Vorberichte Kickers Emden – Stuttgarter Kickers

Die Kickers unter Druck: letzte Ausfahrt Emden?

Der Präsident Dirk Eichelbaum fordert vor dem nächsten Spiel: „Wir müssen Punkte holen, wenn keiner damit rechnet“

STUTTGART. Bereits morgen früh um sechs Uhr reist der Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers zum Spiel nach Emden. Dort erwartet der Präsident Dirk Eichelbaum eine Reaktion von der Mannschaft. Die hatte nach dem 0:2 in Sandhausen aber erst einmal frei.

Von Joachim Klumpp

Eigentlich ist gestern Morgen für zehn Uhr ein Training angesetzt gewesen – doch dann: Tote Hose in Degerloch. Edgar Schmitt hat es sich anders überlegt. Und der Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum sagt: „Ich weiß, dass unser Trainer die Spieler am liebsten noch in der Nacht zum Straftraining verdonnert hätte, aber man muss das Pensum jetzt aufgrund der englischen Wochen eben auch dosieren.“ Wenn“s hilft. Doch nach der unter dem Strich peinlichen 0:2-Niederlage in Sandhausen hätte es genügend Gesprächsbedarf gegeben – auch ohne harte Arbeit. Wie sagte Schmitt: „Leider war keine Kamera im Stadion, sonst hätten sich die Spieler das gleich zweimal anschauen können.“ Diese Ansammlung von Fehlern.

Ohne den Torhüter Manuel Salz wären die Kickers mit einer richtigen Klatsche nach Hause gefahren. Die Mängelliste ist so lang gewesen, dass der Tüv für die dritte Liga unter diesen Umständen zum Saisonende am 23. Mai nicht verlängert werden könnte: Die Abwehr ungewohnt unsicher, das Mittelfeld nicht kompakt genug und der Angriff eine verkappte Ein-Mann-Schau des eifrigen Orlando Smeekes – und das alles gegen eine Mannschaft wie Sandhausen, für die es in der Liga im Prinzip um nichts mehr geht.

Im Gegensatz zu den Kickers. „So kann es nicht weitergehen“, weiß auch der Präsident, der am Samstag eine Reaktion von der Mannschaft beim Namensvetter Kickers Emden erwartet. Emden als letzte Chance? „Es kommt immer auf die Art und Weise der Niederlage an“, sagt Eichelbaum zu möglichen Szenarien. Und ein frustrierter Manager Joachim Cast fügt hinzu: „Wenn das Spiel am Dienstag unsere wahre Leistungsstärke wäre, könnten wir dichtmachen.“

Die Frage ist nun, was ist das wahre Gesicht der Kickers? Die Siege in Aue (allerdings 70 Minuten in Überzahl) oder gegen Unterhaching – oder der durchwachsene Auftritt gegen Erfurt oder gar die Niederlage in Sandhausen? Eichelbaum sagt: „Wir müssen jetzt auch mal Punkte holen, wenn keiner damit rechnet.“ Emden, der Tabellenvierte, wäre dazu prädestiniert, zumal in Ostfriesland erschwerte Bedingungen herrschen. Was vor allem die Platzverhältnisse angeht. „Das weiß jeder, der schon einmal dort war oder die Bilder im Fernsehen gesehen hat“, sagt Cast. Auf dem weichen Untergrund sind besonders Kampf und Einsatz gefordert – Tugenden, die die Kickers in Sandhausen vermissen ließen.

Man kann deshalb davon ausgehen, dass die Mannschaft wieder ein anderes Gesicht bekommt, nachdem am Dienstag der Kapitän Alexander Rosen mehr als eine Stunde lang nur auf der Bank gesessen hat. Der 21-jährige Neuzugang Simon Köpf dagegen durfte, oder musste, durchspielen, obwohl er gegen Roberto Pinto überfordert war. „Das haben wir auch gesehen, aber wir wollten auf Offensive setzen, deshalb haben wir ihn nicht ausgewechselt“, sagt Schmitt zu der Maßnahme und fügt hinzu. „Er war nicht gut, aber damit in guter Gesellschaft.“ Oder wie es Cast ausdrückt: „Die Mannschaft hat kollektiv versagt.“ Wobei sich Sascha Traut besonders negativ hervortat, nicht nur wegen einer Gelb-Roten Karte. Cast: „Die passte ins Bild.“

Abgesehen von personellen Umstellungen könnte Edgar Schmitt am Samstag aber auch über eine taktische Änderung nachdenken und wieder (wie vor der Winterpause) mit zwei Stürmern auflaufen, da der schnelle Orlando Smeekes als einzige Spitze letztlich verschenkt ist. „Aber wir dürfen jetzt auch nicht in Aktionismus verfallen“, sagt der Trainer, der zuletzt immer betont hatte: „Wir schaffen den Klassenverbleib. Wir können jeden Gegner schlagen.“ Den Beweis ist die Mannschaft in Sandhausen schuldig geblieben – und zwar auf der ganzen Linie.

Stuttgarter Zeitung

Ultimativer Weckruf für Kickers-Spieler

Trainer Schmitt und Manager Cast gehen Team bewusst hart an – Duell in Emden als Frage der Ehre

Stuttgart – Eine Brandrede als Wachmacher: Edgar Schmitt, der Trainer der Stuttgarter Kickers, faltete seine Mannschaft nach dem 0:2 beim SV Sandhausen zusammen wie noch nie. Und das ganz bewusst: Er erwartet am kommenden Samstag (14 Uhr) bei Kickers Emden eine Trotzreaktion.

VON JÜRGEN FREY

Mustafa Parmak hat in seiner Zeit bei TuS Koblenz viel erlebt. Vor allem auch in Uwe Rapolder einen Trainer, der für seine emotionalen Ausbrüche berüchtigt ist. Doch Parmaks aktueller Coach bei den Blauen übertraf in Sandhausen alles: In der Halbzeit und nach der Partie mutierte Edgar Schmitt zum HB-Männchen. Er flippte völlig aus. „In der Kabine haben die Wände gewackelt“, bestätigt Mittelfeldspieler Parmak – und fügt selbstkritisch hinzu: „Völlig zurecht.“ Viel zu wenig hielt das Drittliga-Schlusslicht am Hardtwald dagegen. Einer für alle, alle für einen, dieses Motto galt für die Blauen an diesem Abend nicht. Die Mannschaft versagte im Kollektiv.

Wie so etwas in der prekären Lage, in der die Kickers stecken, zu erklären ist? „Vielleicht haben manche nach drei guten Spielen gedacht, es geht von alleine so weiter“, vermutet Manager Joachim Cast. Deshalb ließ auch er Dampf ab wie nie. Selbst mit einem Tag Abstand schäumte der 41-Jährige noch vor Wut: „Wir haben uns präsentiert wie ein Absteiger. So etwas darf nie wieder vorkommen.“ Und mit Blick auf das Spiel bei den kampfstarken Ostfriesen in Emden stellte er klar: „Wenn wir uns dort nicht wehren, werden wir gnadenlos untergehen.“

Der Hintergrund der Botschaft ist klar: Mit ihrer scharfen öffentlichen Kritik wollten die Kickers-Strategen die Spieler an der Ehre packen, die letzten Reserven aus der Mannschaft herauskitzeln. Wer nun aber glaubt, Schmitt hätte dem Team gestern ein Straftraining aufgebrummt, täuscht sich allerdings. Der 45-Jährige griff ganz tief in die psychologische Trickkiste und setzte die ursprünglich für Mittwoch angesetzte Übungseinheit ab. „Ich wollte die Spieler einfach nicht mehr sehen“, begründete Schmitt die ungewöhnliche Maßnahme. Von Joachim Cast bekam er Unterstützung: „Es schadet nicht, wenn jeder Einzelne mal in sich geht.“

Die Spieler haben sich noch in Sandhausen in der Kabine zusammengesetzt und die Lage analysiert. Ohne Trainer. Gestern kam etwa die Hälfte der Mannschaft freiwillig in den ADM-Sportpark und absolvierte ein Regenerationsprogramm. Heute (10 Uhr) folgt das nächste Training, und morgen um 6 Uhr startet der Mannschaftsbus Richtung Emden. Ob der ultimative Weckruf tatsächlich beim Team angekommen ist, wird sich am Samstag auf dem Platz zeigen. Cast: „Ich bin ganz sicher, dass wir eine Reaktion der Mannschaft sehen werden.“ Wenn nicht, müssen sich die Blauen langsam, aber sicher mit dem Abstieg abfinden.

Stuttgarter Nachrichten

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