Vor dem Anpfiff: ein Millionenspiel im Neckarpark

Stadt, Daimler und VfB Stuttgart sind die Partner bei der Umstrukturierung des Sportgebiets – Auswirkungen auf Gazi-Stadion

In Stuttgart will man für viele Millionen Euro die Stadien um- und Sporthallen neu bauen. Davon sollen die Fußballer, die Leichtathleten und Volleyballer, Spitzen- und Breitensportler profitieren. Doch vieles hängt davon ab, ob Daimler am Wasen investiert.

Von Jörg Nauke

Die Stadt hat im Neckarpark Großes vor, das wird heute im Sportausschuss wieder deutlich. Ob und wann sie investiert, hängt allerdings von der Daimler AG ab. Das Unternehmen denkt über die Erweiterung des Museums nach. Das Classic Center könnte von Fellbach nach Bad Cannstatt verlegt werden und Oldtimerfans anlocken. Dieser Umzug stünde im Zusammenhang mit der Neuordnung des Werks Untertürkheim. Das wichtige Archiv wurde bereits in ein Gebäude verlegt, das in der Nachbarschaft des Museums steht; auch der Pkw-Instandsetzungsbereich soll ausgelagert werden. Das Projekt ist im Hause aber noch nicht ausdiskutiert, die Stadt wartet noch auf die schon für Ende des vergangenen Jahres avisierte Entscheidung.

Oldtimerzentrum statt Sportgelände

Die 5,7 Hektar an der Mercedesstraße, auf die Daimler ein Auge geworfen hat, sind bereits belegt. Im Falle eines Neubaus würden drei städtische Fußballplätze wegfallen, zudem das Vereinsgelände des 800 Mitglieder starken VfL Stuttgart mit neuem Kunstrasenplatz, Kleinspielfeld und Clubhaus, sowie ein Hartplatz des Sportclubs Stuttgart (SSC). Während die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) für ihre drei Rasenspielfelder irgendwo in Stuttgart Ersatz schaffen will, muss der VfL umgesiedelt werden. Finanziell wäre das eigentlich kein Problem, denn aus dem Grundstücksgeschäft mit dem Autobauer sollen immerhin 15 Millionen Euro in die Stadtkasse fließen. Damit hätte die Stadt genügend Spielraum, um die Neuordnung voranzutreiben.

VfL und Rot-Weiß gehen zusammen

Es gibt auch schon ein Alternativgelände für den VfL Stuttgart. Etwa sieben Millionen Euro würden der Umzug und die Neuansiedlung beim finanziell angeschlagenen ESV Rot-Weiß Stuttgart, jenseits des Daimlerstadions, kosten. An eine Fusion ist erst einmal nicht gedacht, aber kooperieren müssen die beiden Clubs, fordert die Sportverwaltung. Die Stadt würde kräftig in Neubauten investieren: Eine Tennis- und eine Gymnastikhalle, auch ein Clubhaus müssten her. Der bestehende Rasenplatz würde gedreht, so entstünde Platz für zwei – und es wäre immer noch Freiraum, falls je an einen größeren Neubau der Schauffelehalle (Olympiastützpunkt) gedacht würde.

Optionen für das Stadion Festwiese

Für das marode Stadion Festwiese an der Gaisburger Brücke gibt es mehrere Optionen. Ob und wie viel Geld investiert wird, hängt ebenfalls davon ab, ob das Daimler-Zentrum kommt – und ob der Gemeinderat einem Umbau des Daimlerstadions in eine Fußballarena zustimmt. In diesem Fall würde dort die Laufbahn verschwinden. Die Stadt müsste dann an anderer Stelle für die Leichtathletik ein Zeichen setzen – und wenn es nur in Form einer Sportstätte mit mehreren Tausend Zuschauerplätzen für kleinere Meisterschaften wäre.

Die Sanierung der „Festwiese“ hängt auch von der Daimler-Entscheidung ab, schließlich würde der Umbau der maroden Trainingsstätte mit drei Millionen Euro aus dem Verkaufserlös finanziert. Die modernisierte „Festwiese“ schon vor Augen, hat der Grünen-Chef Werner Wölfle die Stadt aufgefordert, zu prüfen, ob man in diesem Stadion auch Fußballspielen könnte. Da die Amateure des VfB Stuttgart im nächsten Jahr in der neuen dritten Fußball-Bundesliga spielen werden und der Verband dafür moderne Kleinstadien als Spielstätten vorschreibt, ist ein Verbleib im benachbarten Schlienzstadion ausgeschlossen. Eisenmann hat zugesagt, dies zu prüfen. Sie findet die Lösung „interessant“.

Was passiert mit dem Kickers-Stadion?

Würde sie realisiert, hätte das Auswirkungen auf die Situation in Degerloch. Derzeit gilt noch, dass alle Stuttgarter Teams, die sich für die dritte Liga qualifizieren, auf der Waldau spielen sollen, und zwar in der Heimstätte der Kickers, dem Gazi-Stadion, das für diesen Zweck für rund sechs Millionen Euro von der Stadt modernisiert würde. Bisher sind 170 000 Euro Planungsmittel genehmigt worden. Dieser Plan hat aber eine Schwachstelle.

Man wird bei der Stadt nicht müde zu betonen, dass Stadion und Verein traditionelle Einrichtungen seien und sich daraus fast eine moralische Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung ergebe – allerdings stehen die Kickers nur auf dem 16. Tabellenplatz, fünf Punkte von dem zehnten Platz entfernt, der zur Qualifikation für die dritte Liga berechtigen würde. Die VfB-Reserve ist dagegen Tabellenzweiter und so gut wie durch. Schaffen die „Blauen“ den Sprung in dieser Saison nicht, bräuchten sie nie mehr ein großes Stadion, sagen Fußballfachleute. Die Stadt würde im Fall des Reinfalls sicher auf einen Ausbau verzichten, denn auch für den zweiten Hauptnutzer, das Footballteam der Scorpions, reicht der heutige Ausbauzustand. Am 31. Mai wird man schlauer sein, dann endet die Saison der Regionalliga Süd.

Der Traum vom Fußballstadion

Wenn es allein nach dem VfB-Präsidenten Erwin Staudt ginge, wäre das Daimlerstadion längst für rund 60 Millionen Euro in eine reine Fußballarena umgebaut. Den Segen der Rathausspitze hat er, im Gemeinderat muss er dagegen noch Überzeugungsarbeit leisten. Ende März, so wird spekuliert, könnte das Thema entscheidungsreif sein. Ein Verkauf des Stadions ist vom Tisch, nachdem klar wurde, dass die EU keine Geldgeschenke der öffentlichen Hand gutheißen würde. Betrieben und vermarktet würde die Arena dann vom VfB, der der Objektgesellschaft, einer städtischen Tochter, die Miete überweisen würde. Unterm Strich sorge der VfB dafür, dass die Stadt „das Millionengrab“ Stadion loshabe, sagt Staudt. CDU-Chef Uhl hat aber ausgerechnet, dass die Kommune 2007 mit der Schüssel 1,8 Millionen Euro verdient habe. Es gibt also Klärungsbedarf.

Das Stadion und die Sporthallen

Zur Vermarktung des neuen Stadions gehört die Vermietung von Flächen in den neuen Kurven. Der VfB schlägt vor, in das Hintertorgebäude auf der Untertürkheimer Seite eine Sporthalle zu integrieren. Damit ließen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, hieß es. Der Olympiastützpunkt fordert schon lange einen Neubau der Molly-Schauffele-Halle, in der Kaderleichtathleten trainieren, und die Stadt sucht einen Standort für eine Sporthalle mit bis zu 2000 Zuschauerplätzen; darin sollen aufstrebende Stuttgarter Teams spielen, für die die Porsche-Arena zu groß ist. Derzeit denkt man vor allem an die aufstiegsverdächtigen Zweitliga-Volleyballerinnen des VC Stuttgart.

Das Problem: die Bedürfnisse beider Nutzer sind nicht unter ein Hallendach zu bringen. Das hat man nach Gesprächen mit den Beteiligten schon eingesehen. Käme das Fußballstadion, wäre eine reine Ballsporthalle in der Tribüne wohl die erste Option. Für den Olympiastützpunkt, dessen neuer Leiter Silvio Kroll heute im Sportausschuss (Rathaus, Beginn 15.30 Uhr) dieses Problem thematisieren will, würde das bedeuten, dass er in seiner alten Halle bleiben müsste und nicht mit einer zeitnahen Modernisierung rechnen dürfte. Aber er hätte dort wenigstens weiter das alleinige Hausrecht.

Stuttgarter Zeitung

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