Dirk Schuster ist zurück auf der Trainerbank. Knapp ein Jahr nach seinem Abschied aus Wilferdingen hat der Ex-Profi des Karlsruher SC bei den Stuttgarter Kickers angeheuert. Der Drittliga-Absteiger steckt mitten in einem personellen Umbruch, nur drei Spieler aus dem Kader der vergangenen Saison sind geblieben. „Sicherlich habe ich eine schwere Aufgabe zu bewältigen“, sagt Schuster im Gespräch mit PZ-Redakteur Alexander Albrecht.
PZ: Herr Schuster, Sie haben nach Ihrem Abschied aus Wilferdingen fast ein Jahr lang nicht mehr als Trainer gearbeitet. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Dirk Schuster: Ich habe mich natürlich weitergebildet und bei verschiedenen Fußball-Camps für Kinder mitgearbeitet. Anfang des Jahres habe ich in einem Fitness-Studio als sportlicher Leiter angefangen. Ich bildete dort sieben Trainer aus, damit der Laden läuft.
PZ: Die Sehnsucht nach dem Fußball war offenbar stärker.
Schuster: Das stimmt, es war ja auch nur Plan B, den ich in der Fitnessbranche verfolgt habe. Nachdem ich meine Ausbildung als Fußball-Lehrer im Dezember 2007 beendet hatte, habe ich mir ein Zeitfenster von 15 bis 18 Monaten gesetzt. Bis zum Ende dieser Frist wollte ich einen höherklassigen Club übernehmen. Es gab auch einige Gespräche mit anderen Vereinen, aber es hat halt nie ganz gepasst. Es war mir klar, dass ich für einen guten Job Geduld mitbringen muss, dass es nicht von heute auf morgen klappt.
PZ: Nun sind Sie also Trainer bei den Stuttgarter Kickers. Ein schweres Amt.
Schuster: Ein ganz schweres.
PZ: Drei Trainer haben die Blauen in der vergangenen (Abstiegs-)Saison verschlissen. Hört sich nach Himmelfahrtskommando an.
Schuster: Das ist es nicht. Sicherlich habe ich eine schwere Aufgabe zu bewältigen, es ist auf der anderen Seite aber auch eine reizvolle, schöne Tätigkeit. Der Verein hat fast alle Uhren auf null gestellt , will einen Konsolidierungskurs fahren und den Zuschauern mit jungen, hungrigen Spielern Fußball mit Herz anbieten. Das ist der richtige Weg und entspricht meiner Philosophie.
PZ: Sehen Sie den Job bei den Kickers als Sprungbrett für höhere Aufgaben?
Schuster: Es ist eine Chance für beide Seiten, wobei ich mich mit anderen Dingen im Moment gar nicht befasse. Wir müssen unsere ganze Kraft investieren, um in der neuen Saison erfolgreich bestehen zu können. Die Regionalliga ist eine starke Liga. Derjenige, der glaubt, die Stuttgarter Kickers schaffen als Drittliga-Absteiger locker den Durchmarsch, der ist schief gewickelt. In unserer Klasse stehen viele zweite Mannschaften von Bundesliga-Teams. Die sind technisch und taktisch hervorragend ausgebildet. Wir brauchen uns aber nicht zu verstecken.
PZ: Sie scheinen skeptisch zu sein, was den direkten Wiederaufstieg in die dritte Liga angeht?
Schuster: Ich bin überhaupt nicht skeptisch, aber man sollte sich doch realistische Ziele setzen. Wir wollen eine gute Rolle in der Regionalliga Süd spielen und ansehnlichen Fußball bieten. Die Mannschaft und jeder einzelne Spieler soll sich weiterentwickeln.
PZ: Am Dienstag war Trainingsauftakt. Was haben Sie den Spielern mit auf den Weg gegeben?
Schuster: Dass jeder seine Chance bekommen wird. Vorschusslorbeeren bedeuten mir nichts, es zählt allein das Leistungsprinzip. Ich werde nicht den Fehler machen und die Mannschaft nach Namen aufstellen.
PZ: Als Spieler haftete Ihnen das Image des Wadenbeißers an, wie sind Sie als Trainer?
Schuster (lacht): Ich lege sehr viel Wert auf Disziplin, sowohl auf als auch neben dem Platz.
PZ: Sie werden von Ihren ehemaligen Spielern und Weggefährten in Wilferdingen als umgänglich, fast kumpelhaft beschrieben. Müssen Sie in der Regionalliga härter sein?
Schuster: Es kommt darauf an, wie man mir entgegentritt. Wenn die Mannschaft voll mitzieht, dann kann man mit mir relativ viel Spaß haben. Sollte ich das Gefühl haben, dass das nicht der Fall ist, muss es härter werden. Man braucht eine gesunde Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche.
PZ: Sie wohnen in Karlsruhe-Durlach und arbeiten jetzt in Stuttgart. Wie wurde denn der Wahl-Badener im Schwäbischen aufgenommen?
Schuster: Sehr freundlich.
PZ: Es gab keine württembergisch-badischen Animositäten?
Schuster: Nein, im Gegenteil. Die Leute sind froh darüber, dass bei den Kickers wieder den Talenten aus dem eigenen Schuppen eine Chance gegeben wird.
PZ: Sie haben den Trainerlehrgang absolviert. Damit sind Sie Ihrem Kollegen Markus Babbel vom Stadtrivalen VfB Stuttgart weit voraus. Was halten Sie davon, dass ein Mann mit seiner Erfahrung nun an der Sporthochschule Köln wieder die Schulbank drücken muss?
Schuster: Markus Babbel hat in seiner Laufbahn viele Trainer erlebt. Wer bei Bayern München und in England solch große Erfolge feiern konnte, der steht außerhalb jeder Diskussion. Ich habe volles Verständnis dafür , dass ihm der Deutsche Fußball-Bund entgegengekommen ist.
PZ: Bei den Kickers gab es schon einmal einen Trainer, der Lehrgangsbester war. Wissen Sie wer?
Schuster: Ja, der Robin Dutt (Trainer des SC Freiburg; Anm. d. Red.).
PZ: Ein gutes Omen, oder?
Schuster: Ich hoffe es. Er hat hier bei den Kickers und in seiner weiteren Karriere hervorragende Arbeit geleistet. Das kann einem nur als Vorbild dienen.