Presse zum Stadionumbau

Kickers-Stadion: Umbau nur bei Aufstieg

Millionenschwere Sanierung der Waldau-Arena umstritten – Kampf ums Eislaufzentrum – Planungsmittel für neue Sporthalle

Im Fußball wird 2008 die eingleisige dritte Bundesliga eingeführt. Eine taugliche Spielstätte gibt es in Stuttgart außer dem Daimlerstadion nicht. Eine Option wäre der Umbau des Stadions auf der Waldau. Dort steht auch die Sanierung des Eislaufzentrums an.

Von Jörg Nauke

Auf den Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist man im Rathaus derzeit nicht gut zu sprechen. Der Verband hat kurzerhand die Einführung einer dritten Profiliga beschlossen und die Kommunen als Eigentümer der meisten Stadien darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie gefälligst binnen zwei Jahren die festgelegten strengeren Kriterien zu erfüllen hätten.

Für die Landeshauptstadt bedeutet dies eine Investition von zehn bis 15 Millionen Euro – so viel würde es jedenfalls kosten, das heute vom Regionalligisten Stuttgarter Kickers genutzte Stadion im Degerlocher Sportgebiet Waldau auf den geforderten Stand zu bringen. Diese Ansammlung „von Schwarz- und Anbauten“, wie das Gazi-Stadion im Rathaus heißt, genießt heute Bestandsschutz. Müsste man sanieren, würde die verschärfte Versammlungsstättenverordnung greifen, was den Umbau weiter verteuert. Die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann hat für die anstehenden Etatberatungen erst einmal 170 000 Euro Planungsmittel gefordert. Im Herbst 2008 könnte ein Projektbeschluss und im Frühjahr 2009 der Baubeschluss gefasst werden. „Die Kickers sind eben ein Traditionsverein“ sagt Eisenmann. „Da wird man um eine Sanierung wohl nicht herumkommen.“

Allerdings gibt es für diese Investition noch gar keine Mehrheit im Gemeinderat. Man will über Alternativen informiert werden, und überhaupt weiß man noch nicht, ob es die Kickers überhaupt in die neue dritte Liga schaffen. Der aktuelle zehnte Tabellenplatz würde genügen, doch die „Blauen“ sind derzeit in der Krise. Würden sie das Saisonziel verfehlen und als viertklassiger Regionalist ihr Dasein fristen, wäre das Umbauthema beendet – wäre da nicht auch noch die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart. Die Reserve, gerade Tabellenzweite, ist ein sicherer Drittligist und hat bereits angekündigt, künftig auf den „Golan-Höhen“ spielen zu wollen, denn das heimische Schlienz-Stadion am Wasen genügt ebenfalls nicht den Anforderungen des DFB. In den Fraktionen stellt man sich allerdings die Frage, ob im Falle einer Kickers-Pleite das 11 000 Zuschauer fassende Stadion tatsächlich modernisiert und mit 2000 Schalensitzen ausgestattet werden soll, wo doch dort nur die VfB-Reserve vor gerade 800 bis 1000 Fans spielen würde. Für diesen Fall täten es das Daimlerstadion oder Ausweichstandorte in der Region, heißt es bei der CDU-Fraktion, die jetzt die Planungsmittel genehmigen, aber dann intensiv die Tabelle beobachten will.

Die Debatte um den Umbau des Stadions auf der Waldau (und des Daimlerstadions) im Gemeinderat ist deshalb so spannend, weil sie vor dem Hintergrund stattfindet, dass für die anderen Sportarten keine adäquaten Sportstätten bereit gestellt werden. Es gibt weder ein Hallenbad mit 50-Meter-Becken noch eine ausreichend dimensionierte Ballsporthalle oder eine moderne Eishalle. Während in den Haushaltsberatungen bereits 700 000 Euro Planungsmittel für den Bau einer Sporthalle für 2000 Zuschauer beantragt wurden, um Vereinen wie dem Volleyball-Zweitligisten VC Stuttgart die Möglichkeit zu eröffnen, sich der Erstklassigkeit zu nähern, ist die Zukunft des Eislaufzentrums Waldau weiter ungewiss. Die Verwaltung hat die rund neun Millionen Euro teure Sanierung jedenfalls nicht auf ihrer Vorschlagsliste – es bedarf also einer parteiübergreifenden Initiative, um die untragbaren hygienischen Zustände in den Umkleidekabinen und Toiletten sowie die gravierenden baulichen Mängel zu beseitigen. Die SPD sucht jetzt Mehrheiten, um zu verhindern, dass der Umbau von 2009 auf 2011 verschoben wird. Die CDU wird sich damit aber schwertun, weil sie diesen Betrag an anderer Stelle ihrer Wunschliste einsparen müsste.

Morgen veranstaltet die Eissportabteilung des Tus Stuttgart einen Aktionstag. Seit der Schließung seiner Eishalle laufen dem Verein die Mitglieder davon. Nicht zuletzt wegen des großen Ansturms von rund 120 000 Kindern und Jugendlichen, die jährlich ihre Kurven auf dem Eis drehen, macht sich der Sportkreisvorsitzende Fred-Jürgen Stradinger für das Eislaufzentrum stark.

Stuttgarter Zeitung

Großbaustelle Waldau

Prioritäten

Von Jörg Nauke

Die Finanzlage der Stadt ist so gut wie nie zuvor. Da aber immer noch nicht so viel Geld vorhanden ist, wie der Gemeinderat gerne investieren würde, müssen weiterhin Prioritäten gesetzt werden. Das gilt auch für den Sport, den Bereich, der die Bürger besonders interessiert, weil fast jeder selbst in Bewegung ist, bei Wettkämpfen zuschaut oder einen Aktiven in der Familie hat.

Da es aber die Stadt in den vergangenen Jahren versäumt hat, eine ordentliche Sportinfrastruktur zu schaffen und sich stattdessen auf die finanzielle Unterstützung von publikumsträchtigen Veranstaltungen wie einer Rad-WM konzentriert hat, ist die Wunschliste jetzt besonders lang. So wird es höchste Zeit für eine Sporthalle, in die 2000 Zuschauer passen, denn andernfalls wird es auch in Zukunft keine ballspieltreibende Mannschaft in die Bundesliga schaffen. Der Erfolg des Volleyball-Zweitligisten VC Stuttgart hat den Fraktionen Mut gemacht, wenigstens Planungsmittel dafür zu beantragen.

Die größten Baustellen befinden sich derzeit aber auf der Waldau. Und hier wird es politisch, denn es geht auch – um Fußball. Der DFB hat nämlich die dritte Bundesliga erfunden. Künftig wird der SSV Reutlingen also nicht mehr gegen den SC Pfullendorf spielen, sondern bis nach Emden fahren, um im hohen Norden die Punkte abzuliefern. Und die Dresdner Fans prügeln sich dann nicht mehr mit den Magdeburgern, sondern mit den Anhängern der Stuttgarter Kickers.

Viel teurer als die Polizeieinsätze sind jedoch die Umbauten. Da der Deutsche Fußball-Bund annimmt, dass mit der Neuordnung die Ansprüche der Fans steigen, müssten ins Gazi-Stadion 2000 Schalensitze eingebaut, ein Raum für Dopingkontrollen eingerichtet und insgesamt zehn bis 15 Millionen Euro investiert werden. Aus städtischen Mitteln wohlgemerkt, denn bei den Blauen ist bekanntlich nichts zu holen. Die Stadt hat deren Tafelsilber schon vor Jahren gekauft, um den Verein vor der Pleite zu bewahren.

Die Stadt wäre allerdings gut beraten, die Regionalligatabelle genau zu verfolgen, bevor sie die Bagger anrücken lässt. Womöglich erledigt sich der Umbau von selbst, falls die Kickers die Qualifikation verpassen. Einen zweiten Anlauf würde es wohl kaum geben. Und nur wegen der VfB-Amateure mit ihrem kleinen Freundeskreis ließe sich die Investition ins Stadion wohl kaum rechtfertigen – zumal in unmittelbarer Nachbarschaft auf der Waldau das Eislaufzentrum auf seine Sanierung wartet. Dort verbringen 120 000 Kinder und Jugendliche pro Jahr sinnvoll ihre Freizeit, dort betreiben unter unwürdigen Bedingungen Eishockeyspieler und Eisprinzessinnen ihren Sport. Die Stadträte müsste mal die Umkleidekabinen und die sanitären Anlagen inspizieren – es fiele ihnen danach leicht, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Stuttgarter Zeitung

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