StN: Präsident steht zur Wiederwahl

„Man kann wieder zu den Kickers gehen“

Stuttgart – Er sprang ein, weil es kein anderer machen wollte. Doch inzwischen hat Edgar Kurz am Präsidentenamt beim Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers Gefallen gefunden. Seine 100-Tage-Bilanz fällt positiv aus. Deshalb wird er sich bei der Mitgliederversammlung am 24. November auch zur Wiederwahl stellen.

Herr Kurz, haben Sie das 1:3 bei Eintracht Frankfurt II schon verdaut?

Mein Urlaub hilft mir dabei. Weil ich ein paar Tage am Bodensee bin, war ich selbst in Frankfurt auch nicht dabei, wurde aber bestens informiert: Pro Tor habe ich drei SMS bekommen.

Befürchten Sie nach der dritten Auswärtsniederlage in Serie den Absturz ins Mittelmaß?

Nein, die Mannschaft bewegt sich nach wie vor in dem Bereich, den wir uns vor der Saison vorgestellt haben. Wir können nicht zaubern. Unser großes Manko ist, dass wir keinen Torjäger haben. Dennoch darf in den Heimspielen jetzt nichts anbrennen.

Was hat Sie denn in Ihren ersten 100 Tagen am meisten überrascht?

(Lacht). Dass ich nicht mehr ungestört auf den Wochenmarkt gehen kann. Mich sprechen samstags beim Einkaufen Menschen an und sagen: Klasse, zu den Kickers kann man wieder hingehen.

Es gibt Schlimmeres.

Stimmt. Es war auch nicht selbstverständlich, dass das eingetreten ist, was wir uns erhofft haben. Wir konnten den Neuanfang glaubhaft rüberbringen und damit alte und neue Sympathien für die Blauen wecken.

Dabei waren nicht nur Fußballexperten wie Ihr Sohn Marco ziemlich skeptisch…

…Vater, du musst wissen, was du tust, hat er gesagt und er meinte damit: Warum tust du dir das bloß an? Und es ist ja nun auch wirklich nicht so, dass dieses Amt keine Belastung ist.

Die finanzielle Lage ist angespannt.

Ja, es bleibt ein Tanz auf der Rasierklinge. Die Altlasten und die Rückzahlung des Darlehens an den DFB in Höhe von 200.000 Euro plus Zinsen hängen wie ein Klotz am Bein.

Hat der Tod von Ursi Dünnwald-Metzler Auswirkungen auf die Finanzen?

Voraussichtlich nicht. Der Rangrücktritt für das Darlehen bleibt bestehen, bis die Kickers Gewinn erwirtschaften.

Wie wollen Sie das jemals schaffen?

Wir können nur eines tun: Weiterhin in der Öffentlichkeit für Sympathie für die Kickers werben. Wir sind auf einem guten Weg. Namhafte Unternehmen wie Generali und Xerox sind neu zu unseren bewährten Sponsoren hinzugekommen und unterstützen uns. Ich hoffe auf einen Lawineneffekt. Nur so kommen wir nach vorne, denn die Zuschauereinnahmen werden von der Stadionmiete und den Ausgaben für den Sicherheitsdienst verschlungen. Das geht fast Null auf Null auf.

Ex-Manager Joachim Cast sagte: Nur ein Investor kann die Kickers retten.

Wir haben ständig die Fühler ausgestreckt. So ein Investor möchte sein Geld profitabel anlegen. Wir arbeiten hart daran, uns zu festigen, weiter ein glaubwürdiger und seriöser Partner zu sein. Denn im Endeffekt steht und fällt alles mit den finanziellen Möglichkeiten.

Das ist das Problem. Wie wollen Sie Perspektivspieler wie zum Beispiel Alessandro Abruscia bei den Kickers halten?

Mit Scheinen können wir nicht winken, aber wir können den Spielern glaubhaft klarmachen, dass bei uns die Perspektive stimmt, die Kickers ein optimales Sprungbrett sind und sie woanders möglicherweise untergehen.

Was würden Sie tun, wenn Ihr Sohn einen Kickers-Spieler zum Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern holen wollte?

Das würde er nicht tun, das hat er auch nicht getan als er noch bei 1860 Trainer war.

Am 24. November stehen bei den Kickers Neuwahlen an. Treten Sie wieder an?

Ja, ich werde mich wieder zur Wahl stellen. Die Voraussetzung war, dass auch die Personen, auf die ich mich verlassen kann, in der Führungsetage am Ball bleiben.

Vor allem Aufsichtsratschef Rainer Lorz?

Er ist eine wichtige Säule. Und wir sind uns einig, dass er weitermacht, wenn ich auch weitermache. Auch von Schatzmeister Friedrich Kummer gibt es positive Signale. Das sind aber nicht alle für die Zukunft des Vereins wichtige Personen.

Dann haben Sie also richtig Spaß gefunden am Amt des Kickers-Präsidenten?

Ich habe vergangenen Juli nur zugesagt, weil ich als Degerlocher verhindern wollte, dass die Blauen in ein Führungschaos stürzen. Das ist uns gelungen und motiviert mich. Aber wenn es jemand Geeigneteren geben sollte: Bitte schön. Ich klebe nicht an meinem Stuhl. Und genau das macht mich auch stark in meiner Position.

Wie läuft Ihre Suche nach einem Fußballexperten fürs Präsidium?

Ich denke, dass ich einen ehemaligen Kickers-Spieler finden werde. Aber noch ist nichts spruchreif.

Der Mann hätte viel Arbeit. Im Unterbau kriselt es.

Das tut weh. Ein Abstieg der Oberligaelf wäre schlimm, da wir Qualität im Unterbau brauchen. Auch die schlechte Bilanz der U19 und der U 17 passt nicht zu uns. Und genau deshalb brauchen wir jemanden, der hier nah dran ist und sich ein genaues Bild macht. In diesem Bereich besteht erhöhter Gesprächsbedarf.

Vorausgesetzt, Sie werden am 24. November gewählt: Wo stehen die Kickers am Ende Ihrer nächsten Amtsperiode 2012?

Eine Klasse höher in der dritten Liga – auf dem Sprung nach oben, vorausgesetzt die Sponsoren ziehen mit. Denn Geld schießt nun mal Tore.

Jürgen Frey

Stuttgarter Nachrichten

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