„Wir suchen mit aller Macht den Erfolg“
Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 01.12.2010
Interview
Der neue Kickers-Präsident Rainer Lorz setzt auf eine Aufbruchstimmung – nicht zuletzt dank Guido Buchwald.
Heute beginnt offiziell die Präsidentschaft von Rainer Lorz beim Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers. Das Amt will der 47-Jährige allerdings nur übergangsweise wahrnehmen.
Herr Lorz, Sie sind als Jurist beratend für Unternehmen tätig und ehrenamtlich Präsident der Stuttgarter Kickers. Welchen Teil der Zeitung schlagen Sie denn morgens zuerst auf: Sport oder Wirtschaft?
Traditionell den Sport, dann kommt der Wirtschaftsteil – und dann die Politik.
Ihr Vorgänger Edgar Kurz ist einst auch als Interimslösung angetreten und war dann 16 Monate dabei. Sie wollen das Amt ebenfalls nur übergangsweise begleiten – gibt es da ein Zeitfenster?
Da möchte ich mich nicht festlegen. Zunächst ging es darum, die Handlungsfähigkeit des Vereins nach den Rücktritten sicherzustellen. Jetzt steht die Schaffung der Rahmenbedingungen im Vordergrund, um langfristig Erfolg zu haben.
Auf welche Punkte kommt es Ihnen an?
Ganz klar auf drei Themenstellungen. Erstens: die Strukturen müssen verbessert werden. Zweitens die sportliche Seite: wie können wir den gesamten Bereich so aufstellen, um unser Ziel 2011/12 zu erreichen, nämlich den Aufstieg in die dritte Liga? Und drittens, ein Punkt der ganz wesentlich ist, nämlich die Finanzen.
Sie haben gesagt, nicht zuletzt dank des Investors sei der Verein so aufgestellt, dass der Etat gesichert ist. Im Umkehrschluss heißt das ja, dass sein Geld auch dafür verwendet wird, um Löcher zu stopfen, anstatt wie geplant die Mannschaft zu verstärken. Das heißt, Sie benötigen Zusatzeinnahmen. Wo sollen die herkommen?
Das Hauptaugenmerk muss auf die Sponsoringseite gelegt werden, wo wir eine gewisse Aufbruchstimmung schaffen müssen. Das Ziel ist schon, in diesem Bereich auf mindestens eine Million Euro zu kommen, auch wenn dies sicher nicht einfach sein wird.
Was stimmt Sie zuversichtlich, dass dies auch gelingt?
In Guido Buchwald haben wir eine Figur gewonnen, mit der sich viele Leute identifizieren können. Damit haben wir damit auch den Anspruch unterlegt, den Erfolg mit aller Macht zu suchen.
Sie haben ja betont, Guido Buchwald sei sportlich der starke Mann im Präsidium. Entscheidet er jetzt beim Trainer: Daumen hoch oder runter?
Ich würde das jetzt nicht an einer Person festmachen. Es geht darum, dass er von dem sportlichen Team überzeugt sein muss, mit dem wir unsere Ziele in Angriff nehmen wollen.
Sie selbst waren fünf Jahre im Aufsichtsrat. Rückblickend muss man festhalten, sportlich lief es nicht optimal und finanziell schreibt man rote Zahlen. Würden Sie aus Ihrer Sicht und der des Aufsichtsrats sagen, man hätte etwas anders machen müssen?
Was wirklich schiefgelaufen ist, war der Abstieg aus der dritten Liga. Wenn wir damals den Klassenverbleib geschafft hätten, hätte ich langfristig die Perspektive gesehen, dass man sich in der Liga etablieren und andere Ziele in Angriff nehmen kann. Das war ein entscheidender Rückschlag.
So gesehen ist auch beim Trainerwechsel damals zu Edgar Schmitt nicht alles optimal gelaufen?
Vielleicht sogar schon vorher nicht, ohne da irgendwelche Schuldzuweisungen treffen zu wollen. Ich hatte nach der Qualifikation für die dritte Liga den Eindruck, dass man in der Sommerpause zu viel hat laufen lassen, getreu dem Motto: das funktioniert schon. Dabei hätte man schon damals klare Verantwortlichkeiten gebraucht, das war ein Fehler.
Vom alten Präsidium wurde moniert, der Investor Wolfgang Dietrich habe sich zu sehr in das operative Geschäft einmischen wollen. Wie sieht Ihr Standpunkt aus?
Es ist ganz eindeutig: die gesamten Entscheidungen werden vom Präsidium getroffen. Aber wir müssen auch sehen, dass der Investor, dessen Namen ich nicht bestätigen möchte, nicht unwesentliche Mittel zur Verfügung stellt, die es den Kickers überhaupt erst ermöglicht haben, einen wettbewerbsfähigen Etat zu besitzen. Und ich wehre mich dagegen, das nachträglich – in welcher Form auch immer – in Misskredit zu bringen. Zudem waren die Bilanzzahlen eben nicht so, dass man dann sagen kann: der Verein ist über jede Kritik erhaben. Als Tabellenerster mit einer halben Million Gewinn, fragt keiner groß nach.
Apropos Nachfragen: die Hauptversammlung hätte genug Zündstoff geboten, dennoch gab es von den Mitgliedern keine Wortmeldung. Ist das nicht schon bedenklich?
Ich bin davon überzeugt, dass es keine Gleichgültigkeit ist. In jedem Fall sind wir darauf angewiesen, dass die Fans hinter dem Verein stehen.
Letzte Frage: warum weigern Sie sich hartnäckig, den Namen des Investors zu nennen?
Es war der ausdrückliche Wunsch bei Vertragsunterzeichnung, dass seine Identität vertraulich behandelt wird. Diesen Wunsch der Verschwiegenheit respektieren wir, da bitte ich um Verständnis.
Das Gespräch führte Joachim Klumpp.
Stuttgarter Zeitung
Präsident Lorz
„Buchwald ist das Gesicht der Kickers“
Von Jürgen Frey , aktualisiert am 01.12.2010 um 14:09
Stuttgart – Am Mittwoch tritt Rainer Lorz offiziell sein Amt als Präsident des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers an. An der Zielsetzung lässt er keinen Zweifel: „In der neuen Saison zählt nur der Aufstieg.“
Herr Lorz, hat Sie die Mitgliederversammlung nicht etwas nachdenklich gestimmt?
Weil so wenig diskutiert wurde?
Genau. Es gab keine Frage, keine Kritik. Sind die Kickers Ihren Mitgliedern gleichgültig geworden?
Das wäre schlimm. Es darf keine Gleichgültigkeit einziehen. Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ des Vereins. Da sollte schon offen diskutiert werden. Aber offenbar haben wir die Sachlage überzeugend dargestellt. Trotzdem müssen wir jetzt eine Aufbruchstimmung erzeugen.
Sie hatten sich aus beruflichen Gründen stets gesträubt, an vorderster Front zu stehen. Woher kommt der Sinneswandel?
Nach dem Rücktritt von Präsident Edgar Kurz ging es einfach darum, die Handlungsfähigkeit des Vereins zu wahren. Da ich beruflich voll eingespannt bin und mein Tag nach wie vor nicht mehr als 24 Stunden hat, habe ich aber klar ausgedrückt, dass ich das Amt übergangsweise ausüben werde.
Was heißt das konkret?
Ich will das zeitlich nicht begrenzen.
Ihr Vor-Vorgänger Dirk Eichelbaum sagte am Montagabend, Sie und Ihr neues Team seien die „letzte Patrone“, die die Kickers haben.
Ich bin immer zurückhaltend, von der „letzten Patrone“ zu sprechen.
Aber klar ist doch, wenn es in der kommenden Saison nicht mit dem Aufstieg klappt, dann wird es die Kickers in der jetzigen Form kaum mehr geben.
Jetzt schon die Frage zu stellen, was passiert, wenn es nicht funktioniert, bringt nichts. Unstrittig ist, dass wir so schnell wie möglich aus dieser Todesliga rausmüssen. Da dies in dieser Runde nach menschlichem Ermessen nicht mehr gelingen wird, müssen wir mit Vollgas die Weichen für die neue Saison stellen, denn da zählt tatsächlich nur der Aufstieg.
Spielt dabei Guido Buchwald die entscheidende Rolle?
Ja. Er hat die sportliche Verantwortung. Guido Buchwald ist das Gesicht der Kickers und mit seinem Sachverstand über alle Diskussionen erhaben. Ich hätte mir keinen Besseren für diese Aufgabe wünschen können.
Und was passiert, wenn er plötzlich ein Angebot als Profitrainer bekommt?
Guido Buchwald hat klar gesagt, dass er sich voll und ganz für die Kickers einbringen wird. Auch er will den Erfolg.
Wird er mit Sportkoordinator Michael Zeyer zusammenarbeiten?
Das ist eine der Entscheidungen, die er zu treffen hat. Es hat bereits konstruktive Gespräche zwischen den beiden gegeben. Nach einer Bestandsaufnahme wird man sehen, wie es weitergeht.
Im neuen Präsidium und im Aufsichtsrat ist man von Zeyers analytischen Fähigkeiten überzeugt?
Dies will ich jetzt gar nicht kommentieren. Die Entscheidung über das Team im sportlichen Bereich trifft – wie gesagt – der hier Verantwortliche, also Guido Buchwald. Es war jedenfalls nicht fair, die ganzen Diskussionen der vergangenen Wochen nur an Michael Zeyer festzumachen und ihn als denjenigen hinzustellen, der die heile Kickers-Welt durcheinandergewirbelt hat.
Aus dem Aufsichtsrat kam die Kritik auf, Geschäftsführer Jens Zimmermann habe den finanziellen Part seiner Arbeit schleifen lassen. Werden die Daumenschrauben angezogen?
Dies ist eine falsche Darstellung. Hier gibt es keine Vorwürfe seitens des Aufsichtsrats an Herr Zimmermann, dessen wesentliche Rolle bei der Weiterentwicklung der Stuttgarter Kickers ich auch auf der Mitgliederversammlung betont habe. Was die wirtschaftliche Seite betriftt, haben wir mit unserem neuen Schatzmeister Tobias Schlauch einen ausgewiesenen Fachmann für das Präsidium gewinnen können.
Und wie wollen Sie den Konflikt zwischen dem Trainer und Zimmermann auf der einen sowie Zeyer und dem Investor auf der anderen Seite lösen?
In dieser Frage will ich nicht vorgreifen. Im Endeffekt geht es doch darum, dass wir alle Kräfte bündeln, um 2011/12 den Aufstieg zu schaffen.
Und dann machen Sie als Präsident weiter, oder haben Sie schon einen Kronprinzen?
(lacht). Nein, den gibt es nicht.
Stuttgarter Nachrichten