Presse zu FC Memmingen – Stuttgarter Kickers (1:1)

Den Kickers fehlt der Überraschungseffekt
Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 21.02.2011
Fußball Die Moral des Regionalligisten aus Stuttgart stimmt beim 1:1 in Memmingen, die spielerische Linie nicht. Von Joachim Klumpp

Die Anreise zum Auswärtsspiel in Memmingen am Samstag ist für die Stuttgarter Kickers recht mühsam verlaufen, kein Wunder bei insgesamt rund 50 Kilometer Stau auf der Autobahn. Ähnlich zäh verlief dann der Auftakt nach der dreimonatigen Winterpause in der Fußball-Regionalliga. Erst in der Nachspielzeit erzielte Fabio Leutenecker den Ausgleich zum 1:1 (0:0). „Damit muss man am Ende noch zufrieden sein“, sagte der Präsident Rainer Lorz, weil dieser Treffer – nach Michele Rizzis Gelb-Roter Karte – in Unterzahl fiel. „Das spricht für die Moral der Mannschaft“, sagte der Trainer Dirk Schuster – und hob damit auch schon fast den positivsten Aspekt des Tages hervor.

Euphorie sieht anders aus. „Bei uns liegt noch einiges im Argen“, sagte der Sportkoordinator Michael Zeyer. Zum Beispiel das spielerische Element, das nach ordentlichem Beginn spätestens nach einer halben Stunde auf der Strecke blieb. Das hing auch mit der Auswechslung von Enzo Marchese (Knieverletzung) zusammen. Da kam ein Bruch ins Spiel. Der eingewechselte Ali Pala jedenfalls verstrickte sich als zweite (hängende) Spitze zu sehr in Einzelaktionen oder versagte frei vor dem Tor – wie kurz nach der Pause (52.). Als Fabian Gerster nach einem indirekten Freistoß noch die Latte traf, hatten die Kickers ihr Pulver verschossen, so dass Memmingen durch Candy Decker zur Führung kam (71.). „In dieser Phase haben wir unsere Linie verloren“, gab der Trainer Schuster zu.

Denn im Mittelfeld verstanden es weder Jéräme Gondorf noch Michele Rizzi (bis zum Platzverweis in der 74. Minute) die Fäden zu ziehen. Und von außen kam vor allem über die linke Seite zu wenig Tempo ins Spiel, um den Aufsteiger vor 1430 Zuschauern ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Bei den biederen Gastgebern ragte neben dem Torschützen Decker der frühere VfB-II-Spieler Andreas Hindelang hervor, der auch schon mit den Kickers in Verbindung gebracht worden war.

Bei den Kickers lagen die Lichtblicke eher in der Defensive. Besonders Dominique Fennell überzeugte, der in der Innenverteidigung überraschend den Vorzug vor dem Kapitän Marcel Rapp bekommen hatte – und das Vertrauen des Trainers rechtfertigte. „Bei mir zählt das Leistungsprinzip, er ist in der Spieleröffnung stärker“, sagte Schuster. Auch mit dem Verteidiger Leutenecker konnte er zufrieden sein. Der Senkrechtstarter der Winterpause schaltete sich immer wieder in die Offensive ein. Dort hatte der Neuzugang Florian Treske Luft nach oben und einen schweren Stand. „Aber er hat sich für die Mannschaft aufgerieben“, wie Schuster meinte.

Insgesamt dürfte diese Offensivleistung nicht ausreichen, um in der Liga eine Aufholjagd zu starten. Und Besserung ist kaum in Sicht. Die bisher etatmäßigen Stürmer Marcel Brandstetter und Philip Türpitz standen verletzungsbedingt nicht einmal im Kader und werden auch am Donnerstag gegen Darmstadt ausfallen, genau wie der gesperrte Rizzi. Und leichter wird die Aufgabe sicher auch nicht werden, schließlich hat der Tabellenzweite in der Winterpause gleich fünf starke Spieler verpflichtet.

Qualität und Quantität. In dieser Hinsicht hapert es bei den Kickers – zumindest wenn man die Aufstiegsambitionen in der nächsten Saison betrachtet. Der übergangsweise angetretene Präsident Lorz: „Ich habe gesagt, ich bleibe, bis wir in ruhigerem Fahrwasser sind.“ Das könnte dauern.

Kickers Wagner – Leutenecker, Köpf, Fennell, Gerster – Gondorf, Rizzi – Abruscia, Ivanusa (71. Savranlioglu) – Marchese (24. Pala/82. Yilmaz), Treske.

Tore 1:0 Decker (70.), 1:1 Leutenecker (90.+ 2).

Gelb-Rote-Karte: Rizzi (74.).

Stuttgarter Zeitung

Lichtblick Leutenecker
Helmut Ailinger und Jürgen Frey, aktualisiert am 21.02.2011 um 15:30 Uhr

Memmingen – Guido Buchwald war nicht dabei. Das neue Präsidiumsmitglied der Stuttgarter Kickers hatte zu seinem 50. Geburtstag eine Reise nach Lissabon inklusive Besuch des VfB-Europa-Liga-Spiels geschenkt bekommen. So konnte er den Aufgalopp des Fußball-Regionalligisten nach der Winterpause nicht miterleben. Der Weltmeister von 1990 hatte beim 1:1 der Blauen in Memmingen nicht viel verpasst. Große Fortschritte in der Mannschaft waren vor 1430 Zuschauern nicht zu erkennen. Vielmehr bestätigte sich der Eindruck des bisherigen Saisonverlaufs. Die Kickers geben alles, betreiben einen hohen läuferischen Aufwand. Es kommt aber zu wenig dabei heraus. „Wir waren auf fast jeder Position besser besetzt, diesen nicht allzu starken Gegner hätten wir schlagen müssen“, sagte Kickers-Sportkoordinator Michael Zeyer.

Stattdessen mussten die Blauen froh sein, überhaupt einen Punkt gerettet zu haben. Fabio Leutenecker glich den 0:1-Rückstand durch Candy Decker (70.) erst in der Nachspielzeit aus. Überhaupt Leutenecker: Der 20-Jährige war der Lichtblick im Team der Blauen. In der Winterpause war der Rechtsverteidiger von der U-23-Elf nach oben befördert worden. In Memmingen zeigte er, warum: Durch seinen unermüdlichen läuferischen Einsatz sorgte das wieselflinke Kickers-Eigengewächs für viel Druck nach vorne. „Fabio hat eine sehr gute Leistung gezeigt“, lobte ihn Trainer Dirk Schuster.

Ansonsten war der Coach vor allem mit der Moral zufrieden: „Meine Mannschaft hat sich mit dem Ausgleich selbst belohnt, weil sie sich auch in Unterzahl nicht aufgegeben und immer an ihre Chance geglaubt hat“, sagte Schuster. Michele Rizzi hatte nach wiederholtem Foulspiel (74.) Gelb-Rot gesehen. Damit fehlt der Mittelfeldspieler am kommenden Donnerstag (19 Uhr) im Heimspiel gegen Darmstadt 98. Dass Kapitän Marcel Rapp ins Team zurückkehren wird, ist eher unwahrscheinlich. In Memmingen vertraute Schuster in der Innenverteidigung auf Dominique Fennell und Simon Köpf. Dabei dürfte es vorerst bleiben. Offen ist, wie es mit Enzo Marchese (Schlag aufs Knie) weitergeht. Von einem Bluterguss bis zu einer Schädigung der Kreuzbänder ist alles möglich. Aufschluss soll heute eine Kernspintomographie geben.

Stuttgarter Nachrichten

Heimsieg in letzter Sekunde verspielt
FC Memmingen bringt 1:0-Vorsprung gegen die Stuttgarter Kickers nicht über die Zeit – 1430 Besucher sehen zwei grundverschiedene Halbzeiten
«Wirklich schade, echt schade.» Torhüter Tobias Kirchenmaier brachte hinterher auf den Punkt, was wohl die Mehrheitsmeinung im Memminger Publikum nach dem in buchstäblich letzter Sekunde verschenkten möglichen Heimsieg war. Bis in die Nachspielzeit hinein hatte Fußball-Regionalligist FC Memmingen die Stuttgarter Kickers am Rande einer Niederlage, ehe den «Blauen» in der 93. Minute durch Fabio Leutenecker noch der Ausgleich zum 1:1 gelang. Am Memminger Schlussmann lag es zuallerletzt, dass sich der FCM am Ende mit einem Zähler begnügen musste. Kirchenmaier parierte vielmehr einige Male glänzend, doch gegen den finalen Schuss des agilen Leutenecker war auch er machtlos.

In der ersten halben Stunde dominieren die Stuttgarter

Insgesamt gesehen hatten sich die Gäste aus der baden-württembergischen Landeshauptstadt den Punkt durchaus verdient. Vor allem, wenn in Betracht gezogen wird, wie deutlich sie in der ersten halben Stunde die Partie dominiert hatten. In dieser Phase war die Leistung der Mannschaft von Trainer Esad Kahric nicht dazu angetan, bei empfindlich kühlen Temperaturen den eigenen Anhang – es fanden 1430 Zuschauer den Weg in die Arena – zu erwärmen. Es war viel Sand im Getriebe. Dem Team war die lange Pause anzumerken.

Auf der Gegenseite vermisste Kickers-Coach Dirk Schuster bei den Seinen zunächst nur «den brutalen Zug zum Tor» und «dass wir unsere Konter nicht mit der letzten Konsequenz ausgespielt haben». Erst zum Ende der ersten Hälfte kamen die Memminger besser ins Spiel; jetzt eröffneten sich den Gastgebern auch Chancen, als Andreas Hindelang rechts durchbrach (42. Minute), ein Schuss von Stefan Zobel abgeblockt wurde (42.) und der junge Stefan Heger, der auf der rechten Außenverteidigerposition eine beherzte Vorstellung zeigte, nur durch ein Foul zu bremsen war (43.).

Ein Lattenknaller von Fabian Gerster in der 53. Minute im Anschluss an eine Rückpass-Entscheidung des Schiedsrichters weckte den FCM endgültig auf. Die Mannen von Trainer Kahric nahmen das Heft nun in die Hand. Zunächst zirkelte der dynamische Tobias Heikenwälder einen Ball noch knapp über den linken Torwinkel (64.), dann verfehlte ein Kopfball von Andreas Hindelang sein Ziel nur knapp (66.). Doch in der 71. Minute war es soweit: Candy Decker ließ mit seinem fünften Saisontreffer die Memminger Fans in der Arena jubeln. Der FCM-Angreifer drückte die Kugel über die Linie, die Vorarbeit hatte der vorstürmende Stefan Heger geleistet.

Nach dem «Last-Minute-Tor» zum Ausgleich der Stuttgarter kam die Frage auf, ob Trainer Esad Kahric mit seinen taktischen Wechseln in der Schlussphase zu viel Unruhe ins Team gebracht hatte. Sein Sohn Ejnar, der in der 83. Minute für Maier gekommen war, verneinte dies und sagte lediglich, man hätte «den letzten Ball einfach nur irgendwo auf die Tribüne dreschen müssen».

«Haben uns nicht gerade clever angestellt»

Hätte, Wenn und Aber: Fakt blieb, dass es dem FCM trotz zahlenmäßiger Überlegenheit nach Gelb-Rot für Michele Rizzi nicht gelang, den Vorsprung über die Zeit zu bringen.

«Da haben wir uns nicht gerade clever angestellt», räumte Stefan Zobel ein, während Abwehrmann Harald Holzapfel sagte: «Es darf uns nicht passieren, dass wir in Überzahl einen Konter kriegen.»

Das Allgäu online

Eis, Schnee und Minusgrade im Allgäu: Kickers-Gastspiel in Memmingen abgesagt

Das Gastspiel des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers an diesem Samstag beim FC Memmingen fällt dem Wetter zum Opfer. Am heutigen Vormittag entschied der Süddeutsche Fußball-Verband (SFV) im Anschluss an eine Platzbesichtigung in der Memminger Arena, nach zuvor schon fünf abgesagten Begegnungen des 19. Spieltags in der Fußball-Regionalliga Süd, auch diese Partie vom Spielplan zu nehmen. Dies den großen Anstrengungen seitens der Gastgeber quasi zum Trotz: Die Allgäuer hatten am gestrigen Donnerstag mit Unterstützung durch das örtliche Sportamt ihren Rasenplatz von gut einem halben Meter Schnee befreit. Schlussendlich haben jedoch die dort herrschenden eisigen Temperaturen von bis zu minus 15 Grad einen Strich durch die Rechnung gemacht und für eine Unbespielbarkeit des Platzes gesorgt.

Nachgeholt wird die Partie in Memmingen erst im neuen Jahr 2011. Gleiches gilt im Übrigen auch für die am vergangenen Sonntag abgesagte Regionalliga-Heimpartie der Blauen gegen den SC Pfullendorf.

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Presse zu Stuttgarter Kickers – FC Memmingen (2:0)

Die Geduldsprobe bestanden
Kickers Der Regionalligist kommt spät zum 2:0 gegen Memmingen.Von Joachim Klumpp

Als zwölf Minuten vor Schluss das erlösende Führungstor der Stuttgarter Kickers gegen den FC Memmingen fiel, da blieb der Präsident Edgar Kurz seelenruhig auf seinem Platz sitzen, während weiter unten auf der Tribüne der jüngere Vorstandskollege Axel Kohlberg Freudentänze vollführte. Diese Gegensätze in der Führungsriege verdeutlichen zumindest ansatzweise die Bandbreite, die der Fußball-Regionalligist aufweist. Und die sich auch ein wenig auf dem Platz niedergeschlagen hat beim verdienten 2:0 (0:0) gegen den Aufsteiger zum Auftakt der Saison. „Wichtig ist, dass man so ein Spiel gewinnt, das haben wir gemacht“, sagte Kurz.

Es war ein Geduldsspiel – und diese Probe haben die Kickers bestanden, nachdem in der Pause der Trainer Dirk Schuster und später auf dem Platz auch der Kapitän Marcel Rapp darauf hingewiesen hatten, Ruhe zu bewahren. Erst recht, nachdem die Gäste von der 55. Minute an in Unterzahl operieren mussten und es die Kickers zuvor verpasst hatten, aus einer Reihe von Chancen Kapital zu schlagen. Als der Ball nach Aktionen von Marcel Brandstetter und später Patrick Auracher doch im Netz lag, verweigerte der Schiedsrichter wegen Abseits und einem Foul die Anerkennung. Rapp: „Aber wir wussten: wenn wir so weiterspielen, wird ein Tor fallen.“

Auch wenn es bis zur 78. Minute dauerte, ehe Philip Türpitz nach einem Doppelpass mit dem ebenfalls eingewechselten Denis Videc zum 1:0 traf – und gut und gerne zwei weitere Tore hätte machen können, ja müssen. „Da hat mich die Mannschaft aufgebaut“, sagt der 18-Jährige zu den vergebenen Chancen. Dass der ebenfalls frisch gekommene Daniel Reule den Schlusspunkt setzte, spricht für das Händchen des Trainers Dirk Schuster. Aber auch für die Alternativen im Kader. Dort fehlen zwar nach dem Abgang des Torjägers Mijo Tunjic auf dem Papier 19 Treffer, dennoch hat der Trainer jetzt mehr die Qual der Wahl.

„Im Moment kann ich nicht sagen, wie die Rangordnung exakt aussieht“, sagt Schuster. In der Tat werden die Karten speziell im Angriff noch kräftig gemischt. Marcel Brandtsetter war gesetzt, zudem begann Ali Pala, allerdings weniger überzeugend, später kamen die genannten drei Bankdrücker, wobei der routinierte Reule in der Hierarchie nur die Nummer fünf war. „Normalerweise muss ich mich nicht mehr empfehlen“, sagt der 27-Jährige zu seiner Rolle. „Es freut mich, dass er und Philip Türpitz die richtige Reaktion gezeigt haben, nachdem sie nicht in der Anfangsformation standen“, so Schuster, der seiner Linie treu blieb. Namen zählen nicht. Jeder Spieler muss sich empfehlen.

So fand sich auch der in der Vorbereitung hochgelobte Jerome Gondorf auf der Bank wieder, wenngleich Marcel Ivanusa und Fabian Gerster über die Außenbahnen nicht immer den gewünschten Druck ausüben konnten. Das gelang Oliver Stierle etwas besser, der links erst defensiv, dann offensiv agierte.

Es bleibt noch reichlich Luft nach oben. Das Spiel ist unter anderem teilweise noch zu sehr auf Enzo Marchese als Dreh- und Angelpunkt ausgerichtet, was es dem Gegner auf Dauer leicht macht, die Kickers auszurechnen. Mit Patrick Milchraum hätten sich das vielleicht schnell ändern können, der Trainingsgast schließt sich jedoch dem Zweitligisten FC Erzgebirge Aue an.

Es kommen noch andere Gradmesser als die tapferen Feierabendkicker aus Memmingen. „Trainiert wird viermal abends, alle Spieler gehen einer Ausbildung oder einem Beruf nach“, sagte der Coach Esid Kahric. Da geht es bei den Kickers professioneller zu, was die Trainingsintensität betrifft. Das zahlte sich aus. „Wir haben 90 Minuten lang Gas gegeben“, sagte Stierle.

Das galt auch für Kohlberg, der auf der anschließenden Fanparty unter dem Fernsehturm kräftig einheizte, während es den Präsidenten ins Theaterhaus zog, wo unter dem Kickers-Motto „Hurra, wir kicken noch“ gefeiert wurde. Am Freitag (18 Uhr) geht es im württembergischen Pokalwettbewerb zum Verbandsligisten Nagold, am Mittwoch darauf zum Punktspiel nach Pfullendorf, danach kommt die SG Sonnenhof. Und dann weiß man auch schon mehr, was der Sieg gegen Memmingen wert war.

Stuttgarter Kickers Wagner – Abruscia, Auracher, Rapp, Stierle – Gerster, Rizzi, Marchese, Ivanusa (64. Türpitz) – Pala (53. Videc), Brandstetter (73. Reule).

Stuttgarter Zeitung

Die Offensive kommt schwer in Schwung

Die Stuttgarter Kickers besiegen den Aufsteiger FC Memmingen zum Saisonauftakt mit viel Geduld und 2:0

Stuttgart – Der Verzweiflung folgte die Erleichterung: Erst in der Schlussviertelstunde hat die neue Offensive der Stuttgarter Kickers dem Fußball-Regionalligisten einen erfolgreichen Saisonstart gesichert. Beim 2:0 (0:0)-Heimsieg gegen den Aufsteiger FC Memmingen war vor allem eines gefragt: Geduld.

Von Beate Wockenfuß

„Aller Anfang ist schwer. Aber letztlich bin ich zufrieden, dass wir die drei Punkte geholt haben. Das war unser Ziel“, bilanzierte Kickers-Trainer Dirk Schuster nach den 90 Minuten, von denen ihn mindestens 70 einige Nerven gekostet hatten. Schließlich war sein Team von Beginn an in allen Belangen überlegen, machte Druck, erspielte sich immer wieder gute Chancen – doch ein Tor gelang nicht. Das wussten die nervösen Debütanten aus dem Allgäu zu verhindern, weil sie sich in erster Linie darauf konzentrierten, in der eigenen Hälfte eng zusammenzustehen und die temporeichen Angriffe der Gastgeber abzubremsen. Nach vorne blieben sie dagegen harmlos und bescherten Kickers-Torhüter Daniel Wagner damit einen relativ ruhigen Nachmittag.Doch die Uhr tickte. Und als die Schlussviertelstunde anbrach und es immer noch 0:0 stand, wurde es unruhiger unter den 2790 Zuschauern im Gazi-Stadion. Erst recht, weil die „Blauen“ seit der 55. Minute wegen einer Gelb-Roten Karte gegen Daniel Böck in Überzahl waren, doch auch daraus kein Kapital schlugen. Und weil Schuster in Ali Pala und Marcel Brandstetter bereits zwei Stürmer aus- und in Denis Videc (53.), Philip Türpitz (64.) und Daniel Reule (73.) drei neue eingewechselt sowie Oliver Stierle aus der Abwehr in die Mitte beordert hatte. Volle Kraft voraus also. Schließlich hatte der Trainer vor dem Saisonstart immer wieder betont, dass man sich in der Offensive qualitativ verstärkt und nun auch mehr Variationsmöglichkeiten habe. Nur an der Effektivität mangelte es bis dahin.Doch in der 78. Minute wurde die Ausdauer der Hausherren belohnt – dank der eingewechselten Stürmer. Nach einem Doppelpass mit Videc sorgte Türpitz für das erlösende 1:0. „Das Tor kam zum richtigen Zeitpunkt“, freute sich der 18-Jährige über die Initialzündung. Nur drei Minuten später erzielte Reule mit einem satten Schuss aus 30 Metern den 2:0-Endstand (81.). Schuster freute sich für die Torschützen. „Das war die richtige Reaktion darauf, dass sie nicht zur ersten Elf gehörten“, sagte der Trainer, der nun ein kleines Luxusproblem bei der künftigen Auswahl der beiden Spitzen haben dürfte.

Und so waren alle Beteiligten erst mal froh, mit einem Positiverlebnis in die Runde gestartet zu sein. „Wir wollten den Platz unbedingt mit einem Sieg verlassen. Das ist gelungen“, sagte Rückkehrer Stierle, der sich nach zwei Jahren beim FC Bayern München II bei seinem ehemaligen Verein schon wieder sichtlich wohl fühlt. „Es war schön, wieder für die Kickers spielen zu dürfen“, strahlte der 27-Jährige und räumte ein, am Anfang sogar etwas aufgeregt gewesen zu sein.

In der Liga müssen die „Blauen“ erst am 18. August (19 Uhr) wieder ran, dann auswärts gegen den SC Pfullendorf. Davor gilt es, am Freitag (18 Uhr) beim Verbandsligisten VfL Nagold die dritte Runde des WFV-Pokals zu überstehen – und der neuen Offensive dabei weitere Empfehlungschancen zu geben.

Eßlinger Zeitung

Der gute Geist verhilft nicht zum Punktgewinn
FC Memmingen – Aufopferungsvoller Einsatz wird am Ende in Stuttgart nicht belohnt – 0:2 im ersten Regionalligaspiel
Otto König ist hinterher kaum zu trösten. «Nur zwölf Minuten», so hadert er, «haben gefehlt, um hier einen Punkt mitzunehmen». Nach dem Duschen und vor der Rückfahrt mit dem Mannschaftsbus ist Zeit für den Tross des FC Memmingen, auf dem Parkplatz der Stuttgarter Kickers die 0:2 (0:0)-Niederlage im ersten Spiel des Klubs in der Regionalliga zu analysieren.

Mittendrin Otto König: Ausgebreitet hat er am Bus allerhand Leckeres, mit dem sich die Kicker für die Heimreise stärken können. Der Rentner ist seit nunmehr neun Jahren bei jedem Auswärtsspiel des FCM dabei. Zusammen mit Sohn Michael, 15, der seit seinem sechsten Lebensjahr mit von der Partie ist, sorgt König für die Verpflegung der Kicker. Er gehört mithin zu den «guten Geistern», die jeder Verein braucht, wenn alles reibungslos laufen soll.

Obwohl sich die Mannen um Trainer Esad Kahric am Aufgetischten kräftig bedienen, ist König am Samstagnachmittag auf der Waldau nicht zufrieden. Seine Glücksbringer, ein kleines Schwein aus Stein sowie einen gepunkteten Käfer, hat er diesmal nicht ins Stadion nehmen können. Aus Angst, sie würden ihm – wegen der verschärften Sicherheitsbestimmungen in der Regionalliga – abgenommen. Könnten ja als kleine Wurfgeschosse taugen.

Dabei hat König nichts weniger im Sinn, als seine Mitbringsel derart zu missbrauchen. Immerhin benetzt er vor jedem FCM-Spiel das Schweinchen in der Memminger Johannkirche mit Weihwasser. Dazu betet der gebürtige Hesse, dass für «seinen» FCM (er lebt seit rund 30 Jahren in der Maustadt) alles, wenn nicht siegreich, so doch wenigstens gut ausgehen möge.

Vermisst habe er seine gewohnten Glücksbringer aus Stein schon, betont König, als der Bus schon wieder Richtung Allgäu unterwegs ist.

Zusammen mit fast 3000 weiteren Zuschauern hatte er davor im Gazi-Stadion in Stuttgart erlebt, welch schwere sportliche Aufgaben in der vierthöchsten deutschen Spielklasse auf die Jungs warten, denen er regelmäßig Gefolgschaft leistet. Er hat auch gesehen, was möglich gewesen wäre, wenn…

l …Stefan Zobel in der 35. Minute mit seinem blitzschnell abgegebenen Direktschuss erfolgreich gewesen wäre, l …Daniel Böck sich in der 55. Minute kein zweites Foul im Mittelfeld geleistet hätte, l …Harald Holzapfel in der 67. Minute nicht verletzungsbedingt das Feld hätte verlassen müssen, l …Christoph Mangler in der 73. Minute eine sich urplötzlich ergebende Chance genutzt hätte.

Hätte, wenn und aber: Es hat am Samstag nicht gereicht. Gleichwohl hat sich die fußballerische Nummer zwei in Schwaben gegen einen starken Gegner respektabel geschlagen, wie beide Trainer hinterher zu Recht betonten (siehe «Stimmen zum Spiel»).

Vielleicht hat dem FCM letztlich die nötige Cleverness gefehlt. Oder es war auch nur die Verbindung nach ganz oben gestört. Man braucht ja nur mal bei Otto König nachzufragen, worans gelegen haben kann. Allgäu Sport

Memminger Zeitung

Zwei Joker schlagen Memmingen

(Memmingen/ass) Bis zur 78. Minute stand die Null. Durch zwei Joker-Tore in der Schlussphase brachten die Stuttgarter Kickers dem FC Memmingen bei dessen ersten Auftritt in der Fußball-Regionalliga Süd mit 0:2 (0:0) die erste Niederlage bei.

Irgendwie war an diesem Nachmittag vor der tollen Kulisse von 2790 Fans in Stuttgart bei herrlichem Sommerwetter alles drin. Eine noch höhere Abfuhr, aber auch eine Sensation, weil Memmingen „durch die starke Defensive“, wie Kickers-Trainer Dirk Schuster befand, den Hausherren „das Leben mehr als schwer gemacht hat“.

Zweimal zappelt der Ball zwar schon in der ersten Halbzeit im Memminger Tor, doch Stuttgart wurde einmal wegen Abseitsstellung und zum anderen wegen eines vorangegangenen Foulspiels an Torhüter Tobias Kirchenmaier zurückgepfiffen.

Knackpunkte des Spiels waren der Platzverweis für Daniel Böck und der Ausfall von Harald Holzapfel in der Abwehrkette. Böck hatte sich zwei Foulspiele im Mittelfeld geleistet, sah die Ampelkarte und muss am Donnerstag gegen Vize-Meister 1. FC Nürnberg II zuschauen.

Hätte Memmingen nicht in Unterzahl gespielt, es wäre für Stuttgart sehr schwer geworden, die Abwehr zu knacken – darüber waren sich beide Seiten einig. Holzapfel zog sich bei einer Rettungstat eine Platzwunde zu, die mit vier Stichen genäht werden musste. Als er fehlte, fiel just über seine Abwehrseite die Stuttgarter Führung durch Philipp Türpitz. Die Entscheidung fiel drei Minuten später mit einem satten 30-Meter-Schuss, ein weiteres Joker-Tor durch Daniel Reule.

So blieb FCM-Trainer Esad Kahric nicht anderes übrig als dem „starken Gegner zum verdienten Sieg“ zu gratulieren, zeigte sich mit der Leistung seiner Mannschaft aber trotz der Niederlage zufrieden. „Es hat Spaß gemacht hier zu spielen. Leider dauerte der Spaß nicht ganz bis zum Schluss“, so Kahric.

Schwäbische Zeitung

Die Joker stechen: Türpitz und Reule schießen die Blauen zum 2:0-Auftaktsieg gegen Memmingen

Perfekter Saisonauftakt für den Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers: Dank der späten Treffer durch die eingewechselten Angreifer Philip Türpitz (78. Minute) und Daniel Reule (81.) haben die Blauen ihr erstes Heimspiel in der neuen Runde gegen den Aufsteiger FC Memmingen vor 2790 Zuschauern im GAZi-Stadion verdient mit 2:0 (0:0) gewonnen. „Aller Anfang ist schwer“, lautete das Fazit von Kickers-Cheftrainer Dirk Schuster nach der Partie. Ebenfalls ein Start nach Maß gelang der Kickers-U23 in ihrem Gastspiel beim Neuling FSV Hollenbach: Dank eines Tore-Doppelschlags von Predrag Sarajlic siegte das Degerlocher Oberliga-Team mit 2:1.

Mehr Torchancen, ein deutliches Plus bei eigenem Ballbesitz, und auch in der Zweikampfstatistik lagen die Degerlocher Hausherren deutlich vorne. Statistik lügt bekanntlich nicht. Und dennoch verabschiedeten sich die Stuttgarter Kickers gegen den Aufsteiger FC Memmingen nach den ersten 45 Spielminuten der neuen Spielzeit mit einem torlosen 0:0-Unentschieden von den 2790 Fußballfans in die Kabinen. Einen Treffer von Marcel Brandstetter zur vermeintlichen 1:0-Führung hatte der Schiedsrichter Florian Benedum (Mehlingen) aufgrund einer Abseitsstellung des Kickers-Stürmers Mitte des ersten Abschnitt nicht anerkannt. Ein weiteres Tor ebenfalls nicht, nachdem Marcel Ivanusa den Memminger Torwart Tobias Kirchenmaier in dessen Fünfmeterraum bei einer Abwehraktion behindert haben soll. Weitere gute Möglichkeiten ließen die Blauen ungenutzt, die sich ab der zehnten Spielminute drückend überlegen präsentierten.

Demgegenüber erlebte Kickers-Schlussmann Daniel Wagner einen sehr entspannten Einstand in die neue Saison. Außer einige Flanken zu entschärfen hab es für den Keeper gegen den in der Offensive harmlosen Neuling aus dem Allgäu im ersten Abschnitt nichts zu tun. „Wir müssen den Druck erhöhen und mehr über die Flügel kommen“, gab der Trainer Schuster seinen Akteuren in der Halbzeitpause mit auf den Weg.

Gesagt, getan. Zumal der Memminger Daniel Böck der personell zunächst unveränderten Schuster-Elf die Angelegenheit zumindest aus nummerischer Sicht nur wenig später erleichterte. Bereits in der ersten Halbzeit hatte der FC-Mittelfeldmann die gelbe Karte für ein Foulspiel gesehen – und nach einem weiteren in der 55. Minute auf Höhe der Mittellinie gegen Michele Rizzi folgte für ihn folgerichtig der vorzeitige Duschbefehl in Form von Gelb-Rot. Tatsächlich jedoch erleichterte dieser Platzverweis die engagierten Bemühungen der Hausherren nicht. Denn: Die fortan in Unterzahl agierenden Gäste zogen sich noch weiter an ihren eigenen Strafraum zurück und überließen die Initiative nun gänzlich der favorisierten Kickers-Elf.

Die Mehrzahl der 2790 Zuschauer unterm Fernsehturm raufte sich anschließend in nur kurzer Folge die Haare, weil die Blauen erneut selbst allerbeste Gelegenheiten zum Führungstor liegen ließen. Die Vielversprechendste endete nach einem von Enzo Marchese getretenen Freistoß zunächst am linken Torpfosten des Memminger Gehäuses, nur Sekunden später klatschte der Ball an dessen Querlatte, ehe Kickers-Kapitän Marcel Rapp den Nachschuss aus kurzer Distanz weit über das gegnerische Tor hinweg auf die Waldau drosch. Kurz darauf hätten die Memminger Neulinge diese Nachlässigkeiten auf der Gegenseite beinahe bitter bestraft. Stefan Zobel hatte die einzige ernsthafte Torchance der Allgäuer Fußballer in den insgesamt 94 Spielminuten auf dem Fuß gehabt. Doch mit vereinten Kräften bereinigte die Kickers-Defensive diese brenzlige Situation.

Endlich kräftig gejubelt im GAZi-Stadion werden durfte in der 78. Minute, als die eingewechselten Denis Videc und Philip Türpitz mit einem Doppelpass perfekt die Memminger Abwehr aushebelten und Türpitz diese klasse Aktion der beiden Youngster mit einem Flachschuss zum längst überfälligen 1:0 vollendete. Nur drei Minuten danach besorgte sich Daniel Reule ebenfalls mit einem Jokertor einen perfekten Regionalliga-Einstand im Kickers-Trikot. Aus gut 25 Meter Torentfernung nahm der baumlange Kickers-Stürmer Maß und drosch den Ball zum hochverdienten 2:0-Endstand ins Memminger Tor.

Der Grundstein für eine beschwingte Kickers-Fanparty im Anschluss an die Partie im Biergarten am Fuß des Stuttgarter Fernsehturms sowie den zweiten Kultur-Fußball-Doppelpass, „Hurra, wir kicken noch!“ am Abend im Stuttgarter Theaterhaus, war damit gelegt.

Spielstatistik

Stuttgarter Kickers: 1 Wagner – 19 Abruscia, 3 Auracher), 15 Rapp, 13 Stierle – 17 Gerster, 7 Ivanusa (64. 25 Türpitz), 10 Marchese, 8 Rizzi – 20 Pala (53. 27 Videc) – 11 Brandstetter (73. 9 Reule). Trainer: Schuster.

Ersatz: 29 Güvenc (TW); 6 Jung, 22 Gondorf, 26 Fennell.

FC Memmingen: 1 Kirchenmaier – 8 Maier, 2 Pfohmann, 3 Rehm, 4 Holzapfel (67. 16 Heikenwälder) – 11 Knuth (84. 17 Hindelang), 7 Zobel, 6 Ejnar Kahric, 5 Mangler (75. 15 Rucht) – 10 Böck – 9 Decker. Trainer: Esad Kahric.

Ersatz: 22 Deutsch (TW); 12 Zwickl, 13 Beck, 14 Keles.

Tore: 1:0 Türpitz (78.), 2:0 Reule (81.)

Schiedsrichter: Florian Benedum (Mehlingen)

Gelbe Karten: Auracher, Marchese / Maier (jeweils 1. gelbe Karte)

Besonderes: Gelb-Rot für Böck (Memmingen, 55. / wiederholtes Foulspiel)

Zuschauer: 2790 Fans im GAZi-Stadion auf der Waldau

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Vorberichte Stuttgarter Kickers – FC Memmingen

Die Kickers zieht es nach oben
Regionalliga Vor dem Saisonstart morgen gegen den FC Memmingen steckt der Trainer Dirk Schuster hohe Ziele. Von Carlos Ubina

Es ist schon eine ganze Weile her, dass Dirk Schuster auf den VfB Stuttgart herunterschauen konnte. Damals war er noch Spieler und gelegentlich mit dem Karlsruher SC erfolgreicher als der Bundesligarivale. Nun ist Schuster Trainer des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers und war gestern zum ersten Mal auf dem Fernsehturm – und von dort oben lässt sich, rein geografisch natürlich, wunderbar auf die Mercedes-Benz-Arena in Bad Cannstatt herunterblicken.

Sportlich wollen sich die Kickers auch wieder dem VfB nähern. „Wir haben uns hohe Ziele gesteckt“, sagt Schuster vor dem ersten Punktspiel morgen (14 Uhr) gegen den FC Memmingen im Gazi-Stadion. Platz eins bis sechs soll es am Ende sein – oder besser Platz sechs bis eins. Denn als Tabellenneunter der vergangenen Saison und mit bescheidenen finanziellen Möglichkeiten sind die Blauen nicht zwingend der große Aufstiegsaspirant. „Qualitativ haben wir uns aber in der Offensive verstärkt“, sagt Schuster und macht damit auch klar, wie er sich seine Elf vorstellt: aggressiv und fußballerisch dominant.

Verzichten muss der Trainer dabei auf die verletzten Dirk Prediger (Kreuzbandriss) und Simon Köpf (Knochenabsplitterung im Sprunggelenk). Der Innenverteidiger Köpf soll heute operiert werden und fällt vier bis sechs Wochen aus.

Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Marcel Rapp, der sich zuletzt beim 3:1 im WFV-Pokalspiel gegen Metzingen (Drittrundengegner ist Nagold) im Gesicht verletzt hat. Dagegen spielt Mahir Savranlioglu in den Überlegungen für die Anfangself gegen Memmingen keine Rolle, da bei dem Mittelfeldspieler leichte Herzprobleme diagnostiziert wurden und die Angelegenheit Savranlioglu belastet. „Er wirkt etwas gehemmt und wird sich nun einem internistischen Eingriff unterziehen, um Gewissheit zu bekommen“, sagt Schuster.

Was die Leistungen anbelangt, haben die zwei WFV-Pokalpartien gegen Glems und Metzingen zumindest in Sachen Jéräme Gondorf und Ali Pala wieder Zweifel beim Trainer hervorgerufen. Bis dahin hatte das Duo eine gute Vorbereitung hingelegt, jetzt müssen beide um ihren Platz im Team bangen. Und in der Personalie Patrick Milchraum gibt es ebenfalls Neues: auch den 26-Jährigen, zuletzt Trainingsgast bei den Kickers, zieht es nach oben. Milchraum absolviert ein Probetraining beim Zweitliga-Aufsteiger Erzgebirge Aue.

Stuttgarter Zeitung

„So schnell wie möglich raus aus der Liga“

Stuttgart – Am Samstag (14 Uhr) beginnt im Gazistadion gegen den FC Memmingen der Ernst der Regionalliga für die Stuttgarter Kickers. Trainer Dirk Schuster schätzt seinen Kader stärker ein als vergangene Runde – und er hat sich und den Spielern deshalb ein neues Ziel gesetzt.

Herr Schuster, sind Sie vor dem Ligastart 2010 nervöser als in der vergangenen Saison?

Es wird wirklich Zeit, dass die Punktrunde losgeht. Alle bei den Kickers haben diese gewisse Anspannung und Vorfreude – wir wissen, dass wir sehr gut gearbeitet haben in der Vorbereitung. Wir wollen das auch unseren Fans beweisen. Und natürlich ist man auch als Trainer angespannt und spürt das Startfieber. Das gehört einfach dazu.

2009 haben Sie kein Saisonziel proklamiert, jetzt lautet es Platz eins bis sechs. Jetzt werden alle Sie an diesen Worten messen.

Moment, wir haben uns bereits zur Rückrunde ein Ziel gesetzt, es lautete: Einen Punkt mehr als in der Vorrunde zu holen – das haben wir erreicht. Vergangene Saison stand unter der Vorgabe, sich zu konsolidieren, in der Liga eine gute Rolle zu spielen, eine konkurrenzfähige Mannschaft aufzubauen, ordentlichen Fußball zu zeigen – so etwas kann man nicht an Punkten festmachen. Die Kickers waren eine getunte Oberliga-Truppe. Wir haben nicht genau gewusst, was uns erwartet und wo wir stehen.

Und jetzt wissen sie was auf Sie zukommt?

Wir sind letzte Saison Neunter geworden, haben Torjäger Mijo Tunjic verloren, aber die Zugänge haben den Kader qualitativ verbessert. Deshalb stecken wir uns ein neues Ziel, wir wären schlechte Sportler, wollten wir Platz neun aus der letzten Runde verteidigen. Ich bin überzeugt, dass wir ins erste Drittel der Tabelle marschieren können.

Was haben die Jungs letzte Saison gelernt?

In erster Linie Erfahrung gesammelt und die Überzeugung bekommen, dass sie mit allen Mannschaften in der Regionalliga mithalten können. Dass es kein Team gab, das dramatisch überlegen war. Aber die Spieler haben auch gesehen, dass sie immer 100 Prozent abrufen müssen, wenn sie gewinnen wollen – selbst gegen Gegner wie Alzenau geht mit angezogener Handbremse nichts.

Und wo haben Sie als Trainer dazugelernt?

In allen Bereichen, aber diese Details gehören nicht in die Öffentlichkeit.

Jetzt machen Sie mich erst recht neugierig. Können Sie Ihren eigenen Reifeprozesse bitte etwas skizzieren?

Natürlich war ich mir immer schon bewusst, dass ich nicht alles weiß und nicht alles kann, außerdem bin ich nicht beratungsresistent, sondern offen für Anregungen und Hinweise. Wir haben uns im Team der handelnden Personen gegenseitig angespornt, aber auch kontroverse Diskussionen geführt und im Prozess der Problembewältigung neue Erkenntnisse gesammelt.

Topstar Tunjic ist weg, fünf neue Spieler sind gekommen – warum ist der Kader besser?

Wie wir einen stärkeren Konkurrenzkampf haben – 2009 sind sechs Spieler in der Vorbereitung mit schweren Verletzungen weggebrochen. Das fällt stark ins Gewicht bei einem 20-Mann-Kader. Derzeit fehlen nur Dirk Prediger mit einem Kreuzbandriss und Simon Köpf mittel- beziehungsweise langfristig, deshalb findet ein härterer Kampf um die Stammplätze statt – denn bei mir zählt ausschließlich der Leistungsgedanke. Das bringt das Team nach vorn.

Diesbezüglich wäre eine Verstärkung namens Patrick Milchraum höchst willkommen.

Natürlich, er ist ein hochinteressanter Spieler. Aber wir haben aus den Gesprächen herausgehört, dass sein Ziel nicht die vierte Liga ist – sein Ziel muss die dritte, ja sogar zweite Liga sein. (Milchraum war Trainingsgast der Blauen, d. Red.) Von seinen Fähigkeiten ist er für die vierte Liga überqualifiziert. Wenn er zu den Kickers kommen würde, würden wir uns qualitativ in der Offensive deutlich verstärken. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich mit der Regionalliga zufrieden gibt.

Gibt’s denn schon Interessenten für den ehemaligen Spieler der Münchner Löwen?

Ja. Seit Donnerstag trainiert er beim Zweitligisten Erzgebirge Aue mit.

Wenn Milchraum kein Blauer wird, haben Sie noch einen Schuss bei Neuverpflichtungen frei. Wen haben Sie im Visier?

Das ist davon abhängig, wer uns vor die Flinte läuft. Wir müssen nicht mehr unbedingt etwas machen – wenn sich jemand schwer verletzt oder plötzlich Bedarf auf einer Position entsteht, dann können wir kurzfristig aktiv werden. Wir haben weder Druck noch Eile – wir haben noch eine Patrone frei und halten die Augen offen.

Marcel Rapp wurde von Ihnen wieder zum Kapitän bestimmt – ist er Ihr verlängerter Arm, Ihr Führungsspieler?

Ich habe ihn nicht bestimmt, die Mannschaft hat ihn und den Spielerrat gewählt. Da habe ich nicht diktatorisch eingegriffen. Das zeigt seinen Stellenwert. Und: Führungspersonen definieren sich ausschließlich über Leistung. Sie ist das A und O – wer auf Dauer keine Leistung bringt, kann kein Führungsspieler sein.

2009 haben Sie den Kapitän aber bestimmt.

Da war das Team fast komplett neu, die Spieler kannten sich kaum. Rapp war schon damals ein Vorzeigeprofi, deshalb habe ich ihn bestimmt. Jetzt haben wir eine gewachsene Mannschaft, die Spieler kennen sich. Also muss der Trainer nicht in interne Prozesse eingreifen, die Mannschaft regelt selbst, wer ihre Interessen vertritt.

Wie lang ist Ihre Trainer-Leine?

Das ist von den Spielern abhängig. Wenn es nicht funktioniert, sind die Zügel ganz schnell wieder straff und kurz.

Bald jeder Club schimpft über die teure, unattraktive Regionalliga – hat sie eine Zukunft?

Nein, die hat sie überhaupt nicht. In der West-Liga haben drei Teams zurückgezogen, die sportlichen Absteiger sind drin geblieben. Das sagt viel aus. Für die Kickers ist diese Liga auf Dauer nicht machbar, da sollten sich alle Beteiligten schnell etwas einfallen lassen. Bei nur einem Aufsteiger in einer 18er-Liga, da kann wie in der letzten Saison sehr schnell die Luft raus sein.

Dann noch Reserveteams von Proficlubs, die auch nicht reizvoll sind. Greuther Fürth II, …

… Wehen-Wiesbaden II. Das ist unattraktiv – aus Sponsoren-Sicht wie auch für die Zuschauer.

Da kann es nur eines geben.

Richtig. So schnell wie möglich raus aus der Liga.

Wie realistisch ist das für die Kickers?

Das wird sich zeigen.

Noch eine Frage brennt mir auf den Nägeln: Ist eine Kooperation mit dem VfB, etwa als Farmteam, tatsächlich undenkbar?

Grundsätzlich ist jeder Spieler, der unseren Kader verbessert, für uns interessant. Ein Farmteam des VfB ist quatsch, das ist nicht machbar. Aber wir haben eine Zusammenarbeit mit dem VfB begonnen, den Gedankenaustausch forciert, 2009 gab es Gespräche mit Jochen Schneider (VfB-Sportdirektor, Anm. d. Red.). Ein Resultat war: Ali Pala kehrte zu uns zurück. Bei gegenseitigem Nutzen wäre es doch töricht, mit dem großen Stadtrivalen – mit dem wir uns gerade sowieso nicht messen können – nicht zusammenzuarbeiten.

Schwarzwälder Bote

Die Zurückhaltung ist abgelegt
Nach Platz neun im ersten Regionalliga-Jahr wollen die „Blauen“ jetzt mehr

Stuttgart – Für die Stuttgarter Kickers wird es ernst: Mit dem Heimspiel morgen (14 Uhr) gegen Aufsteiger FC Memmingen starten die „Blauen“ in ihre zweite Saison in der Fußball-Regionalliga. Und die Zurückhaltung ist abgelegt. „Wir wollen im vorderen Drittel landen“, macht Trainer Dirk Schuster klar, dass nach Platz neun im Vorjahr die Erwartungen gestiegen sind.

Von Beate Wockenfuß

Schuster ist zuversichtlich, dass seine junge Mannschaft jetzt zu Höherem fähig ist. „Die Spieler haben in der zurückliegenden Saison viel gelernt und sich weiterentwickelt“, begründet der Coach. Zudem ist das Grundgerüst des Teams erhalten geblieben. Und in Marcel Brand­stetter, Daniel Reule sowie Denis Videc sind gleich drei neue Stürmer an Bord. „Wir haben uns im Offensivbereich qualitativ verbessert“, betont Schuster. Schließlich haben die externen Neuzugänge vier und fünf – Oliver Stierle und Ali Pala – ebenfalls Zug nach vorne. „Jetzt sind wir schwerer ausrechenbar, weil wir mehr Variationsmöglichkeiten haben“, freut sich der 42-Jährige, der in Rückkehrer Stierle zudem einen erfahrenen Leitwolf dazubekommen hat. „Er trägt den absoluten Siegeswillen in sich und geht sowohl auf als auch neben dem Platz voran.“ Ob in Patrick Milchraum ein weiterer früherer Kickers-Akteur zurückkehrt, ist noch offen. Der 26-Jährige, der sich zuletzt bei den „Blauen“ fit gehalten hat, nahm gestern beim Zweitligisten Erzgebirge Aue ein Probetraining auf. „Natürlich hätte ich ihn gerne hier. Er könnte uns mit seiner Erfahrung sicher weiterhelfen, hat aber auf alle Fälle Zweitliganiveau“, sagt Schuster über den Mittelfeldspieler, der in den vergangenen sechs Jahren bei Alemannia Aachen und dem TSV 1860 München auf insgesamt 142 Zweitliga-Einsätze und 17 Tore kam. Allerdings sind die Kickers und Erzgebirge Aue nicht die einzigen Interessenten.Damit stehen aktuell 22 Akteure in Schusters Kader. Von denen jedoch zwei verletzungsbedingt länger ausfallen. Am schlimmsten erwischte es Stürmer Dirk Prediger, der sich in der Vorbereitung einen Kreuzbandriss zuzog und bis zur Winterpause nicht mehr zur Verfügung steht. Innenverteidiger Simon Köpf fehlt mindestens vier, maximal sechs Wochen, nachdem er gestern am Sprunggelenk operiert wurde. Am kommenden Montag muss sich zudem Mahir Savranlioglu wegen seiner Herzprobleme einem chirurgischen Eingriff unterziehen. Indes stellte sich die Verletzung, die Kapitän Marcel Rapp am Dienstag beim WFV-Pokal in Metzingen erlitt, zum Glück nicht als schwerwiegend heraus, sodass der Innenverteidiger wohl morgen gegen Memmingen wieder dabei sein könnte. „Hinter seinem Einsatz steht noch ein kleines Fragezeichen“, sagt Schuster, der mit einem unbequemen Auftaktgegner rechnet. „Das wird mit Sicherheit kein Spaziergang“, warnt er. Denn der souveräne Meister der Bayernliga bringe seine Aufstiegseuphorie mit. „Die Memminger wollen sich in der Regionalliga beweisen und gleich zeigen, dass sie mithalten können – so wie wir letztes Jahr“, betont Schuster.

Der Kader
Abgänge:Marcel Charrier, Christian Grujicic (beide Ziel unbekannt), Gökhan Gümüssu (TSV 1860 München II), Andre Olveira (SSV Reutlingen), Franco Petruso (Ziel unbekannt), Luis Rodrigues (Ziel unbekannt), Moritz Steinle (eigene 2. Mannschaft), Kaan Tosun (Waldhof Mannheim), Mijo Tunjic (SpVgg Unterhaching).Zugänge:Marcel Brandstetter (VfR Aalen), Royal-Dominique Fennell (eigene 2. Mannschaft), Ali Pala (VfB Stuttgart II), Daniel Reule (SV Waldhof Mannheim), Oliver Stierle (FC Bayern München II), Denis Videc (FC Heilbronn), Andreas Wonschick (eigene 2. Mannschaft).Tor:Daniel Wagner, Günay Güvenc.Abwehr:Alessandro Abruscia, Patrick Auracher, Fabian Gerster, Simon Köpf, Marcel Rapp, Andreas Wonschick.Mittelfeld:Royal-Dominique Fennell, Jerome Gondorf, Marcel Ivanusa, Demis Jung, Enzo Marchese, Ali Pala, Michele Rizzi, Mahir Savranlioglu, Oliver Stierle.Angriff:Marcel Brandstetter, Dirk Prediger, Daniel Reule, Philip Türpitz, Denis Videc.Trainer:Dirk Schuster.

Eßlinger Zeitung