Spielberichte: Stuttgarter Kickers – SV Elversberg (2:0)

Kickers – SV Elversberg 2:0 (0:0)

Na also: Nach neun Partien ohne Sieg gewann das Team von Trainer Robin Dutt heute im sogenannten „Geisterspiel“ gegen den SV Elversberg mit 2:0 (0:0). Die Kickers brauchten aber bis zur Schlußviertelstunde, bis der Bann endlich gebrochen war: Gegen die stark ersatzgeschwächten und sehr defensiven Gäste trafen Christian Okplala in der 75. und Mustafa Parmak in der 78. Minute.
Zur Aufstellung: Trainer Robin Dutt ließ heute dieselbe Elf wie zuletzt in Hoffenheim auflaufen: Im 4-4-2-System spielte David Yelldell im Tor, davor Moritz Steinle, Recep Yildiz, Jens Härter und Nico Kanitz in der Abwehr. Den defensiven Part im Mittelfeld übernahm Manuel Hartmann zusammen mit Mustafa Akcay, die sich auch abwechseld in die Offensive einschalteten. Auf den Flügeln spielten Sascha Benda und Oliver Stierle, vorne im Sturm Mirnes Mesic und Christian Okpala. Gästetrainer Brent Goulet musste auf viele wichtige Stammspieler verzichten. Bei der SV 07 Elversberg fielen mit Torjäger Vitus Nagorny, Fabian Bröcker und Abdul Iyodo gleich drei Spieler auf Grund von Sperren aus, zudem kamen noch ein paar verletzte Spieler hinzu. Deshalb spielten die Gäste mit einem dicht gedrängten Fünfermittelfeld und nur einer Spitze.
Zum Spielverlauf:
Vor allem die Kickers mussten sich in der Anfangsphase an die ungewöhliche Stille im GAZi-Stadion auf der Waldau gewöhnen, denn man hörte wirklich jedes Wort. Nach zehn Minuten dann aber die erste gute Chancen, als Sascha Benda auf den freistehenden Mirnes Mesic spielte, dem aber zehn Metern vor dem Tor der Ball vom Fuß sprang. Mit einer besseren Ballannahme hätte er durchaus mehr daraus machen können. Das Spiel plätscherte dann so vor sich hin, die Gäste aus Elversberg zogen sich weit zurück und machten in der eigenen Hälfte dicht. So gab es kaum ein Durchkommen für die Blauen, die aber auch immer wieder hohe Bälle ins Halbfeld auf die beiden Spitzen spielten. Doch da stand die Gästeabwehr kompakt und kopfballstark, so dass Chancen absolute Mangelware blieben. Nach dreißig Minuten dann erst die nächste Möglichkeit: Christian Okpala bediente den aufgerückten Moritz Steinle, der aus elf Metern per Kopf aber das Tor um einen Meter knapp links verfehlte. Drei Minute später hatte Christian Okpala die Chance, als eine Kopfballabwehr der Gäste nach einen Freistoß von Sascha Benda bei ihm landete. Aber sein Schuss aus spitzem Winkel konnte Gästekeeper Knödler zur Ecke abwehren (33.).
Zur zweiten Halbzeit nichts Neues: Die Kickers beherrschten die Partie ohne sich zwingende Möglichkeiten herauszuspielen. Zwei Standardsituationen sorgten dann zunächst für Gefahr: Ein Freistoß von Sascha Benda aus 20 Metern konnte der Gästetorhüter Knödler gegen die tiefstehende Sonne abfangen (52.). Dann eine gute Position für Jens Härter: Freistoß aus gut 18 Metern halblinker Position, doch sein Schlenzer über die Mauer ging auch über das Tor (55.). Danach zumindest mal zwei nenneswerte Konter der Gäste, die Stürmer Maas mit einem Schuss ans Außennetz (58.) und einem Schuss entlang der Grundlinie über das Tor hinweg (60.) vergab. David Yelldell im Kickers-Tor wäre aber beide Male auf dem Posten gewesen. Die beste Chance bis dato im Spiel hatte dann aber der eingewechselte Elversberger Zinnow: Die Gäste konnte sich im Mittlefled den Ball erobern, wo Zinnow angespielte wurde und zu einen tollen Solo ansetzte – vorbei an Freund und Feind und schließlich auch an Kickers-Torhüter David Yelldell, der ihn aber entscheidend abdrängen konnte. Den Nachschuss von Delic blockte dann schließlich Recep Yildiz ab (68.). Doch spätestens mit der Einwechslung von Bashiru Gambo (70.) – Mustafa Parmak (58.) kam bereits in der 58. Minute – wurden die Kickers-Angriffe besser und durchdachter. Der Druck wuchs immer mehr, und als Nico Kanitz einen Kracher aus dem Rückraum an die Latte knallte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Führungstreffer gelingen sollte. Die Gäste wurde merklich müder und ließen kräftemäßig nach, was die Blauen dann in der 75. Minute endlich ausnutzten: Ein toller Angriff über Mustafa Parmak über die rechte Seite, der mit Mirnes Meesic eine Doppelpass spielte, im Strafraum dann vor dem klärenden Elbversberger Abwehrspieler quer auf den freistendenden Christian Okpala legte, der ohne Mühe aus sieben Metern sicher zur 1:0 Führung vollstreckte. Und nur drei Minuten später zappelte das Leder erneut im Netz: Den Freistoß aus 20 Metern von Mustafa Parmak fälschte die Elversberger Mauer unhaltbar für Knödler im Gästetor zum 2:0 ab (78.). Somit war der erste Sieg nach neun sieglosen Partien unter Dach und Fach. Das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit fand ohne Zwischenfälle statt. Ca. 600 Kickers-Fans verfolgten auf Leinwänden und TV-Geräten im Kickers-Clubrestaurant im ADM-Sportpark die Partie live.
Die Trainerstimmen:
Brent Goulet: „Mit dem letzten Aufgebot an Spielern sind wir nach Stuttgart gefahren um vielleicht durch eine Standardsituation oder ein Konter das 1:0 zu erzielen oder zumindest zu Null zu spielen. Wir sind heute sehr gut gestanden und es war auch alles soweit in Ordnung bis wir umstellen bzw. auswechseln mussten. Wir hatten einige angeschlagenen Spieler, mit zunehmender Spielzeit hat es nicht mehr so geklappt und wir haben die entscheidenden Zweikämpfe verloren. Zinnow hatten eine riesen Chance, die leider nicht zum Erfolg geführt hat. In der Schlußphase hatten wir aber nichts mehr entgegenzusetzen. Aufgrund des hohen Drucks war der Sieg für die Kickers hochverdient.“
Robin Dutt: „Wir kamen uns heute vor als ob wir zusammen einen alten Baum fällen mussten. Aber es gehört Taktik dazu, um zusammen an einer Stellen anzusetzen. Wir haben den Druck so lange aufrecht gehalten bis endlich das Tor fallen musste. Die Mannschaft war gewillt nach vorne zu spielen. Aber bei allem Druck war es wichtig nicht in einen Konter zu laufen, doch die Mannschaft hat sehr gut nach hinten gearbeitet und die Bälle früh zurückgewonnen. Die einzige Chance im Spiel für Elversberg von Zinnow wäre mehr als unverdient gewesen, aber alles konnte ja nicht gegen uns laufen. Elversberg stand zu lange zu tief, bis ein Fehler passierte und wir die Tore erzielt haben. Mit dem Sieg heute haben wir die Vorrunde versöhnlich abgeschlossen und stehen nun auf dem besten Platz seit dem Zweitligaabstieg.“
Die Spielstatistik:
SV Elversberg: Kevin Knödler – Daniel Schommer, Carsten Birk (70. Cüneyt Kocabicak), Jan Velkoborsky, Lamine Cisse – Timo Böttjer, Dubravko Kolinger, Denny Herzig, Almir Delic, Abdelaziz Tafer (46. Stefan Zinnow) – Stephan Maas (80. Holger Lemke) — Trainer: Brent Goulet Kickers: Nico Kanitz — Jens Härter, Recep Yildiz, Moritz Steinle — Manuel Hartmann, Mustafa Akcay (70. Bashiru Gambo), Sascha Benda (58. Mustafa Parmak), Oliver Srtierle (82. Sven Sökler) — Mirnes Mesic, Christian Okpala — Trainer: Robin Dutt
Schiedsrichter: Tobias Stieler (Obertshausen) Verwarnungen: Gelbe Karten: – ; Almir Delic, Daniel Schommer, Jan Velkoborsky
Zuschauer: 30 Medienvertreter und Funktionäre beider Vereine
Torfolge: 1:0 Christian Okpala (75.) 2:0 Mustafa Parmak (78.)

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Auch ohne Fans – Kickers schlagen Elversberg 2:0

Am Ende sind alle glücklich vereint

Stuttgart. Die Stuttgarter Kickers können doch noch gewinnen – sogar im Geisterspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es war das zweite im deutschen Profifußball.

Hans Kullen läuft nicht viel. Sein körperlicher Einsatz ist ziemlich überschaubar. Der schlanke Mann hält sich zurück – was heute aber nicht schlimm ist. Denn Kullen ist kein Fußballprofi. Er ist 64 Jahre alt – und Präsident der Stuttgarter Kickers. Normalerweise eilt er vor den Heimspielen in der Regionalliga Süd durch die Katakomben des Gazistadions. Hier einen Sponsor begrüßen, dort einen Gönner. Ein Handschlag mit alten Kickers-Größen – auch ein wenig Zeit für die Journalisten sollte sein. Doch heute ist nicht normalerweise. Denn heute heißt es: Geisterspiel gegen die SV Elversberg.
14 Uhr, das Stadion ist leer. Keine Fans, keine Gesänge, keine Stimmung. Nur ein paar Offizielle, Sicherheitspersonal, Medienleute und einige Gäste – knapp 100 Personen. Alles eine Folge des Pokal-Skandalspiels gegen Hertha BSC Berlin im Oktober. Spielabbruch, 10 000 Euro Geldstrafe und ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit – nach Aachen gegen Nürnberg 2004 ist es das zweite im deutschen Profifußball. Obwohl sich allein die fehlenden Zuschauereinnahmen auf bis zu 20 000 Euro belaufen, versucht es Kullen mit Humor zu nehmen. „Heute ist eben alles noch persönlicher als sonst.“ Auf der Gegentribüne steht nur eine Pappfigur – Beckenbauer aus einer Werbung, aber mit Kickers-Trikot. Davor ein Fan-Transparent: „Immer hinter euch.“

Der erste Applaus gilt Kickers-Wirt Gustav Rörich. Etwa 500 Kickersfans haben sich bei prächtigem Herbstwetter zum öffentlichen Gucken (Public Viewing) im ADM-Sportpark eingefunden. Drei große Bildschirme, wobei man auf dem größten leider nichts public viewen kann, weil die Sonne dagegen sticht. Der Wirt gibt sein Bestes, rückt einen Schirm gegen die Sonne. Es geht besser. Die Fans singen sich warm (SVK, wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar), aber irgendwie ins Nichts, denn gekickt wird ja ein paar 100 Meter weiter. „Wir hätten auch näher ans Stadion ran können, aber das haben wir dem DFB versprochen“, sagt Kickers-Präsidiumsmitglied Dieter Wahl, der persönlich die fünf Euro Obolus pro Person kassiert, wovon zwei Euro für krebskranke Kinder sind und die restlichen drei wohl kaum für die Deckung der Übertragungskosten reichen werden.

Die abstiegsbedrohte SV Elversberg igelt sich hinten ein, und die Kickers finden keine Mittel, den Abwehrrigel zu knacken. Die Partie schleppt sich dahin.

Kurz vor drei. „Wir werden alle dafür bestraft, weil einer Mist gebaut hat“, mault ein Kickersfan. Er spürt, dass seine Mannschaft Unterstützung braucht, aber sie dürfen ja nicht. Es wird ruhiger, die Leute trinken Bier oder Cola und schauen einem Spiel zu, dem man wirklich nicht zuschauen muss.

Kurz nach drei: Endlich sorgt ein Kopfball von Kickers-Verteidiger Moritz Steinle für ein wenig Stimmung bei den Verantwortlichen auf der Haupttribüne. Wenig später schreit Trainer Robin Dutt nach einer missglückten Flanke: „Moritz, geh doch weiter.“ Jeder Kommentar ist zu hören, jedes Knallen des Balls gegen die Werbebanden.

15.37 Uhr. Tiefpunkt unter blauen Sonnenschirmen. Die Leute gucken traurig ins Bier. Ein paar vereinzelte „Scheiß DFB“-Rufe und dann sagt einer: „Der VfB führt in München 1:0.“ Schlimmer kann es nicht werden.

15.42 Uhr. Dutt wechselt Mustafa Parmak ein – und mit ihm das Glück. Erst bereitet er das 1:0 durch Christian Okpala vor (76.) – das erste Tor des Stürmers seit dem Pokaltriumph über den HSV. Zwei Minuten später trifft Parmak selbst zum 2:0. Der erste Dreier der Kickers nach neun Spielen ohne Sieg. „Eine Riesenbefreiung“, sagt Mittelfeldspieler Manuel Hartmann. Und: „Ohne Fans ist das wie im Training.“

Na also, geht doch. Kurz nach vier dröhnt Status Quo durch den ADM-Park. „Rocking all over the world“. Zwei Tore in zwei Minuten. „Der SVK ist wieder da“, donnern die Fans und fügen ein glückseliges „Scheiß VfB“ hintendran, weil mittlerweile Bayern führt. Es ist also doch noch ein perfekter Nachmittag für die Blauen geworden.

16.45 Uhr. Auch der Trainer Dutt hat seinen Humor wieder gefunden. Für heute sehe er das Spiel ohne Zuschauer mal positiv. „Da kannst du endlich mal Anweisungen geben, die auch gehört werden.“ Dann wird es doch noch laut im Gazistadion – in der Kickers-Kabine. Zu einem flotten Beat wird gesungen und getanzt. Danach geht es in den ADM-Park zu den Fans. Am Ende wieder vereint.

Sonntag Aktuell via Ruby im Offiziellen Forum

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