Die Kickers im Knast: Begegnung und Beklemmung

Fast wäre das Spiel der Stuttgarter Kickers in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim buchstäblich ins Wasser gefallen, aber dann konnte es auf einem 50 x 30 Meter großen Platz doch noch stattfinden. Wohl war der Platz leicht abschüssig und mit einigen Wasserlachen durchsetzt, aber als Bewegungs- und Trainingseinheit bildete die Begegnung vor allem für die Junioren-Auswahl der JVA eine willkommene Abwechslung.
 
Das Ergebnis von 5:5 und einem Torwarttausch von Manuel Salz war dabei sekundär, im Vordergrund stand vielmehr die Freude am Fußballspiel und an der Bewegung. Bis auf Vaccaro und Parmak waren sämtliche Kickersspieler mitge-kommen, obwohl auf beiden Seiten jeweils nur sechs Feldspiel plus Torwart zum Einsatz kamen. Manche Rutschpartie entwickelte sich vor allem auf Seiten der Juniorenauswahl, als die Kickers schnell den Ball von Mann zu Mann laufen ließen.
Nach dem Spiel selbst folgte eine Diskussionsrunde mit den insgesamt 24 anwesenden Häftlingen, bei denen sich die Jugendlichen über den Profialltag der Kickers erkundigten und die Spieler ihrerseits etwas über den Tagesablauf in einem Gefängnis wissen wollten. So erfuhren die Spieler beispielsweise, dass die Jugendlichen am Tag 23 Stunden in der Zelle einsitzen und nur eine Stunde im Hof verbringen können. Die Häftlinge wollten dann wissen, wer der Starspieler bei den Kickers sei. Cheftrainer Stefan Minkwitz entgegnete darauf: “Bei uns ist die Mannschaft der Star.“
  
Im Anschluss an die Diskussionsrunde verteilten die Spieler die heiß begehrten Trikots, Autogramme und Poster und da kamen sich die jugendlichen Häftlinge wie an Weihnachten vor. Eine interne Führung in der durch die Terroristenprozesse bekannt gewordenen Justizvollzugsanstalt schloß sich an und die Kickers-Delegation erlebte aus allernächster Nähe den tristen Alltag der Inhaftierten. Im siebten Stock wurde auch der Trakt begutachtet, in dem einst Ulrike Meinhof und Andreas Baader einsaßen. Bei einem Blick in eine Viermann-Zelle entdeckten dann die Kickersspieler wieder einige Kontrahenten auf dem Fußballplatz.
„Das war schon ein beklemmendes Gefühl“, meinte beispielsweise Kickers-Kapitän Oliver Stierle. Und Marco Tucci ergänzte:“ Da sieht man erst, wie gut es uns geht.“ Das Fazit von Manager Joachim Cast: “Es war für uns alle interessant einmal die Schattenseiten des Lebens kennenzulernen und mit jenen Menschen zu kommunizieren, die am Rand der Gesellschaft stehen. Unser Besuch dürfte für die Häftlinge ein willkommener Kontrast in ihrem nüchternen Alltag gewesen sein.“
 
Bilder auf der Offiziellen Homepage

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