Alexander Rosen führt die Stuttgarter Kickers als neuer Kapitän in eine schwierige Saison und warnt vor Übermut
Von Beate Wockenfuß
Stuttgart – Alexander Rosen schlug bei den Stuttgarter Kickers ein wie schon lange keiner mehr. Er ist der Kopf, der dem Team lange fehlte. Einer, der Verantwortung übernimmt. Einer, der seine Kollegen mitreißt. In der Winterpause der abgelaufenen Saison kam Rosen aus der norwegischen zweiten Liga auf die Waldau, stieg schnell zum Führungsspieler auf, hatte maßgeblichen Anteil an der für den Verein überlebenswichtigen Qualifikation für die dritte Liga – und war der heimliche Häuptling. Am Samstag in Burghausen führt er die Mannschaft nun offiziell als Kapitän in die neue Spielzeit, in der sich die Kickers in der prominent besetzten neuen Klasse etablieren wollen.
Ändern wird die Kapitänsbinde für den 29-Jährigen, der auch schon in der Bundesliga bei Eintracht Frankfurt kickte, nicht viel. „Ich werde genauso weitermachen. Das forsche Auftreten ist nun mal meine Art“, sagt der Routinier und fügt selbstbewusst hinzu: „Ich lasse ja auch etwas folgen.“ Bei seinen bisherigen Einsätzen im Trikot der „Blauen“ war er stets der präsenteste Spieler – und das nicht nur wegen seines markanten Glatzkopfs. Der gebürtige Bayer ist der Mittelfeldmotor bei den Schwaben, er treibt seine Mitspieler energisch an, dirigiert und regiert das Team auf dem Platz. Als verlängerter Arm von Trainer Stefan Minkwitz, der ihn nun folgerichtig befördert hat.
„Klar ging das alles sehr schnell, aber ich bin ja auch mit Ambitionen hierher gekommen“, betont Rosen. Und bei den Kickers war man schon im Frühjahr glücklich über den Fang und stark daran interessiert, ihn über das Saisonende hinaus zu ködern. „Er hat unsere Erwartungen weit übertroffen und war schnell in die ihm zugedachte Rolle geschlüpft“, sagt Manager Joachim Cast, der sich mit Rosen zügig über einen Dreijahresvertrag einigte – der nur für die dritte Liga gilt.
„Alex ist zu uns gekommen und sofort mit Leistung vornewegmarschiert“, lobt auch Minkwitz und ergänzt: „Das sind die Spielertypen, die ich mag.“ Vornewegmarschiert ist Rosen auch, als ihn im Saisonendspurt ein Bänderriss in der Schulter zu bremsen drohte. Doch der robuste Typ biss die Zähne zusammen, ließ sich Spritzen gegen die Schmerzen geben, hielt bis zum Finale in Elversberg durch – und spielte sich mit diesem Einsatz auch in die Herzen der Fans.
Der studierende Fußballer
Rosens Devise lautet eben: Vollgas geben – auf und neben dem Platz. Denn er fährt zweigleisig. Der Mittelfeldstratege gehört zu der seltenen Spezies der studierenden Fußballer. Er ist auf dem Weg zum Sportökonom. Wenn 2011 der Vertrag bei den Kickers ausläuft, ist auch das Fernstudium beendet. Seine Freundin Tanja ist Lehrerin in München und der Grund dafür, dass Rosen wieder nach Deutschland wollte. Wie es in drei Jahren allerdings in der Beziehung zwischen ihm und den Kickers weitergeht, daran denkt er jetzt noch nicht: „Drei Jahre sind für einen Fußballer eine verdammt lange Planung.“
Bei allem Lob für den neuen Kapitän. Ein Manko hat er trotzdem. Seine Torbilanz in 14 Partien für die Kickers lautet Null. „Ich warte ja selbst darauf. Ein paar Assists waren dabei, aber für einen eigenen Treffer hat es leider noch nicht gereicht“, meint Rosen leicht zähneknirschend, führt aber zu seiner Entschuldigung gleich seine eher defensive Position im Mittelfeld an, die es ihm schwierig mache, auch vorne mitzumischen. „Ein Torjäger werde ich sicher nicht mehr, aber da haben wir ja auch qualifiziertes Personal“, erklärt er schmunzelnd. Dafür bildet der 1,84-Meter-Mann mit Bashiru Gambo ein bärenstarkes Gespann im Zentrum. „Wir ergänzen uns wunderbar“, erklärt Rosen. Er selbst sei der deutlich Laufstärkere, Gambo hole dagegen „Unglaubliches“ in der Luft weg.
„Es wird schwer“
Das Duo hat sich eingespielt. Allerdings gilt es auch, Abgänge von Leistungsträgern wie David Yelldell und Mustafa Parmak zu kompensieren. Den Platz des überragenden Torhüters Yelldell nimmt in Manuel Salz ein ganz junger Mann ein. Der 22-Jährige tritt ein schweres Erbe an, genießt aber vollstes Vertrauen von Trainergespann und Mitspielern. „Warum soll, was in der Bundesliga funktioniert, nicht auch in der dritten Liga funktionieren“, meint Rosen mit Blick auf Bayer Leverkusen und Schalke 04.
In dieser Saison warten auf die Kickers aber Gegner wie Fortuna Düsseldorf, Dynamo Dresden und Eintracht Braunschweig. Spiele, auf die sich Rosen freut. Die Qualität und Stärke der Nord-Teams vermag er nur schwer einzuschätzen. Wohl aber, welche Rolle die Kickers spielen werden. „Es wird schwer, da brauchen wir uns nichts vormachen. Wir müssen sehen, dass wir so früh wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben“, sagt der Kapitän und mahnt zur Zurückhaltung: „Man sollte bloß nicht in alte Fehler verfallen und sagen: Wir wollen alle an die Wand spielen und aufsteigen. Das ist gefährlich. Denn der Schuss geht dann nach hinten los.“
Quelle: Eßlinger Zeitung