Becherwurf-Prozess wird zu Hängepartie

Becherwurf-Prozess wird zu Hängepartie

DNA-Gutachten fehlt – Wurfversuche der Polizei im Kickers-Stadion

Während sich die Anhänger des VfB Stuttgart bereits auf das DFB-Pokalfinale am 26. Mai in Berlin freuen, beschäftigt der Becherwurf beim Pokalspiel der Stuttgarter Kickers gegen Hertha BSC am 25. Oktober 2006 immer noch die Justiz.

VON GEORGE STAVRAKIS

Das Verfahren gegen den Mann, der Linienrichter Kai Voss in der 81. Minute im Gazi-Stadion auf der Waldau mit einem Plastikbierbecher niedergestreckt haben soll, droht zur Groteske zu werden. Der erste Prozess vor dem Amtsgericht war am 23. November 2006 geplatzt. Wann der Zweite stattfindet, steht in den Sternen.

Die junge Einzelrichterin, die den ersten Prozess engagiert führte, aber phasenweise überfordert schien, spricht inzwischen Recht an einem anderen Amtsgericht. Danach war das zuständige Referat in Stuttgart zeitweise nicht besetzt. Jetzt soll Richterin Daniela Krack den Becherwurf-Prozess führen, kann aber (noch) nicht. Denn das DNA-Gutachten, das ihre Vorgängerin in Auftrag gegeben hat, ist nicht fertig.

Linienrichter Voss war von einem Becher an der Wirbelsäule getroffen worden und benommen zu Boden gegangen. Jetzt wird der Becher nach DNA-Spuren des bekennenden VfB-Fans untersucht, der als Becherwerfer vor Gericht stand. Der Mann hat im ersten Prozess bereits zugegeben, seinen Bierbecher aufs Spielfeld geschleudert zu haben. Der 39-Jährige hatte sich auch bei Voss ausdrücklich entschuldigt. Er wisse aber nicht, ob er jemanden getroffen habe, so der 39-Jährige. Tatsächlich waren damals mehrere Becher aufs Feld geflogen. Die sind aber nicht alle gesichert worden. Deshalb ist so manchem Beobachter unklar, was das DNA-Gutachten eigentlich beweisen soll.

Es wird nichts unversucht gelassen, um den Fall auf sichere Beine zu stellen. Am 15. Dezember 2006 hat die Polizei eine Tatrekonstruktion vorgenommen. Ein Polizist spielte im Kickers-Stadion den Linienrichter an der Außenlinie, ein anderer den Becherwerfer im B-Block. Wie viele Becher geworfen wurden und welche Erkenntnisse sich daraus ergeben haben, wird erst in dem zweiten Hauptverfahren publik werden.

Im ersten Prozess hatten Zeugen ausgesagt, der wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Mann habe seinen Becher geworfen – und sei dann von seinen Kumpels für den „Volltreffer“ gefeiert worden. Eine Zeugin legte sich fest: Der Angeklagte habe geworfen und den Linienrichter getroffen. Das jedoch genügte der Richterin nicht.

Dass der Prozess auf sich warten lässt, ärgert die Stuttgarter Kickers. Der Verein wartet auf ein Urteil, um gegen den Angeklagten zivilrechtlich vorgehen zu können. Die Sache hat die Kickers laut eigener Aussage 60 000 Euro gekostet: Geldstrafe vom DFB, ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Anwaltskosten. Zudem mussten sie ein Netz spannen, um weitere Becherwürfe zu verhindern – zum Unwillen der Fans, die das Netz nun vor der Nase haben.

Stuttgarter Nachrichten

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