Presse zu Hessen Kassel – Stuttgarter Kickers (1:1)

Die Stuttgarter Kickers üben weiter den Spagat
Der Präsident Dirk Eichelbaum freut sich über den Punktgewinn in Kassel, kämpft aber nach wie vor ums wirtschaftliche Überleben

STUTTGART. Die Stuttgarter Kickers haben beim Regionalliga-Konkurrenten Hessen Kassel am Samstag ein 1:1 (1:0) erreicht. „Damit können wir besser leben als der Gegner“, sagt der Präsident Dirk Eichelbaum, den dafür aber noch andere Sorgen drücken.

Von Joachim Klumpp

Der Liveticker des KSV Hessen Kassel im Internet war am Samstag in der Schlussphase der Partie gegen die Stuttgarter Kickers zusammengebrochen. Wegen Überlastung. Was auf die Bedeutung des Spiels schließen lässt – für beide Mannschaften. Dass sich die vor 4500 Zuschauern schließlich mit 1:1 trennten, nützte am Ende keinem der zwei Konkurrenten wirklich etwas im Kampf um den begehrten zehnten Platz. Dennoch sagte der Kickers-Trainer Stefan Minkwitz: „Ich habe keine Sorge, dass beide Mannschaften da unten rauskommen.“

Sportlich zumindest. Die Kickers haben zuletzt gegen Pfullendorf und in Kassel nicht nur gepunktet, sondern auch so etwas wie eine Stammformation gefunden, mit einem 4-4-2-System ohne echten Spielmacher, dafür mit einem starken Antreiber in Neuzugang Alex Rosen. Einzig Mustafa Akcay und Oliver Stierle fielen etwas ab. „Sie hatten nicht ihren besten Tag, aber das ist nach der langen Verletzungspause verständlich“, sagte der Trainer Stefan Minkwitz und fügte hinzu: „Das war schon meine Wunschformation.“

Die allerdings am nächsten Spieltag gegen den Karlsruher SC II gesprengt wird, weil Marcus Mann seine fünfte Gelbe Karte kassierte. Also wird es notgedrungen mindestens eine Änderung geben, und nicht nur deshalb sagt Minkwitz in Richtung des zuletzt nicht berücksichtigten Bashiru Gambo: „Er soll im Training Gas geben, dann kann er noch ein wichtiger Mann für uns werden.“ Das ist jetzt schon David Yelldell, auf den im entscheidenden Moment in Kassel Verlass war und der das interne Duell gegen den Stürmer Haas klar für sich entschied, auch weil eine Nickligkeit der beiden mit zwei Gelben Karten endete, und nicht mit einem möglichen Platzverweis für den starken Schlussmann. Das hätte gerade noch gefehlt.

„Mit dem Ergebnis können wir besser leben als Kassel“, sagt der Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum. Sportlich zumindest. Und wirtschaftlich? Da spekulieren die Verantwortlichen ganz offensichtlich auf mögliche Lizenzentzüge der Konkurrenz (Regensburg, Reutlingen?), doch müssen die Kickers erst einmal ihre eigenen Hausaufgaben machen. Zum einen werden etliche Sponsoren ihre Verträge fristgerecht zum 31. März kündigen, und ein weiteres Engagement natürlich auch von der Ligenzugehörigkeit abhängig machen (sofern beim Abstieg nicht gleich die Insolvenz greift). Das fängt mit dem Trikotpartner Gazi an, dessen Option in der Vergangenheit auf Anfang April datiert war, in dieser Saison aber unbefristet läuft.

Was die Planung nicht einfacher macht, auch wenn man davon ausgehen kann, dass der Sponsor in der dritten Liga weitermachen wird – wobei offen ist, zu welchen (verbesserten) Konditionen. Denn über die Attraktivität der künftigen neuen Spielklasse lässt sich trefflich streiten. Am 25. April will der DFB zunächst seine Mängelliste zu den Lizenzanträgen verschicken. „Dann wissen wir genau, was zu tun ist“, so Eichelbaum, „vorbereitet müssen wir aber sein. Andere Clubs behelfen sich da gerne mit Bürgschaften.“ Welche die Kickers aber erst noch beibringen müssten.

Obwohl die Sponsoreneinnahmen in dieser Saison inzwischen höher sein sollen als im Vorjahr, obwohl durch Aktionen der Führungsgremien angeblich 300 000 Euro außerplanmäßig zuflossen, obwohl die Faninitiative Believe in Blue ein voller Erfolg war (bisher 60 000 Euro), und nebenbei das Gehalt des Extrainers Peter Zeidler gespart wird – alles positive Signale also – soll die Saison finanziell keineswegs in trockenen Tüchern sein. Zum einen schlägt nach wie vor das fehlende Freundschaftsderby gegen den VfB Stuttgart ein Loch in den Etat, daneben hinkt die Zuschauerkalkulation hinter dem Ansatz her. Ob die noch ausstehenden Topspiele wie gegen Aalen oder den VfB II zu Publikumsmagneten werden, hängt nicht zuletzt vom sportlichen Abschneiden ab. Was schnell ein Teufelskreis werden kann.

Stuttgarter Kickers: Yelldell – Benda, Mann, Rapp, Steinle – Parmak, Akcay (51. Yildiz), Rosen, Stierle (59. Cerci) – Vaccaro, Kacani (87. Tucci).

Schiedsrichter: Benedum (Mehlingen).

Tore: 0:1 Kacani (4.), 1:1 Schönewolf (69.).

Stuttgarter Zeitung

Yelldell hält Hoffnung am Leben
Umworbener Kickers-Torwart glänzt beim 1:1 in Kassel – Minkwitz: „Wir sind auf dem richtigen Weg“
 

Stuttgart – Fußball-Regionalligist Stuttgarter Kickers lebt weiter vom Prinzip Hoffnung. Nach dem 1:1 (1:0) beim KSV Hessen Kassel stellte Trainer Stefan Minkwitz zufrieden fest: „Wir sind auf dem richtigem Weg.“

VON JÜRGEN FREY

Stefan Minkwitz ist kein Typ, der unmittelbar nach dem Schlusspfiff kühl und gelassen seine Analyse abgibt. Der Kickers-Coach steht meistens noch etwas länger unter Strom. So war das auch in Kassel. Zunächst war er stinksauer über die Punkteteilung. Als er sich die Partie am Ostersonntag noch einmal in aller Ruhe auf DVD angeschaut hatte, kam der 39-Jährige dann doch zu der Erkenntnis: „Mit dem Punkt können wir ganz gut leben.“ Weil ihm am Bildschirm klar wurde: Kassel vergab nach der Pause doch einige sehr gute Chancen.

Man muss kein Mathe-Genie sein, um zu wissen, dass den Blauen bei ihrer Aufholjagd Richtung Platz zehn nur Siege richtig weiterhelfen. Und ein dreifacher Punktgewinn wäre auch in Kassel möglich gewesen, wenn die Kickers in ihren starken ersten 30 Minuten die 1:0-Führung durch Sokol Kacanis fünftes Saisontor (nach Vorlage von Vaccaro) ausgebaut hätten. Das taten sie aber nicht und kamen deshalb in schwere Bedrängnis: „Wir müssen in Drucksituationen die Ruhe bewahren und nicht nur lange Bälle spielen“, kritisierte Minkwitz.

Folge der fehlenden Entlastung: Im Kickers-Strafraum ging es einige Male hoch her. Doch ein Mann bewahrte den Überblick: Torwart David Yelldell. Der 1,94-m-Riese hielt überragend und ließ nur den Ausgleich (69.) durch Thorsten Schönewolf zu. Kein Wunder, dass der Mister Zuverlässig im Gehäuse der Blauen von höherklassigen Clubs umworben wird. Es ist ein offenes Geheimnis, dass schon in der Winterpause Hoffenheim 1899 und der FC Augsburg Interesse gezeigt hatten. Und jetzt? Sein Berater Uli Ferber hält sich bedeckt. „Es wäre unnormal, wenn es für David keine Interessenten geben würde“, sagt er auf Nachfrage und stellt aber klar: „Zurzeit konzentriert sich David ausschließlich darauf, mit den Kickers die dritte Liga zu erreichen.“ Klappt es doch noch mit der Qualifikation, hätte Yelldell bei den Blauen einen bis 2009 gültigen Vertrag, der wie in solchen Fällen üblich, jedoch eine Ausstiegsklausel enthalten dürfte.

Es ist das Los der Kickers, dass nicht nur der Club, sondern auch die Spieler in den kommenden Wochen zweigleisig planen. Minkwitz sieht darin kein Problem: „Das darf keine Rolle spielen.“ Er baut auf den „Aufwärtstrend der letzten beiden Spiele“ – und die neue Hierarchie in seiner Elf um den Anführer Alexander Rosen: „Er bilden zusammen mit Yelldell, Mann, Parmak und Vaccaro eine wichtige Achse.“ Innenverteidiger Mann wird am Samstag (14 Uhr) im Heimspiel gegen den KSC II wegen der fünften Gelben Karte fehlen. Für ihn rückt Marco Wildersinn ins Team. Ob Bashiru Gambo wieder dabei sein wird, ließ der Trainer offen: „Es liegt an ihm, wie er sich im Training präsentiert.“ Eines zeigte die zweite Halbzeit in Kassel: Auf einen Gambo in Normalform, auf seine Übersicht und Ruhe am Ball, können die Blauen eigentlich nicht verzichten. Das weiß Minkwitz auch ohne den zweiten Blick auf den Bildschirm.

Stuttgarter Nachrichten

Wieder kein Sieg
KSV Hessen Kassel spielt gegen Stuttgarter Kickers nur 1:1
Von Frank Ziemke

Kassel. Es war ein seltsames Spiel. Eines, in dem es einen klaren Heimsieg hätte geben können, und in dem doch eine Niederlage drin war. Eines, das unfassbar schwache Phasen hatte, und das doch spannend war und gespickt mit dramatischen Szenen. Eines, nach dem man den Stab brechen konnte über einer Mannschaft ob ihrer erschreckenden spielerischen Einfallslosigkeit – und sie für ihre famose kämpferische Einstellung doch loben konnte. Am Ende stand aber vor allem: Fußball-Regionalligist KSV Hessen Kassel hat wieder keinen Sieg gelandet. Und beim dürftigen 1:1 gegen die Stuttgarter Kickers die Chance verpasst, Boden gutzumachen auf die ersten zehn der Tabelle.

Es herrschte dann auch allgemeine Fassungslosigkeit bei den Löwen. „Wir hatten doch Chancen wie noch nie in einem Regionalliga-Spiel“, sagte Thorsten Schönewolf, der als Einziger eine dieser Chancen nutzte. In der 69. Minute köpfte der Verteidiger einen Freistoß von Turgay Gölbasi zum Ausgleich ein.

Es war der Lohn einer klaren Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte. Und doch viel zu wenig. Denn vor allem Andreas Haas, der schon in der Anfangsphase (4. und 10.) zweimal frei stehend gescheitert war, brachte das Leder bei zig weiteren Möglichkeiten einfach nicht ins Tor der Kickers. Die hatten ihrerseits durch Vaccaro (49. und 88.) sowie Cerci (75.) gute Gelegenheiten zu weiteren Treffern.

Ein Sieg der Gäste wäre trotz der tollen Leistung ihres Torhüters David Yelldell auch zu viel des Guten gewesen, denn der KSV hatte sich bei wieder einmal ganz schlechten Platzverhältnissen mit großem Engagement in das Spiel zurückgebracht. „Da haben wir viele Zweikämpfe gewonnen und Druck gemacht“, lobte Matthias Hamann. Der Trainer hatte bereits bei der Aufstellung mit dem Einsatz von Schönewolf und Sebastian Busch signalisiert, dass bei dieser Partie vor allem der Kampf im Vordergrund stehen würde.

Spielerische Mittel kamen allerdings auch eklatant zu kurz – vor allem in der ersten Hälfte. Zumal der frühe Rückstand ein Schock war. Ein Pass von Parmak auf Vacaro genügte, um die gesamte Abwehr auszuheben. „Da sind wir viel zu weit aufgerückt“, gestand Sebastian Zinke. „Ein Anfängerfehler“, schimpfte Schönewolf.

In der Folgezeit strapazierten die Gastgeber die Nerven ihrer Anhänger dann erheblich. Einfallslos wurden die Bälle hoch durch das Mittelfeld gejagt. Obwohl Daniel Beyer eine ordentliche Leistung zeigte, fand ein Flügelspiel lange gar nicht statt. Spielerisch war das bis zum Halbzeitpfiff ein Offenbarungseid.

Als Hamann später sein Team lobte und erklärte: „Das war heute erste Sahne“, war das wohl eher als Aufmunterung zu sehen. Denn natürlich: Sie kämpfen ja. Aber das Manko bleibt: Sie gewinnen nicht mehr!

HNA Online

Autogramme vom Chancentod
Andreas Haas trifft bei fünf großen Möglichkeiten nicht, zeigt sich aber als fairer Sportsmann
 
Kassel. Andere wären geflüchtet nach so einem Spiel. Bloß runter vom Platz und ab in die Kabine. Andreas Haas hat sich gestellt. Interviews gegeben. Autogramme geschrieben. Und immer wieder beteuert, wie leid ihm das tut. „Für die Mannschaft, für unsere Fans“, sagt Andreas Haas.

Fünfmal hat der Stürmer des KSV Hessen frei vor dem Tor der Stuttgarter Kickers gestanden. Fünfmal wollte der Ball einfach nicht über die Linie. Entweder scheiterte Haas am großartigen Kickers-Torhüter David Yelldell. Oder er traf eben das Tor nicht. Auch nicht in der letzten Aktion der Nachspielzeit, als der Stürmer den Ball von links nur um Zentimeter am rechten Pfosten vorbeischob. „An anderen Tagen“, sagt Haas, „mache ich daraus vier Buden.“

Auswärts hat der Wintereinkauf aus Pirmasens bereits dreimal getroffen. Zuletzt zweimal in Unterhaching. „Aber da hat es uns nichts genutzt. Und auf dem Auestadion liegt für mich noch ein Fluch“, ärgert sich Haas.

Der war auch an einer anderen strittigen Szene der Partie beteiligt. In der 64. Minute grätschte er gegen den weit aus seinem Tor geeilten Yelldell. Stuttgarts Torhüter sprang wutentbrannt auf und stieß Haas um. Schiedsrichter Florian Benedum zog zweimal Gelb, nicht aber das geforderte Rot für den Stuttgarter.

Haas aber zeigte sich nach dem Schlusspfiff als fairer Sportsmann: „Das hat der Unparteiische gut gelöst. Man muss die Kirche im Dorf lassen. Gelb hat völlig gereicht.“ Und nicht nur das sagt Haas. Er gibt auch zu: „Meine Grätsche war unnötig, auch wenn ich den Fuß noch zurückgezogen habe. Ich war wütend über die ausgelassenen Chancen. Und ich habe mich nach dem Schubser auch ein wenig fallen lassen.“

Fast schon ungewöhnlich ist solche Ehrlichkeit im Fußball geworden. Aber es war ja auch kein gewöhnliches Spiel für den Stürmer. Der zumindest noch etwas Positives aus seinen vergebenen Chancen zieht: „Spielerisch stimmt es ja. Immerhin habe ich all diese Chancen.“ Und sein Lob gilt vor allem Sturmpartner Thorsten Bauer: „Es ist klasse, wie er mir die Bälle auflegt.“

Nebenbei kritzelt Haas seine Unterschrift auf einige Zettel, die Physiotherapeutin Yvonne Zuschlag von Kindern auf der Tribüne gebracht hat. Und erklärt mit einer gehörigen Portion Galgenhumor: „Hier sind die Autogramme vom Chancentod.“ (frz)

NHA Online

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