Die richtige Antwort
Nach den Turbulenzen in der Führungsetage kehren die Kickers in die Erfolgsspur zurück
DARMSTADT. Das neue Präsidium der Stuttgarter Kickers hat Glück gebracht. Das wiederum hat die Mannschaft beim 3:1-Sieg in Darmstadt gebraucht.
Von Joachim Klumpp
Als die Stimmung auf der Bank der Stuttgarter Kickers vier Minuten vor Schluss der Partie in Darmstadt zu ausgelassen wurde, weil die Ersatzspieler sich ein paar Späßchen erlaubten, wiesen Manager Cast und Trainer Dutt sie umgehend zurecht. Dabei hatte die Mannschaft allen Grund, fröhlich zu sein. Schließlich hatte sie einen 0:1-Rückstand innerhalb von nur zehn Minuten in einen etwas glücklichen 3:1-Sieg verwandelt.
„Die Mannschaft hat die richtige Antwort gegeben“, sagte der Manager Joachim Cast – und sprach die Turbulenzen der vergangenen Woche an, auch wenn er hinzufügte: „Solche Dinge berühren die Spieler gar nicht so.“ Gemeint war der Führungswechsel im Präsidium, das am Samstag in der Besetzung Eichelbaum, Kelsch und Kummer komplett vor Ort gewesen ist. Die Fahrt wurde von den drei Funktionären im Übrigen dazu genutzt, vor Anpfiff in einer zweistündigen Klausur die drängendsten Fragen, zum Beispiel nach einem Marketingmann, zu diskutieren.
Gelohnt hat sich der Ausflug allemal. Der neue Präsident Dirk Eichelbaum sagte: „Der Sieg war ganz wichtig, um überhaupt keine Diskussionen über eine mögliche Verunsicherung der Mannschaft aufkommen zu lassen.“ Wobei die in weiten Phasen vor allem in der Abwehr eklatante Schwächen verriet. Dutt gab zu: „Wir hatten Glück, mit einem 0:0 in die Pause zu gehen.“ Und einem vorzüglichen Torwart David Yelldell dazu.
Dass die Elf dann nochmals ins Spiel zurückfand, war auf zwei Dinge zurückzuführen: die Einstellung – und die Aufstellung. Letztendlich hat alles gestimmt. Marco Tucci kam, sah und traf: „Ich fackle eben nicht lange“, sagte der 21-Jährige, der in seinem vierten (Kurz-)Einsatz in dieser Regionalligasaison bereits zum zweiten Mal seinen Torriecher demonstrierte. Der hat dem Sturmpartner Bastian Bischoff bisher gefehlt, doch beim Führungstreffer bewies er Übersicht, als er sah, dass Darmstadts Torwart ausgerutscht war. Der 22-Jährige sagte: „Natürlich verstehe ich mich mit Marco Tucci gut, wir kennen uns schließlich aus der Oberliga. Aber das nächste Mal treffen die anderen.“
Angelo Vaccaro etwa, der ausgewechselt wurde – oder Sean Dundee, der nicht mal eingewechselt wurde? Zunächst aus taktischen Gründen, weil Dutt gegen die etwas hüftsteife Innenverteidigung der Hessen einen laufstarken Spieler wie Bischoff vorzog; und nach dem Rückstand einen beweglichen wie Tucci. Das Schöne daran – Dundee nimmt seine Rolle klaglos hin: „Ich habe kein Problem damit, der Trainer hat mir das bereits am Donnerstag erklärt“, so der gebürtige Südafrikaner. Und der Trainer sagte: „Sean ist für diese Mannschaft Gold wert.“ Als Motivator, als Vorbild. „Ohne ihn würden die anderen nicht diese Leistung abrufen, weil sie gewissermaßen einen Stammplatz geschenkt bekämen.“ Davon kann jetzt nicht mehr die Rede sein, schließlich lauert in Sokol Kacani (23) noch ein dritter Oberligastürmer auf seine Chance. Manager Cast: „Wir haben ja immer gesagt, dass das Spieler sind, die sich jetzt bewähren können.“
Das tat auch ein alter Bekannter: Mustafa Parmak: „Ich war schockiert, als ich vor dem Spiel die Aufstellung gelesen habe.“ Sechs Wochen war er verletzt, hatte erst seit Mittwoch mit der Mannschaft trainiert und sollte dann spielen, so lange die Kraft reicht: erst zentral, später rechts, am Ende die kompletten 90 Minuten, in denen er ein Tor vorbereitete, das letzte selbst markierte und zudem mit einem Freistoß noch die Latte traf.
„Die Mannschaft ist jetzt dafür belohnt worden, wie sie die letzten acht Wochen geackert hat“, sagte Dutt. Dass nebenbei Hoffenheim beim KSC verlor, interessierte ihn zumindest offiziell nicht. „Wenn man gewinnt, schaut man nicht auf die Tabelle.“ Höchstens in den Fernseher. Vor der Heimfahrt war der Busfahrer extra angewiesen worden, Hessen 3 zu empfangen, um dort die Aufzeichnung vom Spiel zu verfolgen. So einen Sieg kann man nicht oft genug sehen.
Kickers: Yelldell – Sökler, Yildiz, Härter, Stierle – Benda (46. Steinle), Hartmann, Parmak, Weller (80. Kanitz) – Vaccaro (69. Tucci), Bischoff.
Tore: 1:0 Leitl (49.), 1:1 Tucci (75.), 1:2 Bischoff (79.), 1:3 Parmak (85.).
Stuttgarter Zeitung
Junge Kickers-Elf mit längerem Atem
Dundee 90 Minuten Ersatz
Stuttgart – Einträchtig saßen sie nebeneinander. Dirk Eichelbaum, der neue Chef der Stuttgarter Kickers, sowie seine Präsidiumskollegen Walter Kelsch und Friedrich Kummer durchlebten auf der Tribüne des Böllenfalltors ein Wechselbad der Gefühle: „Die ersten 55 Minuten waren ganz furchtbar anzuschauen, dann wachte die Mannschaft auf und hat großen Sport gezeigt“, sagte Eichelbaum nach dem 3:1(0:0)-Sieg der Blauen beim SV Darmstadt 98.
VON JÜRGEN FREY
Es war ein Erfolg der Jugend über ein Team, in dem sechs Feldspieler über 30 Jahre alt waren. „In der Schlussviertelstunde konnten die Darmstadter unsere konditionsstarken Jungs nicht mehr halten“, stellte Eichelbaum erfreut fest. Das drückte sich in Toren aus: Joker Marco Tucci (21 Jahre) gelang der Ausgleich, Bastian Bischoff (22) traf zum 2:1, für die Entscheidung sorgte Mustafa Parmak (24). Am Ende hatte Trainer Robin Dutt alles richtig gemacht. Vor allem bei der Aufstellung. Die auffälligste Änderung: Erstmals drückte Sean Dundee nur die Bank. Als Fehleinkauf sieht Dutt den 34-Jährigen allerdings nicht: „Wenn er körperlich besser drauf ist, wird seine Zeit kommen“, glaubt Dutt. Außerdem bringe Dundee andere Qualitäten ein: „Er ist wie ein zusätzlicher Co-Trainer. Er spricht mit den Jungen und stachelt durch seine Präsenz den Konkurrenzkampf an.“ Der Trainer zieht einen Vergleich mit der ebenfalls umstrittenen Verpflichtung von Carsten Lakies im Februar 2004. Der Stürmer hatte in neun Spielen keinen einzigen Treffer für die Blauen erzielt. „Doch ohne seine Anwesenheit hätte Suad Rahmanovic damals nie eine solch hervorragende Rückrunde gespielt“, versichert Dutt. Was natürlich nicht vergessen werden darf: Dundee ist ein ziemlich teurer Motivationsgeber. „Ich muss jetzt ein Durchatmen verhindern“, sagte Dutt nach dem Sieg in Darmstadt. Dundee darf sich nicht angesprochen fühlen.
Stuttgarter Nachrichten
Kickers feiern Auswärtssieg
Darmstadt (bw) – Anscheinend unbeeindruckt von den Turbulenzen an der Vereinsspitze haben die Fußballer von Regionalligist Stuttgarter Kickers ihren ersten Sieg in diesem Jahr gefeiert. Beim SV Darmstadt 98 gewann die Mannschaft von Trainer Robin Dutt mit 3:1 (0:0) – und verkürzte durch die Niederlage der TSG Hoffenheim den Abstand zu den Aufstiegsplätzen auf sechs Punkte. „Natürlich bin ich froh über den Sieg, aber das ist kein Grund, jetzt durchzuatmen“, meint Dutt und blickt bereits auf das Heimspiel am Samstag gegen Pfullendorf: „Nun gilt es, diese Leistung zu Hause zu bestätigen.“ Erst mit einem starken Endspurt schafften es die Kickers, bei den abstiegsgefährdeten Hessen drei Punkte zu entführen. Dutt hatte das Team auf einigen Positionen umgestellt. Auf der rechten Abwehrseite spielte Sven Sökler für Moritz Steinle, für den kranken Bashiru Gambo lief Mustafa Parmak hinter den Spitzen auf. Im Sturm kam Bastian Bischoff für Sean Dundee zum Einsatz. In der ersten Hälfte hatten die Gäste nach einer guten Anfangsphase schnell den Faden verloren. Nach einer Viertelstunde nahmen die Gastgeber das Heft in die Hand und gingen durch Stefan Leitl in der 50. Minute verdient in Führung. Doch dann legten die Stuttgarter einen Gang zu und schafften es, binnen zehn Minuten das Spiel zu drehen. Zunächst verwertete der erst wenige Minuten zuvor eingewechselte Marco Tucci aus kurzer Distanz einen Querpass zum Ausgleich (75.). Bischoff erhöhte aus 20 Metern auf 2:1 (79.) und Parmak setzte mit dem Treffer zum 3:1 (85.) den Schlusspunkt.
Yelldell – Sökler, Yildiz, Härter, Stierle – Hartmann – Benda (46. Steinle), Parmak, Weller (81. Kanitz) – Vaccaro (69. Tucci), Bischoff.
Eßlinger Zeitung
Tuccis 1:1 stellt alles auf den Kopf
Es war ein seltsames Spiel. Mit einem – selbst für den Sieger – unfassbaren Ende. Darmstadt, beseelt durch die Rückkehr von Leitl und Mendez, dominierte die erste Hälfte.
Doch genau die beiden vergaben auch beste Chancen. Als Leitl nach Pass von Mendez dann doch die Führung erzielte, schien der Weg frei. Erst danach begannen sich die Kickers zu wehren. Tuccis 1:1 nach einem Stellungsfehler auf der rechten Darmstädter Abwehrseite fiel dennoch unvermittelt. Danach brach der SV 98 völlig zusammen.
Uli Mosberger
Kicker