StZ: Interview mit dem neuen Kickers-Trainer Stefan Minkwitz über seine Zielsetzung und die Unterschiede zur Arbeit bei den Junioren

„Ich will einige Positionswechsel vornehmen“
 
Für Stefan Minkwitz beginnt heute der erste Arbeitstag als Cheftrainer der Stuttgarter Kickers, allerdings noch ohne Assistenten. Als heißester Kandidat dafür gilt Alexander Malchow. „Darüber kann man spekulieren, aber diese Woche mache ich die Arbeit auf jeden Fall noch alleine“, sagt Minkwitz im Gespräch mit Joachim Klumpp.

Herr Minkwitz, heute um zehn Uhr ist Trainingsbeginn. Mit den zuletzt suspendierten Spielern Benda, Beigang, Ortlieb und Sökler – oder ohne sie?

Ohne sie.

Aus welchem Grund, schließlich ist das doch ein Neuanfang für alle?

Es ist durch die Suspendierung schon genug Unruhe ins Team gekommen, deshalb kümmere ich mich jetzt erst einmal um diejenigen, die da sind. Die vier genannten Spieler können sich durch Leistung in der zweiten Mannschaft empfehlen. Wenn diese ansteigend ist wie in Linx, steht einer Rückkehr auf Dauer nichts im Wege. Das geschieht dann in Absprache mit Oberligatrainer Björn Hinck.

Der Sonntag war ja ein besonderer Tag für Sie. Was überwog denn: die Freude über die Ernennung zum Chefcoach oder die Enttäuschung über die 0:4-Niederlage gegen Bayern München zum Abschluss als A-Junioren-Trainer?

Zunächst einmal war ich über die Niederlage enttäuscht. Und letztlich habe ich mir die Aufgabe bei den A-Junioren auch leichter vorgestellt. Aber es ist eben ein Unterschied, ob ich mit jugendlichen Talenten zusammenarbeite oder mit gestandenen Fußballern.

Warum das? Es geht in der Sache doch in beiden Fällen um Fußball?

Aber die einen verdienen ihr Geld damit und wissen, dass sie Gas geben müssen, sonst bekommen sie zum Beispiel keine Prämien, wenn sie nicht spielen. Und in der Jugend bekommt kein Spieler einen Cent. Da ist es verständlich, dass talentierte Spieler lieber zu einem anderen Verein gehen, wo sie auch bezahlt werden. Dennoch bin ich überzeugt, dass die Junioren den Klassenerhalt schaffen, wenn erst einmal der Knoten platzt. Manchmal ist das aber nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch des Charakters.

Wie ist es um den in der ersten Mannschaft bestellt?

Zunächst einmal kann, glaube ich, der Mannschaft niemand vorwerfen, dass sie gegen den Trainer gespielt hat, das wäre Unsinn. Und ich werde sicher ein paar Dinge von Peter Zeidler übernehmen, aber der große Teil der Trainingsarbeit wird aus meinem Kopf kommen. Ich lege dabei viel Wert auf Disziplin und Respekt.

Sie waren als Spieler ja nicht gerade ein Filigrantechniker. Heißt das, dass sich die Spieler nun auf ihre kämpferischen Tugenden besinnen müssen?

Am mangelnden Einsatz liegt es nicht. In meinen Augen fehlt das Selbstvertrauen. Ich werde versuchen, in Einzelgesprächen zu erklären, was ich von der Mannschaft verlange und wo wir hinkommen müssen. Wenn alle an einem Strang ziehen, schaffen wir die Qualifikation für die dritte Liga.

Sie sind fußballerisch in den neuen Bundesländern groß geworden. Kann man davon etwas in die Trainingsarbeit übernehmen?

Es war nicht alles richtig, was dort gemacht wurde, aber sicher auch nicht alles falsch. Und es kann nie etwas schaden, wenn ein Fußballer mal den inneren Schweinehund überwinden muss – das muss ja nicht unbedingt zwei, drei Tage vor dem Spiel sein.

Wird sich künftig taktisch unter Ihnen etwas ändern?

Ich werde versuchen, in dieser Woche einige Positionswechsel vorzunehmen. So könnte ich mir vorstellen, dass ein Bashiru Gambo mit seiner Technik und Ballsicherheit mehr für die Spieleröffnung tun kann.

Also als Spielmacher fungiert?

Das haben Sie gesagt.

Nächste These: bei der Suche nach einem Co-Trainer gilt der ehemalige Kickers-Profi Alexander Malchow, mit dem Sie persönlich befreundet sind, als heißer Kandidat.

Darüber kann man spekulieren. Diese Woche werde ich noch alleine arbeiten, aber es liegt auf der Hand, dass ich in dieser Frage mitverantwortlich bin und auch einen Co-Trainer möchte, zu dem ich vollstes Vertrauen habe.

Und was ist mit Ralf Strogies, einem weiteren Ex-Kickers-Spieler?

Der ist als A-Junioren-Trainer im Gespräch, aber da ist noch nichts entschieden.

Haben Sie denn zumindest schon Ihren neuen Vertrag als Chefcoach unterzeichnet?

Nein, aber das wird bis spätestens Freitag unter Dach und Fach sein.

Die Kickers können sich aus finanziellen Gründen keinen namhaften Trainer leisten. Sehen Sie sich jetzt nicht als Billiglösung?

Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf. Ich habe mich für den Fußball als Beruf entschieden. Das hier ist eine große Herausforderung, die ich nutzen möchte. Ich bin ja schon vier Jahre in diesem Metier tätig und werde nicht ins kalte Wasser geworfen.

Und was gibt es nach einem Sieg in Unterhaching – zwei freie Tage?

Nein, drei Punkte.

Stuttgarter Zeitung

Ein Urgestein der Kickers
Stefan Minkwitz ist so etwas wie ein Kickers-Urgestein. Seit Anfang 1994 ist er mit einer Unterbrechung von zwei Jahren – bei Fortuna Düsseldorf – im Verein. Seine Karriere als Spieler beendete er 2004, danach wurde er Co-Trainer (zunächst auch in der zweiten Mannschaft), im Sommer übernahm er zusätzlich das Amt des A-Junioren-Coachs. Seine fußballerische Laufbahn begann Minkwitz in der damaligen DDR bei Börde Rottmersleben, danach ging er zum 1. FC Magdeburg. Dort brachte er es nicht nur auf (zwei) Einsätze in der DDR-Nationalmannschaft, sondern auch im Uefa-Pokal. Nach der politischen Wende wechselte der heute 39-Jährige 1992 in die zweite Liga zum MSV Duisburg, ehe es ihn in der Winterpause 93/94 zu den Kickers zog. ump

Stuttgarter Zeitung

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