Von Joachim Klumpp
Zumindest in einem Punkt haben die Stuttgarter Kickers in der Fußball-Regionalliga Süd derzeit die Nase vorne: Sie haben für die erste Trainerentlassung der Saison gesorgt. Was zunächst einmal ein Eingeständnis ist, in dieser wichtigsten Personalie – mit dem Wunschtrainer – falsch gelegen zu haben. Zeidler wiederum hat es im unruhigen Fahrwasser des Traditionsclubs allerdings auch nicht verstanden, eine klare Hierarchie im Kader aufzubauen, geschweige denn eine Spielerpersönlichkeit zu installieren. Überraschend kam die Entscheidung nach dem siebten Heimspiel ohne Sieg also nicht mehr, auch wenn man über den richtigen Zeitpunkt angesichts des Auftritts in der zweiten Hälfte gegen Frankfurt durchaus streiten kann.
Viel unerwarteter ist die Ernennung von Stefan Minkwitz zum Cheftrainer, schließlich ist der letzte Tabellenplatz mit den A-Junioren alles andere als eine Reputation. Dass der Exprofi das Umfeld in Degerloch wie kein anderer kennt, kann Vor- und Nachteil zugleich sein. Letztlich gaben wohl die finanziellen Zwänge der Kickers den Ausschlag, diese (kleine) Lösung zu favorisieren.
Zumal es in Degerloch weitere Baustellen gibt, fast so viele wie auf Deutschlands Autobahnen. Angefangen im sportlichen Bereich, wo die Situation bei Amateuren und Junioren bedenkliche Züge annimmt; über die finanzielle Schieflage des Vereins, bei der im Hinblick auf Etatplanung und Lizenzierung kaum Lösungsansätze zu registrieren sind; bis hin zum wichtigen Bereich Marketing, in dem bei der Sponsorensuche offenbar das Zufallsprinzip regiert. Kurzum: der Verein präsentiert sich schlechter als je zuvor.
Der an allen Fronten kämpfende Präsident Dirk Eichelbaum ist um seine Aufgabe jedenfalls nicht zu beneiden, auch weil in seinem Umfeld das Prinzip Worte statt Taten dominiert. Die folgten jetzt zumindest beim Thema Trainer. Doch Zeidlers Entlassung ist allenfalls ein Mosaiksteinchen, dessen Austausch aus dem Gesamtbild Kickers nicht automatisch ein Kunstwerk macht.
Stuttgarter Zeitung