Prickelndes Derby: Kickers gegen VfB
Kickers Tabellenführer
DEGERLOCH – Zum absoluten Spitzenspiel der Regionalliga kommt es am Freitagabend, 18. August, um 19 Uhr im GAZi-Stadion auf der Waldau am Fernsehturm zwischen den Stuttgarter Kickers und dem VfB Stuttgart II. Bei diesem prickelnden Derby geht es nicht nur um das Prestige, sondern um wichtige Punkte in der Meisterschaft. Mit drei Siegen in drei Spielen sind die „Blauen“ der souveräne Tabellenführer, aber auch der VfB als Vierter ist noch ungeschlagen. Mal sehen, welche Serie nach diesem „Fußball-Thriller“ hält.
Im Derby steckt viel Brisanz
Kickers selbstbewusst – VfB wehrt sich nach grobem Foul an Ikeng
Stuttgart – Spitzenreiter Stuttgarter Kickers befindet sich auf dem Höhenflug. Der VfB Stuttgart II steht in der Fußball-Regionalliga ebenfalls noch ungeschlagen auf dem vierten Platz. So viel Brisanz wie vor dem Duell am morgigen Freitag (19 Uhr/Gazistadion) steckte noch nie in einem kleinen Derby zwischen Blau und Rot.VON JÜRGEN FREY
Die hektische Betriebsamkeit in der Kickers-Geschäftsstelle passt ins Bild zur Aufbruchstimmung bei den Blauen. Die Mitarbeiter wühlen sich durch Berge von Karten. Am gestrigen Mittwoch begann der Vorverkauf für das DFB-Pokalspiel gegen den HSV (9. September, 15.30 Uhr). Und die Nachfrage nach Tickets für die Partie gegen den VfB II zieht spürbar an. 6000 Zuschauer werden zu dieser Talentschau des Stuttgarter Fußballs am Freitagabend erwartet.
Die Spannung steigt. „Das ist kein Spiel wie jedes andere“, streicht Robin Dutt die Bedeutung des Derbys heraus. Der Kickers-Trainer möchte zum einen die Tabellenführung mit seiner selbstbewussten Elf weiter ausbauen, zum anderen die Fans beglücken. „Für unsere Anhänger“, weiß Dutt, „ist doch nichts wichtiger als ein Sieg im Derby.“ Die personellen Voraussetzungen dafür sind gegeben: Bashiru Gambo meldete sich rechtzeitig gesund zurück. Das eingespielte Team ist ein großer Pluspunkt der Blauen. Dutt nennt noch einen anderen: die mentale Stärke der Mannschaft. „Uns bringt in dieser Saison nichts aus der Ruhe, weil die Spieler untereinander großes Vertrauen haben“, erklärt der Coach.
Gute Stimmung herrscht auch beim VfB II. Wenn nur nicht die schlimme Verletzung von José-Alex Ikeng wäre. Im Spiel gegen den FK Pirmasens riss bei dem Mittelfeldspieler nach einem Foul von Nico Weißmann das vordere Kreuzband im rechten Knie. Der 19-Jährige fällt ein halbes Jahr aus. Rainer Adrion brachte die Aktion auch gestern noch in Rage. „Der Spieler sprang mit beiden Beinen von hinten in Ikeng rein, da muss man schon Verletzungsabsicht unterstellen“, schimpfte der VfB-Coach. Die Roten haben deshalb sowohl an Schiedsrichter Marco Achmüller (Krenglbach), der das Foul nur mit Gelb ahndete, als auch an Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell sowie den FK Pirmasens eine Mitteilung geschrieben. „So etwas muss künftig vermieden werden“, sagt Adrion, „hier wurde durch ein brutales Foul die Leistungsentwicklung eines Talents massiv gebremst.“
Trotz des personellen Rückschlags plant der VfB in Degerloch zu punkten. Adrions Rezept: Er will den Blauen keine Räume lassen, die sie ausnutzen können, wie etwa beim 5:2 in Aalen. Außerdem soll seine Mannschaft 90 Minuten strikt die Ordnung halten. Die Außenseiterrolle behagt den Roten. „Das Schlimmste, was den Kickers passieren könnte, wäre doch eine Heimniederlage gegen uns“, sagt Adrion – und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Das macht das Derby doch so unheimlich interessant.“
Stuttgarter Nachrichten
Bester Kickers-Start seit dem Abstieg
Drei Siege gab es noch nie
Stuttgart (jüf) – Die Stuttgarter Kickers haben in der Fußball-Regionalliga einen Traumstart hingelegt: drei Spiele, neun Punkte, Platz eins. Eine solch positive Bilanz gab es für die Blauen seit dem Abstieg aus der zweiten Liga im Jahr 2001 noch nie.2006/07
1. Spieltag: VfR Aalen – Kickers 2:5
2. Spieltag: Kickers – KSC II 2:1
3. Spieltag: K“lautern II – Kickers 0:2
2005/06
1. Spieltag: Kickers – Eintracht Trier 3:2
2. Spieltag: Regensburg – Kickers 2:2
3. Spieltag: Kickers – SV Wehen 1:1
2004/05
1. Spieltag: TSV 1860 II – Kickers 2:0
2. Spieltag: Kickers – Offenbach 1:2
3. Spieltag: 1. SC Feucht – Kickers 1:3
2003/04
1. Spieltag: Kickers – Mainz 05 II 1:0
2. Spieltag: SV Wehen – Kickers 1:1
3. Spieltag: Kickers – RW Erfurt 2:0
2002/03
1. Spieltag: Hoffenheim – Kickers 2:0
2. Spieltag: Kickers – Regensburg 0:0
3. Spieltag: K“lautern II – Kickers 1:1
2001/02
1. Spieltag: SV Wehen – Kickers 3:3
2. Spieltag: Kickers – Burghausen 0:1
3. Spieltag: SpVgg Ansbach – Kickers 0:1
Stuttgarter Nachrichten
„Wir müssen noch homogener werden“
Herr Adrion, drei Spiele, sieben Punkte. Sind Sie mit dem Start Ihrer Mannschaft in die neue Regionalliga-Saison zufrieden?
Rainer Adrion: „Was die Punktausbeute angeht sicherlich. Wir haben unsere Heimspiele gewonnen und auswärts einen Zähler mitgenommen. Damit können wir sicher gut leben. Trotzdem wissen wir aber, dass noch längst nicht alles optimal ist und wir uns weiter verbessern können und müssen.“ Wo zum Beispiel?
Rainer Adrion: „Noch ist es uns nicht gelungen, unser schnelles und druckvolles Spiel weitestgehend konstant und damit über einen Großteil der Spielzeit umzusetzen. Dazu muss die Mannschaft noch homogener werden und die Abstimmung untereinander ist zu verbessern. Daran arbeiten wir in jedem Training.“
Auch damit die einmal mehr vielen Neuzugänge im Team sich weiter integrieren?
Rainer Adrion: „Ja, natürlich. Wir sind zwar auch in dieser Hinsicht für den frühen Zeitpunkt der Saison schon sehr weit, aber natürlich gibt es beim einen oder anderen noch Verbesserungsmöglichkeiten.“
Am Schnellsten scheint sich Matthias Morys im neuen Umfeld zurechtgefunden zu haben. Er stand in allen drei Partien in der Startelf und wurde schnell zum Stammspieler?
Rainer Adrion: „Das stimmt. Er hat in der Vorbereitung wie die anderen auch gut gearbeitet und sich auf die neuen Kollegen schnell eingestellt. Seine Aufgabe hat er bislang sehr ordentlich erledigt, wie im Übrigen auch die weiteren Zugänge. So kam Michael Klauß ja auch in allen drei Partien zumindest schon als Einwechslerspieler zum Einsatz. Sebastian Hofmann hatte zuletzt leider etwas Verletzungspech und konnte noch nicht zeigen, was er leisten kann und Justus Six wird sicher zeitnah auch seine Chance bekommen.“
Von den aufgerückten VfB-Nachwuchsspielern konnte Adam Szalai mit seinem Tor in Reutlingen und einer guten Vorstellung nach seiner Einwechslung zur Pause gegen Pirmasens überzeugen. Sind Sie auch mit den Talenten aus dem „eigenen Stall“ zufrieden?
Rainer Adrion: „Der Großteil unserer Mannschaft besteht aus eigenen Junioren, die nun im ersten oder zweiten, einige wenige im dritten Jahr in der Regionalliga spielen und somit das Gerüst der Mannschaft stellen. Dies zeigt, dass die Qualität dieser Spieler entsprechend hoch ist. Nicht nur Adam Szalai sondern auch Sami Khedira oder José Ikeng, der uns aufgrund eines Kreuzbandrisses nun leider sehr lange fehlen wird, und der genauso wie Tobias Feisthammel noch in der A-Jugend spielen könnte, haben gezeigt, dass sie höheren Ansprüchen genügen.“
Sie trauen sich also zu, weitere Becks, Tascis und Nehrigs zu formen, die allesamt vor dieser Saison zu den Profis aufgestiegen sind?
Rainer Adrion: „Genau das ist unsere Aufgabe. Es geht weniger um einen bestimmten Tabellenplatz, den wir erreichen wollen, sondern vielmehr darum, unsere Talente auszubilden und an den Profikader heranzuführen.“
Gehören dazu auch Rückschläge wie zuletzt bei Bernd Nehrig, der die komplette Vorbereitung unter Cheftrainer Armin Veh absolvierte, zum Bundesligastart aber nicht im Kader stand und deshalb wieder in der Regionalliga ran konnte?
Rainer Adrion: „Das war sicher kein Rückschlag, sondern eine ganz normale Entwicklung. Auch ein Kevin Kuranyi oder ein Mario Gomez sind diesen Weg gegangen. Wenn ein Spieler den Sprung nach oben schafft und mit den Profis trainiert, heißt dies im Umkehrschluss nicht, dass er nicht auch mal bei uns spielen wird. Gerade für die Talente ist es wichtig, regelmäßig zum Einsatz zu kommen. Die knapp 90 Minuten gegen Pirmasens haben Bernd Nehrig sicher mehr gebracht, als bei den Profis auf der Bank oder der Tribüne zu sitzen. Und er hat mit einer guten Leistung gezeigt, dass er weiß, was zu tun ist, um bald auch in der Bundesliga mal eine Chance zu bekommen.“
Kann der Einsatz von Spielern wie Nehrig oder Raphael Schaschko, die bei den Profis trainieren, nicht zu Abstimmungsproblemen im Team führen?
Rainer Adrion: „Nein, denn beide kennen den Großteil der Mannschaft und sind mit dem von uns praktizierten System bestens vertraut.“
In der Saisonvorbereitung haben Sie nahezu ausschließlich gegen unterklassige Teams getestet. Hatten Sie nie die Sorge, dass es zum Start gegen die Regionalliga-Konkurrenz zu einer bösen Überraschung kommen könnte?
Rainer Adrion: „Wir haben diese Gegner bewusst gewählt, denn so konnten wir uns besser und schneller einspielen und die Neuzugänge einfacher integrieren. Zudem weiß man nach einigen Jahren als Trainer in der Liga die Stärken der Konkurrenten einzuschätzen. Wir halten schließlich immer Augen und Ohren offen und haben unsere Gegner in der Vorbereitung und bei den ersten Partien entsprechend beobachtet, so dass wir in etwa wussten, was auf uns zukommen wird.“
Wissen Sie das auch schon vor dem Stadtderby am Freitag auf der Waldau?
Rainer Adrion: „Ja, es wird sicher kein leichtes Spiel werden und das meine ich jetzt unabhängig davon, dass es sich um ein Derby handelt. Die Kickers sind optimal in die Saison gestartet, konnten als einziges Team aus den ersten drei Partien alle neun Zähler holen. Das allein zeigt, dass die „Blauen“ in dieser Saison wohl ganze vorne mitspielen werden.“
Glauben Sie, dass es deshalb bald kein Regionalligaderby zwischen den Kickers und dem VfB II geben könnte?
Rainer Adrion: „Gut möglich, dass die Kickers am Ende der Runde aufsteigen werden. Sie haben eine schon im Vorjahr gut besetzte, allerdings noch nicht konstant genug agierende Mannschaft mit drei überdurchschnittlichen Akteuren verstärkt. Laszlo Kanyuk fiel zwar bislang aus und wird auch noch verletzungsbedingt einige Zeit fehlen, aber Sascha Benda und Christian Okpala haben ihre Klasse gleich beweisen können.“
Okpala hat bereits drei Tore erzielt. Ist der Respekt vor dem Kickers-Stürmer besonders groß?
Rainer Adrion: „Wir wissen um seine Stärken und werden uns entsprechend vorbereiten. Wichtig wird sein, dass wir uns gegen diesen großen und körperlich starken Stürmer entsprechend wehren und ihn vor allem im Strafraum nicht gewähren lassen.“
Was wird noch notwendig sein, damit die Kickers nicht auch das vierte Saisonspiel am morgigen Freitag mit drei Zählern auf der Habenseite beenden können?
Rainer Adrion: „Wir müssen ähnlich aggressiv und kompakt spielen, wie in der zweiten Hälfte gegen Pirmasens. Dazu müssen wir unsere eigenen Chancen besser nutzen. Dann sind wir sicher auch auf der Waldau in der Lage, etwas Zählbares mitzunehmen. Denn wir fahren nicht nach Degerloch und sagen uns von vorneherein, dass wir keine Chance haben.“
Sie wollen also mindestens einen Punkt entführen?
Rainer Adrion: „Ja, mindestens!“