Die Kickers rechnen – mit der dritten Liga

Der Fußball-Regionalligist hat ein Ziel: den zehnten Platz

STUTTGART. Die Winterpause in der Fußball-Regionalliga neigt sich dem Ende zu. Am 1. März gegen Pfullendorf geht es weiter. Die restlichen Spiele der Stuttgarter Kickers stehen auf ihren Spielplakaten unter dem Motto „Die Mutter aller Rückrunden“.

Von Joachim Klumpp

2008 ist das Jahr der Mathematik. Und auch wenn Bayern Münchens Karl-Heinz Rummenigge vor kurzem in Anbetracht der Rotation des Trainers gesagt hat „Fußball ist keine Mathematik“, so empfiehlt es sich manchmal in diesem Geschäft eben doch, ein wenig zu rechnen. Das tun auch die Stuttgarter Kickers – vor allem mit dem Einzug in die dritte Liga. Doch davor gibt es noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen.

Der Kader: Der Regionalligist hat sich in der Winterpause mit drei Spielern (Cerci, Rosen, Russo) verstärkt, doch der angekündigte Kracher, vor allem im Angriff, war nicht dabei – was im Umfeld auf Unverständnis stieß. Doch der Präsident Dirk Eichelbaum rechtfertigt die Entscheidung: „Den Spieler, der gepasst hätte, haben wir einfach nicht bekommen. Und wir wollten das Gehaltsgefüge nicht sprengen, indem wir einen Bankdrücker aus der zweiten Liga verpflichten, der das Dreifache unserer Spitzenverdiener verlangt.“ Ob sich diese Einstellung letztlich auszahlt, wird man erst im Lauf der restlichen 15 Spiele sehen. „Wir haben jedenfalls ein gutes Gefühl“, sagt Eichelbaum, was wiederum nicht viel bedeuten muss – denn das hatten die Kickers schon vor der Saison. Jetzt stehen sie auf dem 16. Platz.

Die Ausfälle: Zu einem Problemfall entwickelt sich Jens Härter, der eigentlich nach der Winterpause voll ins Training einsteigen sollte. Zwar hält das Knie inzwischen, dafür hat den Kapitän zuletzt eine Grippe aus der Bahn geworfen. Er dürfte noch zwei bis drei Wochen ausfallen. Gleiches gilt für den stellvertretenden Spielführer Oliver Stierle, der sich einen Muskelfaserriss in der Wade zugezogen hat. Der Neuzugang Gino Russo (Achillessehnenbeschwerden) wird noch länger fehlen, dagegen hat der anfällige Bashiru Gambo (Grippe) gestern wieder mit dem Training begonnen, so dass einem Einsatz zum Punktspielauftakt gegen den SC Pfullendorf im Moment nichts im Wege steht: „Wir brauchen endlich einen Heimsieg“, sagt Eichelbaum im Hinblick auf die Partie am 1. März.

Die Lizenzierung: Am 1. März endet auch die Frist für die Lizenzierung beim DFB, die der Verein für die dritte und vierte nicht aber – wie berichtet – für die zweite Liga beantragen wird. „Das wäre in unserer Situation bei Tabellenplatz 16 kontraproduktiv“, sagt Eichelbaum, der damit auch demonstrieren möchte, dass das ganze Augenmerk dem Ziel dritte Liga untergeordnet wird. Was das Darlehen des Expräsidenten Kullen betrifft, geht der Club (einschließlich Wirtschaftsprüfer) davon aus, dass dies unbefristet läuft, solange eine Überschuldung der Kickers besteht, auch wenn es einen Persilschein vom DFB nicht gebe. Kullen wiederum hat inzwischen juristische Schritte eingeleitet, in denen er auf Rückzahlung des Darlehens von 450 000 Euro klagen will. Ausgang offen.

Der Abstieg: Was passiert im schlimmsten Fall, dem Abstieg in die vierte Liga? „Wir würden wohl eine Mannschaft stellen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die sofort um den Aufstieg mitspielen könnte“, meint Eichelbaum. Sein fürs Marketing zuständiger Vorstandskollege Hans-Jürgen Wetzel sagt: „Es laufen Gespräche mit Sponsoren, allerdings ist noch nicht klar, wer dann in welchem Umfang zur Verfügung stehen würde.“

Das Kickers-Logo: Nachdem es der Verein versäumt hatte, die Rechte auf das „Kickers-K“ zu verlängern und sich die Handballer des HV Kickers diese gesichert haben, kam es zuletzt zu Gesprächen über die Nutzung. Diese werden dadurch verzögert, dass sich auch die Hockeyspieler des HTC in diese Diskussion eingeschaltet haben, um eine einheitliche Lösung der Beteiligten zu schaffen. Ohne einer endgültigen Entscheidung vorzugreifen, sagt der Fußballchef Eichelbaum: „Das Bestreben geht dahin, dass alle drei Vereine die Nutzungsrechte bekommen. Damit könnten wir leben.“ Und es würde die Kosten (die nach aktuellem Stand bei etwa 3500 Euro liegen) dritteln.

Der Fall Sundermann: Nachdem die Einbindung des ehemaligen Bundesligatrainers Jürgen Sundermann (68) zunächst Irritationen ausgelöst hatte, stellt Eichelbaum nochmals klar: „Er ist bei uns weder als Sportdirektor noch als Trainer im Gespräch, sondern als Berater.“ Die Spieler könnten sich Rat holen, was auch schon der eine oder andere Spieler gemacht habe. Überdies wird Sundermann ab sofort in der Nachwuchsarbeit mitmischen, nachdem sich der Jugendkoordinator Zoltan Sebescen einer Knieoperation unterziehen muss und sechs bis acht Wochen nur bedingt zur Verfügung steht.

Der Nachwuchs: Dirk Eichelbaum sagt: „Die Jugendabteilung steht vor einer Neuordnung.“ Wieder einmal, könnte man hinzufügen. Denn in diese für den Verein so lebenswichtige Abteilung kommt einfach keine Konstanz und Ruhe hinein. Warum? „Es wird immer schwieriger für uns neben dem VfB – und jetzt noch Hoffenheim – regelmäßig in der obersten Spielklasse zu bestehen“, bekennt Eichelbaum. Da fehlten kreative Ideen – und auch Personal. Weshalb Jürgen Sundermann durchaus gelegen kommt.

Die Stadionfrage: Zuletzt wurde in der Stuttgarter Kommunalpolitik immer wieder diskutiert, das Stadion Festwiese auf dem Wasen drittligatauglich zu machen, wohl vor allem für den Fall, dass die Blauen die Qualifikation (also Platz zehn) verpassen. Damit rechnen die Kickers ja nicht, weshalb der Manager Joachim Cast sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Stadt uns dabei unterstützt, dass das Gazi-Stadion ausgebaut wird.“ Wofür nach ersten Schätzungen Kosten in Höhe von acht bis neun Millionen Euro nötig sind. Cast fügt hinzu: „Selbst für die vierte Liga gibt es Auflagen.“ So müssten auch in diesem Fall auf der Haupttribüne des Stadions 1000 Schalensitze montiert werden.

Der Etat: Wie hoch der Etat für die neue dritte Liga sein soll, ist laut dem Schatzmeister Frieder Kummer noch nicht ganz geklärt, er dürfte aber bei rund 3,5 Millionen Euro liegen und damit rund eine Million höher als bisher. Dafür steht schon fest, dass die Kickers etwa drei neue Vollzeitkräfte einstellen müssten. „Das kostet schnell mal 25 000 Euro pro Person“, rechnet Kummer vor. Sein Präsident Eichelbaum ergänzt: „Dennoch wollen wir gerne in der dritten Liga spielen.“

Denn die würde sich am Ende mehr rechnen als die künftige Regionalliga. Und das nicht nur im Jahr der Mathematik.

Stuttgarter Zeitung

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