StZ: Wer berät bei den Kickers wen?

Der Fall Jürgen Sundermann führt bei dem Fußball-Regionalligisten zu IrritationenStuttgart_ Das Jahr beginnt bekanntlich mit guten Vorsätzen. An denen mangelte es auch bei den Stuttgarter Kickers nicht. Die Prämisse: alles soll besser werden. Was manchmal leichter gesagt ist als getan. Das jüngste Beispiel heißt Jürgen Sundermann. Der ehemalige Bundesligatrainer ist seit Wochen Stammgast auf der Tribüne bei den Kickers. Der Kontakt kam in erster Linie durch das Präsidiumsmitglied Walter Kelsch zustande, der unter Sundermann einst beim VfB Stuttgart stürmte. Der Exnationalspieler präsentierte den weit gereisten Senior den Vorstandskollegen, offensichtlich mit Erfolg. Denn Sundermann soll dem Fußball-Regionalligisten helfen. In welcher Rolle? „Spieler und Trainer können auf ihn zukommen und sich Tipps holen“, so lautet die eher vage Stellenbeschreibung des Präsidenten Dirk Eichelbaum. Dessen Nachsatz: „Das birgt kein Konfliktpotenzial.“

Wenn sich der Präsident da mal nicht täuscht. Der Einstand zumindest verlief alles andere als glücklich, um nicht zu sagen amateurhaft. Es scheint – wieder einmal -, als ob die linke Hand im Verein nicht so genau weiß, was die rechte tut. Der für das Tagesgeschäft zuständige Manager Joachim Cast jedenfalls sagte zu der Personalie stets: „Es gab bisher nur ein Gespräch, noch ist nichts offiziell.“ Dem widerspricht sein Chef: „Es gibt einen Präsidiumsbeschluss“, sagt Eichelbaum leicht verwundert.

Dabei verwundert bei den Kickers schon lange nichts mehr. Dass der Präsidiumsbeschluss nicht nach außen transportiert worden ist, zeugt entweder von Schwachstellen in der Öffentlichkeitsarbeit oder von Vorbehalten gegenüber der sportlichen Führungsebene. Wobei es durchaus nachvollziehbar scheint, dass der Trainer Stefan Minkwitz und der Manager über diese Entscheidung nicht in Jubelstürme ausbrechen werden. Schließlich liegen die Erfolge Sundermanns schon lange zurück.

Überhaupt erinnert das Ganze verdächtig an die Kickers-Angewohnheit der vergangenen Jahre, den ramponierten sportlichen Ruf durch klangvolle Namen aufpolieren zu wollen. Genannt seien nur Guido Buchwald oder Arie Haan. Die beiden waren ebenfalls in beratender Funktion bei den Blauen tätig, allerdings nie lange.

Jetzt also Sundermann, Wundermann? Man darf auf die Zusammenarbeit gespannt sein, Konfliktpotenzial ist programmiert. Was auch daran liegen mag, dass Minkwitz und Cast in die Entscheidung nicht eingebunden waren. Das wirkt äußerst befremdlich, in einem Verein, dessen Verantwortliche dem Exchef Hans Kullen immer wieder mangelnde Kommunikation vorgeworfen haben. „Möglicherweise haben die Beteiligten Angst, einen Aufpasser zur Seite gestellt zu bekommen – aber das ist nicht der Fall“, sagt der Präsident Eichelbaum.

Das ist seine subjektive Sicht der Dinge. Klar ist schon jetzt, dass diese Aktion nicht dazu beiträgt, die Harmonie auf Degerlochs Höhen zu verbessern. Schließlich litt der Club schon in der Vorrunde darunter, dass es immer mal wieder Abstimmungsprobleme zwischen Management und Präsidium gab, speziell in Person von Walter Kelsch, der auch die Ablösung des Trainers Peter Zeidler maßgeblich forciert hat. Doch statt jetzt dem Nachfolgetandem Minkwitz und Malchow Vertrauen zu geben und den Rücken zu stärken, wird schnell noch ein neues Bindeglied installiert. Keine ideale Voraussetzungen also für das Unternehmen dritte Liga, eher ein Hauch von Aktionismus, auch wenn Cast sagt: „Jürgen Sundermann hat einen ganz sympathischen Eindruck gemacht.“

So weit, so gut? Sundermann will nicht in Aufstellung oder Mannschaft reinreden. Er soll die Spiele besuchen, im Training vorbeischauen. Sich seine Meinung bilden – aber keinen Einfluss nehmen. Schwer vorstellbar. Zumal Sundermann kaum die Rolle des Grüßgottonkels übernehmen wird, sondern sich in irgendeiner Form auch profilieren möchte. „Es ist ja niemand gezwungen, sich dessen Ratschläge zu holen“, betont der Präsident. Stellt sich die Frage, warum Sundermann, der heute 68 Jahre alt wird, dann überhaupt geholt worden ist. Ehrenamtlich, wie es heißt. „Wenn Spieler und Trainer keine Tipps von ihm wollen, dann hole ich mir welche“, sagt Dirk Eichelbaum. Vielleicht zum Thema: wie verbessere ich das Betriebsklima?

Stuttgarter Zeitung

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