StZ: Das lange Warten auf die zweite Chance

Markus Ortlieb zählt wieder zum Drittligakader der Kickers

STUTTGART (StZ). Fast ein Jahr lang ist Markus Ortlieb beim Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers in der Versenkung verschwunden gewesen. Seit Sonntag gehört der 27-Jährige wieder offiziell zur ersten Mannschaft.

Der neue Kickers-Trainer Edgar Schmitt hat vor seinem ersten Spiel gegen Emden zugegeben: „Mit den Namen der Spieler habe ich manchmal noch etwas Probleme.“ Dabei hat es ihm die Mannschaft relativ einfach gemacht, beim Abschlusstraining waren nur rund ein Dutzend Feldspieler dabei. Alle anderen fielen aus: verletzt oder krank. Nicht zuletzt weil das Schlusslicht der dritten Liga am Samstag schon mit seinem letzten Aufgebot antreten musste, wurde jetzt Markus Ortlieb von der zweiten Mannschaft zurückbeordert. Nach fast genau einem Jahr in der Versenkung. Verbannt und verkannt? Der Exprofi Schmitt denkt da ganz pragmatisch und sagt: „Wir haben nicht so viele Spieler, dass wir uns erlauben können, auf jemanden freiwillig zu verzichten. Und was in der Vergangenheit war, interessiert mich nicht.“

Was war in der Vergangenheit? So genau weiß das niemand. Ortlieb hat weder jemanden öffentlich beleidigt noch silberne Löffel geklaut. Fakt ist lediglich, dass der 27-Jährige noch in der Ära des Schmitt-Vorvorgängers Peter Zeidler nach zehn Spielen aus sportlich-taktischen Gründen ausgemustert worden war – und zusammen mit Sascha Benda, Sven Sökler und Nico Beigang in der zweiten Mannschaft antreten musste. Benda und Beigang wurden später noch unter dem Chefcoach Stefan Minkwitz begnadigt und haben in der Zwischenzeit – genau wie Sökler – den Verein verlassen; womit Ortlieb gewissermaßen der letzte Mohikaner ist. Sämtliche Kontakte zu anderen Vereinen zerschlugen sich, auch ein Probetraining bei seinem Exclub Wuppertaler SV brachte nicht das gewünschte Ergebnis. Erschwerend hinzu kamen diverse Verletzungen, zuletzt am Schienund Wadenbein. „Jetzt bin ich fast schmerzfrei“, sagt Ortlieb, der zwischendurch immer mal wieder ein paar Trainingseinheiten im Profikader absolvierte und dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft.

Der eher introvertierte Spieler weiß, dass das so etwas wie seine letzte Chance ist: „Die will ich wahrnehmen.“ Das dürfte auch der Präsident Dirk Eichelbaum gerne hören, der sich indirekt immer für eine Rückkehr des Gehaltsempfängers in die erste Mannschaft aussprach, zumal Ortlieb – für Kickers-Verhältnisse – eher zu den Besserverdienern zählt: „Normalerweise sollte man eine Kuh, die auf der eigenen Wiese das Gras frisst, auch melken“, sagt Eichelbaum blumig. Welcher Ertrag dabei herauskommt, bleibt abzuwarten. Denn zumindest sportlich hatte Ortlieb in seinen zehn Einsätzen in der Regionalliga die in ihn gesetzten (hohen) Erwartungen als Nachfolger von Manuel Hartmann nicht erfüllen können. Sein Vorteil: er ist vielseitig verwendbar, und kann nicht nur im defensiven Mittelfeld, sondern auch in der Innenverteidigung sowie rechts in der Viererkette agieren. Positionen, auf denen es aktuell durchaus Handlungsbedarf gibt.

Vielleicht sogar schon am Sonntag bei der zweiten Mannschaft von Bayern München. Wer weiß. Wenn das der Fall wäre, dann käme das Comeback fast genau ein Jahr nach Ortliebs letztem Punktspiel in der ersten Mannschaft: das war am 6. Oktober – in Aalen, wo der Trainer damals noch Edgar Schmitt hieß. Ob der sich daran erinnert?

Stuttgarter Zeitung

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