Schwarze Zahlen bei den Blauen
Die Stuttgarter Kickers sind mit 20 Punkten Tabellenführer und weisen in der Bilanz ein Plus aus
STUTTGART. Die Stuttgarter Kickers haben mit dem 1:1 (1:0) gegen Saarbrücken die Tabellenführung in der Fußball-Regionalliga verteidigt. „Vor zwei Jahren hätten wir so ein Spiel noch verloren“, sagt der Trainer Robin Dutt.
Von Joachim Klumpp
Unmittelbar nach Spielschluss haben am Samstag im Gazistadion die Umbauarbeiten begonnen. Für die Kollegen der Stuttgart Scorpions, die gestern an gleicher Stelle ihr Playoff-Spiel im Viertelfinale um die deutsche Football-Meisterschaft betritten haben. Von solchen sportlichen Meriten sind die Kickers zwar weit entfernt, doch dass sie ein Wörtchen um den Aufstieg in die zweite Liga mitreden wollen, haben sie auch am Samstag demonstriert, obwohl es gegen den 1. FC Saarbrücken nur zu einem 1:1 gereicht hat.
Nur? „Man darf nicht vergessen, dass wir gegen einen ambitionierten Zweitligaabsteiger gespielt haben“, sagte der Kickers-Trainer Robin Dutt. Und er fügte hinzu: „Vor zwei Jahren hätten wir so ein Spiel noch verloren. Saarbrücken hat hier auf Konter gespielt. Das zeigt, wie viel Respekt wir uns erarbeitet haben.“ Die Entwicklung stimmt, sogar die Ausfälle können weit gehend verkraftet werden (Kanitz etwa ließ Steinle vergessen), nur im Sturm fehlt ein Christian Okpala als Vollstrecker. „Mit ihm hätten wir heute wahrscheinlich gewonnen“, sagte Dutt.
So blieb es beim leistungsgerechten Remis, weil die Gäste vor allem vor der Pause gefälliger agierten, und die Kickers aus ihrem großen Plus an Standardsituationen kein Kapital schlagen konnten. Dutt: „Da hatten wir nicht die Qualität der vergangenen Wochen.“ Somit haben es die Kickers verpasst, durch einen Sieg die Konkurrenz noch mehr auf Distanz zu halten. Und zu der gehört neben dem VfB Stuttgart II (nicht aufstiegsberechtigt) und der TSG Hoffenheim auch Saarbrücken, Wehen, vielleicht sogar ein Außenseiter wie der SSV Reutlingen, der zum nächsten Heimspiel ins Gazistadion kommt. „Letztendlich können wir mit dem Punkt leben“, sagte Dutt, „mit einigen Situationen im Spiel dagegen überhaupt nicht.“ Doch das wird intern angesprochen. Bei der Manöverkritik.
Ein anderes Thema ist intern bereits geregelt worden. Der Aufsichtsrat hat einstimmig entschieden, den amtierenden Präsidenten zu bitten, „für eine weitere Amtsperiode zu kandidieren“, wie es der Aufsichtsratvorsitzende Christian Mauch nach dem Spiel formulierte. Diesem Wunsch ist Hans Kullen bereits nachgekommen. Und auch das restliche Präsidium dürfte, genau wie das Kontrollorgan (mit Ausnahme von Joachim Bayh, der aus persönlichen Gründen ausscheidet), am 21. November bei der Jahreshauptversammlung wieder antreten. Warum auch nicht, wo es gerade so gut läuft.
Denn nicht nur sportlich stehen die Kickers im Soll, auch finanziell schreiben sie offensichtlich wieder schwarze Zahlen. Die Bilanz der abgelaufenen Spielzeit 2005/06 soll jedenfalls mit einem Plus abgeschlossen haben – dem Vernehmen nach in fünfstelliger Höhe. Das hat es schon lange nicht mehr gegeben. Und weil die Rahmenbedingungen stimmen, stellt sich durchaus die Frage, wie es mit dem Trainer weitergeht, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft und der nicht erst seit dem kurzen Flirt mit Hannover 96 bundesweit im Gespräch ist.
Und bei den Kickers? „Wir sprechen jeden Tag miteinander“, sagt Präsident Hans Kullen, der bei diesem Thema allerdings nicht in Hektik verfallen möchte. „Dazu besteht kein Grund, weil zwischen uns beiden ein absolutes Vertrauensverhältnis herrscht.“ Der Trainer wiederum hat vor der Saison die Winterpause als passenden Zeitraum für die entsprechenden Gespräche genannt, sagt aber auch: „Wenn der Verein früher auf mich zukommt, wehre ich mich nicht dagegen.“ Wenn nicht alles täuscht, wollen Präsidium und Management die Kontaktaufnahme in diesem nicht ganz unwichtigen Punkt intensivieren – so bald als möglich.
Schließlich können die Weichen für die nächste Saison nicht früh genug gestellt werden, auch wenn Dutt viel sagend erklärt: „Es könnte ja auch noch ganz andere Konstellationen geben.“ Welche? Nach StZ-Informationen verlängert sich Dutts Vertrag automatisch – im Falle des Aufstiegs.
Stuttgarter Kickers: Yelldell – Benda, Yildiz, Härter, Kanitz – Parmak (46. Bischoff), Hartmann, Akcay (73. Kanyuk), Gambo – Schlabach (52. Sökler), Mesic.
Schiedsrichter: Jochen Drees (Mainz).
Tore: 1:0 Mesic (43.), 1:1 Gebhardt (48.).
Zuschauer: 4180.
Stuttgarter Zeitung
Viel Trubel – neben dem Platz
Stuttgarter Kickers nach 1:1 gegen Saarbrücken weiter ungeschlagen
Stuttgart – Ein nicht gerade überzeugender Schulterschluss zwischen Aufsichtsrat und Präsident sowie Turbulenzen auf der Tribüne. Am Rande der Partie zwischen den Stuttgarter Kickers und dem 1. FC Saarbrücken war einiges geboten. Nur auf dem Platz ging es beim 1:1 etwas ruhiger zu.
VON CARSTEN MEYER
Christian Mauch, der Vorsitzende des Kickers-Aufsichtsrats, sah nicht unbedingt glücklich aus, als er das Mikrofon ergriff. Es war gegen Ende der Pressekonferenz, die im Gazistadion oftmals sehr gewöhnungsbedürtig verläuft. Sie findet ja im gut gefüllten Vip-Raum statt, und trägt bisweilen Züge eines Bauerntheaters. Denn immer wieder gibt es vom Publikum launige Zwischenrufe mit schwäbischem Zungenschlag („Was soll jetzt au di blöde Frog?“).
Nun also stand Mauch vor dem Auditorium und las eine kurze Erklärung von einem Zettel ab. Darauf stand erstens, dass mit Ausnahme von Joachim Bayh (persönliche Gründe), alle anderen Mitglieder des Gremiums zu einer Wiederwahl bereit seien. Und zweitens „haben wir Hans Kullen gebeten, sich für eine weitere Amtsperiode als Präsident zur Verfügung zu stellen“. „Oder auch für zwei!“, forderte prompt ein Zuhörer aus der hinteren Reihe lautstark. Die Mitgliederversammlung findet am 21. November statt. Das alles hört sich idyllisch an – ist es aber nicht. Das Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und dem nicht gerade sensibel und kooperativ auftretenden Präsidenten ist unterkühlt. Der Treueschwur des Aufsichtsrates, so heißt es, sei nur auf Druck von Kullen erfolgt, die Atmosphäre hinter den Kulissen sei weiter angespannt.
Das war sie am Samstag auch im Fanblock der Saarbrücker. Die Gäste-Anhänger fühlten sich nach dem 1:0 von Mirnes Mesic provoziert und wollten spontan das Spielfeld entern. Als das nicht gelang, zog es sie in den Block der Kickers-Fans. Die Polizei rückte mit Hunden an. Das Ergebnis: wieder Ruhe – sowie drei Personen, die von den Polizeihunden gebissen wurden.
Wenigstens aus sportlicher Sicht verlebten die meisten Beteiligten einen harmonische Nachmittag. Zumindest wollte sich keiner über das gerechte Remis ärgern. Saarbrückens Trainer Michael Henke freute sich über einen Punkt beim ungeschlagenen Spitzenreiter – und Trainer Robin Dutt verwies auf den starken Kader des Zweitligaabsteigers, auf die englische Woche seines Teams und zog die Schlussfolgerung: „Wir können mit dem Unentschieden leben.“
Der Blick auf die Tabelle eröffnete im Vorfeld ungeahnte Möglichkeiten. Die Blauen hatten schon am achten Spieltag die Chance, Teile der unliebsamen Konkurrenz auf einen Aufstiegsplatz entscheidend zu distanzieren. Mit einem Sieg hätten die Kickers zehn Punkte Vorsprung auf Hoffenheim und elf auf Saarbrücken gehabt – auf jene Teams, die als die stärksten in der Liga gelten. Nun sind es acht Zähler auf beide. Und Dutt ahnt: „Hoffenheim und Saarbrücken werden bald gewaltig kommen. Bis dahin sollten wir ein schönes Polster haben.“
Sie sind auf einem guten Weg – daran ändert auch das Unentschieden nichts.
Stuttgarter Nachrichten
Neue Gefühle bei den Kickers
Mühsames 1:1 gegen Saarbrücken – Stuttgarter Regionalligist trifft im DFB-Pokal auf Hertha BSC
Stuttgart – Nur ein Punkt und wenig spielerischer Glanz: Trotzdem herrschte bei den Stuttgarter Kickers nach dem 1:1 (1:0) gegen den 1. FC Saarbrücken in der Fußball-Regionalliga Zufriedenheit vor. Und als mit Hertha BSC der nächste Pokalkracher zugelost wurde, hellte sich nicht nur die Laune von Präsident Hans Kullen weiter auf.
Von Claus Hintennach
Robin Dutt klatschte in die Hände, anschließend fiel der Kickers-Trainer Hans Kullen in die Arme. Die Gesten nach den 90 Minuten gegen Saarbrücken wären eines Siegers würdig gewesen. Sie dokumentierten aber eher die Erleichterung, dass der Spitzenreiter auch nach dem achten Spieltag noch ungeschlagen ist. Und doch versäumten es die Kickers, sich ein komfortables Punkte-Polster vor der Konkurrenz zuzulegen. „Für den von uns betriebenen Aufwand kam zu wenig heraus“, befand Dutt. Viele Ungenauigkeiten hatten sich ins Stuttgarter Spiel eingeschlichen. Trotzdem stehen die Kickers weiter oben – und können sich auf einen weiteren Pokal-Feiertag freuen.
Im ZDF-Sportstudio hat Nationalspielerin Kerstin Stegemann den Kickers für die zweite Runde im DFB-Pokal den Bundesligisten Hertha BSC zugelost. Kullen demonstrierte anschließend das neue Selbstvertrauen der „Blauen“, als er ankündigte, man wolle sich für den Berliner Besuch in Stuttgart im kommenden Jahr zum Finaltermin revanchieren. Als „attraktiv“ und „nicht ganz aussichtslos“ stufte er Gegner und Aufgabe ein. Der Traum vom Pokalsieg sei erlaubt, doch die Regionalliga-Realität besitzt Priorität. Und da hat sich der Tabellenführer bei den Gegnern gehörigen Respekt erarbeitet. Diese lauern dann wie Saarbrücken – selbst ein Aufstiegsaspirant – auf Konter und sind am Ende mit einem Unentschieden zufrieden.
„Es ist ein neues Gefühl, dass der Gegner mit elf Mann in der eigenen Hälfte steht“, sagte Dutt. Der Coach bedauerte deshalb nicht nur das Fehlen des verletzten Torjägers Christian Okpala (Schienbeinkopfprellung), sondern dass die vielen Freistöße und Eckbälle wirkungslos verpufften. Spieler wie Manuel Hartmann und Mirnes Mesic verwiesen zudem darauf, dass die vergangenen Wochen Kraft gekostet hätten. „Jetzt zeigt sich, ob wir eine Spitzenmannschaft sind, das Spiel abhaken und wieder gewinnen können“, fügte Hartmann hinzu.
Gegen Saarbrücken war Bashiru Gambo fit gespritzt worden, Moritz Steinle fiel hingegen mit Rückenproblemen aus. Die erste Hälfte verlief ereignisarm, einzig einige Gäste-„Fans“ sorgten mit Rauchbombe und Knallkörper für Aufregung und eine Spielunterbrechung. Chancen waren Mangelware, die besten vergaben Mansour Assoumani für Saarbrücken (9.) und Mesic für die Kickers (19.).
Die Führung der Gastgeber entsprang dann dem Kuriositätenkabinett. Einen langen Ball von Mustafa Akcay wollte der für den verletzten Peter Eich im Saarbrücker Tor stehende Enver Marina zunächst vor dem Strafraum klären. Als er dann die Kugel aber doch in die Hand nehmen wollte, geriet er ins Straucheln. Mesic setzte nach und schob zum 1:0 ein (44.). Einige Saarbrücker Anhänger wollten anschließend den Kickers-Fanblock stürmen und mussten von der Polizei zurückgedrängt werden. Gäste-Trainer Michael Henke sprach von unentschuldbarem Verhalten.
Nach dem Wechsel gelang Marco Gebhardt der schnelle Ausgleich (48.), nachdem Timo Schlabach an der Mittellinie den Ball verloren und den Zorn des Trainers auf sich gezogen hatte. Die Auswechslung folgte auf dem Fuß. Danach wurde die Partie farbiger, aber nicht hochklassig. Es blieb beim gerechten Unentschieden. Nach dem Spiel hielten die Kickers-Spieler im Mittelkreis Schilder mit Buchstaben in die Höhe, die als „Danke Fans“ zu lesen waren. Eine Geste, um die Unterstützung in den vergangenen Wochen zu honorieren. Eine zündende Idee der Mannschaft, die sie zuvor auf dem Rasen vermissen ließ.
Stuttgarter Kickers: Yelldell – Benda, Yildiz, Härter, Kanitz – Hartmann – Parmak (46. Bischoff), Akcay (74. Kanyuk), Gambo – Mesic, Schlabach (51. Sökler).
1. FC Saarbrücken: Marina – Halet, Assoumani, Genet, Kling – Haffner, Nehrbauer, Hornig, Gebhardt (65. Karaoglan) – Jäger (87. Hajdarovic), Saglik (82. Reuter).
Schiedsrichter: Drees (Mainz).
Zuschauer: 4180.
Tore: 1:0 Mesic (44.), 1:1 Gebhardt (48).
Gelbe Karten: – /Gebhardt, Saglik, Assoumani.
Beste Spieler: Kanitz, Mesic/Nehrbauer, Saglik
Eßlinger Zeitung
Mesic nutzt Marinas Stolperer
Das Spiel der Aufstiegsaspiranten erfüllte die hohen Erwartungen nicht. Die Kickers kamen nicht wie gewohnt ins Spiel und ließen ihre Stärke bei Standards vermissen, zudem machte sich das erneute verletzungsbedingte Fehlen von Torjäger Okpala bemerkbar. Auch Saarbrücken blieb offensiv bis auf eine Chance von Assoumani (8.) zunächst harmlos, für die Kickers verpasste Mesic die Führung (19.).
Den kuriosen Höhepunkt des schwachen Spiels sahen die Fans in der 44. Minute: FCS-Torwart Marina wollte einen harmlosen Ball zunächst vor der Strafraumgrenze wegtreten, entschied sich dann aber anders und kam beim Zurücklaufen ins Stolpern. Nach dem gerechten 1:1 durch Gebhardt, der eine Flanke von Kling über die Linie drückte, lebte die Partie vor allem von der Spannung. Saarbrückens Haffner und Saglik ließen zwei gute Chancen ungenutzt.
Matthias Jung
Kicker