Presse zu Stuttgarter Kickers – FC Bayern München II (0:1) – Minkwitz bleibt Trainer

Die Kickers: ein hoffnungsloser Fall?
Nach der 0:1-Niederlage gegen Bayern München rückt die dritte Liga in weite Ferne

STUTTGART. Die Stuttgarter Kickers machen im neuen Jahr da weiter, wo sie im alten aufgehört hatten: mit einer Heimniederlage. Personelle Konsequenzen gibt es dennoch nicht. „Wir ziehen das Ding mit Stefan Minkwitz durch“, sagt der Präsident Dirk Eichelbaum.

Von Joachim Klumpp

Das Gazi-Stadion in Degerloch liegt etwa 400 Meter hoch, doch inzwischen muss man sich dort fühlen wie auf dem Gipfel des Mount Everest. Die Luft zum Atmen wird immer dünner. Wer nach mehr als drei Monaten Fußballentzug auf die Wende gehofft hatte, der wurde am Samstag bitter enttäuscht. Mehr noch: mit dem 0:1 gegen den FC Bayern München II haben die Kickers eine Endzeitstimmung geschaffen. Total fatal. Auch nach zehn Versuchen noch kein Heimsieg, vorletzter Platz, neun Punkte Rückstand ans rettende Ufer, sprich der Qualifikation zur dritten Liga – kein Wunder also, dass gestern die Vereinsgremien tagten. Wieder einmal. Und das alles nur, um zu verkünden: „Es gibt keine Trainerdiskussion.“ Sondern?

Natürlich steht Stefan Minkwitz in der Kritik, er ist letztendlich verantwortlich für das Auftreten auf dem Platz, und seine Bilanz liest sich katastrophal. Zwei Tore und gerade einmal drei Punkte aus sieben Spielen, das ist ein Offenbarungseid. Der Trainerwechsel jedenfalls ist verpufft wie ein einzelner Chinakracher im Karneval. Ohne Wirkung. Dennoch sagt der Präsident Dirk Eichelbaum: „Wir ziehen das Ding mit ihm durch.“ Bis zum bitteren Ende? Zu beschönigen gab es diesmal jedenfalls rein gar nichts: „Mit der Leistung der letzten halben Stunde haben wir in der dritten Liga nichts zu suchen“, sagte selbst der Manager Joachim Cast.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Kickers in Rückstand geraten, und das gegen eine harmlose Bayern-Mannschaft, die beim Anpfiff garantiert jede Friedenspfeife für ein 0:0 geraucht hätte. Am Ende aber mussten die Kickers sogar froh sein, dass der Gegner sie bei seinen vielen Kontern nicht noch abschoss. Minkwitz gab zu: „Das war kein Fußball mehr.“ Und schon gar kein Aufbäumen. Mit Ausnahme von Rosen und Yelldell erreichte kein Spieler Normalform.

Die Frage, was die Mannschaft in drei Monaten Spielpause gemacht hat, drängte sich förmlich auf. Wie lange Trainer und Mannschaft noch weiterwursteln dürfen? Der Präsident Dirk Eichelbaum sagte sarkastisch: „Bis sie sich arbeitslos gemacht haben.“ Viel fehlt dazu nicht mehr. Ohne den gesperrten Angelo Vaccaro entpuppte sich der Angriff als harmlos, weil Sokol Kacani praktisch jeden Ball verstolperte und auch die eingewechselten Tucci und Genisyürek keine Regionalligatauglichkeit nachweisen konnten.

Das ruft logischerweise all jene Kritiker auf den Plan, die den Verantwortlichen vorhalten, in der Winterpause keine Alternativen für den Angriff geholt zu haben. Doch da bleibt die Frage – unabhängig von finanziellen Aspekten: wer war auf dem Markt, der den Kickers weitergeholfen hätte? Der umworbene Willmann etwa hat beim Ligarivalen Elversberg bisher auch keine Bäume ausgerissen. „Und Beigang wollte weg“, sagt der Manager Joachim Cast, der für die Zusammenstellung des Kaders eine gehörige Portion Mitverantwortung trägt. Seine Einschätzung, die Mannschaft habe Fortschritte gemacht, korrigierte er als „Trugschluss“.

Mit fatalen Folgen. Personell kann nun nicht mehr nachgebessert werden (sieht man davon ab, dass die suspendierten Sökler und Ortlieb morgen gegen Pfullendorf vielleicht wieder im Kader stehen werden). Finanziell müssen die Kickers bei sinkenden Zuschauerzahlen schauen, dass sie über die Runden kommen. So sind die Reflexe der Fans verständlich. „Vorstand raus“, skandierten einige nach Spielschluss. Die Replik des Schatzmeisters Frieder Kummer lautete: „Wenn“s hilft, trete ich sofort zurück.“ Ganz so einfach ist die Lage bei den Kickers leider nicht.

Stuttgarter Kickers: Yelldell – Benda, Wildersinn (77. Yildiz), Rapp, Baradel – Rosen, Mann – Parmak, Gambo, Cerci (59. Tucci) – Kacani (59. Genisyürek).

Tor: 0:1 Sikorski (61.).

Stuttgarter Zeitung

Die Kickers am Tiefpunkt

Wenn der Blick für die Realität fehlt
Von Joachim Klumpp

Der Samstag bildete schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die drohende Fußballzukunft in Degerloch. Ein Spiel im Gazi-Stadion ohne eine einzige Fernsehkamera, dafür mit ein paar Worten des Mitleids aus dem Munde der „Sportschau“-Moderatorin Monica Lierhaus. „Besonders tragisch sieht es für die Stuttgarter Kickers aus“, sagte die später mit Blick auf die Tabelle. Platz 17, die Viertklassigkeit vor Augen. Der Tiefpunkt schlechthin. Und die Hoffnung auf den Wendepunkt schwindet von Spiel zu Spiel.

Dabei sollte doch unter dem vor einem Jahr angetretenen Präsidium alles besser werden – was für ein Irrtum: angefangen bei den Personalentscheidungen, bei denen sich der Wunschtrainer Zeidler als Irrtum erwies, der Nachfolger als glücklos und dazu Jürgen Sundermann ins Boot geholt wurde, der sich inzwischen wohl selbst fragt, wozu eigentlich. Die klare Linie fehlt, stattdessen regiert das Prinzip Hoffnung: auf das nächste Spiel, auf mehr Fernsehgelder, auf ein ausgebautes Stadion, auf x-beliebige Neuzugänge, auf Lizenzverweigerungen für die Konkurrenz. Die Verantwortlichen beschäftigen sich mit allem, selten aber mit der Realität.

Die heißt vierte Liga. Dafür gibt es zwar einen Lizenzantrag, aber kein Konzept. Soll im Sommer bloß niemand behaupten, die Entwicklung sei aus heiterem Himmel gekommen. Denn spätestens seit Samstag wäre alles andere als der Abstieg eine Überraschung. Und zumindest darauf sollte man bei den Kickers vorbereitet sein.

Stuttgarter Zeitung

Endzeitstimmung bei den Blauen
Hilflos auf und neben dem Platz – Trainer Minkwitz darf weitermachen

Stuttgart – Planlos, hilflos, ratlos – Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers gibt ein Bild des Jammers ab. Einen Rauswurf von Stefan Minkwitz schloss Präsident Dirk Eichelbaum nach der desolaten Leistung beim 0:1 gegen den FC Bayern München II aus: „Es wird keinen Trainerwechsel geben.“

VON JÜRGEN FREY

Es war fünf vor zehn am gestrigen Sonntagmorgen, als das Präsidiums-Quartett der Blauen in Richtung Jugendhaus marschierte. Dort wartete die versammelte Mannschaft ohne ihren Trainer. Die Spieler rechneten schon mit der Bekanntgabe des Rauswurfs von Stefan Minkwitz – doch es kam anders: Die Kickers-Granden redeten dem Team mal wieder ins Gewissen. Nicht mehr und nicht weniger. „Der Trainer und die sportliche Leitung sollen es jetzt richten“, sagte Eichelbaum hinterher lapidar – und ergänzte: „Der Beschluss, mit Minkwitz weiterzumachen, war einstimmig. Alles andere wäre Aktionismus.“ Das für den sportlichen Bereich zuständige Präsidiumsmitglied Walter Kelsch stellte dem Coach trotz der miserablen Bilanz (zwei Tore und drei Punkte aus sieben Spielen) sogar einen Freibrief aus: „Ein Trainerwechsel bringt nichts, wir ziehen das jetzt bis Saisonende durch.“

Die Lage der Kickers erinnert an den Untergang der Titanic: Das Schiff sinkt, die Musik spielt weiter. Es herrscht Endzeitstimmung. Und wer die beinahe ausweglose Situation nüchtern betrachtet, kommt zu der Erkenntnis: Es ist das Resultat unprofessioneller Flickschusterei, mit der sich der Club systematisch nach unten schraubt. Es hätte nicht den Fußball-Sachverstand eines Ottmar Hitzfeld gebraucht, um spätestens in der Winterpause die eklatanten Probleme im Offensivbereich zu erkennen. Wenn die Führungsetage im Kampf ums sportliche Überleben schon auf einen unerfahrenen Trainer setzt, hätte sie das eingesparte Geld dringend in einen gestandenen Stürmer investieren müssen. Doch Eichelbaum blieb auch nach dem Trauerspiel gegen die Bayern hartnäckig bei seiner gewagten Theorie: „Unser primäres Problem ist das Herausarbeiten von Chancen.“ Dabei wurde gegen die Münchner Nachwuchstruppe deutlich, dass hinter dem diesmal gesperrten Angelo Vaccaro eine gewaltige Lücke klafft – weil es Spielern wie Sokol Kacani, Marco Tucci und vor allem Saban Genisyürek (noch) an der nötigen Qualität fehlt.

Wie es jetzt weitergeht? Zunächst mit dem Heimspiel am morgigen Dienstag (19 Uhr/Gazistadion) gegen den SC Pfullendorf. Minkwitz wird einige Veränderungen vornehmen. Fest steht: Vaccaro, Mustafa Akcay und – wenn es die Verletzung zulässt – Oliver Stierle werden in die Anfangsformation zurückkehren. „Wer nicht läuft und kämpft, hat seinen Platz auf der Tribüne“, droht der Trainer. Wen die Verbannung trifft, will er erst nach dem heutigen Training entscheiden. Neuzugang Ferhat Cerci ist ein heißer Kandidat – genauso Bashiru Gambo. „Wer die Kapitänsbinde trägt und so wenig tut, muss sich Gedanken machen“, erklärt Minkwitz, der sich die lasche Einstellung einiger Spieler nicht erklären kann: „Das ist mir ein völliges Rätsel.“

Klar dagegen: Im Spiel gegen Pfullendorf geht es um die allerletzte Chance. Klappt es auch im elften Anlauf nicht mit dem ersten Saisonheimsieg, können endgültig die Planungen für die dreigleisige Regionalliga beginnen. Ob es in dieser vierthöchsten Spielklasse überhaupt eine Zukunft für die Kickers geben würde, ließ Eichelbaum offen: „Wir müssten abwarten, ob die Sponsoren dabeiblieben. Klar ist, es würde außerordentlich eng werden.“ Zuzuschreiben haben sich die Blauen das selbst.

Stuttgarter Nachrichten

Ernüchterung
 
Die Stuttgarter Kickers taumeln nach dem 0:1 gegen den FC Bayern München II weiter in Richtung vierte Liga
 
Stuttgart – Im Gazi-Stadion ist eine Serie gerissen. Allerdings nicht wie erhofft jene des in dieser Saison zu Hause sieglosen Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers. Die Gäste vom FC Bayern München II haben mit ihrem 1:0 (0:0)-Sieg zum ersten Mal auf der Waldau drei Punkte geholt – und die erneut enttäuschende Mannschaft von Trainer Stefan Minkwitz damit wieder ein gewaltiges Stück weiter weg von der dritten Liga geschossen.

Von Beate Wockenfuß

Neun Punkte trennen die Kickers inzwischen vom zehnten Platz, der mindestens für den Sprung in die dritte Liga notwendig ist. Und so langsam realisiert wohl auch der Letzte im bisher stets optimistischen blauen Lager, dass die Situation immer aussichtsloser wird. In den Schlussminuten der schwachen Partie gegen die Münchner herrschte pure Verzweiflung an der Seitenlinie. „Mann, was ist hier?“, brüllte Co-Trainer Alexander Malchow entsetzt in Richtung der hilflosen Akteure in Blau, die sich schon nach dem 0:1 durch Daniel Sikorski in der 61. Minute aufgegeben hatten.Dabei waren die Kickers hoch motiviert in ihr erstes Heimspiel nach der Winterpause gestartet. Schließlich galt es, die negative Serie endlich zu beenden. Die 4-2-3-1-Taktik versprach eine stürmische Partie. Doch ohne den Gelb-gesperrten besten Torschützen Angelo Vaccaro scheiterte das Vorhaben. Sokol Kacani brachte als Solist im Angriff nichts zu Stande. Torhüter David Yelldell war souverän wie immer, doch beim Tor machtlos.

Vier Chancen, kein Tor
Nach einer relativ ausgeglichenen ersten Hälfte verpassten es die Kickers kurz nach der Pause, aus vier guten Chancen wenigstens ein Tor zu machen. Die Münchner waren in der 61. Minute effektiver – und nach dem Rückstand ging bei den Gastgebern gar nichts mehr. „Das war kein Fußball mehr, sondern nur noch Hauruck und vorne hilft der liebe Gott. Das hat er aber nicht gemacht“, schimpfte Minkwitz, der auch im siebten Spiel als Cheftrainer ohne Dreier blieb. Die dritte Liga aufgegeben hat er indes nicht: „So lange rechnerisch noch alles möglich ist, werden wir nicht den Kopf in den Sand stecken.“

Nach dem Schlusspfiff war Minkwitz wutentbrannt in die Katakomben gerast. Malchow und Manager Joachim Cast verharrten regungslos auf der Bank. Und die Spieler lagen hilflos auf dem Rasen und ernteten gellende Pfiffe und „Pfui“-Rufe von den Fans, deren Geduldsfaden wohl endgültig gerissen ist. Und auch der des Präsidenten. „Nach so einem Spiel kann man nicht mehr optimistisch sein“, wetterte Dirk Eichelbaum und schickte gleich noch eine Warnung hinterher: „Die Spieler sollten ihre Einstellung überdenken. Sie können noch so lange weiter rumwurschteln, bis sie sich selber arbeitslos gemacht haben.“ Eine Trainerdiskussion lehnte Eichelbaum ab: „Selbst Ottmar Hitzfeld könnte aus der Truppe nicht mehr rausholen.“ Auch der Manager fand drastische Worte. „Mit dieser Leistung haben wir in der dritten Liga nichts verloren“, meinte Cast, sprach von „Ernüchterung“ und forderte mit Blick auf die Nachholpartie morgen (19 Uhr) gegen den SC Pfullendorf: „Die Mannschaft muss die Antwort geben, sonst rückt unser Ziel in weite Ferne.“

Stuttgarter Kickers: Yelldell – Benda, Wildersinn (77. Yildiz), Rapp, Baradel – Rosen, Mann – Parmak, Gambo, Cerci (59. Genisyürek) – Kacani (59. Tucci).

FC Bayern München II: Kraft – Celozzi, Saba, Linke, Heinze – Müller (83. Kokocinski), Schütz, Badstuber, Schwarz (68. Fürstner) – Sikorski – Wagner (85. Nagorny).

Schiedsrichter: Kunzmann (Niederaula).

Zuschauer: 3100.

Tor: 0:1 Sikorski (61.)

Gelbe Karte: – / Müller.

Beste Spieler: Yelldell / Saba.
 
Eßlinger Zeitung

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