Vorberichte zum Derby Stuttgarter Kickers – SSV Ulm 1846

„Das Team steht im Vordergrund – nicht Marchese“

Regionalliga Für den Mittelfeldspieler der Kickers ist das Derby gegen seinen Exclub Ulm morgen ein besonderes Spiel. Von Joachim Klumpp

Als der Freiburger Trainer Marcus Sorg vor einer Woche als Gast der Regionalligapartie gegen 1860 München II seine Videokamera eingepackt hatte, sagte er: „Man sieht schon, was Enzo Marchese für die Stuttgarter Kickers wert ist.“ Er kann das beurteilen, schließlich hatte Sorg den Mittelfeldspieler einst von Degerloch zum SSV Ulm gelotst, wo er drei Jahre gespielt hat. Bis zum Sommer, dann war Schluss. Nicht ganz freiwillig. Der neue Trainer Manfred Paula legte keinen Wert mehr auf seine Dienste, so dass der Verein sein ursprüngliches Angebot der Vertragsverlängerung zurückzog.

„Es gab ein paar Differenzen mit der Geschäftsführung“, sagt Paula dazu, räumt aber auch ein: „Ich habe mich nicht um ihn verkämpft.“ Dem Trainer schwebte ein anderes taktisches Konzept vor, ohne reinen Spielmacher. Das ist bisher allerdings nicht so aufgegangen wie gewünscht. Nach sechs Punkten aus den ersten fünf Spielen steigt die Unruhe in Ulm, um Ulm und um Ulm herum bereits. „Die Erwartungshaltung ist enorm groß“, sagt Paula. Das liegt auch an einigen Neuzugängen, namentlich Heiko Gerber (früher VfB), Andreas Mayer (zwischenzeitlich Hoffenheim) und nicht zuletzt Michael Schürg, der von den Kickers ins Donaustadion zurückgekehrt ist. „Wir haben individuelle Qualität“, gibt Paula zu, „aber Namen allein schießen keine Tore.“

Die Kickers dagegen setzen auf mannschaftliche Geschlossenheit, sechs verschiedene Schützen bei sieben Treffern unterstreichen das. „Der Teamgeist ist im Moment sicher unser Trumpf“, sagt der Trainer Dirk Schuster, der 2007 zusammen mit Paula in Köln den Fußballlehrer gemacht hat und der große Stücke auf Marchese hält. Neben dem Kapitän Marcel Rapp ist er der einzige Routinier im Kader, eine „Führungspersönlichkeit“, wie der Trainer betont. Die jungen Spieler haben ihn sofort akzeptiert, schauen zu ihm auf. Auch wegen seiner fußballerischen Klasse. Der 26-Jährige verfügt über ein gutes Auge und Spielverständnis, kann hervorragende Standards schlagen, auch wenn er sicher kein Lauf- oder Konditionswunder ist.

Das Angebot aus Stuttgart hat der Böblinger gerne angenommen, schließlich habe er hier bereits eine „wunderschöne Zeit“ gehabt, auch wenn er unter dem Trainer Robin Dutt den Sprung in die Stammelf verpasst hat. „Natürlich ist das ein besonders Spiel für mich“, gibt Marchese vor dem Heimspiel morgen (14 Uhr) gegen Ulm zu, nachdem selbst die Ulmer Fans verärgert auf den Wechsel reagiert haben.

„Den Abschied habe ich so nicht verdient“, sagt Marchese selbst, um sich jetzt bei den Kickers ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen. „Die steht im Vordergrund – nicht Marchese“, sagt der gebürtige Italiener. Und obwohl die Kickers ungeschlagen sind, ist er nicht ganz zufrieden. „Wir haben vier Punkte zu wenig“, sagte er nach dem Sieg in Darmstadt, wo die Stuttgarter auch auswärts für ihren Aufwand belohnt worden sind. Dennoch warnt der Trainer Schuster vor Euphorie oder gar Aufstiegsambitionen. „Es wird mit so einer jungen Mannschaft Rückschläge geben.“

Es muss ja nicht gerade gegen Ulm sein. Dessen Trainer Paula weiß: „Wir sind in einer kritischen Situation.“ Dennoch weint er Marchese keine Träne nach: „Ich glaube nicht, dass er bei uns die Wende bringen würde.“ Was aber, wenn ihm im Derby, zu dem mindestens 3000 Zuschauer erwartet werden, das Siegtor gelänge? „Das wäre bitter“, sagt Paula, der sich dann den einen oder anderen Spott anhören müsste.

Stuttgarter Zeitung

Kickers im Hoch – Ulm schwer unter Druck

STUTTGART (jüf). Unterschiedlicher könnte die Stimmungslage vor dem Regionalliga-Derby morgen (14 Uhr/Gazistadion) nicht sein: Die ungeschlagenen Stuttgarter Kickers (Fünfter) befinden sich im Stimmungshoch, beim SSV Ulm 1846 (Zwölfter) rumort es gewaltig. Trainer Manfred Paula steht in der Kritik. Nach dem 1:1 am Mittwoch gegen den 1. FC Nürnberg II gab es bereits „Paula raus“-Rufe im Donaustadion. „Die Erwartungshaltung in Ulm ist eben unheimlich groß“, sagt Paula, der 2007 zusammen mit Kickers-Trainer Dirk Schuster die DFB-Fußball-Lehrerlizenz erwarb. Gestern traf sich das Duo auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Degerloch. „Ulm hat die besseren Namen, wir das bessere Kollektiv“, sagte Schuster. Führt dies morgen zu einem Kickers-Sieg, wird es für Paula eng.

Stuttgarter Nachrichten

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