Presse zu „Hurra, wir kicken noch“

Vielleicht reicht jetzt das Geld für einen Stürmer

Theaterhaus Bei der Gala zugunsten der viertklassigen Stuttgarter Kickers ließ sich Ironie nicht vermeiden. Von Matthias Sander

Ein bisschen war es wie auf der Waldau: es gab Bier in Plastikbechern und Stadionwurst. Karten kosteten so viel wie ein Stehplatz im Stadion. Die Mannschaft schien im Bus direkt aus Freiburg zu kommen, wo sie am Nachmittag ihr erstes Saisonspiel hatte. Drinnen, im ausverkauften Saal des Stuttgarter Theaterhauses, hing ein Fanbanner über der Bühne. Die schönste Parallele zum Stadionbesuch war bei der Spendengala für die nunmehr viertklassigen Stuttgarter Kickers aber sicherlich das Publikum. Man trug Schal und Trikot, Jackett oder Trainingsanzug, Freizeitkleidung oder Fanshirts. Während im Stadion das Publikum mehr oder weniger nach sozialem Status auf Haupttribüne und Fankurve verteilt ist, saß man hier auf derselben Tribüne.

Unter dem Motto „Hurra, wir kicken noch!“ hatte der Kolumnist und Kickers-Fan Joe Bauer auf den Pragsattel geladen. Weit weg von Degerloch zwar, wo die Kickers beheimatet sind, aber immerhin auch auf einer Anhöhe. Und von der lässt es sich prima auf die in Bad Cannstatt heimischen Roten vom VfB hinunterblicken, stellte Bauer fest. Dass das nur rein geografisch stimmt, tut nichts zur Sache, denn an irgendwas muss sich ein Fußballfan eben festkrallen, wenn es mit seinem Verein kontinuierlich bergab geht.

Das ist noch nicht mal hämisch gemeint, denn am meisten Häme bekamen die Stuttgarter Kickers am Galaabend von den auftretenden Künstlern selbst ab. Nach dem Abstieg in der letzten Saison spiele man nun in der S-Bahn-Liga, sagte Joe Bauer. Michael Gaedt riss sich sein schwarzes Netzhemd vom Leib, sagte, „in der vierten Liga ist eh alles scheißegal“, und zeigte seinen nackten Oberkörper, der wie die Kickers schon bessere Zeiten gesehen hatte. Der Moderator Stefan Kiss, Sportreporter beim SWR, begann die Gala mit der Bemerkung, nach dem torlosen Unentschieden der Kickers wenige Stunden zuvor würden die Einnahmen des Abends nun wohl in einen Stürmer investiert. Selbst wer nicht regelmäßig auf die Waldau geht, kapierte, dass eine Portion Masochismus dazugehören muss, es doch zu tun. Und der Kickers-Mannschaft, die im Saal saß, wünschte man ganz, ganz viel Selbstironie.

Sieht man davon ab, dass sich Moderator Kiss für den gespielten Versprecher „Hurra, wir f… kicken noch!“ nicht zu schade war, war es bis zur Pause ein gelungener Abend. Die achtköpfige Ska-Band Nu Sports heizte dem Publikum ein; Joe Bauer las; Michael Gaedt und Michael Schulig präsentierten Nummern aus ihrer Rock-Revue; Ralf Schübel sang von einem armen VfB-Fan. Über die Spielanlage und das Defensivverhalten wurde auch geredet: Der Kickers-Trainer Dirk Schuster und der Kapitän Marcel Rapp wurden von Kiss auf die Bühne gebeten und im Stile einer Fußballsendung zum Spiel in Freiburg interviewt.

Bange sah man dem Auftritt von Timo Brunke entgegen: Wie würde der filigrane Wortakrobat vor einem Fußballpublikum bestehen, das auf den primitiven Hit „I like to move it“ aus den neunziger Jahren abging? Die Bedenken waren völlig umsonst. Gestenreich und atemlos trug Brunke seine Hymne über den Fußball vor, philosophierte über den gegnerischen Torwart, der doch eigentlich ein Freund ist, schließlich „wirft er sich für dich in den Dreck“, entlockte mancher Zuschauerin ein Jauchzen, sprach vom Torjäger und dem Tor, das ein Schweizer Käse ist – „und du bist ein Löcherexperte“-, erntete im Saal vergnügte Lacher und tosenden Applaus.

Leider ging es nach der Pause nicht genauso furios weiter wie beim abwechslungsreichen Programm der ersten Halbzeit. Michael Gaedt und Michael Schulig schienen nun die Bühne für sich zu haben. Damit trieb man einige Zuschauer aus dem Saal. Gaedt und Schulig warfen Feuerzeuge ins Publikum zum Flammenschwenken und nutzten ein Schlauchboot zum Stagediven. Das waren sicherlich lustige Ausschnitte ihrer aktuellen Show über Rockklischees, doch mit den Kickers hatte das nichts zu tun. Bei der Heimfahrt fiel der Blick an der U-Bahn-Station auf eine Anzeigetafel, auf der „Degerloch“ stand. Man könnte mal wieder auf die Waldau gehen, dachte man. Nächsten Freitag ist Heimspiel.

Stuttgarter Zeitung

„Blau ist ein Zustand“
400 Gäste feiern bei einer Show im Theaterhaus die Stuttgarter Kickers

Die Kickers spielen in der Regionalliga – was soll“s. Bei der Show „Hurra, wir kicken noch“ im Theaterhaus feierten Künstler und Fans ihren Lieblingsverein aus Degerloch.

Von George Stavrakis

„Wenn es um Fußball in Stuttgart geht, sind wir dabei“, sagt Theaterhaus-Chef Werner Schretzmeier. Der Mann hat ein Herz für die Kickerei – ebenso wie StN-Kolumnist Joe Bauer, der die Show für die Fans der Stuttgarter Kickers im Theaterhaus organisierte. Der Laden war mit mehr als 400 Gästen ausverkauft – und keiner hat“s bereut. Statt Hoffenheim gegen Bayern zu schauen, feierten die Fans der Blauen sich und ihren von Sorgen geplagten Club mit einer Show der Extraklasse, souverän moderiert von SWR-Sportjournalist Stefan Kiss.

Für neun Euro – dem Preis einer Stehplatzkarte im Stadion auf der Waldau – gab es Balsam auf die blauen Seelen. Die Große Rockschau mit Michael Gaedt und Michael Schulig machte lautstark Alarm, die Skaband Nu Sports sorgte für Begeisterung. Wortkünstler Timo Brunke demonstrierte, was mit deutscher Sprache möglich ist. Er kam gar unversehrt mit einem Song über einen Fan des VfB Stuttgart davon. Nach Überraschungsgast Roland Baisch schwelgten die blauen Fans dermaßen, dass auch Ralf Schübel, eskortiert von den Security-Männern Schulig und Gaedt, trotz seines Lieds „I ben ein Fan vom VfB“ den Abend unverletzt überstand. Alle Künstler traten übrigens ohne Gage auf.

Dreh-und-Angel-Punkt des blauen Abends war Joe Bauer. Gewohnt bruddelig-sympathisch erzählte er beispielsweise vom legendären Kickersfan Kottelett, und manche der älteren Anhänger des Kultclubs aus Degerloch nickten wissend.

Die Kickers, die nach dem Punktgewinn in Freiburg mit dem Bus ins Theaterhaus gekommen waren, dürfen sich in dieser Saison auf solche Fans freuen. Regionalliga hin oder her – Bauer brachte es auf den Punkt: „Blau ist keine Farbe, blau ist ein Zustand.“

Stuttgarter Nachrichten

Kicker-Kultur – Show im Theaterhaus ist ausverkauft

DEGERLOCH
Um es vorwegzunehmen: „Hurra, wir kicken noch!“ – so lautete der Fußballabend im Theaterhaus vergangenen Samstag. Der erste Fußball-Kultur-Doppelpass für Kickers-Fans zeigte enorme Wirkung und sorgte für ein ausverkauftes Haus.

Joe Bauer, langjähriger Kolumnist der Stuttgarter Nachrichten und ebenfalls seit Jahrzehnten ein leidensgeprüfter Anhänger der Stuttgarter Kickers, hatte als Organisator mit seinen Künstlerkollegen die Show auf die Beine gestellt.

Mit dabei waren auch die Trainer, alle Spieler und Betreuer. Sie waren direkt nach dem Schlusspfiff der torlosen Saisonauftaktpartie in Freiburg mit dem Mannschaftsbus direkt zum Theaterhaus gereist.

Für eindeutig Mehrdeutiges sorgten der Performance-Poet Timo Brunke sowie der Hymnensänger Ralf Schübel und als Überraschungsgast „Countryboy Roland Baisch. In blauem Glitzer-Jackett blitzte der Moderator drei Stunden lang auf der Bühne. Und natürlich ließ es sich Joe Bauer selbst nicht nehmen, seine Gedanken, Erinnerungen und Erlebnisse aus der Historie der Blauen dem Auditorium auf die Nase zu binden.

Weil am Samstag alle Künstler ohne Gage aufgetreten sind, fließt laut Pressesprecher Frank Pfauth ein „sehr hübsches Sümmchen“ in die Kasse der Kickers. Ausreden für einen Gegenbesuch gibt es für die aufgetretenen Künstler indes keine: Alle Mitwirkenden wurden mit dem aktuellen Kickers-Trikot eingekleidet.

Der Schlusspunkt des ersten Fußball-Kultur-Doppelpasses setzte der Degerlocher Club mit der Weltpremiere der neuen Kickers-Hymne „Stuttgart deine Seele“. Sie wird erstmals beim Heimspiel an diesem Freitag gegen den SV Wehen-Wiesbaden II im GAZi-Stadion erklingen.

Stuttgarter Wochenblatt

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