StZ: Ein Neuanfang in der Fremde

Der Darmstädter Nico Beigang freut sich auf den Konkurrenzkampf bei den Stuttgarter Kickers

Vom Traumsturm der Vorsaison (Okpala/Mesic) ist beim Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers nichts übrig geblieben. Die Hoffnungsträger heißen jetzt Angelo Vaccaro – und Nico Beigang. Der 24-jährige Neuzugang aus Darmstadt sagt: „Manchmal ist es mir hier im Training zu ruhig.“

Von Joachim Klumpp

Schon Frieder Schömezler, der Anfang der neunziger Jahre vorübergehend Cheftrainer beim Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers gewesen ist, wusste die Vorzüge des Vereins zu schätzen. „Wenn wir hier einem Spieler unsere Anlage in Degerloch zeigen, können wir auf jeden Fall Pluspunkte sammeln“, sagte er. Was auch nötig ist, denn finanziell kann der Traditionsklub oft nicht gegen die finanzstarke Konkurrenz ankämpfen. Weder früher noch heute.

Das weiß auch der aktuelle Manager Joachim Cast, der ebenfalls auf andere Trümpfe setzt. Als er vor einigen Wochen den potenziellen Neuzugang Nico Beigang durch den ADM-Sportpark führte, bekam der Stürmer recht große Augen. „Von den Trainingsmöglichkeiten ist das doch deutlich besser als in Darmstadt“, sagt der 24-Jährige, der inzwischen für zwei Jahre verpflichtet worden ist – und als einer der Hoffnungsträger für die nächste Saison gilt. Beigang geht lange Wege, ist aber nicht unbedingt der Typ Strafraumstürmer, dafür „schnell und torgefährlich“, sagt sein Trainer Peter Zeidler, der sich auch bei Beigangs Excoach Bruno Labbadia (jetzt Greuther Fürth) kundig gemacht hat – mit positiver Resonanz.

Damit kein falscher Eindruck entsteht, sagt Beigang: „Natürlich stand die sportliche Entscheidung im Vordergrund.“ Aber auch hier sprach das Gesamtpaket für die Kickers. „Trainer und Manager haben sich von Anfang an sehr um mich bemüht.“ Und das liegt dem Stürmer am Herzen. „Vor allem beim Trainer muss ich das Gefühl haben, dass er hinter mir steht.“ Schließlich hat Beigang da so seine schlechten Erfahrungen gemacht. Zum Beispiel letztes Jahr in Darmstadt mit Gino Lettieri, der ihn kurzerhand auf Linksaußen stellte, nicht gerade seine Lieblingsposition. Erst unter dem Nachfolger Gerhard Kleppinger fand Nico Beigang zu alter Form, doch den Abstieg konnten auch seine zwölf Treffer, davon sieben in der Rückrunde, nicht mehr verhindern.

Beigang ging. Was aber auch im Falle des Klassenverbleibs beschlossene Sache war. Schließlich hatte der Spieler bereits zu Beginn der vergangenen Saison ein Angebot aus Wuppertal, doch da ließ ihn der Verein nicht ziehen, trotz Ablöse. „Von dem Zeitpunkt an stand mein Entschluss fest, nach der Runde zu wechseln.“ Zumal der Prophet im eigenen Land manchmal nichts gilt. Mit den Fans der „Lilien“ verband ihn eine Art Hassliebe. Die einen schwörten auf das Eigengewächs, das von der Jugend an acht Jahre lang am Böllenfalltor spielte, die anderen wünschten ihm zum Teufel und gaben ihm den wenig schmeichelhaften Spitznamen „Chancentod“.

Eine neue Herausforderung musste her – bei den Kickers, obwohl es durchaus andere Angebote gab: „Aber wenn schon, wollte ich ganz weg.“ Nicht irgendwo auf halbem Wege stehen bleiben beim FSV Frankfurt etwa oder dem SV Sandhausen, die Interesse bekundet hatten. Zudem hatten die Kickers den Vertrag da schon längst perfekt gemacht. Und trotz seiner erst 24 Jahre ordnet ihn der Kickers-Manager Joachim Cast in die Kategorie „erfahrener Spieler“ ein. Schließlich bringt es Beigang schon auf beachtliche 118 Regionalligaeinsätze nebst 31 Toren. Das spricht für einen Stammplatz. Auch wenn es dafür natürlich keine Garantie gibt, kann man davon ausgehen, dass er im 4-4-2-System (neben Angelo Vaccaro) zunächst gesetzt ist. Zumal er in der Vorbereitung bisher sieben Treffer erzielt hat. „Aber die beiden können ja nicht jedes Spiel 90 Minuten durchmachen“, sagt der Trainer Peter Zeidler. „Als Stürmer bekommt man immer eine Chance.“

Beigang sagt: „Als Neuzugang hat man vielleicht zunächst einen kleinen Bonus, aber auf Dauer ist der Konkurrenzkampf da.“ Spieler wie die Eigengewächse Sokol Kacani oder Marco Tucci brauchen sich jedenfalls nicht zu verstecken, das hat Beigang im Training bereits festgestellt. Und noch eines: „Manchmal ist es mir da fast ein wenig zu ruhig.“ Harmonie pur – oder nur die Ruhe vor dem Sturm? „In Darmstadt sind manchmal richtig die Fetzen geflogen, da ging es manchmal lauter zu als im Spiel.“

Doch der Trainer setzt auf den Teamgeist. Von dem können beide Seiten profitieren. „Nico ist für uns ein guter Mann,“ sagt Zeidler, „und wir sind für ihn eine gute Adresse.“ Etwa in Richtung zweite Liga? „Das wäre am besten“, sagt Beigang, während sein Exklub um die Qualifikation zur vierten Liga kämpft. Der Kontakt steht dennoch. In der Vorwoche hat er dort kurz im Training vorbeigeschaut. Den Weg dorthin findet er blind, ganz im Gegensatz zu Stuttgart. „Ohne Navigator komme ich hier nicht zurecht“, sagt Beigang. Im Berufsverkehr wohlgemerkt. Das soll aber nicht für den Fußball gelten.

Stuttgarter Zeitung

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