StZ: Vom Hoffnungsträger zum tragischen Fall

Vom Hoffnungsträger zum tragischen Fall

Warum der Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers in jüngster Vergangenheit bei der Auswahl seiner Stürmer glücklos ist

STUTTGART. Seit Robin Dutt bei den Stuttgarter Kickers den Trainerposten übernommen hat, geht es kontinuierlich aufwärts. Nur bei der Stürmersuche lief nicht immer alles nach Plan. Lakies, Hampl, Akwuegbu und Okpala erfüllten die Erwartungen nur selten.

Von Joachim Klumpp

Als sich Walter Kelsch vor Kurzem auf der Mitgliederversammlung der Stuttgarter Kickers für den Aufsichtsrat bewarb, beendete er seine Rede mit dem Satz: „Bei uns gibt es keine Fehleinkäufe, die können wir uns gar nicht leisten.“ Damit wollte der Exnationalspieler wohl zum Ausdruck bringen, bei dem Gehaltsgefüge des Regionalligisten ist letztendlich jeder Spieler sein Geld wert.

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, auch in Degerloch. Dort, genauer gesagt im Waldhotel, sprangen die Verantwortlichen im Sommer über ihren Schatten und verpflichteten in einem Blitztransfer Christian Okpala, den Torschützenkönig der Fußball-Regionalliga Süd und machten ihn zum Spitzenverdiener im Kader. Und die spektakuläre Verpflichtung verfehlte ihre Wirkung nicht, quasi über Nacht avancierten die Kickers zu einem Mitfavoriten um den Aufstieg. Der ist immer noch möglich, auch ohne Okpala. Der 30-Jährige wurde vom Verein bekanntlich suspendiert, nachdem er gegen einen Mitspieler handgreiflich geworden war.

Vom Hoffnungsträger also zum tragischen Fall, nicht dem ersten bei den Kickers. Denn mit ihren Stürmerstars hatten sie zuletzt wenig Glück. Selbst Joachim Cast gibt zu: „Bei den Verpflichtungen kann man geteilter Meinung sein“, sagt der Manager, „aber jeder Fall liegt anders“ – und hat seine eigene Geschichte. Eine Bestandsaufnahme.

Carsten Lakies: Er kam zur Rückrunde der Saison 2003/04, nachdem in der Winterpause gleich ein halbes Dutzend Spieler die Kickers verlassen hatte, darunter die Stürmer Obinna oder Ivan. Der damals 33-jährige Lakies sollte mit seiner Erfahrung aus immerhin zehn verschiedenen Stationen, (darunter auch Bayern München) die Kickers weiterbringen. „Die Aufgabe hat er erfüllt“, sagt Cast im Rückblick. Zumindest außerhalb des Platzes hat er den jungen Spielern geholfen. Denn auf dem Rasen blieb er torlos, die Wege trennten sich zum Saisonende. „Das war von vornherein klar“, sagt Dutt. Nicht ganz, denn ursprünglich war von einer Option für eine weitere Saison die Rede gewesen.

Stefan Hampl: Als Nachfolger von Lakies verpflichteten die Kickers Stefan Hampl, kurioserweise – wie Lakies – vom SC Feucht, mit der Empfehlung von zwölf Treffern. Kein Wunder, dass Dutt sagte: „Er ist einer der besten Stürmer der Regionalliga, wir können froh sein, dass wir ihn bekommen haben.“ In der Tat glänzte der 29-Jährige, der auch beim SC Freiburg in der ersten Liga spielte, bei der Saisongeneralprobe gegen 1860 München mit zwei Treffern. Doch nach diesem tollen Einstand folgten Stillstand – und persönliche Probleme. Der Vater war gestorben, die Familie zu Hause in Franken. Das war für Hampl seinerzeit offensichtlich schwer zu verkraften, „weil er ein sehr sensibler Spieler war“, wie sich Cast erinnert. Folge: der Vertrag (bis 2006) wurde aufgelöst, Hampl wechselte in die Bayernliga zu Ingolstadt, wo er über die Reservistenrolle aber nicht hinauskam.

Emmanuel Akwuegbu: Nachdem die Kickers von den Wunschkandidaten, wie Felix Luz, einen Korb bekommen hatten, musste im Sommerschlussverkauf noch ein Schnäppchen her. Am Ende unterschrieb Emmanuel Akwuegbu, der in einem Probetraining gewogen und für gewichtig befunden worden war. Der Nigerianer, zuletzt beim österreichischen Drittligisten Waidhofen tätig, entpuppte sich zunächst trotz seiner unkonventionellen Spielweise als Verstärkung. Seine sechs Tore bis zur Winterpause konnten sich sehen lassen, dann allerdings war Schluss mit der Herrlichkeit. Im Sommer ging man auseinander, nicht ganz freiwillig allerdings. Die Kickers setzten vor Gericht eine Vertragsauflösung durch, was dem Verein rund 50 000 Euro an Gehalt sparte und so den Okpala-Transfer mitfinanzierte.

Christian Okpala: Die Hitliste der Transfers führte zweifellos Okpala an. 16 Treffer waren schließlich eine ideale Referenz. „Diesen Coup hätte uns wohl kaum einer zugetraut“, sagte Dutt. Das stimmt, schließlich war der Stürmer des Aufsteigers FC Augsburg Torschützenkönig der Liga. Ein erfahrener Spieler, aber auch kein pflegeleichter. „Das haben wir gewusst“, sagt Dutt im Rückblick, „aber wir haben gehofft, dass wir ihn hinbekommen.“ Das ist nicht gelungen. Der Trainer sagt: „Er hat gegen den Teamgeist verstoßen. Wir wollen den Erfolg nicht um jeden Preis.“ Alle Beteiligten gehen davon aus, dass der Stürmer in der Winterpause einen neuen Verein findet. Womit das nächste Kapitel der Stürmersuche beginnt.

Warum es in der Vergangenheit nicht immer gelaufen ist? „Die Erwartungshaltung ist bei solchen Spielern natürlich viel höher, die müssen sofort einschlagen“, sagt Robin Dutt zu der Tatsache, dass sich gerade die extern geholten Spieler bei den Kickers weitaus schwerer tun als so genannte Talente aus der Region (siehe Mesic, Härter oder Hartmann). Dennoch ist Cast überzeugt: „Mehr als wir kann man eigentlich nicht tun, weil jeder Transfer bis ins Detail abgeklopft wird.“ Letztlich gibt der Trainer Dutt aber zu, dass es bei jedem Spieler Unwägbarkeiten gibt.

Stuttgarter Zeitung

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