Prima einstudiert: Ecke, Tor
Auch beim 4:2-Sieg in Ingolstadt überzeugen die Stuttgarter Kickers mit ihren Standardsituationen
INGOLSTADT. Die Stuttgarter Kickers haben ihre Tabellenführung in der Fußball-Regionalliga durch ein 4:2 beim FC Ingolstadt untermauert. Das neue Traumpaar hieß dabei Sascha Benda und und Bashiru Gambo.
Von Joachim Klumpp
Die schwierigste Hürde im gesamten Spielverlauf hatte Bashiru Gambo bereits nach 32 Minuten zu meistern, als ihn sein Mitspieler Sascha Benda Huckepack nehmen wollte – und Gambo keinen richtigen Halt an den Schultern fand, sodass er fast noch stürzte. Dieses Zusammenspiel muss noch geübt werden, ansonsten klappt aber schon sehr gut. Denn schließlich gab es diese Szene im Anschluss an das 3:0 der Kickers beim Gastspiel in Ingolstadt, als Gambo bereits zum zweiten Mal – nach der Führung in der siebten Minute – einen Eckball von der rechten Seite durch Benda mit dem Kopf im Netz versenkt hatte. „Das ist einstudiert“, gab Benda später zu. Aber bitte nicht weitersagen, es könnte sich ja rumsprechen.
Hat es schon, zumindest in der Theorie. Denn Ingolstadts Trainer Jürgen Press kritisierte hinterher: „Wir waren darauf eingestellt, aber leider hat die Zuordnung nicht gestimmt.“ Schließlich war es exakt eine Kopie aus dem Spiel der Kickers eine Woche zuvor gegen den VfB. Auch da hieß es: Ecke (Benda), Tor (Gambo)! Oder in Aalen, als der Treffer allerdings einem Freistoß entsprang.
Da sprachen viele bei den Kickers vom Traumduo Mirnes Mesic und Christian Okpala im Sturm, jetzt heißen die kongenialen Partner Gambo und Benda, der sagt: „Wir wissen ja, dass der Bashiru eine unheimliche Sprungkraft hat.“ Die braucht er auch bei einem Körpermaß von gerade mal 1,73 Meter. Das Geheimnis hat eine kleine Vorgeschichte, die U-16-WM in Mexiko 1996. Mit dabei: Ghana und Gambo – und ein gewisser Massimo Morales, Italiener und Trainer der afrikanischen Mannschaft. Der nahm den eher schmächtigen Gambo eines Trainings zur Seite und ließ ihn Kopfbälle üben. Aus dem Stand, immer und immer wieder. Das hat sich bis heute ausbezahlt.
Keine Frage, die Standardsituationen haben es in sich diese Saison, sie sind so etwas wie die Geheimwaffe der Kickers geworden. Sechs der 14 bisher erzielten Treffer resultierten aus so genannten ruhenden Bällen, die im Fußball eine immer größere Bedeutung bekommen. „Unser Handicap im letzten Jahr war es, dass wir daraus zu wenig Tore gemacht haben“, sagt der Trainer Robin Dutt, der deshalb nicht lange überlegte, als es die Möglichkeit gab, Sascha Benda aus Augsburg zurückzuholen. „Ich glaube, ich zahle jetzt ein wenig von dem Vertrauen des Trainers zurück“, sagt der 26-Jährige, der beim Zweitligaaufsteiger zuletzt über die Rolle des Reservisten nicht hinausgekommen war.
Und Gambo? Auch der war nach einer eher mäßigen Rückrunde schon in die Kritik geraten. Selbst bei Hans Kullen, seit Reutlinger Zeiten so etwas wie ein väterlicher Freund des Mittelfeldspielers. Also nahm der Präsident persönlich Gambo vor der Saison in die Pflicht: „So geht es nicht weiter, du musst Leistung bringen.“ Die Worte scheint sich der Spieler zu Herzen genommen zu haben. An der Seite von Benda, aber auch von Okpala (der das 2:0 markierte) blüht er derzeit förmlich auf. Und beim letzten Telefonat mit dem Präsidenten sagte er artig: „Danke für die guten und bösen Worte.“
Letztere gab es nach dem 4:2-Sieg und der behaupteten Tabellenführung bei den Kickers nicht, wenngleich in der zweiten Hälfte vor allem auf der linken Defensivseite einige Schwächen offenbar wurden, die der eingewechselte Tölcseres schonungslos aufdeckte. „Ihn haben wir nicht in den Griff bekommen“, gab der Manager Joachim Cast zu. Doch weil Manuel Hartmann unmittelbar nach dem 1:3 der vierte Kickers-Treffer gelang, geriet der vierte Sieg im fünften Spiel nicht mehr in Gefahr.
Wobei Ingolstadts Coach Press die Kickers-Fans lobte: „Die haben mehr Power gemacht als unsere Zuschauer.“ 1560 waren es insgesamt. Am Freitag gegen Darmstadt hoffen die Kickers auf 5000 Besucher. Doch zuvor gibt es morgen – nicht nur für Gambo – noch eine andere Hürde zu nehmen. Im WFV-Pokal beim FSV Bissingen.
Kickers: Yelldell – Benda, Yildiz, Härter, Steinle – Sökler (63. Kanitz), Hartmann, Akcay (83. Wildersinn), Gambo (74. Schlabach) – Mesic, Okpala.
Tore: 0:1 Gambo (7.), 0:2 Okpala (18.), 0:3 Gambo (32.), 1:3 Härter (Eigentor, 59.), 1:4 Hartmann (64.), 2:4 Tölcseres (76.).
Stuttgarter Zeitung
Kickers sind nicht zu stoppen
Gambo mit Köpfchen: Mittelfeldspieler glänzt auch in Ingolstadt als Torjäger
Stuttgart – Fünftes Spiel, vierter Sieg: Die Stuttgarter Kickers bleiben in der Fußball-Regionalliga an der Tabellenspitze. Besonders auffallend beim 4:2 (3:0) in Ingolstadt: Mittelfeldspieler Bashiru Gambo entwickelt sich immer mehr zum Torjäger.
VON JÜRGEN FREY
Der Fußballer Bashiru Gambo bringt viele Qualitäten mit. Ein besonders ausgeprägter Torriecher hat den Mann aus Ghana in seiner bisherigen Laufbahn jedoch nicht ausgezeichnet. Für den SSV Reutlingen erzielte Gambo in der Zweitligasaison 2002/03 bei 33 Einsätzen gerade einmal drei Treffer. Vergangene Runde kam er bei den Kickers in 25 Meisterschaftsspielen auch nur auf vier Tore. Diese Quote hat der Mittelfeldspieler jetzt schon überboten. Beim Spiel in Ingolstadt markierte der 27-Jährige seine Saisontreffer Nummer vier und fünf. Das Strickmuster war bei beiden Treffern dasselbe: Eckball Sascha Benda, Kopfball Gambo – Tor.
Mit Zufall hat das wenig zu tun. Denn genauso kamen die Blauen auch zu ihrem Treffer beim 1:1 im Derby gegen den VfB Stuttgart II. Und auch beim 5:2-Auftaktsieg in Aalen köpfte der nur 1,74 m große, aber enorm sprungstarke Gambo den Ball nach einer Benda-Freistoßhereingabe ins Tor.
Das zeigt eindrucksvoll, wie sehr sich für Gambo die Maßarbeit des Neuzugangs bei ruhenden Bällen auszahlt. Es gibt aber auch noch andere Gründe für seine neu entdeckten Vollstreckerqualitäten. Gambo profitiert von der Angriffsstärke der Mannschaft insgesamt. „Viele setzen bei uns Akzente nach vorne. Nicht nur die Stürmer Mirnes Mesic und Christian Okpala, sondern auch unsere offensiven Mittelfeldspieler wie Sven Sökler. Das macht uns schwerer ausrechenbar als vergangene Saison“, erklärt Trainer Robin Dutt.
Seine Topform bewies der Spitzenreiter beim Neuling in Ingolstadt vor allem in der ersten Halbzeit. „Wenn man auswärts von der ersten Minute an Chef im Ring ist, macht einen das schon sehr zuversichtlich“, sagt Dutt. Andererseits entdeckte er nach der Pause Schwächen im Defensivverhalten. Außerdem ging die Ruhe im Spielaufbau verloren. „Es gibt noch genügend zu verbessern“, hält Dutt auch nach dem Traumstart den Ball flach.
Was für die Kickers spricht: Hoffnungsvolle Alternativen mit Kreativpotenzial befinden sich sogar noch in der Warteschleife. Die verletzten Mittelfeldspieler Oliver Stierle und Laszlo Kanyuk werden in etwa zwei bis drei Wochen zurückkehren. Der angeschlagene Mustafa Parmak vielleicht schon am kommenden Freitag (19 Uhr/Gazistadion) im Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98. Sind alle gesund, dann tobt der Konkurrenzkampf in dem kleinen Kader auf hohem Niveau – etwas Angenehmeres kann sich ein Trainer nicht wünschen. „Der interne Wettbewerb ist ein großer Vorteil. Trotz unserer Erfolgsserie weiß jeder Spieler, dass er weiter Vollgas geben muss“, betont Dutt.
Die nächste Chance dazu bietet sich bereits am morgigen Dienstag (17.45 Uhr) in der dritten Runde um den WFV-Pokal beim Verbandsligisten FSV 08 Bissingen. Bei einem Sieg käme es im Achtelfinale zum Regionalligaduell mit dem VfR Aalen.
Stuttgarter Nachrichten
Ecke Benda, Kopfball Gambo – Tor
Ghanaer erzielt beim 4:2 in Ingolstadt seinen fünften Saisontreffer – Kickers weiter vorne
Ingolstadt (sip) – Die Stuttgarter Kickers übernehmen in der Fußball-Regionalliga immer mehr die Rolle, die der TSG Hoffenheim zugedacht war. Seit dem ersten Spieltag stehen sie ununterbrochen an der Tabellenspitze. Zuletzt gewannen sie mit 4:2 (3:0) beim starken Aufsteiger FC Ingolstadt und fuhren damit den vierten Sieg im fünften Spiel ein.Während „Übermannschaft“ Hoffenheim mit dem 1:0 in Aalen den ersten dreifachen Punktgewinn der Spielzeit einheimste, sind die Kickers nun das gejagte Team der Liga. „Dass sich die Konkurrenten nun hinter uns verstecken, ist ja ganz normal“, sagt Trainer Robin Dutt und ergänzt: „Das haben wir vor der Saison mit Hoffenheim ja auch gemacht.“Verständlicherweise hält Dutt den Ball aber flach: „Wir arbeiten ganz sachlich weiter. Man kann noch nicht von einem Polster sprechen.“ Was ihm wichtiger ist: Die Mannschaft gewinnt nicht nur, sie entwickelt sich auch weiter. „Im spielerischen Bereich war das in der ersten Hälfte sehr nah an dem, was ich mir vorstelle.“ Dass es nach dem Wechsel nicht mehr ganz so rund lief, dürfte nach der 3:0-Pausenführung entschuldbar sein.Ecke Sascha Benda, Kopfball Bashiru Gambo – Tor. So hieß es in der ersten Hälfte zwei Mal (7., 34.), dazwischen schloss Christian Okpala nach einer Balleroberung von Moritz Steinle zum 2:0 ab (18.). Nach dem Wechsel trafen für die „Blauen“ Recep Yildiz (64.), für Ingolstadt Jens Härter mit einem Eigentor (59.) und Andras Tölcseres (75.).Für Okpala war es das dritte, für Gambo bereits das fünfte Saisontor. Damit hat der Ghanaer schon einen Treffer mehr erzielt als in der gesamten vergangenen Spielzeit. Und das, obwohl er im linken Mittelfeld nicht gerade auf seiner Lieblingsposition spielt. „Als Offensivspieler profitiert er von der Verbesserung der gesamten Mannschaft“, sagt Dutt, „die Tore geben ihm natürlich ein entsprechendes Selbstbewusstsein.“
Eßlinger Zeitung
FC Ingolstadt gegen Stuttgarter Kickers chancenlos
Ingolstadt (DK) Trainer Jürgen Press wähnte sich im falschen Film: „Also wenn ich sehe, wie die 200 Stuttgarter Fans die ganze Zeit gepowert haben, dann muss ich sagen, dass wir heute ein Auswärtsspiel hatten. Unsere Jungs werden schon nach fünf Minuten ausgepfiffen, wenn sie mal einen Fehlpass spielen.“ Sauer war er, der Coach des Regionalligisten FC Ingolstadt, was nach dem 2:4 (0:3) gegen die Stuttgarter Kickers auch nur zu verständlich war. Schließlich kassierte der Aufsteiger am Samstag die dritte Heimniederlage in Folge.
Ob die eigenen Fans aber – wie auf der Pressekonferenz geschehen – in dieser Situation die ersten Ansprechpartner sind, ist sicher diskussionswürdig. Denn auch wenn man berücksichtigt, dass mit den Stuttgarter Kickers die derzeit beste Elf der Liga zu Gast war, die Ingolstädter Elf zeigte am Samstag, insbesondere im ersten Durchgang, ihre bisher schwächste Saisonleistung. Die wiederum auf drei Positionen umgestellte Mannschaft ließ eine spieltaktische Ordnung allenfalls erahnen, und verlor bereits nach dem frühen Führungstreffer der Kickers (7.) auch den Mut.
„Durch so ein frühes 0:1 kommt nach zwei Heimniederlagen eben ganz schnell die alte Verunsicherung wieder hoch“, gab Nico Sbordone unmittelbar nach dem Spiel zu. Und dann hat die zeitweise sogar kopflos wirkende Mannschaft (noch) nicht die Fähigkeit, zurückzukommen. Dafür fehlt ihr neben der Abstimmung schlicht und einfach der „Leader“ auf dem Feld. „Von Thorsten Horz kann man das nach seiner langen Verletzung noch nicht erwarten, Ralf Keidel ist so kurz bei uns, dass sich noch keine Automatismen eingespielt haben können“, erklärt Press dazu.
Tatsächlich kommen diese beiden am ehesten für die Führungsrolle in Frage. Doch am Samstag fehlte beiden noch die Bindung zum Spiel. Während Horz bei seinem Debüt noch viel zu selten von seinen Teamkollegen angespielt wurde, macht Keidel weiterhin einen übermotivierten Eindruck. Taktisch auf der linken Seite eingesetzt, ist der 29-Jährige auf dem ganzen Spielfeld zu finden, freilich ohne dabei dem Spiel Ordnung zu geben.
Da passte es nur ins Bild, dass die Gegentore nach individuellen Fehlern fielen. Sowohl beim 0:1 (7.), als auch beim 0:3 (34.) durch den überragenden Bashiru Gambo schliefen die FC-Spieler. Zunächst sprang Martin Klarer erst gar nicht zum Kopfball hoch, dann kam Keidel zu spät. Dazwischen hatte Christian Okpala einen Konter zum schon vorentscheidenden 0:2 genutzt (18.).
„Im ersten Durchgang hatten wir eine Super-Halbzeit“, versuchte Gästetrainer Robin Dutt anschließend die Geschehnisse zu relativieren. „Kompliment an die Ingolstädter, wie sie nach dem 0:3 noch mal Gas gegeben haben.“ Insbesondere die Einwechslung von Andras Tölcseres, so gab Dutt zu, brachte die Stuttgarter etwas in Schwierigkeiten.
Die waren allerdings nicht wirklich groß. Denn nach dem vom Ungarn verursachten Anschlusstreffer (Kickers-Spieler Jens Härter konnte eine Flanke nur noch ins eigene Tor abwehren), sorgten die Stuttgarter mit dem 1:4 in der 64. Minute für die endgültige Entscheidung. Das 2:4 von Tölcseres belohnte immerhin noch den an diesem Tag auffälligsten Ingolstädter Spieler.
Positive Akzente setzte auch der eingewechselte Andreas Buchner. Nicht nur seine Vorbereitung zum Tölcseres-Treffer, auch seine mutigen Vorstöße auf der rechten Seite wurden vom Publikum mehrfach mit Applaus honoriert. Derweil hatten die Fans die Auswechselung von George Mbwando, der bis zur Einwechslung von Buchner den souveränsten Eindruck aller Ingolstädter hinterlassen hatte, mit Pfiffen quittiert. Vielleicht war es ja genau diese Situation, die Trainer Press anschließend zu seiner Zuschauerschelte veranlasste. An der – für beide Seiten – unbefriedigenden Heimbilanz ändert das freilich nichts.