergrund. Es ist ein schwacher Trost, dass dieser bedauerliche Vorfall in jedem anderen Stadion hätte passieren können.

Stuttgarter Nachrichten

Der Triumph
 
VON JÜRGEN FREY
 
Das Schöne am Fußball: Er steckt voller Überraschungen. Nach dem Triumph gegen den HSV haben die Stuttgarter Kickers nun auch Hertha BSC geschlagen und stehen im Achtelfinale des DFB-Pokals. Es waren zwei grandiose Feste auf der Waldau voller Emotionen, die zeigen: Die Mannschaft lebt, und die Kickers sind wieder wer im Fußball.

Die Blauen sind durch den Einzug unter die letzten 16 viele ihrer Geldsorgen los. Ein Livespiel im Dezember wäre sogar so etwas wie der finanzielle Befreiungsschlag.

Doch bei aller Euphorie, darf eines nicht vergessen werden: Drei Punkte gibt es für den Erfolg gegen Hertha nicht. Am Sonntag steht gegen den SV Wehen ein Schlüsselspiel in der Regionalliga auf dem Programm. Bei allem Selbstvertrauen, das aus dem neuerlichen Coup gezogen werden kann: In den wenigsten Fällen sind Pokal-Sensationen hilfreich für die Bewältigung des Ligaalltags. Die Kickers selbst haben das leidvoll erfahren. 2000 waren sie mit Glanz und Gloria ins DFB-Pokal-Halbfinale eingezogen. Am Saisonende standen sie in der zweiten Liga sportlich auf einem Abstiegsplatz. Es liegt nun an Mannschaft, Trainer und Verantwortlichen dafür zu sorgen, dass aus dem wertvollen Pokal-Triumph kein Pyrrhus-Sieg wird. Gelingt dies, stehen die Blauen vor rosigen Zeiten.

Stuttgarter Nachrichten

Attacke gegen Linienrichter führt zu Spielabbruch

Aus den Kickers-Rängen fliegt beim Stand von 0:2 gegen Hertha BSC ein Hartplastikbecher – Verdächtiger bereits festgenommen
 
Stuttgart – Eklat bei den Stuttgarter Kickers: Das Zweitrunden-Spiel im DFB-Pokal des Fußball-Regionalligisten gegen Hertha BSC musste gestern Abend vorzeitig abgebrochen werden. Schiedsrichter-Assistent Kai Voss war in der 82. Minute von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden. Zu diesem Zeitpunkt lagen die „Blauen“ mit 0:2 zurück. Der Fall kommt nun vor den DFB-Kontrollausschuss. Die Polizei führte einen Verdächtigen bereits ab.
 
Von Sigor Paesler

Das Gazi-Stadion war rappelvoll und noch vor dem Anpfiff hatten die Kickers-Fans ihrer Vorfreude Ausdruck verliehen. Sie sangen den heiteren Slogan des WM-Spieles um Platz drei: „Stuttgart ist viel schöner als Berlin“. Hinterher herrschte jedoch Begräbnisstimmung. Die Verantwortlichen waren konsterniert und auch ein Appell von Trainer Robin Dutt über Lautsprecher dürfte nicht mehr helfen. Der Unparteiische Michael Weiner hatte die Begegnung abgebrochen, nachdem ein voller Hartplastikbecher einen seiner Linienrichter getroffen hatte. „Es war eine klare Angelegenheit, weil das Wurfgeschoss von den Kickers-Rängen kam“, sagte Weiner. Allerdings soll es sich bei dem Verdächtigen nicht um einen Anhänger der Degerlocher handeln, sondern um einen vorbestraften Hooligan aus der Szene des VfB Stuttgart. Angeblich halfen Kickers-Fans den Mann zu identifizieren.

Das Spiel dürfte dennoch als verloren für die Stuttgarter gewertet werden – und dazu müsste es mindestens eine saftige Geldstrafe geben. Wenn es schlecht für die „Blauen“ läuft, sind ein guter Teil der Pokaleinnahmen dahin. Zumal es für die Kickers in der laufenden Saison bereits eine Geldstrafe wegen Zuschauerausschreitungen gab.

„Das ist aber auch ein nicht zu beziffernder Imageschaden für den Verein“, sagte Dutt, „manche Leute wissen einfach nicht, was sie tun.“ Präsident Hans Kullen hatte Tränen in den Augen. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass so etwas bei uns im Stadion passiert“, sagte der Clubchef. Hertha-Manager Dieter Hoeneß äußerte ebenfalls sein Bedauern über den unrühlichen Höhepunkt eines Pokalkampfes. Voss war benommen, benötigte nach wenigen Minuten aber keine ärztliche Behandlung mehr.

Die Partie war von einigen Emotionen begleitet gewesen. Bis zum Spielabbruch hatte Schiedsrichter Weiner zwei Rote Karten gezeigt. Eine für den Kickers-Verteidiger Moritz Steinle (44.) und eine für Ellery Cairo (62.). Doch angesichts des unschönen Vorfalls geriet der sportliche Verlauf in den Hintergrund. Dabei hatten die Gastgeber ihre Anhänger unter den 10 500 Besuchern mit Engagement und Zweikampfstärke erfreut – obwohl es einige Veränderungen in der Anfangself gab. Da Abwehrchef Jens Härter grippekrank ausfiel, zog das gleich eine Reihe von Wechseln nach sich. Manuel Hartmann rückte nach hinten. Im Mittelfeld sollten der in der Regionalliga gesperrte Mustafa Parmak und Laszlo Kanyuk für Kreativität sorgen. Sascha Benda probierte es von außen.

Die Hertha deutete ihre bessere Spielkultur an. Und je länger es ging, desto mehr schien das Konzept des Abwartens von Hertha-Trainer Falko Götz aufzugehen. Eine Abwehraktion von Steinle gegen Pantelic hatte dann Folgen: Weiner erkannte auf Foul und Notbremse. Steinle erhielt die Rote Karte – eine sehr umstrittene Entscheidung.

Effizient gingen die Gäste zu Werke. Solomon Okoronkwo traf zum 1:0 (58.). Aufregung kurz darauf: Cairo musste nach einer Tätlichkeit gegen Mesic mit Rot vom Platz. Ein Handelfmeter, den Yildiray Bastürk verwandelte (74.), ließ die Emotionen dann hochkochen. Die sportliche Entscheidung war eigentlich gefallen, ehe das Unheil aus den Zuschauerrängen seinen Lauf nahm.

Stuttgarter Kickers: Yelldell – Steinle, Hartmann, Yildiz, Kanitz – Akcay – Parmak, Kanyuk (55. Schlabach), Benda – Okpala, Mesic.

Hertha BSC Berlin: Fiedler – Chahed, Friedrich, Simunic, Fathi – Dardai – Cairo, Bastürk, Boateng – Pantelic (81. Lakic), Okoronkwo.

Schiedsrichter: Weiner (Giesen).

Zuschauer: 10 500 (ausverkauft).

Tore: 0:1 Okoronkwo (58.), 0:2 Bastürk (74./Handelfmeter).

Gelbe Karten: Kanyuk, Mesic, Akcay/Boateng, Bastürk, Friedrich.

Rote Karten: Steinle wegen Notbremse (44.)/Cairo wegen Tätlichkeit (62.).

Besonderes Vorkommnis: Spielabbruch wegen einer Attacke auf den Schiedsrichterassistenten (82.).

Beste Spieler: Mesic, Yildiz/Bastürk, Boateng.

Eßlinger Zeitung

Linienrichter am Kopf getroffen

Beim Stand von 2:0 für Hertha BSC wird das Spiel bei den Stuttgarter Kickers abgebrochen

Michael Kölmel

STUTTGART. Das Pokalspiel zwischen den Stuttgarter Kickers aus der Regionalliga Süd und dem Bundesligisten Hertha BSC wurde am Mittwochabend nach 86 Minuten abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt führten die Berliner durch Treffer von Solomon Okoronkwo (58.) und Yildiray Bastürk (74./Handelfmeter) mit 2:0.   

Dann wurde der Schiedsrichter-Assistent Kai Voss von einem Gegenstand am Kopf getroffen. Er sank zu Boden, war kurze Zeit ohnmächtig. Voss wurde einige Minuten behandelt und musste dann in die Kabine geführt werden. Äußere Zeichen einer schlimmeren Verletzung waren zunächst nicht zu erkennen. Referee Michael Weiner aus Gießen brach nach diesem schlimmen Zwischenfall die Partie ab. Weiner blieb nach dem Abbruch in seiner Kabine, ließ aber den wartenden Journalisten folgendes ausrichten: Er werde keine Stellung beziehen, aber eigentlich sei die Angelegenheit klar. Der Gegenstand – es soll ein Hartplastikbecher gewesen sein – sei aus dem Block der Stuttgarter Kickers gekommen. Eine Entscheidung über die Wertung des Pokalspiels müsse aber das Sportgericht treffen.

Kickers-Trainer Robin Dutt: „Das ist für uns eine totale Katastrophe und ein unglaublicher Rückschlag für den Verein.“ Dabei hatten sich die Kickers viel vorgenommen. Knapp zwei Jahrzehnte ist es her, dass die Blauen zuletzt in der ersten Bundesliga mitspielen durften. Inzwischen fristen die Kickers ein tristes Dasein in der Regionalliga und leben in der Vergangenheit. Vor dem Pokalspiel gegen Hertha BSC schwelgten die Stuttgarter Medien in Erinnerungen. Sie erzählten den Einzug ins Pokalfinale im Jahr 1987 und den überraschenden 4:3-Sieg nach Verlängerung über den Hamburger SV vor sechs Wochen nach.

Kickers-Trainer Robin Dutt hatte verkündetet, sein Team werde mutig nach vorne spielen und sich nicht vom Gegner einschüchtern lassen. Tatsächlich sah es in der Anfangsphase so aus, als hätten die beiden Mannschaften schon vorher die Trikots getauscht. Hertha agierte in dem mit 10 500 Zuschauern ausverkauften Stadion am Degerloch hektisch, die Kickers aggressiv, schnell und mit Übersicht. Allein Torhüter Christian Fiedler war es zu verdanken, dass Hertha nicht früh in Rückstand geriet. Nach neun Minuten entschärfte er einen Distanzschuss des Nigerianers Christian Okpala, der schon gegen den HSV zweimal getroffen hatte. Wenig später konnte Fiedler nur mit den Fäusten ein Tor durch Laszlo Kanyuk verhindern (19.).

Erst diese Schreckmomente weckten die schläfrigen Berliner. Bastürk und Boateng nutzten im Mittelfeld endlich ihre individuelle Klasse, Hertha kam zu ersten Gelegenheiten, die aber blieben sträflich ungenutzt. Bastürk und Solomon Okoronkwo, der für den verletzten Angreifer Christian Giménez (Adduktoren) spielte, verfehlten aus exzellenten Positionen das Tor. Erst später nutzte Okoronkwo einen Abpraller zum 0:1 und Bastürk verwandelte einen Handstrafstoß sicher. Zuvor waren schon Steinle (Stuttgart) und Cairo (Hertha) vom Platz gestellt worden. Zum Schluss wurde es hektisch, und trauriger Höhepunkt war der Wurf auf den Linienrichter. Später wurde der vermutliche Werfer verhaftet. Es soll sich um einen vorbestraften Hooligan aus dem Raum Neckarfilz handeln, hieß es aus Polizeikreisen.

Berliner Zeitung

Hamburg – Die Begegnung zwischen den Stuttgarter Kickers und Bundesligist Hertha BSC Berlin wurde in der 86. Minute beim Stande von 2:0 für den Favoriten von Schiedsrichter Michael Weiner abgebrochen. Dessen Assistent Kai Voss war von einem Gegenstand am Kopf getroffen worden und zu Boden gegangen. Nach kurzer Behandlung wurde Voss in die Kabine geführt. In der hektischen Begegnung sahen der Stuttgarter Moritz Steinle (44. Notbremse) und der Berliner Ellery Cairo (63. Tätlichkeit) zuvor die Rote Karte.

Berliner Zeitung


Spiegel

„Das ist für uns eine totale Katastrohe und ein unglaublicher Rückschlag für den Verein“, sagte Kickers-Trainer Robin Dutt. Auch Hertha-Coach Falko Götz war fassungslos. “ Das ist sehr bedauerlich, was hier passiert ist. Man muss bedenken, dass so ein Geschoss auch einen Spieler hätte treffen können.“

Mittlerweile scheint klar, dass das Geschoss aus dem Stuttgarter Block kam, der mutmaßliche Täter wurde als Kickers-Anhänger identifiziert und auch Schiedsrichter Weiner ließ über einen Sprecher ausrichten, dass das „eine klare Angelegenheit“ sei. Weitere Kommentare wollte der Fifa-Referee, der im Hauptberuf Polizist ist, nicht abgeben, da es sich um ein “ schwebendes Verfahren handelt“. Was Weiner in seinem Zusatzbericht vermerkte, war nach dem Abbruch deshalb nicht zu erfahren.

Am grünen Tisch wird das DFB-Sportgericht nun über mögliche Sanktionen beraten, Gastgeber Stuttgarter Kickers muss aber neben dem voraussehbaren Pokal-Aus auch mit einer empfindlichen Strafe rechnen, da die Hausherren für einen ausreichenden Ordnungsdienst sorgen müssen. Als „Vollidioten“ bezeichnete ein entsetzter Ex-DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder den Tatverdächtigen.

Spiegel

Hoeneß: Wahnsinnige machen alles kaputt

Nach dem Abbruch des Pokalspiels von Hertha BSC bei den Stuttgarter Kickers ist das Entsetzen groß. Ein Übeltäter wurde bereits festgenommen, drastische Strafen drohen.

Es war die 80. Minute im DFB-Pokalspiel zwischen dem Regionalligisten Stuttgarter Kickers und Hertha BSC, als ein Wurfgeschoss den Linienrichter Kai Voss traf, später als Hartplastikbecher identifiziert. Voss fiel benommen um, offenbar am Kopf getroffen.

«Eindeutige Angelegenheit»

2:0 führte der Bundesligist zu diesem Zeitpunkt, als sich Schiedsrichter Michael Weiner, im Hauptberuf Polizeibeamter, entschloss, die Partie abzubrechen. Während der benommene Assistent von einem Arzt mehrere Minuten lang behandelt werden musste, versuchte Kickers-Trainer Robin Dutt noch, mit einem Aufruf an die Fans die Situation zu beruhigen, doch Weiner blieb konsequent. «Es war eine eindeutige Angelegenheit, weil das Wurfgeschoss von der Kickers-Tribüne kam«, begründete Weiner seinen Entschluss, die Partie vorzeitig zu beenden. «Es fällt natürlich schwer nach solch einem Spiel über das Sportliche zu reden. Das ist sehr bedauerlich und es tut mir Leid für die Kickers. Hoffentlich erholt sich der Linienrichter schnell. Solch ein Ende hatte dieses Spiel nicht verdient», sagte Hertha-Coach Falko Götz nach dem Zweitrundenspiel, das seine Mannschaft wohl ins Achtelfinale brachte. Denn «höchstwahrscheinlich» werde das Spiel für die Hertha gewertet, wie der Spielausschuss-Vorsitzende des Württembergischen Fußballverbandes bereits kurz nach dem Spiel erklärte.
 

Kickers-Fan unter Verdacht

Der ehemalige DFB-Prädident Gerhard Mayer-Vorfelder, an diesem Abend einer der 10.500 Zuschauer im ausverkauften Waldau-Stadion, war ebenfalls schockiert über das Geschehene. Für ihn war klar, dass «es ein Verfahren gibt» und «eine Strafe. Das kommt auf den Schiedsrichter-Bericht an», sagte Mayer-Vorfelder. Das Wurfgeschoss, offenbar ein gefüllter Bierbecher, soll von einem Kickers-Fan stammen. Die Polizei nahm den 38 Jahre alten mutmaßlichen Täter noch am Abend fest. Dies bestätigte ein Sprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Die Strafe dürfte deftig ausfallen für den Vierten der Regionalliga-Süd, denn die Kickers sind in dieser Saison schon einmal auffällig geworden und haben deshalb bereits eine Geldstrafe von 3000 Euro zahlen müssen. Das Punktspiel gegen den 1. FC Saarbrücken am 16. September hatte zwei Mal unterbrochen werden müssen, weil Fans des Gegners Feuerwerkskörper gezündet und andere Zuschauer bedroht hatten. Den Kickers war seinerzeit auch mangelnder Schutz des Schiedsrichtergespanns angelastet worden. Nach dem Vorfall vom Mittwochabend droht nun eine weitaus höhere Geldstrafe und sogar eine Platzsperre. «Der Fall wird dem Kontrollausschuss unterbreitet», kündigte ein DFB-Sprecher an.

 

Beteiligte betroffen

Die Kickers-Verantwortlichen reagierten betroffen auf den Spielabbruch, der in die Annalen des DFB-Pokals eingehen wird. «Es tut uns außerordentlich Leid. Das ist ein ganz schlimmer Vorfall und ein schwarzer Tag für die Stuttgarter Kickers. Wir werden mit unseren Fans hart ins Gericht gehen», kündigte Kickers-Präsident Hans Kullen an. Betrübt reagierte auch Kickers-Trainer Robin Dutt: «Unsere sportliche Leistung gerät durch solche Vorkommnisse völlig in den Hintergrund. Das ist ein großer Imageschaden für den Verein und ich entschuldige mich in aller Form dafür. Das ist eine Katastrophe.» In den Hintergrund geriet der Ausgang des Spiels. Bis zum Abbruch hatten Solomon Okoronkwo (58. Minute) und Yildiray Bastürk per Handelfmeter (74.) für die 2:0-Führung von Hertha BSC gesorgt. In einem Spiel, das für Hertha-Coach Götz «ein toller Pokalfight» gewesen war. «Beide Mannschaften haben sehr gut gespielt. Es war das erwartet schwere Spiel. Nach anfänglichen Problemen bekamen wir das Spiel in den Griff und haben uns gute Chancen erspielt», fügte Götz hinzu. Während bei den Kickers Kapitän Moritz Steinle wegen einer Notbremse an Marko Pantelic Rot sah (44.), musste Hertha-Profi Ellery Cairo wegen einer Tätlichkeit vom Platz (63.).  

 

Erster Pokalsieg für Hertha weiter möglich

Für Götz ist das Achtelfinale jedenfalls erreicht. «Wir sind verdient eine Runde weiter und natürlich sehr zufrieden», sagte er. Hertha-Manager Dieter Hoeneß gab sich in Anbetracht des wahrscheinlichen Weiterkommens versöhnlich: «Die Kickers haben keinerlei Schuld an diesem Vorfall, es ist ein Zeichen unserer Gesellschaft, dass ein paar Wahnsinnige alles kaputt machen. Wir sind hier sehr gut aufgenommen worden und wünschen den Kickers alles Gute.» (nz)

Netzeitung

Vorberichte DFB-Pokal: Stuttgarter Kickers – Hertha BSC Berlin – Teil II

Noch 500 Karten fürs Kickersspiel
Kein Spieler wird geschont
 
STUTTGART (ump). Der Pokalschlager der Stuttgarter Kickers heute (20 Uhr, Gazistadion) steht werbetechnisch unter dem Motto: „Her-tha-mit.“ Was übersetzt heißen soll: Her mit der Hertha“! Die Mannschaft kam gestern in Stuttgart an und übernachtete im Waldhotel – genau wie in der vorigen Runde der Hamburger SV. Ein gutes Omen für die Kickers? „Es kommt auf die Einstellung an“, sagt Berlins Trainer Falko Götz. „Wenn sich die spielerischen Mittel durchsetzen, kann es nur einen Sieger geben.“

Wobei auch die Kickers ein Wörtchen mitreden wollen. „Ich denke, es wird ein enges Spiel geben“, sagt der Trainer Robin Dutt, der wieder auf den in der Liga gesperrten Mustafa Parmak zurückgreifen dürfte. Offen ist noch die Position im offensiven Mittelfeld (Akcay oder Kanyuk). Geschont wird jedenfalls kein Spieler. „Das können wir uns nicht leisten“, sagt Dutt, auch wenn am Sonntag das wichtige Punktspiel gegen Wehen ansteht. Für diese Partie erhalten alle Besucher ermäßigter Stehplätze (Jugendliche, Rentner) freien Eintritt, die eine Karte des Pokalspiels vorlegen können. Und für das Schlagerspiel heute gibt es an der Tageskasse von 17 Uhr an noch 500 Restkarten.

Stuttgarter Zeitung

Der Ehrgeiz ist Hartmanns Begleiter
 
Bei den Stuttgarter Kickers ist der 22-Jährige im Mittelfeld gesetzt – auch im DFB-Pokal heute gegen Hertha
 
Die Pokalpartie heute gegen Hertha BSC (20 Uhr, Gazistadion) ist das 18. Pflichtspiel der Stuttgarter Kickers in dieser Saison. Immer zum Einsatz gekommen ist dabei nur ein Spieler: Manuel Hartmann. „Ich habe in meinem Leben bisher das erreicht, was ich mir vorgenommen habe“, sagt er.

Von Joachim Klumpp

Wenn vor den Spielen die Sprache auf die Mannschaftsaufstellung kommt, macht der Kickers-Trainer Robin Dutt gerne ein Geheimnis daraus, als ginge es um den Gehaltszettel. Während dort allmonatlich Lohnsteuer und Sozialabgaben aufgezeigt werden, ist auch bei den Stuttgarter Kickers eine Position nicht wegzudiskutieren: Die Nummer 19 gilt als gesetzt – sie gehört Manuel Hartmann. 18 Pflichtspiele hat der Regionalligist diese Saison absolviert, und Hartmann war stets dabei. Lediglich beim WFV-Pokal in Crailsheim hat er pausiert: eine Halbzeit lang.

Hartmann, der Stammspieler. Davon war im Sommer vergangenen Jahres nicht auszugehen, als der 22-Jährige vom SGV Freiberg gekommen war. Genau wie zuvor schon Jens Härter, der Kapitän. Der Oberligist als Zulieferbetrieb, das funktioniert bestens. „Es zeigt aber auch die gute Arbeit von Robin Dutt“, sagt Hartmann zum Weitblick des Kickers-Trainers, der den Mittelfeldspieler vor der Verpflichtung mehrmals beobachtet hat. Das hat Hartmann überzeugt, genauso wie die Tatsache, dass bei den Kickers in den vergangenen Jahren etliche Spieler aus den eigenen Reihen den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben: Stierle, Parmak, Steinle, um nur ein paar Namen zu nennen. „Das hat meine Entscheidung beeinflusst.“

Und Hartmann hat sie bisher nicht bereut. „Ich habe mir die Tipps des Trainers im taktischen Bereich zu Herzen genommen und mich kontinuierlich weiterentwickelt.“ Erst in der Innenverteidigung, nun auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld, dem Sechser, wie Fachleute gerne sagen. „Da fühle ich mich am wohlsten, weil dort meine Laufbereitschaft am besten zum Tragen kommt.“ Und die ist hoch. Hartmann muss im Spielsystem einer Raute deutlich mehr Abwehrarbeit verrichten, wenn mit zwei defensiven Mittelfeldspielern operiert wird. „Die Abstimmung mit den Spielmachern klappt gut“, sagt Hartmann, egal ob dieser nun Akcay, Gambo, Parmak oder Kanyuk heißt, „das sind alles sehr gute Fußballer.“

„Manuel Hartmann braucht fast keine Pause“, sagt wiederum Dutt und macht dessen physische Stärke auch an den exzellenten Laktatwerten fest. „Das war schon immer so, vielleicht ist es genetisch bedingt“, sagt Hartmann, der zudem mit drei Treffern diese Saison schon seine offensiven Qualitäten bewiesen hat. Daneben ist er aber auch mental stets präsent. Er könnte sich zu einem Führungsspieler entwickeln, von denen die Kickers nicht viele haben. Dazu Dutt: „Er kann auf dem Platz schon mal laut werden.“

Eine Rolle, die Hartmann nicht fremd ist. „In fast allen Jugendmannschaften bin ich Kapitän gewesen“, sagt er, aber mit 22 Jahren sei es in der Regionalliga noch etwas früh dafür. Dennoch wäre es ein Ziel. Zumal der Schwabe aus Sirnau bisher alles erreicht hat, was er sich vornahm. „Ich bin extrem ehrgeizig“, gibt Hartmann zu. Und diszipliniert. Schließlich haben schon die Eltern seine Laufbahn nicht nur gefördert, sondern auch gefordert, Schule und Fußball unter einen Hut zu bringen. Die Praxis sah so aus: als der Unterricht im Gymnasium um 17 Uhr zu Ende war, wartete der Vater schon mit laufendem Motor im Auto, auf dem Weg zum VfL Kirchheim stopfte der Spieler noch rasch die mitgebrachte Portion Spaghetti in sich rein, dann ging“s zum Training, und abends um zehn wurden die letzten Hausaufgaben gepaukt. „Das war manchmal nicht leicht.“

Doch Hartmann blickt über die Strafraumgrenze hinaus. Sein Studium an der Uni Stuttgart (Sport, Mathematik) hat er bis Sommer 2007 unterbrochen. Kein Dauerzustand. Für nächstes Jahr, wenn sein Vertrag ausläuft, gibt es zwei Optionen: entweder ein Fernstudium an der Uni Hagen oder eine Kompromisslösung mit den Kickers. „Die sind mein erster Ansprechpartner“, sagt Hartmann, der nicht nur um Vertragslaufzeit und Gehalt verhandeln will, sondern auch um die Möglichkeit der Weiterbildung.

Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, das weiß Hartmann und nennt das Beispiel des ehemaligen Mitspielers Heiko Gumper, der verletzungsbedingt die Karriere mit 23 Jahren beim Bezirksligisten TSV Allmendingen ausklingen lässt. Wobei Hartmann auch mal nach unten schaut. Wenn es die Zeit erlaubt besucht er die Spiele seiner Exklubs, wie in Freiberg. Hartmann: „Da ist man ein gern gesehener Gast.“ Auch wenn man dort immer damit rechnen muss, dass die Kickers das nächste Talent wegschnappen.

Stuttgarter Zeitung

Jubel, Trubel, tolle Tore: Blaue Wunder im Pokal
 
Kickers ärgern auf der Waldau gerne die Großen
 
Stuttgart – Die Geschichte des DFB-Pokals auf der Waldau ist auch eine Geschichte der Sensationen. Wenn die Stuttgarter Kickers am heutigen Mittwoch (20 Uhr/Gazistadion) Hertha BSC Berlin empfangen, spielen Erinnerungen an unerwartete Erfolge mit.

Kurtenbachs Doppelpack

In der Saison 1986/87 jubelten die Blauen nach zwei Auswärtssiegen bei TeBe Berlin (5:0) und Borussia Neunkirchen (3:2) über die Pokalheimpremiere im Achtelfinale: Am 19. November 1986 wurde Hannover 96 mit 2:0 geschlagen. Dirk Kurtenbach gelangen vor 10 000 Zuschauern beide Tore.

Eintracht Frankfurt ohne Chance

Der nächste Feiertag folgte im Viertelfinale. Am 7. März 1987 waren erneut 10 000 Fans ins Kickers-Stadion geströmt und bejubelten ein 3:1 gegen Eintracht Frankfurt. Die Tore erzielten Arthur Jeske, Hans Hein und erneut Kurtenbach. Der Gegentreffer von Janusz Turowski störte keinen mehr.

Kein Aprilscherz: Finale erreicht

Nein, nein, es war kein Aprilscherz, der den 10 000 Fans und Millionen vor den Fernsehern vorgeführt wurde: Am 1. April 1987 besiegten die Helden von Trainer Dieter Renner Fortuna Düsseldorf souverän mit 3:0. Die Torschützen: Frank Elser, Kazimierz Kmiecik – und Mister DFB-Pokal Dirk Kurtenbach. Das Endspiel in Berlin gegen den HSV ging unglücklich mit 1:3 verloren.

Kevrics Gala gegen Dortmund

1999 begannen die Kickers erneut Pokalgeschichte zu schreiben. Das erste Kapitel: ein 3:1 am 12. Oktober in der dritten Runde gegen Borussia Dortmund – mit Fredi Bobic. Der überragende Adnan Kevric machte nicht nur das Spiel seines Lebens im Kickers-Dress, sondern auch zwei Tore. Der dritte Treffer vor 10 618 Zuschauern ging auf das Konto von Tomislav Maric – nach einem Freistoß von Kevric.

Wintermärchen gegen Bielefeld

Im Achtelfinale am 1. Dezember 1999 ließen sich die Blauen von Arminia Bielefeld nicht aufhalten – 3:2 nach Verlängerung. Maric und Kevric sorgten vor 4600 Zuschauern für eine 2:0-Führung. Ein Treffer von Artur Wichniarek (75.) und ein Eigentor von Darko Ramovs (78.) brachten die Verlängerung. Das Team von Trainer Michael Feichtenbeiner ließ sich nicht unterkriegen und bewies Nervenstärke: Kevric traf in der 110. Minute. Der Rest war weiß-blauer Siegestaumel.

SC Freiburg rutscht aus

Ski und Rodel gut auf der Waldau. Volker Finke, der Trainer des SC Freiburg, hüpfte an jenem 22. Dezember 1999 aufgeregt an der Seitenlinie entlang und beschwerte sich über die Platzverhältnisse: „Unzumutbar.“ Es half nichts. Die Kickers entpuppten sich auf dem spiegelglatten Untergrund als die besseren Schlittschuhläufer: Das Tor zum 1:0-Sieg vor 9300 Zuschauern erzielte Maric. Die Kickers standen im Halbfinale, das am 15. Februar 2000 bei Werder Bremen mit 1:2 n. V. verloren ging. Ende März bekam Coach Feichtenbeiner den Laufpass.

Dramatik pur gegen den HSV

Jubel, Trubel, Heiterkeit am 9. September dieses Jahres: Dem Regionalligateam von Trainer Robin Dutt gelang vor 10 500 Zuschauern die Sensation gegen den Hamburger SV – 4:3 n. V. Recep Yildiz und Christian Okpala trafen je zweimal. Jürgen Frey
Stuttgarter Nachrichten

Kickers: Härter droht auszufallen
 
Hertha BSC erwartet Hektik
 
Stuttgart (jüf) – Die Fans sind heiß, die Spieler sind heiß – und der Trainer der Stuttgarter Kickers denkt gar nicht daran, die Emotionen zu bremsen: „Wir können gar nicht auf Abwarten spielen. Wir müssen unsere eigene spielerische Linie durchbringen und die Räume nutzen“, sagt Robin Dutt vor dem DFB-Pokal-Spiel gegen Hertha BSC Berlin. Daran ändern vor der Zweitrundenpartie am heutigen Mittwoch (20 Uhr) im Gazistadion (Schiedsrichter ist Michael Weiner aus Gießen) auch diverse personelle Probleme nichts: Jens Härter konnte wegen Fieber gestern nicht trainieren. Der Kapitän droht auszufallen. Auch hinter dem Einsatz von Oliver Stierle (Magen-Darm-Infekt) steht ein Fragezeichen.

Hertha-Trainer Falko Götz rechnet mit einer hart umkämpften Partie. „Uns erwarten Hektik und Provokationen. Der Underdog will den Großen schlagen“, warnte er und appellierte an die Einstellung seiner Profis: „Erst wenn wir den Kampf angenommen haben, werden sich die spielerischen Mittel durchsetzen. Dann kann es nur einen Sieger geben.“ Für das Spiel gibt es im Stadion an Kasse 5 ab 17 Uhr noch 500 Karten.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Kickers: Yelldell – Steinle, Yildiz, Hartmann, Kanitz – Benda, Akcay, Parmak, Stierle (Gambo) – Mesic, Okpala.

Hertha BSC: Fiedler – Chahed, Friedrich, Simunic, Fathi – Cairo (Ebert), Dardai, Bastürk, Boateng – Pantelic, Lakic.
Stuttgarter Nachrichten

NACHGEFRAGT ROBIN DUTT, TRAINER DER STUTTGARTER KICKERS
„Ich kann mir nicht erlauben, nur nach der Tabelle zu schauen“

Für den 41-Jährigen hat die Regionalliga Priorität, trotzdem will er heute im DFB-Pokal gegen Hertha BSC weiterkommen
 
Stuttgart – Robin Dutt und die Regionalliga-Fußballer der Stuttgarter Kickers, das ist seit über 100 Spielen eine Erfolgsgeschichte. Im Moment steckt das Team in einem Tief, an das heute Abend aber keiner denken wird: Um 20 Uhr wird das Zweitrundenspiel im DFB-Pokal gegen Bundesligist Hertha BSC angepfiffen. „Jetzt ist wichtig, dass wir an unsere Chance glauben – und das tun wir“, sagt der 41-Jährige im Gespräch mit Sigor Paesler.
 
Freuen Sie sich auf das Hertha-Spiel, in dem der Druck nicht so groß ist wie zuletzt in der Liga?

Dutt: Man ist immer froh, wenn man so ein Spiel machen kann. Ich glaube aber nicht, dass es ein großer Unterschied wäre, wenn die Spiele in der Liga zuletzt anders ausgefallen wären. Ein gewisser Druck ist trotzdem da, wir wollen ja weiterkommen.

Spielen die Vorzeichen wirklich keine Rolle? In die Erstrundenbegegnung gegen den Hamburger SV sind die Kickers-Akteure mit sehr breiter Brust gegangen.

Dutt: Ich glaube, dass sich die mentale Verfassung aus der Liga in so einem Spiel vor 11 000 Zuschauern gegen Hertha BSC schlagartig ändern kann. Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, dass die Erwartungshaltung geringer ist als gegen den HSV, als viele durch die Leichtigkeit der Siege davor an die Sensation geglaubt haben. Jetzt ist wichtig, dass wir an unsere Chance glauben – und das tun wir.

Die Mannschaft ist nach zwölf Spieltagen Vierter mit zwei Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Das ist nicht schlecht. Andererseits folgte auf eine starke Anfangsphase eine nun schon vier Wochen dauernde Schwächeperiode. Befinden sich die Kickers wieder auf dem Boden der Tatsachen?

Dutt: Ich kann mir als Trainer nicht erlauben, nur nach der Tabelle zu schauen. Das kann ich erst, wenn die Saison vorbei ist. Ansonsten muss ich die Entwicklung beurteilen, weil sie zeigt, wie viele Punkte wir in den nächsten Spielen voraussichtlich holen werden.

Wird Ihnen da im Moment angst und bange?

Dutt: Es ist auf jeden Fall so, dass ich trotz der guten Tabellensituation mit den vergangenen Spielen nicht zufrieden sein kann – das 1:1 zuletzt gegen Bayern II vielleicht ausgenommen. Zumindest zeigt die Kurve nach der Niederlage davor in Pirmasens nicht mehr nach unten. Wenn es so weitergeht, folgt nun wieder eine Leistung, die für drei Punkte würdig ist.

Es gab ein paar Ausfälle. Ist das nun die Zwischenrechnung für das Risiko, mit einem guten, aber kleinen Kader in die Runde gestartet zu sein?

Dutt: Diese Zwischenrechnung habe ich vor der Saison vorhergesagt. Wir mussten damit rechnen, dass die Mannschaft Schwankungen unterliegen wird. Wenn man aber in so einer Durststrecke steckt, ist das Gefühlsleben natürlich ein anderes wie vorher, als man es aufzeigt hat. Ich hoffe, dass es so weitergeht: Dass wir jetzt wieder gewinnen, uns vielleicht im Frühjahr nochmal eine Krise nehmen und am Ende unsere Ziele erreichen. Wie beurteilen Sie die Situation für sich als Trainer. Man sagt, in schwierigen Situationen lernt man mehr als wenn es läuft.

Dutt: Es war kurios. In den vergangenen zwei Jahren, als wir von der Abstiegszone losgekommen sind, hatte ich hier in Stuttgart eine hohe Anerkennung. Überregional hat das aber kaum jemand wahrgenommen. Jetzt sind wir oben, wir werden mehr wahrgenommen – aber überregional bekommt niemand die momentane Krise mit, während hier in Stuttgart kritischer hingeschaut wird. Für mich persönlich läuft es so schlecht nicht.

Die überregionale Wahrnehmung hat auch dazu geführt, dass Sie vor einigen Wochen beim Bundesligisten Hannover 96 im Gespräch waren. Auch wenn Dieter Hecking jetzt dort Trainer ist: Sind Sie damit ihrem Traum von der Bundesliga näher gekommen?

Dutt: Das hat Vor- und Nachteile gebracht. Überregional wurde mein Name schon bekannter. In Hannover war es eine super Geschichte, weil ich einer von vier gezielt ausgewählten Kandidaten war, von denen sich keiner selbst beworben hatte. Aber mal da genannt zu werden und dort auf einer Liste zu stehen und dann mit Aachen oder Braunschweig in Verbindung gebracht zu werden, obwohl kein Kontakt besteht – das sehe ich eher kritisch.

Ihre Mannschaft hat zwei interessante Spiele vor sich. Wenn Sie wählen könnten, würden Sie sich für einen weiteren Pokalcoup gegen Hertha oder für einen Sieg am Sonntag im Spitzenspiel gegen den SV Wehen entscheiden?

Dutt: Zum Glück muss ich nicht wählen. Ein Sieg gegen Wehen hat für mich absolute Priorität, deshalb würde ich das Hertha-Spiel aber nicht herschenken wollen.

Nach dem Ausscheiden im WFV-Pokal gibt es nur noch zwei Möglichkeiten, sich wieder für den DFB-Pokal zu qualifizieren: Den Wettbewerb gewinnen oder in die zweite Liga aufsteigen . . .

Dutt: Letzterer wäre der leichtere Weg. Man darf bei der Kritik nach dem Ausscheiden aus dem WFV-Pokal in Crailsheim aber nicht vergessen, dass wir mit dem Sieg gegen den HSV den nächsten DFB-Pokalwettbewerb finanziell schon locker in der Tasche haben. Mit einem Sieg gegen Hertha hätten wir vielleicht schon die nächsten drei Jahre aufgefangen. Aber wenn wir nicht aufsteigen oder das Finale in Berlin gewinnen, könnte es uns sportlich eben keiner ersetzen, dann nächstes Jahr im Juli nicht in der Lostrommel zu sein.

Eßlinger Zeitung

Aus Erfahrung ungut
Im Pokal scheiterte Hertha oft an Unterklässlern – bei den Kickers in Stuttgart soll sich das ändern

Von Stefan Hermanns

Berlin – Ein Fußballtrainer muss immer wissen, wann er sich einen Scherz erlauben kann und wann nicht. Falko Götz ist dieser Tage gefragt worden, was er denn von den Stuttgarter Kickers wisse. „Jede Menge“, antwortete der Trainer von Hertha BSC. „Stuttgart liegt im Süden, die Kickers sind Regionalligist. Sie haben ein enges Stadion, da wird viel Hektik und Theater sein.“ Sollte das alles sein, was Götz über Herthas heutigen Gegner in der zweiten Runde des DFB-Pokals in Erfahrung gebracht hat, müsste man ernsthaft an seiner Berufsauffassung zweifeln. Aber Götz hat sich diesen kleinen Scherz erlauben können, weil er sich und seine Mannschaft gut vorbereitet, weiß für das Duell mit dem Drittligisten. Zweimal hat er die Kickers beobachten lassen.

So viel Sorgfalt ist trotz des Zweiklassenunterschieds keineswegs übertrieben. In der ersten Runde des Pokalwettbewerbs sind vier Bundesligisten an Klubs aus der Regionalliga gescheitert: Werder Bremen am FK Pirmasens, Mainz 05 beim 1. FC Saarbrücken, Arminia Bielefeld in Pfullendorf und der Hamburger SV in Stuttgart bei den Kickers. Selbst der Deutsche Meister Bayern München benötigte für das Weiterkommen gegen den FC St. Pauli eine Verlängerung, genauso wie Hertha bei Darmstadt 98.
 
Auch Regionalligafußballer betreiben ihren Sport in der Regel professionell. In den Mannschaften finden sich viele ältere Spieler, die früher in der Bundesliga gespielt haben, dazu einige junge Talente, die auf dem Sprung nach oben sind. Punktuell, vor allem mit der Unterstützung ihres Publikums, sind solche Teams sehr wohl in der Lage, den Leistungsvorsprung der Bundesligisten aufzuholen. St. Pauli stand in der vergangenen Saison im Halbfinale – nach Siegen gegen Bremen, Bochum und Hertha. Drei Drittligisten – Herthas Amateure, Energie Cottbus und der 1. FC Union – schafften es sogar ins Endspiel des DFB-Pokals. „Wichtig ist, dass man nicht leichtfertig spielt gegen solche Gegner“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß.

Kaum jemand hat die Stärke der dritten Liga schmerzlicher zu spüren bekommen als Herthas Profis. In den vergangenen vier Jahren sind sie dreimal an einer Mannschaft aus der Regionalliga gescheitert: an Holstein Kiel (2002), Eintracht Braunschweig (2004) und eben St. Pauli (2005). Auch aus dieser Erfahrung sagt Hoeneß vor dem Spiel in Stuttgart: „Das wird ein heißer Tanz, da muss man kein Prophet sein. Auch wenn die Kickers zuletzt ein paar schlechtere Ergebnisse hatten.“ Lange Zeit führten die Stuttgarter die Regionalliga Süd an, inzwischen sind sie auf Platz vier zurückgefallen. Aus den ersten sieben Spielen holten die Kickers 19 Punkte, in den fünf folgenden waren es nur noch drei. „Gerade dann ist der Pokal eine wunderbare Gelegenheit, wieder die Kurve zu kriegen“, sagt Hoeneß.

Auf der anderen Seite bietet sich Hertha die Chance, mit einem Sieg im Pokal die positiven Eindrücke der jüngeren Vergangenheit weiter zu vertiefen. Der Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach am Wochenende hat den ordentlichen Saisonstart der Berliner in ein noch milderes Licht getaucht. „Mir hat gut gefallen, wie die Mannschaft den Sieg erkämpft hat, dass sie Moral und Charakter gezeigt hat“, sagt Hoeneß. „Genau mit dieser Einstellung müssen wir gegen die Kickers spielen. Das ist reine Kopfsache.“

Neben Gilberto und Christian Gimenez, die schon gegen Gladbach fehlten, wird Götz in Stuttgart auch auf Innenverteidiger Dick van Burik verzichten müssen, der sich am Samstag eine Schienbeinprellung zugezogen hat. Theoretisch sollte Herthas Kader trotzdem stark genug sein für einen Regionalligisten; in der Praxis jedoch werden die Berliner gegen die Kickers mehr als ihre spielerische Überlegenheit einbringen müssen. „Uns erwartet ein Kampfspiel mit Hektik und Provokation. Darauf müssen wir eingestellt sein“, sagt Götz. Darauf hinzuweisen ist das eine, diese Erkenntnis auf dem Platz umzusetzen das andere. „In Stuttgart werden wir uns wieder schwer tun“, sagt Mittelfeldspieler Yildiray Bastürk. „Warum das so ist, weiß ich auch nicht.“

Tagesspiegel

Angst vor neuen Aufsätzen

Hertha will eine schlechte Pokal-Tradition brechen

Michael Jahn

BERLIN. Bundesaußenminister Klaus Kinkel wurde zum neuen Vorsitzenden der FDP gewählt und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte unter Bundestrainer Berti Vogts gerade beim US-Cup in Washington ein 3:3 gegen Brasilien erreicht. Zweifacher Torschütze: Jürgen Klinsmann. 

Diese beiden Meldungen stammen vom 12. Juni 1993, einem Sonnabend. Am gleichen Tag unterlagen die Amateure von Hertha BSC im DFB-Pokalfinale dem Bundesligisten Bayer Leverkusen nach großem Kampf mit 0:1. Diese Ereignisse, die fast aus einer anderen Welt zu stammen scheinen, zeigen, wie lange es eigentlich her ist, das eine Mannschaft von Hertha BSC im nationalen Pokal-Wettbewerb von sich Reden machte. Nach dem couragierten Auftritt der Amateure um Torhüter Christian Fiedler und die Mittelfeldleute Andreas Schmidt und Carsten Ramelow konnte anschließend keine Profi-Mannschaft von Hertha BSC mehr im Pokal überzeugen. Im Gegenteil. Fast alle versagten. Und seit einigen Jahren ist es sogar zu einer schlechten Tradition geworden, dass der Bundesligist gegen Regionalligisten ausscheidet und mit Häme leben muss.

Drei verletzte Stammspieler

2002/03 blamierten sich die Berliner unter Trainer Huub Stevens beim Tabellenletzten der Regionalliga Nord, Holstein Kiel. Nach einem 1:1 in 120 Minuten versagten in Roberto Pinto, Andreas Schmidt und Michael Hartmann drei Profis vom Elfmeterpunkt. Zwei Jahre später war bei Eintracht Braunschweig Endstation (2:3), und im Vorjahr stürzte ein 3:4 nach Verlängerung beim FC St. Pauli das Team in eine Sinnkrise. Manager Dieter Hoeneß erfand in seiner Not die Schulaufsätze neu und ließ seine Profis schriftlich niederlegen, was Hertha BSC für sie bedeute. Diese Aktion – einige Stammspieler sträubten sich – sorgte für bundesweites Aufsehen.

Nach all diesen Leiden haben sie bei Hertha nun darauf verzichtet, den Einzug ins Pokalfinale im eigenen Stadion als Ziel öffentlich zu machen. Das gilt auch vor dem Pokal-Duell bei den Stuttgarter Kickers am Mittwoch, 20 Uhr. Mit Dick van Burik, Gilberto und Stürmer Christian Giménez fallen drei Stammspieler wegen Verletzungen aus. Trainer Falko Götz ahnt, was seine Profis beim Tabellenvierten der Regionalliga Süd erwartet: „Hektik und Provokationen.“ Deshalb wollen sie das Spiel „mit aller Macht möglichst schnell entscheiden.“

Vielleicht können sie dabei Mut aus der Historie schöpfen. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren siegte der damalige Zweitligist Hertha BSC bei den Kickers mit 2:1. Es war das erste Spiel, nachdem Dieter Hoeneß in der Hertha-Führung installiert worden war. Den Libero in Stuttgart gab: Falko Götz.

Berliner Zeitung

StZ: Polizei nimmt rassistische Schmiererei ernst

Auf einer Ortstafel hat ein unbekannter Schmierer mit Filzstift aus Degerloch Negerloch gemacht
 
Degerloch. N statt D, und schon wird aus dem Stadtbezirk Degerloch ein rassistisches Schimpfwort. Polizisten putzten den Schandfleck gleich von der Tafel. Die Polizei nimmt die Schmiererei ernst: Der Staatsschutz wird informiert.

Von Judith A. Sägesser

Am Montag führte ein Unbekannter die Wortnähe von Degerloch und Negerloch vor Augen. Auf einer Ortstafel des Stadtbezirks hat er den Anfangsbuchstaben mit einem schwarzen Filzstift durchgestrichen und stattdessen ein großes N hingeschrieben. Spätestens auf den zweiten Blick dürften sich die Autofahrer auf der Jahnstraße über das zweifelhafte Wortspiel gewundert haben.

Der Buchstabentausch hatte schnell ein Ende. „Die Beamten haben das gleich weggeputzt, die Farbe ging gut ab“, sagt Horst Horka, Leiter des Reviers Degerloch. Was der Schmierer sagen wollte, wissen die Polizisten nicht. Im Internet findet sich der Ausdruck im Zusammenhang mit Fußball. In einem Forum auf der Degerloch-Seite steht beispielsweise „Negerloch verrecke“. Handelt es sich etwa um einen Fußballschlachtruf? In Kickers-Kreisen ist er jedenfalls nicht bekannt, so der Stadionsprecher Frank Pfauth. Vielleicht war es der Streich eines dummen Jungen. Trotzdem, die Polizei zeigt die Sachbeschädigung an und „wir werden den Staatsschutz informieren“, sagt Horka.

Stuttgarter Zeitung

Vorberichte DFB-Pokal: Stuttgarter Kickers – Hertha BSC Berlin in der Statistik

Morgen Abend, 20 Uhr, das Stadion gefüllt, der kleine David kämpft wieder einmal gegen den großen Goliath. Die Vorzeichen sind eindeutig. Hier der Tabellendritte der Bundesliga mit einem Millionen-Kader, dort der Tabellenvierte der Regionalliga Süd, seit fünf Spielen sieglos, mit einem Gesamtttat, mit dem sich nicht ein Bundesligaspieler der Hertha zufrieden geben würde.

Trotzdem: Mit dem Anpfiff steht es 0:0, nur die Tore zählen und nach 90 Minuten plus eventueller Verlängerung und Elfmeterschießen wird ein Sieger vom Platz gehen. Wird es nach dem Spiel wieder heißen, der DFB-Pokal hat seine eigenen Gesetze?

Die Bilanz gegen Hertha ist fast ebenso eindeutig. Die Kickers haben gegen Hertha eine negative Bilanz. In Stuttgart konnten die Blauen von neun Spielen erst zwei Spiele gewinnen. Allerdings gab es in den letzten 22 Jahren auch nur eine Niederlage, im letzten Vergleich der beiden verloren die Kickers mit 1:2. Die Hertha ist in dieser Saison in die Bundesliga aufgestiegen, die Kickers verpassten den Aufstieg in die Bundesliga.

Mehr dazu im Kickersarchiv.

Vorberichte DFB-Pokal: Stuttgarter Kickers – Hertha BSC Berlin *Update*

Hertha bei Kickers ohne van Burik und Gilberto 

Fußball-Profi Dick van Burik von Hertha BSC hat im Bundesliga-Spiel gegen Borussia Mönchengladbach eine schwere Prellung im Sprunggelenk erlitten.

Damit fällt der 32 Jahre alte Niederländer, der noch einmal intensiv untersucht werden soll, im DFB-Pokalspiel beim Regionalligisten Stuttgarter Kickers aus. Auch der Brasilianer Gilberto (Syndesmoseband-Riss) fehlt weiterhin. Offen ist noch der Einsatz von Stürmer Christian Gimenez, der wegen einer Adduktoren-Verletzung gegen Gladbach (2:1) nicht dabei war.

Anstoß: 25.10.2006 20:00
Stadion: GAZI-Stadion auf der Waldau

Schiedsrichter: Weiner (Giesen)
Assistenten: Grudzinski (Hamburg), Voss (Großhansdorf)

Stuttgarter Kickers: Im Gegensatz zum Spiel gegen den HSV befinden sich die Kickers vor dem Duell mit dem nächsten Bundesligisten im Tief. Der für die Liga rot-gesperrte Parmak könnte spielen. Fraglich, ob ihn Trainer Dutt von Beginn an bringt. Yildiz könnte nach Grippe wieder eingreifen.

Hertha BSC: Neben Gimenez (Adduktoren) und Gilberto (Syndesmoseriss) fehlt auch van Burik (Knöchelprellung). Simunic (Prellung am Kniegelenk), der am Sonntag nur Rad fuhr, soll fit werden. Falls Cairo nach schwacher Leistung gegen Gladbach raus muss, spielt Ebert.

Aufstellung

Stuttgarter Kickers
Yelldell – Benda, Yildiz, Härter, Steinle – M. Hartmann – Sökler, Akcay, Stierle – Okpala, Mesic

Trainer: Dutt

Hertha BSC
Fiedler – A. Friedrich, Samba, Simunic, Fathi – Dardai – Ebert, Bastürk, K. Boateng – Pantelic, S. Okoronkwo

Trainer: Götz

Kicker

Her mit Hertha!
Die Stuttgarter Kickers haben ihr Selbstbewusstsein wiedergefunden

Von Oliver Trust, Stuttgart

Die ganze Stadt hängt wieder voll mit ihren Plakaten, auf denen das blaue Emblem der Stuttgarter Kickers leuchtet. „Her tha mit“ heißt es in großen Buchstaben daneben. Sie sind wieder da, zumindest in Stuttgart, weil sich der Bundesligaklub VfB Stuttgart, der sonst alles fest im Griff hat, in einer Umbruchphase befindet. Seit dem überraschenden 4:3-Sieg über den Hamburger SV in der ersten Runde des DFB-Pokals kennt man den Regionalligaklub Kickers auch im Rest der Republik. „Fisch-Besteck“ hieß es damals auf den Postern. Jetzt ist Hertha BSC aus Berlin (am Mittwoch um 20 Uhr) dran, so suggeriert es das selbstbewusste, etwas umformulierte und fast ungeduldig wirkende Her damit. Als könnten sie es kaum abwarten, dem nächsten Großen das Fell über die Ohren zu ziehen.

Die Kickers haben reichlich Nachholbedarf. Und vor allem deshalb wird in diesen Tagen kräftig an die große Zeit der Blauen erinnert: an das Pokalfinale 1987, als die Schwaben dem großen Hamburger SV 1:3 unterlagen. Oder an die beiden Spielzeiten in der Bundesliga. 1987 und 1990 stiegen die Kickers in die Bundesliga auf – und gleich im nächsten Jahr jeweils wieder ab.

Auf dem schmucken, fast idyllisch anmutenden Vereinsgelände, das direkt unter dem Stuttgarter Fernsehturm liegt, steht Robin Dutt, der Trainer der Kickers und so etwas wie der Star des Klubs. Seit Wolfgang Wolf, der zwischen 1994 und 1998 Trainer war, ist er der erste Coach, der 100 Spiele überstand, der siebte in der Vereinsgeschichte überhaupt. Es ging turbulent zu im Verein, in dem einst Jürgen Klinsmann, Guido Buchwald und Fredi Bobic spielten. Hannover 96 wollte ihn im September holen. Die Niedersachsen luden den 41-Jährigen zu Gesprächen ein. Er sagte seinem Präsidenten Hans Kullen Bescheid und fuhr nach Hannover, obwohl er wusste, dass er nicht die erste Wahl war, sondern Dieter Hecking ganz oben auf der Liste der 96er stand. In Stuttgart sind trotzdem einige richtig erschrocken, dass der Abgang des erfolgreichen Trainers drohte. Dutt kam wieder, hatte seinen Bekanntheitsgrad noch einmal gesteigert und sagte: „Ich bin hier nicht der Alleinunterhalter, es gibt viele, die dazu beigetragen, dass dieser Klub wieder atmen kann.“

Verschwunden waren die Kickers aus der öffentlichen Wahrnehmung, die Insolvenz drohte und so ziemlich alles lag am Boden. Axel Dünnwald-Metzler trat nach 24 Jahren an der Klubspitze aus gesundheitlichen Gründen im Juli 2003 zurück. Der Präsident hatte Millionen in den Verein gepumpt, man kann auch sagen: Dünnwald-Metzler war die Kickers.

Sein Nachfolger Hans Kullen musste sparen. Das, so heißt es in vielen Klischees, könnten die Schwaben besonders gut. Kullen aber musste so kräftig sparen, dass es schon schmerzte. Die Stadt Stuttgart kaufte den ADM-Sportpark und bewahrte die Kickers vor dem Aus. Ein Namenssponsor wurde für das Stadion gefunden, der zudem einiges Geld in die Nachwuchsarbeit steckt. Im Herbst 2006 laufen die Jugendlichen aus dem D-, C-, B- und A-Kader des Vereins wieder in ihren Kickers-Trainingsjacken durch die Stadt.

Der Etat beträgt 2,2 Millionen Euro, ein Minietat selbst in der Regionalliga, aber der Verein hat Robin Dutt. Der gilt als jemand, der seinen Weg nach oben machen wird. Dutt ist modern in der Trainingsarbeit, er findet die richtige Mischung aus Autorität und Nähe zu den Spielern und war zudem Jahrgangsbester des Trainerlehrgangs, in dem auch Jürgen Klopp, der Trainer von Mainz 05, saß. Doch jetzt haben die Kickers eine kleine Krise, sie haben seit fünf Spielen nicht mehr gewonnen und sind auf den vierten Tabellenplatz zurückgefallen. Acht Spieltage lang waren sie Tabellenführer, lange die einzige Mannschaft in der Regionalliga, die noch nicht verloren hatte. Durch das Pokalspiel gegen Hertha kommen die Kickers jetzt wieder ins Fernsehen. Und, was noch viel wichtiger erscheint, die zweite Pokalrunde spült zusätzliche Euros, rund 110 000 sollen es sein, in die Kasse. Wie gegen den HSV, als das Stadion der Kickers seit 15 Jahren zum ersten Mal wieder ausverkauft war.

Tagesspiegel

Rein ins Vergnügen
 
Kickers vor dem Pokalschlager
 
STUTTGART (ump). Für die Stuttgarter Kickers steht eine entscheidende Woche an. Morgen (20 Uhr) kommt Hertha BSC zum DFB-Pokalspiel nach Degerloch. „Rein sportlich betrachtet ist aber das Spiel am Sonntag gegen Wehen wichtiger“, sagt der Trainer Robin Dutt.

War nun die erste Pokalrunde gegen den Hamburger SV das Spiel des Jahres für den Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers – oder ist es morgen das Aufeinandertreffen mit Hertha BSC? Egal. Der Trainer Robin Dutt wagt einen ganz anderen Vergleich. „Für mich ist der Auftritt gegen Berlin ein bisschen wie ein Tag im Europapark.“ Raus aus dem Alltag, rein ins Vergnügen. „Wobei wir nicht nur unseren Spaß haben wollen, sondern auch Erfolg“, wie der Trainer betont.

Um auch bestens auf den Gegner eingestellt zu sein, schaute sich Dutt am Samstag die Bundesligapartie gegen Gladbach an. Das Fazit? „Ein eher biederes Spiel, in dem Hertha die besser Mannschaft war, ohne voll zu überzeugen.“ Was nichts anderes heißen soll, als dass sich die Kickers eine Chance ausrechnen. Auch der Tabellendritte der Bundesliga hat seine Schwächen. Die Frage ist nur, „ob wir dazu kommen, die zu nutzen“, sagt Dutt.

Der Wille ist jedenfalls vorhanden, schließlich hat man beim Erfolg über den HSV gesehen, welche Aufmerksamkeit das weckt. Nicht nur regional, auch überregional. Dutt: „Die Mannschaft hat die Chance, an ihre Leistungsgrenze zu gehen und sie vielleicht sogar zu überschreiten.“ Das scheint nötig zu sein. Denn Herthas Trainer Falko Götz erwartet im Gazistadion „Hektik und Provokationen“. Was immer das heißen mag. Letztendlich wohl nichts anderes, als dass der David den Goliath schlagen will. Der in der Liga gesperrte Mustafa Parmak ist spielberechtigt, Recep Yildiz nach seiner Bronchitis wieder im Training, nur bei Bashiru Gambo dürfte es knapp werden. Für Mittwoch.

Aber am Sonntag geht es ja gleich weiter. „Und sportlich gesehen hat das Spiel Priorität“, sagt Dutt im Hinblick auf die Regionalligpartie gegen den Tabellenzweiten SV Wehen. Jetzt geht es darum die Gratwanderung zwischen Pflicht und Kür optimal zu schaffen. Ein bisschen wurmt die Verantwortlichen dabei schon, dass das Schaulaufen nicht live im Fernsehen kommt. Nicht nur wegen der entgangenen zusätzlichen Einnahmen, die sich alles in allem auf mehr als eine halbe Million Euro summiert hätten. So bleibt es bei 116 000 Euro Garantiesumme plus anteiligen Zuschauereinnahmen. Aber wer weiß: vielleicht gibt es ja noch ein Spiel des Jahres – im Pokalachtelfinale im Dezember.

Stuttgarter Zeitung

„Die Früchte der Arbeit“
 
Nachgefragt beim Exmanager
 
Hans-Peter Jakob ist Mitte der neunziger Jahre Fußballmanager bei den Stuttgarter Kickers gewesen, seit 2000 arbeitet er nun schon beim Bundesligisten Hertha BSC. Morgen im DFB-Pokal wäre die Chance auf ein Wiedersehen, doch der 60-Jährige sagt im Gespräch mit Joachim Klumpp: „Mich zieht nichts nach Stuttgart.“

Herr Jakob, freuen Sie sich schon auf das Wiedersehen mit den Kickers?

Nein, ich werde gar nicht da sein. Schließlich gibt es noch ein paar andere Dinge, um die ich mich kümmern muss.

Als da wären?

Alles rund um das Thema Bauen. Das neue Vereinszentrum, Sportplätze und so weiter.

Waren Sie nicht auch einmal für das Jungeninternat zuständig?

Stimmt, aber das steht ja seit 2001. Es wurde dank Manager Dieter Hoeneß ins Leben gerufen und mit dem heutigen Chefcoach Falko Götz konzipiert.

Als Sie zum letzten Mal im Gazistadion von Degerloch waren, siegte die Hertha im Endspiel um die deutsche B-Jugend-Meisterschaft gegen den VfB Stuttgart.

Ja, und damals stand ein gewisser Kevin-Prince Boateng in der Mannschaft. Das macht deutlich, wie schnell die Entwicklung im Fußball gehen kann. So langsam erntet der Verein die Früchte seiner Nachwuchsarbeit.

Zahlt sich das unter dem Strich wirtschaftlich aus?

Dahinter stecken unheimlich große Investitionen, die andere Vereine lieber in teure Transfers stecken. Wir haben hier in den letzten Jahren alleine 20 Millionen Euro verbaut und stecken jedes Jahr vier bis viereinhalb Millionen in die Nachwuchsarbeit. Das vergessen viele Fans und Kritiker.

Kritik wird es auch geben, wenn die Hertha bei einem Regionalligisten im Pokal rausfliegen sollte. Wollen Sie nicht doch noch vor Ort die Daumen drücken?

Mich zieht nichts nach Stuttgart. Ich kenne ja niemanden mehr bei den Kickers und habe auch keine familiäre Bindung dort. Aber die gewinnen auch ohne mich.

Stuttgarter Zeitung

Pokal als Vergnügungspark
 
Kickers-Trainer Dutt sucht gegen Hertha BSC Ablenkung, Spaß und Erfolg
 
Stuttgart – Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers fiebert dem DFB-Pokalspiel am morgigen Mittwoch (20 Uhr/Gazistadion) gegen Hertha BSC Berlin entgegen. Ein Sieg könnte zum finanziellen Befreiungsschlag für den Verein werden.

VON JÜRGEN FREY

Von einem Spiel des Jahres will Robin Dutt nichts wissen. „Vielleicht haben wir ja noch zehn Spiele des Jahres“, sagt der Kickers-Coach. Er vergleicht die Partie vielmehr mit einem Besuch in Rust: „Wir wollen eintauchen in den Vergnügungspark – raus aus dem Alltag.“ Doch mit Spaß allein ist es Dutt gegen den Bundesliga-Dritten nicht getan: „Wir wollen auch Erfolg.“

Der Einzug ins Achtelfinale wäre nicht nur eine dicke Überraschung – sondern auch ein warmer Regen für die Kickers. Etwa 90 000 Euro Nettogewinn spülte das Spiel gegen den HSV in die Kasse. Allein 115 000 Euro an TV-Geldern brachte das Erreichen der zweiten Runde. Hinzu kommen die Zuschauereinnahmen. Im Achtelfinale wären den Blauen 232 000 Euro vom Fernsehen sicher – ein Livespiel hätte die satte Einnahme von zusätzlichen 600 000 Euro zur Folge. Damit wäre der Club den Großteil seiner finanziellen Sorgen los.

Darauf kann ein Berliner, der die Nöte der Blauen aus der Vergangenheit kennt, keine Rücksicht nehmen: Hans-Peter Jakob, von 1995 bis 1998 Manager der Kickers und seit sechs Jahren bei Hertha Projektleiter für das Vereinszentrum. 2008/09 soll das 25-Millionen-Euro-Projekt neben dem Olympiastadion mit zehn Fußballfeldern, Internat, Restaurant, Museum fertig sein. „Eine hochinteressante Aufgabe“, sagt Jakob. Mit nach Stuttgart wird er am Mittwoch nicht kommen. Er habe keinen Bezug mehr zu den Kickers. Wie“s ausgeht? „Wir müssen weiterkommen – egal wie.“

Für das Pokalspiel gab es gestern noch 500 Karten. Alle Inhaber von ermäßigten Tickets erhalten gegen Vorlage ihrer Eintrittskarte eine Stehplatz-Freikarte für die Partie am Sonntag gegen den SV Wehen.

Stuttgarter Nachrichten

Mit der Kombikarte zum Pokalspiel der Kickers
 
Zum DFB-Pokalspiel gegen den Bundesligisten Hertha BSC Berlin am morgigen Mittwoch um 20 Uhr erwarten die Stuttgarter Kickers ein gut gefülltes Gazistadion. Der VVS empfiehlt deshalb die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Stadtbahnlinie U 7 fährt die Waldau zwischen 18.20 und 19.32 Uhr alle fünf bis sieben Minuten an und wird auch nach Abpfiff verstärkt. Die Tickets gelten als Kombikarten. jbo

Stuttgarter Nachrichten

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Eugen Schneider bei WFV-Auswahl erfolgreich

Der bereits in der Oberliga Baden-Württemberg zum Einsatz gekommenene A-Junior Eugen Schneider war am Wochenende beim 23. Heinz-Berninger-Pokalturnier in Wertheim im Einsatz. Hier t raf die Württembergische U19-Auswahl auf die die vier anderen Verbände des Süddeutschen Fußballverbandes.

Eugen Schneider erzielte dabei zwei der drei Tor für die Auswahl, den dritten Treffer steuerte Kagan Söylemezgiller bei, der im Sommer von den Kickers zum VfB wechselte. Die Württembergische Auswahl belegte im Endklassement Platz Drei.

Neben Eugen Schneier standen im Kader der Württembergichen Auswahl: Demis Jung, Julian Leist, Luis Rodrigues und Tobias Weber.