Nur das Ergebnis stimmt nicht
Regionalliga Gegen den SSV Ulm spielen die Stuttgarter Kickers 0:0. Von Joachim Klumpp
Die Stuttgarter Kickers arbeiten in manchen Punkten sehr professionell. Selbst in der Regionalliga. Seit dem vergangenen Wochenende bietet der Club ein eigenes TV-Programm an, in dem von jetzt an auch bewegte Bilder im Internet (bis zu fünf Minuten, laut DFB-Auflagen) von den Spielen gezeigt werden können. Tore gab es zur Premiere im Derby gegen den SSV Ulm zwar nicht zu sehen, „aber es war ein hochinteressantes 0:0“, wie der Kickers-Trainer Dirk Schuster sagte. Eines der besseren Sorte also. Und eines, in dem seine Mannschaft mehr Spielanteile, auch mehr und vor allem bessere Chancen besaß, die größte durch Simon Köpf (82.), der nur den Pfosten traf. Schuster: „Wer seine Chancen nicht nutzt, muss mit einem Unentschieden zufrieden sein.“
Das vierte schon in dieser Saison. Und wenn es derzeit überhaupt etwas zu bemängeln gibt, dann sicher die fehlende Effizienz vor dem gegnerischen Gehäuse. Sieben Tore in sechs Spielen zeugen noch nicht von Durchschlagskraft. Woher soll sie auch kommen? Dominik Salz spielte vergangene Saison, wenn überhaupt, noch in der Kreisliga, und Dirk Prediger ist zwar ein Energiebündel und Laufwunder, was wiederum dazu führt, dass ihm ab und zu die Konzentration im Abschluss fehlt. Erste Alternative im Angriff ist Mijo Tunjic, der jedoch nach der Einwechselung nicht nachhaltig seine Ambitionen auf einen Stammplatz unterstreichen konnte.
Dennoch: die Kickers sind aggressiv, zeigen Leidenschaft, und versuchen Fußball zu spielen. „Wir wollen einfach glaubhaft rüberkommen“, betont der Kapitän Marcel Rapp, für den der Blick auf die Tabelle zweitrangig ist. „Mit jedem Spiel, das wir nicht verlieren, bleiben wir oben dran.“ Auch wenn der Mitabsteiger VfR Aalen mit sechs Punkten mehr auf dem Konto schon etwas davongeeilt ist. „Aber wir haben keinen Druck, was den Aufstieg angeht, den hat Ulm“, sagte Enzo Marchese. „Trotzdem schade, wir haben viel investiert“, fügte der Spielmacher hinzu, der gegen seinen Exverein besonders motiviert war – und sogar von dessen Fans gefeiert wurde. 3520 Zuschauer, das konnte sich sehen lassen – wenn man bedenkt, dass die Kickers nur mit 1500 kalkuliert haben. „Das Allerwichtigste ist die positive Außendarstellung, die wir derzeit haben“ sagte der Präsident Edgar Kurz, „das ist wichtiger als zwei, drei Punkte mehr.“ Und die beste Werbung. So kamen Bilder vom Derby nicht nur im Kickers-TV, sondern auch im SWR. „Beides ist nicht selbstverständlich“, sagt der Kickers-Geschäftsführer Jens Zimmermann.
Beim Lokalrivalen SSV Reutlingen dürften die Fans indes wenig Lust verspürt haben, sich die 0:1-Niederlage gegen den Karlsruher SC II nochmal freiwillig anzutun. „Dabei wollten wir die Scharte vom 1:5 in Pfullendorf auswetzen“, sagte der Kapitän Sascha Boller. Doch Müllers frühes Gegentor (6.) schockte den SSV. „Da war die ganze Taktik über den Haufen geworfen“, sagte Boller, obwohl der Gästecoach Markus Kauczinksi (der kurzzeitig bei den Profis auf der Bank saß) zugeben musste: „Das war eine Abwehrschlacht.“ Vor 2200 Zuschauern bestritt Giuseppe di Leone sein erstes Punktspiel für Reutlingen, dennoch will man „nachrüsten“, sagt der SSV-Sportchef Stefan Hack, nachdem Alexander Schreckinger mit einer Muskelzerrung ausschied. Drei Mann sind in der engeren Wahl, einer davon spielte zuletzt in Österreich beim Erstligaabsteiger SC Altach.
Ohne Treffer in der Regionalliga blieb auch die SG Sonnenhof Großaspach. Die Mannschaft des Trainers Jürgen Hartmann kam bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Nürnberg nicht über ein 0:0 hinaus. Es war das dritte Spiel nacheinander, in dem dem Aufsteiger kein Tor gelang. „Wir waren vor dem gegnerischen Gehäuse zu zögerlich“, bekannte Hartmann. Dem Fußballtrainer gefiel aber die „aggressive Spielweise in der Defensive“, wie er sagte. Am Sonntag trifft die Mannschaft nun auf die Stuttgarter Kickers. „Wenn wir in der Defensive weiter so sicher stehen, dann werden wir auch bald wieder vorne treffen.“
Stuttgarter Zeitung
Im hitzigen Derby fehlt der kühle Kopf
0:0 – Kickers werden für ihren hohen Aufwand nicht belohnt
Blau ist derzeit in: Selbst das 0:0 der Stuttgarter Kickers gegen den SSV Ulm 1846 hatte hohen Unterhaltungswert. Einziges Problem: Der enorme läuferische und kämpferische Aufwand schlägt sich noch zu wenig in Tore nieder.
Von Jürgen Frey
STUTTGART. Dirk Prediger (22) trabte ausgepumpt vom Feld. „Wir haben wieder unheimlich viel investiert. Schade, dass nicht mehr dabei herausgekommen ist“, sagte der Kickers-Stürmer nach dem hitzigen Regionalliga-Derby. Prediger ist so etwas wie der Prototyp der neuen Kickers. Der Wayne-Rooney-Verschnitt ist extrem laufstark, giftig, aggressiv. Er gibt keinen Ball verloren. Wie viele seiner Mitspieler hatte sich auch der Ex-VfB-Jugendspieler nach seinem Wechsel vom FC St. Pauli zu den Kickers im Januar 2008 zunächst über die zweite Mannschaft für höhere Aufgaben empfohlen. Was dem 1,70 m kleinen Prediger und dem Großteil des tapferen Kickers-Teams noch fehlt, ist die Abgeklärtheit, die Effizienz in den entscheidenden Situationen. Wenn zum heißen Herzen noch der kühle Kopf hinzukommt, dann ist den Blauen vieles zuzutrauen. Doch dieser Reifeprozess braucht Zeit. Kurzfristige Aufstiegsträume wären kontraproduktiv. Und zu den neuen Kickers gehört auch, dass alle Beteiligten die Lage wohltuend sachlich einordnen. „Natürlich wollen wir so lange wie möglich ungeschlagen bleiben“, sagt Trainer Dirk Schuster, „aber klar ist, dass Rückschläge kommen werden.“ Dann wird sich zeigen, wie die Elf reagiert.
Nicht nur Präsident Edgar Kurz spricht davon, dass es wieder Spaß mache, zu den Kickers zu kommen. Gegen Ulm hatte er erstmals seinen Sohn Marco mit dabei. Auch der Trainer des 1. FC Kaiserslautern fühlte sich von der spannenden Partie gut unterhalten. „Marco war von den flüssigen Kombinationen und von der Atmosphäre im Stadion begeistert“, sagte Papa Kurz, für den feststeht: „Wenn wir zwischen Platz drei und acht landen würden, wäre das nach dem Umbruch eine sensationelle Leistung.“
Die nächste Aufgabe führt die Kickers kommenden Sonntag (14 Uhr) zur SG Sonnenhof Großaspach nach Heilbronn. Dort ist Dirk Prediger geboren. Ein passender Ort, um seine enorm intensive Spielweise mit seinem ersten Saisontor zu belohnen.
Stuttgarter Nachrichten
Kickers gegen SSV 0:0
Spatzen holen Punkt in Stuttgart
Viertes Unentschieden in Folge für die Regionalliga-Fußballer des SSV Ulm 1846. Bei den Stuttgarter Kickers kam das Team von Trainer Manfred Paula zu einem 0:0.
Gerold Knehr
Es war ein Resultat, das auf zweierlei Arten gelesen werden kann. Der eine Punkt hilft den Spatzen in der Tabelle nicht weiter. Der zwölfte Tabellenrang, neun Zähler hinter Spitzenreiter VfL Aalen, genügt den Ulmer Ansprüchen keineswegs. Die zweite Lesart: Gegenüber dem 1:1-Heimauftritt am vergangenen Dienstag war immerhin ein leichter Aufwärtstrend festzustellen. „Wichtig war, dass die Mannschaft 90 Minuten lang geschlossen aufgetreten ist. Das Spiel war nicht hochklassig, aber jederzeit spannend“, meinte SSV-Trainer Manfred Paula über das erwartet heiße, bisweilen sogar bissige Derby, das Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter erst nach vier gelben Karten in der ersten halben Stunde in den Griff bekam.
Paula hatte sein Glück mit Rückkehrer Marijo Marinovic versucht, der neben Christian Sauter im defensiven Mittelfeld spielte, und mit Michael Schürg als einziger echter Sturmspitze. Dinko Radojevic wurde als hängende Spitze aufgeboten.
Das Spiel lebte, wie es von einem Derby zu erwarten ist, vom Kampf. Beide Teams boten sich einen mehr oder weniger offenen Schlagabtausch. Die junge Kickers-Elf, bei der der Ex-Ulmer Vincenzo Marchese im zentralen Mittelfeld eine gute Rolle spielte, trat recht kampfstark, mitunter aber zu hektisch auf. „Die Ulmer scheinen mir einen Tick reifer zu sein“, urteilte Tribünengast Rainer Widmayer, Ex-Spatz und beim VfB Stuttgart hinter Teamchef Markus Babbel der verantwortliche Trainer.
Die beste Chance des Ulmer Spiels hatte Michael Schürg in der 59. Minute nach einem Konter, doch in letzter Sekunde klärte Michele Rizzi zur Ecke. Als einzige echte Sturmspitze war Schürg jedoch überfordert, zumal sein geplanter Zulieferer Dinko Radojevic nicht seinen besten Tag hatte. Größte Kickers-Möglichkeit war ein Schuss aus 8 Metern von Simon Köpf, der am Außenpfosten landete (82.). „Es war ein hoch interessantes 0:0, beide Mannschaften hätten gewinnen können“, lautete das Fazit von Kickers-Trainer Dirk Schuster.
Spatzen holen mageres 0:0
(STUTTGART/ULM/sz) Schürg hat kein Tor für Ulm gegen Stuttgart geschossen und Enzo Marchese kein Tor für Stuttgart gegen Ulm. Genau genommen fielen im Derby zwischen dem SSV Ulm 1846 und den Stuttgarter Kickers gar keine Tore und am Ende stand für die Spatzen im vierten Regionalligaspiel hintereinander das vierte Unentschieden.
Wobei sich mit einem Auswärtspunkt gegen den Drittligaabsteiger eigentlich gut leben lässt. Eigentlich. Denn fraglich ist, ob die grummelnde Fanseele sich mit diesem Ergebnis besänftigen lässt. „Es wäre für alle Beteiligten angenehmer gewesen, wenn mehr raus gekommen wäre“, sagt deswegen auch Manfred Paula.
Am Freitag hatten sich die Spieler noch ohne ihren Trainer und ohne Geschäftsführer Markus Lösch getroffen, um den bisher unbefriedigenden Saisonverlauf und die zuletzt arg mageren Leistungen zu diskutieren. Paula wusste von diesem Termin und er ist ein großer Befürworter von solchen Aussprachen: „Das dient ganz sicher dem Mannschaftsgeist.“
Tatsächlich war bei den Spatzen eine leichte Steigerung gegenüber dem faden 1:1 gegen Nürnberg vom vergangenen Mittwoch durchaus zu erkennen. Die Abwehr um die beiden Innenverteidiger Davor Kraljevic und Daniel Reith ließ wenig zu, vorne allerdings waren die Gäste ebenfalls kaum gefährlich. Zwei Chancen für Schürg in der 59. und 62. Minute und eine für den eingewechselten Marco Grüttner nach einer Radojevic-Ecke in der Schlussphase des Spiels, sehr viel mehr war nicht. Als zweite echte und nicht etwa hängende Spitze hatte Paula Dinko Radojevic aufgeboten, von dem an vorderster Front allerdings kaum Wirkung ausging. Der Trainer wehrt sich trotzdem gegen den Vorwurf einer falschen taktischen Ausrichtung: „Dinko ist wie fast alle Spieler noch ein paar Prozentpunkte vom Maximum entfernt. Das hat nichts mit dem System zu tun.“
Abzuwarten bleiben die Reaktionen des Anhangs auf dieses Ergebnis beim nächsten Heimspiel gegen Wehen-Wiesbaden II am kommenden Freitag. Ein fünftes Unentschieden in Folge jedenfalls würden die Zuschauer der Mannschaft und dem Trainer wohl kaum verzeihen.