Die Krise macht Pause
Das 1:1 der Stuttgarter Kickers in Hoffenheim: gut für die Moral, nicht für die Tabelle
HOFFENHEIM. Die Stuttgarter Kickers sind zwar auch im neunten Punktspiel der Fußball-Regionalliga nacheinander ohne Sieg geblieben, doch das 1:1 bei der TSG Hoffenheim macht Mut: „Ich hoffe, die Talfahrt ist zu Ende“, sagt der Mittelfeldspieler Manuel Hartmann.
Von Joachim Klumpp
Nach den 90 Minuten ballte Ralf Rangnick kurz beide Fäuste. Eine kleine Geste mit großer Aussagekraft. Der Trainer der TSG Hoffenheim war froh, dass seine Mannschaft gegen die Stuttgarter Kickers beim 1:1 (0:1) vor 3150 Fans wenigstens einen Punkt gerettet hatte. Was er später verbal unterstrich: „Heute hatte man phasenweise das Gefühl, wir hätten zuletzt achtmal nicht gewonnen und die Kickers zwölf Spiele nicht verloren“, lobte Rangnick den Gegner. Zu Recht.
Die Kickers waren nach den verunsicherten und schwachen Auftritten der vergangenen Wochen nicht wieder zu erkennen. Von der ersten Minute an wirkte die Mannschaft geistig frischer und engagierter. Was auch mit der Grundordnung auf dem Platz zusammenhing. „Bei unserem kleinen Kader hofft man, dass sich langsam eine Wunschformation findet“, sagte Dutt. Die Rückkehr zur Viererkette mit den Außenverteidigern Moritz Steinle (rechts) und Nico Kanitz (links) kam dieser Vision schon sehr nahe, und das laufstarke Mittelfeld um die defensiven Hartmann und Akcay ließ Hoffenheim durch frühes Pressing nur selten zur Entfaltung kommen. Dazu nähert sich Oliver Stierle seiner Bestform, als Krönung fehlte nur noch das Tor zum 2:0, das er kurz vor und nach der Pause auf dem Fuß hatte, „und an diesem Tage wohl die Entscheidung gewesen wäre“, wie Dutt später sagte. So aber blieb es bei der Führung durch Manuel Hartmann, die Copado nach einem Eckball egalisieren konnte.
Und deshalb blieb als Tenor bei den Kickers: mit der Leistung sind wir zufrieden, mit dem Ergebnis nur bedingt. „Man darf nicht vergessen, dass wir in einem Spiel auf hohem Niveau nur einen Punkt geholt haben“, rückte Dutt die Realität zurecht. Die da heißt: alles beim Alten, die Kickers haben nach wie vor zehn Punkte Rückstand auf einen der Plätze, die zum Aufstieg berechtigen, wovon derzeit aber niemand spricht. „Was nicht heißt“, so Dutt, „dass wir dieses Thema abgehakt haben.“ Aber die Favoritenbürde tragen andere: Hoffenheim natürlich, und auch Wehen, eine Mannschaft die in den vergangenen Jahren stets im Vorderfeld mitmischte. „Aber dass sie so einen Lauf haben, kommt doch etwas unerwartet“, so Dutt. Denn die 34 Punkte bedeuten hochgerechnet auf die Saison 70 Zähler – ein Spitzenwert (Saarbrücken reichten schon 53 Punkte zum Aufstieg). Und in der Nordgruppe weist der Spitzenreiter derzeit auch nur 28 Punkte auf.
Doch die ganzen Quervergleiche helfen den Kickers nicht weiter, letztendlich können sie sich nur selbst helfen. „Ich hoffe, dass die Talfahrt beendet ist“, sagte Manuel Hartmann. Warum? „Heute haben endlich mal alle so gespielt, wie sie es können.“ Und auch der Trainer rückte die Mannschaft in den Mittelpunkt. Nachdem Dutt trotz der Durststrecke in den vergangenen Tagen einen wohltuend sachlichen Eindruck vermittelt hatte, sagte er am Samstag: „Die Mannschaft hat die Vorgaben aggressiv umgesetzt“. Nicht mehr und nicht weniger. Er lobte die taktische Aufnahmefähigkeit, nachdem man das Spielsystem am Freitag lediglich eine halbe Stunde trainieren konnte. Es blieb eben nicht viel Zeit. „Ich habe auch nicht mit jedem Spieler Einzelgespräche führen können“ fügte Dutt noch hinzu. Und überhaupt: aus psychologischer Sicht war das ein einfaches Spiel: „Wir hatten ja nichts zu verlieren.“
Nächsten Samstag sieht das anders aus: Gegen Elversberg, vor leeren Rängen. Auch ein psychologischer Aspekt. „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, gibt Dutt zu. Doch dazu bleiben ja noch fünf Tage Zeit. Das könnte reichen, wenn man bedenkt, was die Kickers in den zwei Tagen zwischen Kassel und Hoffenheim geschafft haben.
Kickers: Yelldell – Steinle, Yildiz, Härter, Kanitz – Benda (79. Schlabach), Hartmann, Akcay, Stierle – Mesic, Okpala (83. Bischoff).
Tore: 0:1 Hartmann (16.), 1:1 Copado (75.).
Gelb-rote Karte: Keller (Hoffenheim, 76.).
Stuttgarter Zeitung
Kickers auf dem Weg der Besserung
Beim 1:1 in Hoffenheim präsentieren sich die Blauen wie verwandelt – Mesic: „Zwei Punkte verloren“
Hoffenheim – Spritzig, aggressiv, kombinationssicher und top organisiert – so präsentierten sich die Stuttgarter Kickers bei der TSG Hoffenheim. Die wundersame Wandlung der Blauen hatte nur einen Fehler: Es hätte mehr als ein 1:1 herausspringen müssen.
VON JÜRGEN FREY
Als die temperamentvollen 90 Minuten im Dietmar-Hopp-Stadion zu Ende waren, ballte Ralf Rangnick zuerst die Fäuste, dann klatschte er in die Hände und strahlte. Die Reaktion des TSG-Trainers zeigte: Der Aufstiegsfavorit konnte mit diesem Unentschieden gegen die seit dem 13. September (2:1 in Pfullendorf) sieglosen Kickers prima leben. „Eine Stunde lang hatte man das Gefühl, wir hätten zuletzt achtmal hintereinander nicht gewonnen und die Kickers zwölf Spiele nicht verloren“, sagte der bundesligaerfahrene Coach. Die sportliche Wiederauferstehung der Blauen hatte ihre Gründe.
Die Ordnung: Noch am Mittwoch beim 1:3 gegen Hessen Kassel herrschte ein heilloses Durcheinander auf dem Platz. Nur drei Tage später bewies das Team kühlen Kopf und präsentierte sich von der ersten Minute an glänzend organisiert. Die Rückkehr zum 4-4-2-System mit Mustafa Akcay und Manuel Hartmann als Herzstück im Mittelfeld erwies sich als die richtige Maßnahme.
Die Einstellung: Mit heißem Herzen, immer nah am Mann, hart und aggressiv attackierten die Blauen ihren Gegner sehr früh – und zwangen ihn zu Ballverlusten. Eine Lehrstunde in Sachen Pressing. „Das gelingt nicht gegen jede Mannschaft“, gab Trainer Robin Dutt hinterher zu bedenken. „Es ist kein Zufall, dass wir gegen den HSV, Hertha und Hoffenheim unsere besten Saisonspiele machten.“ Was er damit sagen will: Die Rangnick-Elf versuchte zu kombinieren, andere Mannschaften in der Liga dreschen die Bälle humorlos nach vorne.
Die Psyche: Nach der Talfahrt hatte den Kickers beim Ligakrösus doch keiner ernsthaft etwas zugetraut. „Wir hatten hier wirklich nichts zu verlieren, das machte die Sache ein stück weit einfach“, sagte Dutt.
Das einzige Manko aus Kickers-Sicht: Sie versäumten, das 2:0 zu machen. Mittelfeldspieler Oliver Stierle hatte zweimal die Chance dazu. „Wir haben hier zwei Punkte verloren“, klagte Stürmer Mirnes Mesic, „und das, weil wir einmal bei einer Standardsituation gepennt haben.“ Torwart David Yelldell ging nach einer Ecke nicht entschlossen zum Ball, Francisco Copado stand fünf Meter vor dem Tor völlig frei – 1:1, der Endstand.
Ihren freien Fall haben die Blauen damit gestoppt. Der Rückstand auf die Aufstiegsplätze beträgt aber weiterhin satte zehn Punkte. „Der Aufstieg ist weder abgehakt, noch wollen wir groß drüber reden“, stellte Dutt klar. Und auf die Tabelle wolle er erst wieder nach einer Erfolgsserie schauen. Der Anfang soll am kommenden Samstag (14.30 Uhr) mit einem Sieg gegen die SV Elversberg gemacht werden, im Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Außergewöhnliche Spiele scheinen uns zu liegen“, sagte Mesic nach der Partie in Hoffenheim. Gegen Elversberg können die Blauen das bestätigen.
Stuttgarter Nachrichten
Ein Schritt aus der Krise
Die Stuttgarter Kickers erreichen bei Top-Team TSG Hoffenheim ein 1:1 – Manuel Hartmann trifft
Hoffenheim (sip) – Es war das neunte Ligaspiel ohne Sieg in Folge. Andererseits brachten die Regionalliga-Fußballer der Stuttgarter Kickers Top-Team TSG Hoffenheim nach sieben teilweise deutlichen Erfolgen die ersten Punktverluste bei. Also kann das 1:1 (1:0) der „Blauen“ durchaus als Schritt aus der Krise gewertet werden.
Kickers-Trainer Robin Dutt war froh über die starke Leistung seines Teams. Von einer Wende wollte er aber nicht sprechen: „Dazu müssen drei bis vier Spiele in die richtige Richtung gehen.“ Zudem sei eine Begegnung bei einem Spitzenteam nicht mit anderen zu vergleichen. Denn mit Ausnahme des 0:3 gegen den SV Wehen haben die Stuttgarter gegen die starken Gegner auch ihre guten Spiele abgeliefert, inklusive der beiden DFB-Pokalbegegnungen gegen den Hamburger SV und Hertha BSC Berlin. Der nächste Gradmesser folgt am kommenden Samstag gegen Kellerteam SV Elversberg im „Geisterspiel“, zu dem der Verein nach dem Becherwurf in der Partie gegen Berlin verdonnert wurde.
Dutt setzte wieder auf eine Vierer-Abwehrkette und gönnte dem zuletzt indisponierten Laszlo Kanyuk eine Pause. Das Wichtigste aber: Die Mannschaft kaufte dem Favoriten von Beginn an mit viel Einsatz den Schneid ab, so dass die Hoffenheimer schwer ins Spiel fanden. Die Führung der Stuttgarter durch einen sehenswerten Schuss von Manuel Hartmann war verdient (16.). Auch in der Folge waren die Gäste die bessere Mannschaft und hatten einige Chance. Allein Oliver Stierle hatte zwei Mal das 2:0 auf dem Fuß.
Erst ab einer Stunde wurde der Druck der Hoffenheimer größer. Die Folge: Francisco Copado köpfte nach einem Eckball zum 1:1 ein (76.). Nun hatten die Kickers einige bange Minuten zu überstehen, ehe Hoffenheims Matthias Keller mit Gelb-Rot vom Platz musste (85.).
„In der ersten 60 Minuten habe ich eigentlich nur ein gutes Regionalligaspiel des Gegners gesehen. Die Kickers haben sehr gut gespielt, wir hatten viele Abspielfehler, die wir so lange nicht mehr gesehen haben“, ärgerte sich Hoffenheims Trainer Ralf Rangnick. Dutt, der seine Mannschaft gerne länger druckvoll gesehen hätte, hofft nun, dass das Ergebnis den Spielern Auftrieb gibt: „Ich bin mit unserer Leistung hoch zufrieden. Das muss die Grundlage für die nächsten Spiele sein.“
Yelldell – Steinle, Yildiz, Härter, Kanitz – Akcay – Benda (79. Schlabach), Hartmann, Stierle – Okpala (83. Bischoff), Mesic.
Eßlinger Zeitung
Nur Kellers Karte ärgert Rangnick
FUSSBALL: TSG Hoffenheim trotz 1:1 weiter auf Aufstiegskurs
Ein Akteur der Gastgeber dürfte am Samstagnachmittag ganz besonders froh gewesen sein, dass es in der Schlagerpartie der Fußball-Regionalliga zwischen der TSG Hoffenheim und den Stuttgarter Kickers beim 1:1 geblieben und nicht noch das 1:2 durch Yildiz gefallen war: „Wenn der Ball reingegangen wäre, dann hätte ich nicht Matthias Keller sein wollen“, war Trainer Ralf Rangnick stinksauer auf seinen Mittelfeldakteur. Der hatte nämlich just in der Hoffenheimer Drangphase wegen Meckerns eine Gelb-Rote Karte kassiert: „Das hat uns um die Siegchance gebracht“, wetterte der Coach, der sich den sonst als ruhig geltenden Routinier (31), der im Sommer 2005 von Eintracht Trier zur TSG gewechselt war, deswegen in dieser Woche zur Brust nehmen wird.
Auch Kickers-Trainer Robin Dutt maß dem Platzverweis eine wichtige Rolle zu, denn so konnte sich seine Mannschaft wieder aus der Umklammerung der Gastgeber befreien: „Denn ohne Hoffenheims Platzverweis wäre es in der Schlussphase viel schwerer geworden, den Punkt zu retten.“
Kellers Fauxpas war aber letztlich das einzige, was Ralf Rangnick so richtig ärgerte. Klar hatte ihm nicht gefallen, dass die seit acht Begegnungen sieglosen Gäste praktisch eine Stunde körperlich und geistig wendiger waren als seine seit 13 Spieltagen ungeschlagene Mannschaft. Aber letztlich war das Unentschieden kein Rückschlag auf dem Weg zum Aufstieg. Schließlich holte auch der punktgleiche Tabellenführer SV Wehen (3:3 bei Hessen Kassel) nur einen Zähler. Und trotz der kleinen Patzer hat das Führungsduo auch nach dem 16. Spieltag weiter zehn Punkte Vorsprung auf den ersten Nicht-Aufstiegsplatz. Denn hinter den „außer Konkurrenz“ spielenden Reserve-Teams von Bayern München und des VfB Stuttgart kam auch Aufsteiger Ingolstadt 04 nicht über ein 2:2 gegen Darmstadt 98 hinaus.
Dass die TSG ihr großes Ziel erreicht und schon in der nächsten Runde in der Zweiten Bundesliga spielen wird, davon ist auch Robin Dutt überzeugt: „Hoffenheim wird aufsteigen. Die Qualität ist einfach zu gut.“ ali
Pech bei Mayers Pfostenschuss
In einem temperamentvollen Spiel brachten die Stukis die TSG mächtig in Verlegenheit und hatte sie gut eine Stunde am Rande einer Niederlage. Am Ende mussten sie aber über den Punkt froh sein.
Stuttgart, zuletzt im Tief, zeigte eine engagierte, kämpferisch starke Leistung. Erst die eingewechselten Mayer und Salihovic brachten Seriensieger Hoffenheim auf Trab.
Die umformierten Kickers ließen zunächst der TSG mit einem aggressiven Pressing keine Entfaltungsmöglichkeit, zudem war ihre Offensive gefährlicher. Nach Hartmanns herrlichem 0:1 hätte Stierle (58.) das Spiel entscheiden können, doch er schoss freistehend übers Tor. Zudem reagierte Haas gegen Okpala, Stierle und Akcay glänzend. Nach dem 1:1 hatte die TSG bei Mayers Pfostenschuss (80.) Pech.
Hans-Ingo Appenzeller
Kicker