Vorberichte DFB-Pokal: Stuttgarter Kickers – Hertha BSC Berlin – Teil II

Noch 500 Karten fürs Kickersspiel
Kein Spieler wird geschont
 
STUTTGART (ump). Der Pokalschlager der Stuttgarter Kickers heute (20 Uhr, Gazistadion) steht werbetechnisch unter dem Motto: „Her-tha-mit.“ Was übersetzt heißen soll: Her mit der Hertha“! Die Mannschaft kam gestern in Stuttgart an und übernachtete im Waldhotel – genau wie in der vorigen Runde der Hamburger SV. Ein gutes Omen für die Kickers? „Es kommt auf die Einstellung an“, sagt Berlins Trainer Falko Götz. „Wenn sich die spielerischen Mittel durchsetzen, kann es nur einen Sieger geben.“

Wobei auch die Kickers ein Wörtchen mitreden wollen. „Ich denke, es wird ein enges Spiel geben“, sagt der Trainer Robin Dutt, der wieder auf den in der Liga gesperrten Mustafa Parmak zurückgreifen dürfte. Offen ist noch die Position im offensiven Mittelfeld (Akcay oder Kanyuk). Geschont wird jedenfalls kein Spieler. „Das können wir uns nicht leisten“, sagt Dutt, auch wenn am Sonntag das wichtige Punktspiel gegen Wehen ansteht. Für diese Partie erhalten alle Besucher ermäßigter Stehplätze (Jugendliche, Rentner) freien Eintritt, die eine Karte des Pokalspiels vorlegen können. Und für das Schlagerspiel heute gibt es an der Tageskasse von 17 Uhr an noch 500 Restkarten.

Stuttgarter Zeitung

Der Ehrgeiz ist Hartmanns Begleiter
 
Bei den Stuttgarter Kickers ist der 22-Jährige im Mittelfeld gesetzt – auch im DFB-Pokal heute gegen Hertha
 
Die Pokalpartie heute gegen Hertha BSC (20 Uhr, Gazistadion) ist das 18. Pflichtspiel der Stuttgarter Kickers in dieser Saison. Immer zum Einsatz gekommen ist dabei nur ein Spieler: Manuel Hartmann. „Ich habe in meinem Leben bisher das erreicht, was ich mir vorgenommen habe“, sagt er.

Von Joachim Klumpp

Wenn vor den Spielen die Sprache auf die Mannschaftsaufstellung kommt, macht der Kickers-Trainer Robin Dutt gerne ein Geheimnis daraus, als ginge es um den Gehaltszettel. Während dort allmonatlich Lohnsteuer und Sozialabgaben aufgezeigt werden, ist auch bei den Stuttgarter Kickers eine Position nicht wegzudiskutieren: Die Nummer 19 gilt als gesetzt – sie gehört Manuel Hartmann. 18 Pflichtspiele hat der Regionalligist diese Saison absolviert, und Hartmann war stets dabei. Lediglich beim WFV-Pokal in Crailsheim hat er pausiert: eine Halbzeit lang.

Hartmann, der Stammspieler. Davon war im Sommer vergangenen Jahres nicht auszugehen, als der 22-Jährige vom SGV Freiberg gekommen war. Genau wie zuvor schon Jens Härter, der Kapitän. Der Oberligist als Zulieferbetrieb, das funktioniert bestens. „Es zeigt aber auch die gute Arbeit von Robin Dutt“, sagt Hartmann zum Weitblick des Kickers-Trainers, der den Mittelfeldspieler vor der Verpflichtung mehrmals beobachtet hat. Das hat Hartmann überzeugt, genauso wie die Tatsache, dass bei den Kickers in den vergangenen Jahren etliche Spieler aus den eigenen Reihen den Sprung in die erste Mannschaft geschafft haben: Stierle, Parmak, Steinle, um nur ein paar Namen zu nennen. „Das hat meine Entscheidung beeinflusst.“

Und Hartmann hat sie bisher nicht bereut. „Ich habe mir die Tipps des Trainers im taktischen Bereich zu Herzen genommen und mich kontinuierlich weiterentwickelt.“ Erst in der Innenverteidigung, nun auf seiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld, dem Sechser, wie Fachleute gerne sagen. „Da fühle ich mich am wohlsten, weil dort meine Laufbereitschaft am besten zum Tragen kommt.“ Und die ist hoch. Hartmann muss im Spielsystem einer Raute deutlich mehr Abwehrarbeit verrichten, wenn mit zwei defensiven Mittelfeldspielern operiert wird. „Die Abstimmung mit den Spielmachern klappt gut“, sagt Hartmann, egal ob dieser nun Akcay, Gambo, Parmak oder Kanyuk heißt, „das sind alles sehr gute Fußballer.“

„Manuel Hartmann braucht fast keine Pause“, sagt wiederum Dutt und macht dessen physische Stärke auch an den exzellenten Laktatwerten fest. „Das war schon immer so, vielleicht ist es genetisch bedingt“, sagt Hartmann, der zudem mit drei Treffern diese Saison schon seine offensiven Qualitäten bewiesen hat. Daneben ist er aber auch mental stets präsent. Er könnte sich zu einem Führungsspieler entwickeln, von denen die Kickers nicht viele haben. Dazu Dutt: „Er kann auf dem Platz schon mal laut werden.“

Eine Rolle, die Hartmann nicht fremd ist. „In fast allen Jugendmannschaften bin ich Kapitän gewesen“, sagt er, aber mit 22 Jahren sei es in der Regionalliga noch etwas früh dafür. Dennoch wäre es ein Ziel. Zumal der Schwabe aus Sirnau bisher alles erreicht hat, was er sich vornahm. „Ich bin extrem ehrgeizig“, gibt Hartmann zu. Und diszipliniert. Schließlich haben schon die Eltern seine Laufbahn nicht nur gefördert, sondern auch gefordert, Schule und Fußball unter einen Hut zu bringen. Die Praxis sah so aus: als der Unterricht im Gymnasium um 17 Uhr zu Ende war, wartete der Vater schon mit laufendem Motor im Auto, auf dem Weg zum VfL Kirchheim stopfte der Spieler noch rasch die mitgebrachte Portion Spaghetti in sich rein, dann ging“s zum Training, und abends um zehn wurden die letzten Hausaufgaben gepaukt. „Das war manchmal nicht leicht.“

Doch Hartmann blickt über die Strafraumgrenze hinaus. Sein Studium an der Uni Stuttgart (Sport, Mathematik) hat er bis Sommer 2007 unterbrochen. Kein Dauerzustand. Für nächstes Jahr, wenn sein Vertrag ausläuft, gibt es zwei Optionen: entweder ein Fernstudium an der Uni Hagen oder eine Kompromisslösung mit den Kickers. „Die sind mein erster Ansprechpartner“, sagt Hartmann, der nicht nur um Vertragslaufzeit und Gehalt verhandeln will, sondern auch um die Möglichkeit der Weiterbildung.

Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, das weiß Hartmann und nennt das Beispiel des ehemaligen Mitspielers Heiko Gumper, der verletzungsbedingt die Karriere mit 23 Jahren beim Bezirksligisten TSV Allmendingen ausklingen lässt. Wobei Hartmann auch mal nach unten schaut. Wenn es die Zeit erlaubt besucht er die Spiele seiner Exklubs, wie in Freiberg. Hartmann: „Da ist man ein gern gesehener Gast.“ Auch wenn man dort immer damit rechnen muss, dass die Kickers das nächste Talent wegschnappen.

Stuttgarter Zeitung

Jubel, Trubel, tolle Tore: Blaue Wunder im Pokal
 
Kickers ärgern auf der Waldau gerne die Großen
 
Stuttgart – Die Geschichte des DFB-Pokals auf der Waldau ist auch eine Geschichte der Sensationen. Wenn die Stuttgarter Kickers am heutigen Mittwoch (20 Uhr/Gazistadion) Hertha BSC Berlin empfangen, spielen Erinnerungen an unerwartete Erfolge mit.

Kurtenbachs Doppelpack

In der Saison 1986/87 jubelten die Blauen nach zwei Auswärtssiegen bei TeBe Berlin (5:0) und Borussia Neunkirchen (3:2) über die Pokalheimpremiere im Achtelfinale: Am 19. November 1986 wurde Hannover 96 mit 2:0 geschlagen. Dirk Kurtenbach gelangen vor 10 000 Zuschauern beide Tore.

Eintracht Frankfurt ohne Chance

Der nächste Feiertag folgte im Viertelfinale. Am 7. März 1987 waren erneut 10 000 Fans ins Kickers-Stadion geströmt und bejubelten ein 3:1 gegen Eintracht Frankfurt. Die Tore erzielten Arthur Jeske, Hans Hein und erneut Kurtenbach. Der Gegentreffer von Janusz Turowski störte keinen mehr.

Kein Aprilscherz: Finale erreicht

Nein, nein, es war kein Aprilscherz, der den 10 000 Fans und Millionen vor den Fernsehern vorgeführt wurde: Am 1. April 1987 besiegten die Helden von Trainer Dieter Renner Fortuna Düsseldorf souverän mit 3:0. Die Torschützen: Frank Elser, Kazimierz Kmiecik – und Mister DFB-Pokal Dirk Kurtenbach. Das Endspiel in Berlin gegen den HSV ging unglücklich mit 1:3 verloren.

Kevrics Gala gegen Dortmund

1999 begannen die Kickers erneut Pokalgeschichte zu schreiben. Das erste Kapitel: ein 3:1 am 12. Oktober in der dritten Runde gegen Borussia Dortmund – mit Fredi Bobic. Der überragende Adnan Kevric machte nicht nur das Spiel seines Lebens im Kickers-Dress, sondern auch zwei Tore. Der dritte Treffer vor 10 618 Zuschauern ging auf das Konto von Tomislav Maric – nach einem Freistoß von Kevric.

Wintermärchen gegen Bielefeld

Im Achtelfinale am 1. Dezember 1999 ließen sich die Blauen von Arminia Bielefeld nicht aufhalten – 3:2 nach Verlängerung. Maric und Kevric sorgten vor 4600 Zuschauern für eine 2:0-Führung. Ein Treffer von Artur Wichniarek (75.) und ein Eigentor von Darko Ramovs (78.) brachten die Verlängerung. Das Team von Trainer Michael Feichtenbeiner ließ sich nicht unterkriegen und bewies Nervenstärke: Kevric traf in der 110. Minute. Der Rest war weiß-blauer Siegestaumel.

SC Freiburg rutscht aus

Ski und Rodel gut auf der Waldau. Volker Finke, der Trainer des SC Freiburg, hüpfte an jenem 22. Dezember 1999 aufgeregt an der Seitenlinie entlang und beschwerte sich über die Platzverhältnisse: „Unzumutbar.“ Es half nichts. Die Kickers entpuppten sich auf dem spiegelglatten Untergrund als die besseren Schlittschuhläufer: Das Tor zum 1:0-Sieg vor 9300 Zuschauern erzielte Maric. Die Kickers standen im Halbfinale, das am 15. Februar 2000 bei Werder Bremen mit 1:2 n. V. verloren ging. Ende März bekam Coach Feichtenbeiner den Laufpass.

Dramatik pur gegen den HSV

Jubel, Trubel, Heiterkeit am 9. September dieses Jahres: Dem Regionalligateam von Trainer Robin Dutt gelang vor 10 500 Zuschauern die Sensation gegen den Hamburger SV – 4:3 n. V. Recep Yildiz und Christian Okpala trafen je zweimal. Jürgen Frey
Stuttgarter Nachrichten

Kickers: Härter droht auszufallen
 
Hertha BSC erwartet Hektik
 
Stuttgart (jüf) – Die Fans sind heiß, die Spieler sind heiß – und der Trainer der Stuttgarter Kickers denkt gar nicht daran, die Emotionen zu bremsen: „Wir können gar nicht auf Abwarten spielen. Wir müssen unsere eigene spielerische Linie durchbringen und die Räume nutzen“, sagt Robin Dutt vor dem DFB-Pokal-Spiel gegen Hertha BSC Berlin. Daran ändern vor der Zweitrundenpartie am heutigen Mittwoch (20 Uhr) im Gazistadion (Schiedsrichter ist Michael Weiner aus Gießen) auch diverse personelle Probleme nichts: Jens Härter konnte wegen Fieber gestern nicht trainieren. Der Kapitän droht auszufallen. Auch hinter dem Einsatz von Oliver Stierle (Magen-Darm-Infekt) steht ein Fragezeichen.

Hertha-Trainer Falko Götz rechnet mit einer hart umkämpften Partie. „Uns erwarten Hektik und Provokationen. Der Underdog will den Großen schlagen“, warnte er und appellierte an die Einstellung seiner Profis: „Erst wenn wir den Kampf angenommen haben, werden sich die spielerischen Mittel durchsetzen. Dann kann es nur einen Sieger geben.“ Für das Spiel gibt es im Stadion an Kasse 5 ab 17 Uhr noch 500 Karten.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Kickers: Yelldell – Steinle, Yildiz, Hartmann, Kanitz – Benda, Akcay, Parmak, Stierle (Gambo) – Mesic, Okpala.

Hertha BSC: Fiedler – Chahed, Friedrich, Simunic, Fathi – Cairo (Ebert), Dardai, Bastürk, Boateng – Pantelic, Lakic.
Stuttgarter Nachrichten

NACHGEFRAGT ROBIN DUTT, TRAINER DER STUTTGARTER KICKERS
„Ich kann mir nicht erlauben, nur nach der Tabelle zu schauen“

Für den 41-Jährigen hat die Regionalliga Priorität, trotzdem will er heute im DFB-Pokal gegen Hertha BSC weiterkommen
 
Stuttgart – Robin Dutt und die Regionalliga-Fußballer der Stuttgarter Kickers, das ist seit über 100 Spielen eine Erfolgsgeschichte. Im Moment steckt das Team in einem Tief, an das heute Abend aber keiner denken wird: Um 20 Uhr wird das Zweitrundenspiel im DFB-Pokal gegen Bundesligist Hertha BSC angepfiffen. „Jetzt ist wichtig, dass wir an unsere Chance glauben – und das tun wir“, sagt der 41-Jährige im Gespräch mit Sigor Paesler.
 
Freuen Sie sich auf das Hertha-Spiel, in dem der Druck nicht so groß ist wie zuletzt in der Liga?

Dutt: Man ist immer froh, wenn man so ein Spiel machen kann. Ich glaube aber nicht, dass es ein großer Unterschied wäre, wenn die Spiele in der Liga zuletzt anders ausgefallen wären. Ein gewisser Druck ist trotzdem da, wir wollen ja weiterkommen.

Spielen die Vorzeichen wirklich keine Rolle? In die Erstrundenbegegnung gegen den Hamburger SV sind die Kickers-Akteure mit sehr breiter Brust gegangen.

Dutt: Ich glaube, dass sich die mentale Verfassung aus der Liga in so einem Spiel vor 11 000 Zuschauern gegen Hertha BSC schlagartig ändern kann. Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, dass die Erwartungshaltung geringer ist als gegen den HSV, als viele durch die Leichtigkeit der Siege davor an die Sensation geglaubt haben. Jetzt ist wichtig, dass wir an unsere Chance glauben – und das tun wir.

Die Mannschaft ist nach zwölf Spieltagen Vierter mit zwei Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Das ist nicht schlecht. Andererseits folgte auf eine starke Anfangsphase eine nun schon vier Wochen dauernde Schwächeperiode. Befinden sich die Kickers wieder auf dem Boden der Tatsachen?

Dutt: Ich kann mir als Trainer nicht erlauben, nur nach der Tabelle zu schauen. Das kann ich erst, wenn die Saison vorbei ist. Ansonsten muss ich die Entwicklung beurteilen, weil sie zeigt, wie viele Punkte wir in den nächsten Spielen voraussichtlich holen werden.

Wird Ihnen da im Moment angst und bange?

Dutt: Es ist auf jeden Fall so, dass ich trotz der guten Tabellensituation mit den vergangenen Spielen nicht zufrieden sein kann – das 1:1 zuletzt gegen Bayern II vielleicht ausgenommen. Zumindest zeigt die Kurve nach der Niederlage davor in Pirmasens nicht mehr nach unten. Wenn es so weitergeht, folgt nun wieder eine Leistung, die für drei Punkte würdig ist.

Es gab ein paar Ausfälle. Ist das nun die Zwischenrechnung für das Risiko, mit einem guten, aber kleinen Kader in die Runde gestartet zu sein?

Dutt: Diese Zwischenrechnung habe ich vor der Saison vorhergesagt. Wir mussten damit rechnen, dass die Mannschaft Schwankungen unterliegen wird. Wenn man aber in so einer Durststrecke steckt, ist das Gefühlsleben natürlich ein anderes wie vorher, als man es aufzeigt hat. Ich hoffe, dass es so weitergeht: Dass wir jetzt wieder gewinnen, uns vielleicht im Frühjahr nochmal eine Krise nehmen und am Ende unsere Ziele erreichen. Wie beurteilen Sie die Situation für sich als Trainer. Man sagt, in schwierigen Situationen lernt man mehr als wenn es läuft.

Dutt: Es war kurios. In den vergangenen zwei Jahren, als wir von der Abstiegszone losgekommen sind, hatte ich hier in Stuttgart eine hohe Anerkennung. Überregional hat das aber kaum jemand wahrgenommen. Jetzt sind wir oben, wir werden mehr wahrgenommen – aber überregional bekommt niemand die momentane Krise mit, während hier in Stuttgart kritischer hingeschaut wird. Für mich persönlich läuft es so schlecht nicht.

Die überregionale Wahrnehmung hat auch dazu geführt, dass Sie vor einigen Wochen beim Bundesligisten Hannover 96 im Gespräch waren. Auch wenn Dieter Hecking jetzt dort Trainer ist: Sind Sie damit ihrem Traum von der Bundesliga näher gekommen?

Dutt: Das hat Vor- und Nachteile gebracht. Überregional wurde mein Name schon bekannter. In Hannover war es eine super Geschichte, weil ich einer von vier gezielt ausgewählten Kandidaten war, von denen sich keiner selbst beworben hatte. Aber mal da genannt zu werden und dort auf einer Liste zu stehen und dann mit Aachen oder Braunschweig in Verbindung gebracht zu werden, obwohl kein Kontakt besteht – das sehe ich eher kritisch.

Ihre Mannschaft hat zwei interessante Spiele vor sich. Wenn Sie wählen könnten, würden Sie sich für einen weiteren Pokalcoup gegen Hertha oder für einen Sieg am Sonntag im Spitzenspiel gegen den SV Wehen entscheiden?

Dutt: Zum Glück muss ich nicht wählen. Ein Sieg gegen Wehen hat für mich absolute Priorität, deshalb würde ich das Hertha-Spiel aber nicht herschenken wollen.

Nach dem Ausscheiden im WFV-Pokal gibt es nur noch zwei Möglichkeiten, sich wieder für den DFB-Pokal zu qualifizieren: Den Wettbewerb gewinnen oder in die zweite Liga aufsteigen . . .

Dutt: Letzterer wäre der leichtere Weg. Man darf bei der Kritik nach dem Ausscheiden aus dem WFV-Pokal in Crailsheim aber nicht vergessen, dass wir mit dem Sieg gegen den HSV den nächsten DFB-Pokalwettbewerb finanziell schon locker in der Tasche haben. Mit einem Sieg gegen Hertha hätten wir vielleicht schon die nächsten drei Jahre aufgefangen. Aber wenn wir nicht aufsteigen oder das Finale in Berlin gewinnen, könnte es uns sportlich eben keiner ersetzen, dann nächstes Jahr im Juli nicht in der Lostrommel zu sein.

Eßlinger Zeitung

Aus Erfahrung ungut
Im Pokal scheiterte Hertha oft an Unterklässlern – bei den Kickers in Stuttgart soll sich das ändern

Von Stefan Hermanns

Berlin – Ein Fußballtrainer muss immer wissen, wann er sich einen Scherz erlauben kann und wann nicht. Falko Götz ist dieser Tage gefragt worden, was er denn von den Stuttgarter Kickers wisse. „Jede Menge“, antwortete der Trainer von Hertha BSC. „Stuttgart liegt im Süden, die Kickers sind Regionalligist. Sie haben ein enges Stadion, da wird viel Hektik und Theater sein.“ Sollte das alles sein, was Götz über Herthas heutigen Gegner in der zweiten Runde des DFB-Pokals in Erfahrung gebracht hat, müsste man ernsthaft an seiner Berufsauffassung zweifeln. Aber Götz hat sich diesen kleinen Scherz erlauben können, weil er sich und seine Mannschaft gut vorbereitet, weiß für das Duell mit dem Drittligisten. Zweimal hat er die Kickers beobachten lassen.

So viel Sorgfalt ist trotz des Zweiklassenunterschieds keineswegs übertrieben. In der ersten Runde des Pokalwettbewerbs sind vier Bundesligisten an Klubs aus der Regionalliga gescheitert: Werder Bremen am FK Pirmasens, Mainz 05 beim 1. FC Saarbrücken, Arminia Bielefeld in Pfullendorf und der Hamburger SV in Stuttgart bei den Kickers. Selbst der Deutsche Meister Bayern München benötigte für das Weiterkommen gegen den FC St. Pauli eine Verlängerung, genauso wie Hertha bei Darmstadt 98.
 
Auch Regionalligafußballer betreiben ihren Sport in der Regel professionell. In den Mannschaften finden sich viele ältere Spieler, die früher in der Bundesliga gespielt haben, dazu einige junge Talente, die auf dem Sprung nach oben sind. Punktuell, vor allem mit der Unterstützung ihres Publikums, sind solche Teams sehr wohl in der Lage, den Leistungsvorsprung der Bundesligisten aufzuholen. St. Pauli stand in der vergangenen Saison im Halbfinale – nach Siegen gegen Bremen, Bochum und Hertha. Drei Drittligisten – Herthas Amateure, Energie Cottbus und der 1. FC Union – schafften es sogar ins Endspiel des DFB-Pokals. „Wichtig ist, dass man nicht leichtfertig spielt gegen solche Gegner“, sagt Herthas Manager Dieter Hoeneß.

Kaum jemand hat die Stärke der dritten Liga schmerzlicher zu spüren bekommen als Herthas Profis. In den vergangenen vier Jahren sind sie dreimal an einer Mannschaft aus der Regionalliga gescheitert: an Holstein Kiel (2002), Eintracht Braunschweig (2004) und eben St. Pauli (2005). Auch aus dieser Erfahrung sagt Hoeneß vor dem Spiel in Stuttgart: „Das wird ein heißer Tanz, da muss man kein Prophet sein. Auch wenn die Kickers zuletzt ein paar schlechtere Ergebnisse hatten.“ Lange Zeit führten die Stuttgarter die Regionalliga Süd an, inzwischen sind sie auf Platz vier zurückgefallen. Aus den ersten sieben Spielen holten die Kickers 19 Punkte, in den fünf folgenden waren es nur noch drei. „Gerade dann ist der Pokal eine wunderbare Gelegenheit, wieder die Kurve zu kriegen“, sagt Hoeneß.

Auf der anderen Seite bietet sich Hertha die Chance, mit einem Sieg im Pokal die positiven Eindrücke der jüngeren Vergangenheit weiter zu vertiefen. Der Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach am Wochenende hat den ordentlichen Saisonstart der Berliner in ein noch milderes Licht getaucht. „Mir hat gut gefallen, wie die Mannschaft den Sieg erkämpft hat, dass sie Moral und Charakter gezeigt hat“, sagt Hoeneß. „Genau mit dieser Einstellung müssen wir gegen die Kickers spielen. Das ist reine Kopfsache.“

Neben Gilberto und Christian Gimenez, die schon gegen Gladbach fehlten, wird Götz in Stuttgart auch auf Innenverteidiger Dick van Burik verzichten müssen, der sich am Samstag eine Schienbeinprellung zugezogen hat. Theoretisch sollte Herthas Kader trotzdem stark genug sein für einen Regionalligisten; in der Praxis jedoch werden die Berliner gegen die Kickers mehr als ihre spielerische Überlegenheit einbringen müssen. „Uns erwartet ein Kampfspiel mit Hektik und Provokation. Darauf müssen wir eingestellt sein“, sagt Götz. Darauf hinzuweisen ist das eine, diese Erkenntnis auf dem Platz umzusetzen das andere. „In Stuttgart werden wir uns wieder schwer tun“, sagt Mittelfeldspieler Yildiray Bastürk. „Warum das so ist, weiß ich auch nicht.“

Tagesspiegel

Angst vor neuen Aufsätzen

Hertha will eine schlechte Pokal-Tradition brechen

Michael Jahn

BERLIN. Bundesaußenminister Klaus Kinkel wurde zum neuen Vorsitzenden der FDP gewählt und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hatte unter Bundestrainer Berti Vogts gerade beim US-Cup in Washington ein 3:3 gegen Brasilien erreicht. Zweifacher Torschütze: Jürgen Klinsmann. 

Diese beiden Meldungen stammen vom 12. Juni 1993, einem Sonnabend. Am gleichen Tag unterlagen die Amateure von Hertha BSC im DFB-Pokalfinale dem Bundesligisten Bayer Leverkusen nach großem Kampf mit 0:1. Diese Ereignisse, die fast aus einer anderen Welt zu stammen scheinen, zeigen, wie lange es eigentlich her ist, das eine Mannschaft von Hertha BSC im nationalen Pokal-Wettbewerb von sich Reden machte. Nach dem couragierten Auftritt der Amateure um Torhüter Christian Fiedler und die Mittelfeldleute Andreas Schmidt und Carsten Ramelow konnte anschließend keine Profi-Mannschaft von Hertha BSC mehr im Pokal überzeugen. Im Gegenteil. Fast alle versagten. Und seit einigen Jahren ist es sogar zu einer schlechten Tradition geworden, dass der Bundesligist gegen Regionalligisten ausscheidet und mit Häme leben muss.

Drei verletzte Stammspieler

2002/03 blamierten sich die Berliner unter Trainer Huub Stevens beim Tabellenletzten der Regionalliga Nord, Holstein Kiel. Nach einem 1:1 in 120 Minuten versagten in Roberto Pinto, Andreas Schmidt und Michael Hartmann drei Profis vom Elfmeterpunkt. Zwei Jahre später war bei Eintracht Braunschweig Endstation (2:3), und im Vorjahr stürzte ein 3:4 nach Verlängerung beim FC St. Pauli das Team in eine Sinnkrise. Manager Dieter Hoeneß erfand in seiner Not die Schulaufsätze neu und ließ seine Profis schriftlich niederlegen, was Hertha BSC für sie bedeute. Diese Aktion – einige Stammspieler sträubten sich – sorgte für bundesweites Aufsehen.

Nach all diesen Leiden haben sie bei Hertha nun darauf verzichtet, den Einzug ins Pokalfinale im eigenen Stadion als Ziel öffentlich zu machen. Das gilt auch vor dem Pokal-Duell bei den Stuttgarter Kickers am Mittwoch, 20 Uhr. Mit Dick van Burik, Gilberto und Stürmer Christian Giménez fallen drei Stammspieler wegen Verletzungen aus. Trainer Falko Götz ahnt, was seine Profis beim Tabellenvierten der Regionalliga Süd erwartet: „Hektik und Provokationen.“ Deshalb wollen sie das Spiel „mit aller Macht möglichst schnell entscheiden.“

Vielleicht können sie dabei Mut aus der Historie schöpfen. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren siegte der damalige Zweitligist Hertha BSC bei den Kickers mit 2:1. Es war das erste Spiel, nachdem Dieter Hoeneß in der Hertha-Führung installiert worden war. Den Libero in Stuttgart gab: Falko Götz.

Berliner Zeitung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.