Präsidiumsmitglied Eichelbaum nimmt Stellung zum Mesic-Verkauf

Präsidiumsmitglied Dirk Eichelbaum (Finanzen und Recht) nimmt im Kickers-Forum Stellung zum Verkauf von Mirnes Mesic:

„Geld statt Erfolg

Bei Christian Okpala schoben sie noch „disziplinarische Gründe“ vor. Den Nigerianer schickten die Kickers-Bosse fort, angeblich weil er gegenüber einem Mitspieler handgreiflich geworden war. In Wirklichkeit waren sie froh, dass sie den teuren Angreifer von der Gehaltsliste bekamen. Der Mesic-Transfer hat Präsident Hans Kullen und seine Claqueure jetzt aber demaskiert. Die Kickers-Oberen haben ihren besten Stürmer verkauft – und dafür billigend in Kauf genommen, dass es mit dem Aufstieg nicht wird. Geld statt Erfolg. Entweder sind die Blauen wieder Pleite. Oder der Traum vom Aufstieg war nur ein schlechter PR-Gag. Kullens wirre Vereinspolitik ist für den Mann auf der Straße jedenfalls nicht mehr nachvollziehbar.“

BILD Sport Seite 16 Lokalausgabe Bild Stuttgart

So weit so gut. Als betroffener „Claqeur“ nehme ich als Präsidiumsmitglied für Finanzen und Recht gegenüber den Fans der Stuttgarter Kickers wie folgt Stellung.

Prolog: Jeder interessierte Sportfreund weiß, dass die Kickers spätestens seit dem Abstieg in die Regionalliga und dem Ausstieg des langjährigen Präsidenten und Mäzen Axel Dünnwald-Metzler eine angespannte Finanzsituation vergegenwärtigen. Vor allem steht dem Verein kein Mäzen oder Gönner zur Seite, wie dies in besonderem Umfang in Hoffenheim, Wehen, Saarbrücken, Elversberg, Aalen, Ingolstadt und Siegen der Fall ist. Gegenüber den Vereinen und Städten Darmstadt und Saarbrücken entfällt aufgrund der hiesigen Situation mit einem großen und erfolgreichen Erstligaclubs vor Ort darüberhinaus das lokale Alleinstellungsmerkmal „Profifussball“ mit der Folge, dass führende Unternehmen der Stadt und Region Stuttgart sich mit Sponsorenleitungen schwer tun oder darauf verzichten.

Vor diesem Hintergrund muss die sportliche und finanzielle Situation bei den Stuttgarter Kickers betrachtet werden, sonst entsteht von vornherein ein Zerrbild. Dank der kontinuierlichen Arbeit des Trainerstabs und der sportlichen Leitung des Vereins ist spätestens seit der Übernahme des Cheftrainerpostens durch Robin Dutt eine stetige Aufwärtsbewegung im sportlichen Bereich bei gleichzeitiger leichter Konsolidierung im finanziellen Bereich festzustellen. Diese Sitation wäre nur zu durchbrechen, wenn von vornherein mit ungedeckten Wechseln auf die Zukunft gleicsam ein Aufstieg „erzwungen“ werden sollte. Das kann aber von den Herren in Präsidium und Aufsichtsrat, die allesamt einen soliden persönlichen Hintergrund haben niemand ernsthaft erwarten. Und selbst wenn, müsste man einsehen, dass aufgrund der bizarren Mäzenatenleistungen in Wehen und vor allem Hoffenheim dies noch nicht einmal bei einem veritablen Banküberfall möglich wäre. Zu berücksichtigen ist nur, dass mit dem Gesamtetat des Profikaders der Kickers in Hoffenheim der Trainerstab nicht zu bezahlen wäre.

Der Kampf um den Aufstieg gleicht also realistisch betrachtet mindestens dem Kampf des David gegen (mehrere) Goliath(s). Trotzdem sind die Kickers gefühlter Dritter mit einem Rückstand von sechts Punkten auf den Zweiten Hoffenheim, wobei das letzte Spiel das Heimspiel gegen eben dieses Hoffenheim ist. Die Kickers haben also eine Außenseiterchance auf den Aufstieg, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Daran hat sich durch die Transfers der beiden Stürmer und die Neuverpflichtungen nichts geändert.

Zum Etat ist anzumerken, dass dieser für die Saison 2006/07 gedeckt war und ist. Es bestand keinerlei wirtschaftliche Notwendigkeit, Spieler Okpala aus diesem Grund abzugeben. Vielmehr war der sportlichen Leitung von vorn herein klar, dass es sich bei Okpala um einen menschlich schwierigen Typ handelt, nicht umsonst wurde er bei seinem vorherigen Verein als Torschützenkönig aussortiert.

Die Kickers, allen voran Trainer Robin Dutt haben sich zugetraut, dieses Problem zu lösen. Nach mehreren gravierenden Vorkommnissen, die aber intern blieben, kam es zu dem ausführlich beschriebenen Vorfall mit dem Spieler Benda, der dem Verein keine andere Wahl als die Trennung lies. Ich selbst war an dem Aufklärungsgespräch mit Okpala beteiligt, es wird mir noch lange in ausführlichem Bewußtsein bleiben. Noch nie habe ich einen derart selbstgerechten, uneinsichtligen und sich heillos verrennnenden Sünder gesehen wie Okpala. Außerdem hatte er sich durch die vorangegangenen Aktionen in der Mannschaft restlos isoliert. Dass die Situation so geklärt wurde, dass für diesen Spieler noch eine Ablösesumme vereinnahmt werden konnte, halte ich für einen großen Erfolg der sportlichen Leitung. Ich hätte das nicht für möglich gehalten.

Im Falle Mesic verhielt es sich so, dass der Spieler seit längerer Zeit keine Vertragsverlängerung über den 30.06.07 hinaus wünschte, es sei den, der Verein hätte jedes wirtschaftlich mögliche Maß verlassen. Darüber hinaus muss klar sein, dass es sich bei Mesic um einen Spätstarter handelt, der erstmals mit Ende Zwanzig zur absoluten Topform aufläuft und der damit jetzt auch die Gunst der Stunde nutzen muss, wenn er in eine neue Gehaltsliga aufbrechen will. Diese Gunst hat ihm Hoffenheim beschert. Damit hier die Dimension klar wird, sind mindestens verdoppelte Bezüge in der RL zu unterstellen, in der 2. BL ist von vervierfachten Bezügen gegenüber jetzt auszugehen!

Jeder möge sich selbst fragen, ob er selbst unter solchen Umständen alles für einen Aufstieg der Kickers und damit auch gegen Hoffenheim getan hätte und sich so seinen eigenen Traumvertrag, der in der 2. BL gilt zerstört hätte. Als Mesic den Vertrag in Hoffenheim unterschrieben hatte war mir klar, dass die Motivation für die Kickers futsch ist, trotzdem hat die sportliche Führung einerseits um Mesic gekämpft, die Spannung bei ihm hoch zu halten, andererseits nach einem anderen Spieler Ausschau zu halten, der, wenn es gut läuft, über ähnliche Qualitäten verfügt. Dabei waren von Anfang an und schon länger die Namen Vaccaro und Dundee im Gespräch.

Zum Fall Mesich habe ich auch noch einen eigene, nicht vereinskonforme Meinung. Es gibt nicht nur den Mesic, der Aalen und Kaisreslautern fast im Alleingang erledigt hat, sondern auch den Mesic, der bei jeder Berührung durch den Gegner mit lautem „Aua. Aua“ zu Boden ging, das Feindbild eines jeden Schiedsrichers ist und gelbe Karten sammelt wie andere Leute Briefmarken. Dieser Spieler wurde vor einem Jahr als Kapitän abgesetzt, für mich blieb er bei allen sonstigen Qualitäten auch immer ein peinlicher Schwalbenkönig, ein Charakterzug den ich unsäglich finde.

Diese beiden Abgänge, die, ich wiederhole mich, nicht von Verein iniziert, bzw. unausweichlich waren, wurden durch Spieler ersetzt, die mit voller Motivation zu den Kickers stoßen, eine mindestens vierwöchige Vorbereitung mitmachen können, einschließlich des Trainingslagers in der Türkei.

Vaccaro hat vor fünf Jahren in der A-Jugend des VfB auf Augenhöhe mi den heutigen BL-Topstürmern Kuranyi und Amanatidis gespielt. Unglückliche Vereinswechsel und zwei schwere Verletzungen neben diversen anderen Verletzungen haben bisher verhindert, dass die Klasse Vaccaros für jedermann sichtbar wurde. Wieder zu seinen Ex-Mitspielern aufzuschliessen halte ich bei einem länger unverletzten Vaccaro für möglich. Am besten er fängt am 24.02. beim VfB damit an.

Sean Dundee kam aus freien Stücken und ohne jeden finaziellen Vorteil für ihn selbst aus Offenbach. Er hätte genausogut seinen Vertrag dort absitzen können. Die Frage, ob dieser Spieler motiviert ist, stellt sich meiner Ansicht nach also nicht. Er hat einfach nochmal Lust zu spielen, will es bei seinem ersten Verein in Deutschland nochmal wissen und hat als einstmaliger Toptorjäger der BL noch manchen Trick drauf.

Ich persönlich freue mich auf die restlichen Spiele und glaube fest daran, dass bei verletzungsfreien Stürmern, seiner stabilisierten Abwehr und Gambo und Kanjuk in Topform noch alles möglich ist. Wir waren von vornherein nur Außenseiter, das sind wir geblieben. Aber „verkauft“ wurde der „Erfolg“ nicht. Als dereztigter Vierter sind wir nämlich nicht auf einem Aufstiegsplatz, nur mal zur Erinnerung.

Als Ausbildungsverein werden wir uns in absehbarer Zeit keine Spieler leisten können, die überall sonst auch auf dem Wunschzettel stehen. Die einzige Ausnahme Okpala hat gezeigt, dass das auch gar nicht immer Glück bringen muss.

Jedenfalls springt die (vor allem) lokale Presse dem Unterlegenen normalerweise reflexartig zur Seite, muntert auf und erkennt die groißen Anstrenungen, die gegen (finanziell) übermächtigen Gegner unternommen werden. Grasmuck von der Bild Stuttgart entscheidet sich dafür, dem David im Kampf gegen Goliath noch ins Gesicht zu spucken. Das versteht der „Mann auf der Straße“ normalerweise nicht.

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