Interview mit dem Manager des Fußball-Regionalligisten, Joachim Cast, zum Kampf um die Qualifikation zur dritten Liga und ein mögliches Scheitern
Die Stuttgarter Kickers starten heute mit dem Trainingsauftakt offiziell ins neue Jahr, das für die Zukunft von entscheidender Bedeutung sein wird. Es geht um die Qualifikation für die dritte Liga, von der der Fußball-Regionalligist momentan noch fünf Punkte entfernt ist. „In den nächsten 15 Spielen gibt es keine Alibis und Ausreden mehr“, sagt der Manager Joachim Cast im Gespräch mit Joachim Klumpp.
Herr Cast, wissen Sie, was die Kickers und der AC Milan gemeinsam haben?
Ehrlich gesagt, nicht.
Beide haben bis Weihnachten kein Heimspiel gewonnen.
Dann sind wir ja in guter Gesellschaft.
Das dürfte aber kaum darüber hinwegtrösten, dass der bisherige Saisonverlauf alles andere als wunschgemäß verlief.
Natürlich können wir damit überhaupt nicht zufrieden sein. Platz 16 und kein Heimspiel gewonnen – da gibt es deutlichen Steigerungsbedarf.
Und was stimmt Sie optimistisch, dass 2008 alles besser wird?
Vor allem die Tatsache, dass ein Großteil der Mannschaft ihr eigentliches Leistungsvermögen bisher noch nicht abgerufen hat. Aber wir können auch nicht ewig darauf warten. In den nächsten 15 Spielen gibt es keine Alibis oder Ausreden mehr, das habe ich den Spielern vor Weihnachten noch mit auf den Weg gegeben. Zusammen mit den Neuverpflichtungen gilt es, aus guten Fußballern einen verschworenen Haufen zu machen.
Rosen ist schon verpflichtet, Russo soll als Ergänzungsspieler kommen, dazu noch mindestens ein Stürmer. Sind das die Veränderungen, um eine Qualitätssteigerung gegenüber den Abgängen zu erreichen?
Grundsätzlich ja. Zumal wir auch noch planen, für die linke Offensivseite eine Verstärkung zu holen. Aber das hängt natürlich auch davon ab, wer den Verein verlässt. Ich gehe jedoch davon aus, dass bei den betreffenden Spielern Sökler, Beigang und Ortlieb eine Lösung gefunden wird. Denn ein Zurück nach oben wird es für sie nicht geben.
Stefan Minkwitz“ Bilanz als Chefcoach war unterm Strich deutlich schlechter als die des Vorgängers Peter Zeidler. Warum hat der Verein trotzdem an ihm festgehalten?
Zunächst einmal hat man in der Art und Weise, wie die fünf Spiele bestritten wurden, Fortschritte gesehen – Ingolstadt einmal ausgenommen. Wir sind zudem der Überzeugung, dass das Trainerteam in sieben Wochen Vorbereitung das vorhandene Potenzial aus der Mannschaft holt – und zwar physisch, aber auch psychisch.
Apropos Psychologe. Was macht die Zusammenarbeit mit dem Mentaltrainer Lösch, die vor der Winterpause bereits einmal praktiziert worden ist?
Da ist noch keine abschließende Entscheidung gefallen. Wir werden das diese Woche nochmals besprechen, auch mit einem Teil der Spieler. Ob und wenn ja, in welcher Form die Zusammenarbeit stattfindet.
In einem anderen Punkt sind die Würfel bereits gefallen. Das angedachte Trainingslager in der Türkei wurde gestrichen. Aus finanziellen Gründen?
In erster Linie schon, aber auch, weil die Trainer der Meinung waren, auch ohne leben zu können. Eine kleine Luftveränderung ist bei der langen Vorbereitungszeit dennoch nötig, so dass wir mal ein paar Tage in die Berge fahren werden, um uns dort alternativ zu beschäftigen.
Beschäftigt sich der Manager denn auch mit der Frage, was er hätte besser machen können – speziell im Punkt Spielerverpflichtungen?
Sicher hinterfragt man sich immer wieder aufs Neue. Aber vor der Saison haben wir Deigendesch und Genisyürek als Perspektivspieler geholt, die vier anderen Neuen waren allesamt gestandene Regionalligaspieler mit guten Referenzen, von denen wir auch überzeugt waren. Aber bei Markus Ortlieb und Nico Beigang hat es eben nicht gepasst, das kann passieren, deshalb sind wir dabei, das zu korrigieren. Jetzt hilft kein Lamentieren, sondern nur der Blick nach vorne.
Da stimmt ja zumindest die Initiative „Believe in Blue“ optimistisch, die ein voller Erfolg ist. Weiß man denn inzwischen, was mit dem Geld (bisher gut 50 000 Euro, d. Red.) passiert?
Das ist nicht genau festgelegt, und es war auch gar nicht der Ansatz, das Geld zweckgebunden zu sammeln. Es fließt in den Gesamtetat ein, also auch ins Personal. Wichtig ist daneben, dass das nicht nur eine einmalige Aktion ist, sondern eine langfristige Kampagne, die zum Beispiel mit dem 1. Believe-in-Blue-Cup am 26. Januar fortgesetzt wird. Wir brauchen eine positive Grundstimmung im Verein, sonst werden wir unser Ziel nur schwer bewältigen können.
Wenn die dritte Liga trotz aller Anstrengung nicht erreicht werden sollte, wäre das das Ende der Kickers, wie manchmal behauptet wird?
Natürlich sind wir nicht blauäugig. Deshalb entwerfen wir auch ein Szenario: was wäre wenn . . . Die Kickers wird es nach wie vor geben, die Frage ist: in welcher Form? Da muss geprüft werden, inwieweit in der vierten Liga ein Profibetrieb möglich wäre.
Das heißt, die Kickers beantragen die Lizenz für die zweite, dritte und vierte Liga?
Ob wir sie auch für die zweite Liga beantragen, sei einmal dahingestellt. Das muss intern noch abgestimmt werden. Aber bei allem Optimismus ist auch Realismus angebracht – bei 14 Punkten Rückstand auf einen Aufstiegsplatz. Unser primäres Ziel ist die dritte Liga!
Und was macht der Manager Joachim Cast in der nächsten Saison?
Zunächst einmal habe ich hier einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Ich mache mir keine Gedanken um meine Person, sondern um das Ziel dritte Liga – dann sehen wir weiter.
Stuttgarter Zeitung