Reicht die Qualität des Kaders?
Nach dem 0:0 gegen Elversberg denken die Kickers eher an neue Spieler als an einen neuen Trainer
STUTTGART. Heute Abend ist die Hauptversammlung der Stuttgarter Kickers. Die finanzielle Bilanz, rund 140 000 Euro Gewinn, stimmt, die sportliche nicht. „Mit jedem Spiel, das wir nicht gewinnen, wird die Lage prekärer“, gibt der Manager Joachim Cast zu.
Von Joachim Klumpp
Die Partie gegen den SV Elversberg vor einem Jahr ging als Geisterspiel in die Annalen der Stuttgarter Kickers ein, der Auftritt am Samstag setzte ebenfalls ein unrühmliches Zeichen. Und zwar unter die Vorrunde der Regionalligasaison 2007/08, die die Kickers ohne einen einzigen Heimsieg abschlossen. Ein Novum, an dem auch der Trainerwechsel nichts geändert hat. „Wir müssen weiterarbeiten, bis der Knoten platzt“, sagte Stefan Minkwitz. Wer weiß, wie dessen Serie verlaufen wäre, wenn Bashiru Gambos Treffer zur vermeintlichen Führung beim Einstand in Unterhaching gezählt hätte.
Hätte, wenn und aber zählen nicht. Sondern das nackte Ergebnis, und das ist ernüchternd. Drei Spiele, kein Sieg, kein Tor. „Wir arbeiten an der Abschlussschwäche“, sagt Minkwitz zwar, doch beim 0:0 vor 2500 Zuschauern gegen Elversberg fehlte der Zug zum Tor mehr als vor einer Woche im Derby. „Gegen den VfB war es für uns einfacher zu spielen“, sagt der Trainer. Gegen die kompakten Saarländer gab es kaum eine Chance, allerdings ließ die Abwehr auch keine zu. Das war positiv, zumal der Kapitän Oliver Stierle in Zinnow einen der besten Außenspieler der Liga im Griff hatte, und auch der Torjäger Feinbier gegen die Innenverteidiger Wildersinn und Rapp abgemeldet war. Am Ende stand die Null. Auch im Kopf des Trainers, der die totale Schlussoffensive nicht riskieren wollte, „weil wir nicht Gefahr laufen wollten, noch einen Konter zu bekommen“.
Dennoch: der Abstand zum ominösen Platz zehn beträgt drei Punkte – unter Zeidler waren es drei Tore.
Vielleicht war der Trainerwechsel doch etwas voreilig, weil man sich dieses Instruments erst einmal beraubt hat. Im Moment scheint bei den Verantwortlichen deshalb die Erkenntnis zu dominieren, dass eine erneute Diskussion nicht unbedingt förderlich ist. „Wir brauchen jetzt auch Geduld“, predigt das Präsidiumsmitglied Walter Kelsch plötzlich. „Ich höre aus der Mannschaft, dass Stefan Minkwitz die richtigen Worte findet“, sagt Christian Dinkelacker, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende.
Wenn“s nicht am Trainer liegt, an was dann? Vielleicht an der Mannschaft und deren Qualität. „Wir arbeiten daran“, sagt Kelsch. Soll heißen an neuen Spielern, vor allem im Angriff. Die Frage ist nur: wen bekommt man in der Winterpause? Die Erfahrungen der Vergangenheit jedenfalls tragen nicht unbedingt zu Optimismus bei, wie die Nachverpflichtungen der Stürmer von Lakies bis Dundee unterstreichen.
Ganz abgesehen vom Etat, der durch den einen oder anderen Abgang entlastet werden soll. Die zur zweiten Mannschaft verbannten Spieler Markus Ortlieb und Sven Sökler dürften die ersten Kandidaten sein, vielleicht auch noch Deigendesch. „Wir werden natürlich zuerst mit den Spielern sprechen“, sagt der Manager Joachim Cast vor der heutigen Hauptversammlung. Für diese sind übrigens keine Anträge eingegangen, nachdem einige Mitglieder ursprünglich die Abschaffung des Aufsichtsrats anstreben wollten. Kein Thema mehr, es gibt andere Sorgen.
Cast: „Wir brauchen ein Erfolgserlebnis.“ Auf Teufel komm raus. Ungewöhnliche Umstände erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Vielleicht sogar einen Mentalcoach. Minkwitz („ich bin Trainer, kein Psychologe“) will das nicht mehr generell ausschließen. „Man muss über alles nachdenken, was der Mannschaft weiterhelfen könnte.“
Stuttgarter Kickers: Yelldell – Steinle, Wildersinn, Rapp, Stierle – Mann, Akcay, Gambo, Benda (79. Rodrigues) – Beigang (68. Kacani), Vaccaro (68. Tucci).
Stuttgarter Zeitung
Kickers: Neuer Trainer, alte Tristesse
Positive Ansätze verpuffen – Planspiele mit Maric
Stuttgart – Irgendwie muss man die Stuttgarter Kickers mögen, um ihre Leiden zu teilen: Auch gegen die SV Elversberg gab der Fußball-Regionalligist kämpferisch alles, doch im letzten Vorrundenspiel reichte es wieder nicht zum ersten Heimsieg.
VON JÜRGEN FREY
Wer die nackten Zahlen sieht, den packt die Depression. Gerade noch 2500 Zuschauer kamen gegen Elversberg ins Gazistadion. Durch das maue 0:0 warten die Blauen schon seit acht Spielen auf einen dreifachen Punktgewinn. Und in der Tabelle rutschten sie auf den 15. Platz ab. Was die Lage nicht hoffnungsfroher macht: Unter Stefan Minkwitz gelang in drei Partien noch kein Tor. Neuer Trainer, alte Tristesse.
Dabei gab es gegen die defensivstarke, aber insgesamt biedere Truppe aus dem Saarland durchaus ein paar positive Ansätze.
Es herrscht wieder ein wenig mehr Struktur im Spiel der Kickers. Die Spieler schlagen nicht nur planlos den Ball nach vorne. Sie versuchen zu kombinieren.
Das Spiel über die Außenbahnen wird unter Minkwitz Regie forciert. Dadurch wird mehr Druck erzeugt, es kommen Flanken.
Einzelne Spieler zeigen aufsteigende Form: Oliver Stierle ist auf dem besten Weg, an frühere gute Tage anzuknüpfen. Auch Sascha Benda präsentiert sich wieder mit mehr Selbstbewusstsein.
Die Innenverteidiger schalten sich verstärkt ins Angriffsspiel mit ein.
Das Schlimme: Die wenigen Lichtblicke im Spiel der Blauen blieben gegen Elversberg ohne jede Wirkung. Es wurden viel zu wenig zwingende Torchancen herausgespielt. „Die Durchschlagskraft im Offensivbereich fehlt“, stellten Minkwitz und Manager Joachim Cast unisono fest. Deshalb soll in der Winterpause eine Verstärkung her. Wunschstürmer wäre Tomislav Maric. Der Ex-Kickers-Profi hat bei der TSG Hoffenheim einen Vertrag bis 2009, wechselte beim Zweitligisten im August in den Trainerstab. Ein Einsatz des 33-Jährigen für die Blauen wäre nur zu realisieren, wenn Hoffenheim weiterhin den größten Teil seines Gehalts übernehmen würde.
Stuttgarter Nachrichten
„Wo gibt es denn sowas?“
Die Stuttgarter Kickers beenden die Hinrunde ohne Heimsieg – 0:0 zum Abschluss gegen die SV Elversberg
Stuttgart – Der nächste Akt im Drama unterm Fernsehturm: Auch im achten Anlauf ist Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers nicht der erste Heimsieg in dieser Saison gelungen. Nach dem 0:0 gegen die SV Elversberg rutschten die „Blauen“ zum Abschluss der Hinrunde auf den 15. Tabellenplatz ab.
Von Beate Wockenfuß
„Eine Hinrunde ohne Heimsieg, wo gibt es denn sowas?“, schimpfte Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum und stopfte seinen blau-weißen Schal noch enger um den dicken Hals, den er nach den Ereignissen der vergangenen Wochen bekommen hat. „Sowas“ gibt es zwar auch noch bei den Ligakonkurrenten Karlsruher SC II und FSV Ludwigshafen-Oggersheim. Doch bei den Kickers waren und sind die Ansprüche in dieser so wichtigen Saison höher. Von Platz zehn, der zur Qualifikation für die dritte Liga nötig ist, ist die Mannschaft weiterhin drei Punkte entfernt. Fünf Zähler aus acht Spielen im Gazi-Stadion lautet die ernüchternde Bilanz, die laut Eichelbaum „ganz klar unter den Erwartungen“ liegt. Zwei Partien sind es noch bis zur Winterpause. Die nächste Chance für einen Heimsieg bietet sich am Sonntag (14 Uhr) gegen den FC Ingolstadt. „Manager Joachim Cast wollte sieben Punkte in den letzten drei Spielen dieses Jahres und das ist theoretisch noch möglich“, gibt sich der Präsident zweckoptimistisch und floskelt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“Hoffnungsfroh waren am Samstag auch die 2500 Zuschauer gekommen und wurden erneut enttäuscht: Wieder keine Tore, nicht einmal echte Chancen – und vor allem wieder keinen Dreier. Die musikalische Untermalung der Halbzeitpause verdeutlichte die Verzweiflung auf der Waldau. „Soll das so einfach sein, ist es aber nicht“, schien Herbert Grönemeyer die Situation bei den Kickers beschreiben zu wollen. Zwar hatten die Gastgeber in der ereignisarmen Partie die größeren Spielanteile, zeigten auch gute Ansätze und einen starken Zug zum Tor, doch die Bemühungen verpufften. „Uns hat wieder das Quäntchen Glück gefehlt, das gegnerische Tor ist wie verschweißt“, konstatierte Stürmer Nico Beigang, der nach seiner Suspendierung durch Peter Zeidler das erste Mal wieder zur Startformation gehörte. Doch weder er noch Sturmpartner Angelo Vaccaro zeigten gegen die Saarländer einen Torinstinkt. „Mir ist vollkommen egal, wer trifft. Hauptsache, irgend jemand trifft endlich einmal“, sagte Kickers-Trainer Stefan Minkwitz nach dem dritten Spiel in Folge ohne eigenen Torerfolg und nahm damit seine Angreifer in Schutz. Der Übungsleiter diagnostizierte „die alte Krankheit: Abschlussschwäche“ und hofft nun auf schnelle Heilung. „Ein Tor und der Knoten platzt“, meinte Minkwitz und fügte hinzu: „0:2, 0:1, 0:0 – und was kommt dann?“
Statistik
Stuttgarter Kickers: Yelldell – Steinle, Wildersinn, Rapp, Stierle – Mann, Akcay, Gambo, Benda (79. Rodrigues) – Beigang (68. Kacani), Vaccaro (68. Tucci).
SV Elversberg: Knödler – Böttjer, Velkoborsky, Bediako, Sebastiao – Herzig – Zinnow, Jansen (79. Walther), Lemke (82. Ohnesorge) – Feinbier, Diane (88. Iyodo).
Schiedsrichter: Achmüller (Freyung).
Zuschauer: 2500.
Gelbe Karte: – / Jansen.
Beste Spieler: Stierle / Bediako.
Eßlinger Zeitung