Der neue Präsident im Interview

„Es wird kein Zuckerschlecken“
Interview Der neue Präsident Edgar Kurz spricht über seine Ziele mit dem Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers. Von Joachim Klumpp

Herr Kurz, die Kandidaten als Nachfolger für Dirk Eichelbaum standen nicht gerade Schlange. Waren Sie derjenige, der nicht rechtzeitig auf den Baum gesprungen ist?

So möchte ich das nicht formulieren. Es war so, dass wir im Aufsichtsrat und Präsidium sorgfältig nach einer Lösung gesucht haben. Nachdem die Entwicklung in meine Richtung ging, musste ich mich als Präsidiumsmitglied der Verantwortung stellen.

Aber Sie hätten auch Nein sagen können?

Man kann nicht immer betonen, wie wichtig die Kickers für Stuttgart sind und was für eine soziale Bedeutung sie in der Stadt mit all den Nachwuchsmannschaften haben, und dann, wenn man gefordert ist, sagen: So hat man es nicht gemeint. Ich komme ja aus dem Fußball und bin ein Teamplayer, auch wenn es kein Zuckerschlecken wird.

Bei der Hauptversammlung im November stehen Neuwahlen an. Werden Sie sich dann noch mal zur Verfügung stellen?

Zunächst einmal sehe ich nur die nächsten Wochen. Der November ist noch relativ weit weg. Wer weiß, was sich bis dahin entwickelt. Ich bin keiner, der an irgendetwas klebt, aber es gäbe auch nichts Nachteiligeres, als wenn ich sagen würde: Ich mache das jetzt mal vorübergehend. Ich gebe mein Bestes, dann wird man sehen, was dabei herauskommt. Und am Ende werden die Mitglieder entscheiden.

Worauf werden Sie zunächst das Hauptaugenmerk legen?

Für mich ist der Schwerpunkt die Außendarstellung der Kickers mit dem Ziel, wieder mehr Zuschauer zu gewinnen und über den sportlichen Erfolg neue Sponsoren zu bekommen. Es ist kein Geheimnis, dass man nur mit einem gewissen finanziellen Einsatz höhere Ziele erreichen kann.

Und wie sehen diese Ziele aus?

Es ist klar, dass wir mit unserem Budget (1,6 Millionen Euro für den Gesamtverein; Anm. d. Red.) keine Bäume ausreißen können. Der Trainer passt. Wir setzen auf hungrige, veranlagte Spieler und brauchen auch etwas Glück, dass sich diese gut entwickeln. Dann kommen wir hoffentlich in das Fahrwasser, in dem wir auf lange Sicht vielleicht wieder die dritte Liga und als Endziel die zweite Liga erreichen können. Dass dies im Moment Utopie ist, weiß ich schon.

Sie sagen, der Trainer passt. Sie waren bei der Auswahl von Dirk Schuster beteiligt. Was erwarten Sie von ihm?

Dass er auf die Mannschaft setzt. Man merkt ja schon, welche Spieler er mehr fördert, als das in der Vergangenheit der Fall war. Da nehme ich mal Marcel Rapp heraus, der kein Führungsspieler mehr war. Schuster sieht in ihm, was ich von ihm schon in seiner Pfullendorfer Zeit gesehen habe, dass er sein letztes Hemd gibt, Vorbild auf dem Platz und außerhalb ist, ohne den Anspruch zu erheben, ein Filigrantechniker zu sein. Ich denke, dass man mit solchen Leuten Ziele erreichen und auch Gegner schlagen kann, die besser besetzt sind. Dazu muss die Mannschaft auf dem Platz harmonieren.

Das war zuletzt nicht immer der Fall, wie das Beispiel Josip Landeka zeigt, der aus disziplinarischen Gründen in die zweite Mannschaft versetzt wurde und dann zum Drittligisten SV Wehen Wiesbaden gewechselt ist. Was können die Kickers künftig tun, um solche Talente zu halten?

Bei Landeka wäre es ein Leichtes gewesen, ihn rechtzeitig zu binden. Man braucht in einer Mannschaft immer ein, zwei Spieler, die keinen einfachen Charakter haben. Wir müssen Spieler, die Potenzial besitzen, im Verein halten. Das ist unser Kapital. So ist Landeka für null weg. Schade.

Heißt das denn auch, dass der Verein neben Jens Zimmermann als neuem Geschäftsführer noch ein Pendant im Bereich Sportmanagement sucht?

Das müssen wir dringend abdecken. Wir brauchen im Präsidium jemanden, der hauptverantwortlich für den Sport ist. Ich persönlich hätte das früher gerne gemacht, aber dazu fehlte mir die Zeit.

Wie bringen Sie dann künftig überhaupt Beruf und Kickers unter einen Hut?

Das ist ganz schwer, aber ich habe die Zusicherung von den Gremien – also meinen Präsidiumskollegen Frieder Kummer und Dieter Wahl sowie dem Aufsichtsrat -, dass ich weitgehend entlastet werde, insbesondere von unserem Geschäftsführer Jens Zimmermann. Das alles war mit ausschlaggebend dafür, das Amt zu übernehmen. Inwieweit das dann in der Praxis funktioniert, wird sich zeigen.

In der Vergangenheit war es ja so, dass der Kickers-Präsident am besten nicht nur Zeit, sondern auch Geld mitbringt. Wie stellt sich diese Situation bei Ihnen dar?

Bei uns geht es finanziell eng zu, das weiß man. Wir haben alle schon unseren Beitrag geleistet – mehr geht nicht. Das ist also keine Präsidentschaft à la Axel Dünnwald-Metzler, der jahrelang auch Geldgeber war.

Werden Sie dann noch das Gespräch mit dem Hauptsponsor Eduardo Garcia suchen, der ja eine nicht ganz unwichtige Rolle spielt?

Das steht außer Frage. Herr Garcia ist unser wichtigster Sponsor und dadurch auch unser wichtigster Ansprechpartner. Er kennt mich, ich sitze auf der Tribüne genau hinter ihm. Allerdings haben wir uns persönlich noch nicht ausgetauscht.

Was hat Ihr Sohn Marco, der Zweitliga-Trainer ist, zu dem Engagement gesagt?

Vater, du musst wissen, was du tust.

Stuttgarter Zeitung

Kickers-Präsident Kurz
„Die Jugend ist unsere einzige Chance“

Stuttgart – Sein Sohn Marco trainiert den Traditionsclub 1. FC Kaiserslautern. Nun hat Edgar Kurz in schwierigen Zeiten Verantwortung als Präsident des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers übernommen. „Die Blauen haben es nicht verdient, führungslos dahinzudümpeln“, sagt er.

Herr Kurz, was hat Ihr Sohn zu Ihrem neuen Amt gesagt?

Vater, Du musst wissen, was du machst.

Nach dem Motto: Warum tust Du Dir das an?

Ja, so ungefähr. Seine Einschätzung war die mit Abstand kritischste, die ich erhalten habe. Ansonsten war ich von der breiten Zustimmung positiv überrascht, die ich für meinen Schritt erhalten habe.

Sehen Sie sich nicht als Notlösung, nachdem der erklärte Wunschkandidat Rainer Lorz einen Rückzieher gemacht hat?

Ich hätte es begrüßt, wenn es unser Aufsichtsratschef gemacht hätte. Für eine Notlösung hält mich deshalb aber keiner. Ich habe mich entschieden, Flagge zu zeigen, denn die Blauen haben es nicht verdient, führungslos dahinzudümpeln.

Was packen Sie als Erstes an?

Ich möchte Ruhe und Kontinuität in den Verein bringen. Ich bin guter Dinge, dass unsere junge, hungrige Elf mit leidenschaftlichen Fußball Ihren Teil dazu beiträgt.

Geht es vom ersten Tag an gegen den Abstieg?

Das glaube ich nicht. Ich rechne mit Platz acht bis zwölf und hoffe, dass unsere Zuschauer mitziehen.

Wie wollen Sie in Anbetracht der prekären finanziellen Lage, die Jugendarbeit forcieren?

Dass es andere Clubs einfacher haben, ist völlig klar. Doch für mich steht fest: Die Jugend ist unsere einzige Chance. Wir müssen Talente finden und sie weiter ausbilden. Das ist die Zukunft der Kickers. Und deshalb müssen wir jemanden finden, der im Präsidium für die Jugend zuständig ist.

Stuttgarter Nachrichten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.