Die Suche nach Gambos Position
Der Ghanaer unterstreicht in 45 Minuten gegen Siegen seine Bedeutung für die Stuttgarter Kickers
STUTTGART. Es läuft noch nicht alles rund bei den Stuttgarter Kickers. Das haben vor allem die ersten 45 Minuten am Freitag gegen Siegen gezeigt. Und das wissen auch die Verantwortlichen. „Das Mittelfeld ist der Knackpunkt“, sagt der Manager Joachim Cast.
Von Joachim Klumpp
Bereits Mitte der ersten Hälfte war Bashiru Gambo am Freitagabend kurz in die Kabine gelaufen, um sich um den angeschlagenen Ellenbogen zu kümmern und auf einen möglichen Einsatz gegen die Sportfreunde Siegen (1:1) bereitzumachen. Der kam dann – unmittelbar nach der Pause. Was der Trainer Peter Zeidler so begründete: „Ich war einfach der Meinung, es ist besser, wenn er heute nur 45 Minuten spielt.“ Und wo? Auf der rechten Außenbahn, was nun nicht unbedingt seine Stärke ist. Doch der Manager Joachim Cast sagt: „Gambo kann überall im Mittelfeld und Angriff spielen. Das ist sein Vorteil.“ Oder auch nicht. Durch die Vielseitigkeit fehlt ihm gewissermaßen eine Stammposition, auf der er sich unersetzlich macht. Was ihn wiederum anfällig für Wechsel macht. Wie zum Beispiel am Freitag, als er auf die Bank musste. „Aber wir haben das ja noch korrigiert“, sagte Zeidler. Nach dem Motto: hinterher ist man schlauer.
Wobei Bashiru Gambo nach dem starkem Saisonauftakt in Ingolstadt in den Partien gegen Regensburg sowie Pfullendorf keineswegs so überzeugend gespielt hätte, dass sein Einsatz Pflicht gewesen wäre. Umso mehr überzeugte der Ghanaer in den zweiten 45 Minuten gegen Siegen, da demonstrierte er eindrucksvoll, dass er in der Fußball-Regionalliga ein überdurchschnittlicher Spieler ist. Mit diversen Vorzügen: er kann den Ball halten, die Mitspieler einsetzen – und auch was auf eigene Faust riskieren. Ganz zu schweigen von seinem kämpferischen Einsatz, über den der Extrainer Robin Dutt mal gesagt hat: „Ich habe noch keinen Afrikaner gesehen, der so in die Zweikämpfe geht.“ In dieser Form gehört der 28-Jährige in die Mannschaft. Fragt sich noch auf welcher Position.
Ein möglicher Ansatz wäre, Gambo hinter den beiden Spitzen im zentralen Mittelfeld einzusetzen. „Das ist schon meine Wunschposition“, sagt der Spieler, „aber der Trainer entscheidet.“ Zeidler weiß um die Befindlichkeiten des sensiblen Afrikaners, und er hat sehr wohl bemerkt, dass im Mittelfeld noch nicht alles nach Wunsch läuft. Vor allem Markus Ortlieb, der Neuzugang aus Wuppertal, hat das Spiel gegen Siegen nicht wie erhofft in den Griff bekommen. Deshalb könnte Marcus Mann ins defensive Mittelfeld rücken, wo er in Darmstadt meistens gespielt hat, und Gambo offensiver agieren.
Gedankenspiele zwar, doch auch der Manager Cast gibt zu: „Das Mittelfeld ist der Knackpunkt.“ In diesem Bereich haben die Kickers im Sommer schließlich die meisten Umstellungen gehabt. Vor allem der Abgang von Manuel Hartmann (TuS Koblenz) schmerzt an allen Ecken und Ende, dazu sind spielstarke Akteure wie Laszlo Kanyuk oder Thomas Weller nicht mehr dabei, auch wenn die beiden vergangene Saison keineswegs immer erste Wahl waren.
Dennoch hat die aktuelle Mannschaft noch Luft – oder besser Potenzial – nach oben. Neben Gambo fehlte zuletzt auch Mustafa Parmak, der auf den Flügeln wie zentral spielen kann. „Er ist gesund, aber nicht fit“, hat Zeidler nach dem Spiel gesagt und damit verdeutlicht, in Sachen körperlicher Fitness erst gar keine Kompromisse zu machen: „Das müssen die Spieler akzeptieren.“
Deshalb muss sich Parmak erst einmal morgen im WFV-Pokal bei der zweiten Mannschaft des SSV Ulm empfehlen, genau wie Mustafa Akcay. Ein Schaulaufen, das Bashiru Gambo erspart bleiben dürfte, dank seines starken Auftritts gegen Siegen. Wenn auch nur über 45 Minuten.
Stuttgarter Zeitung
„Es gibt keine Freifahrscheine“
Kickers-Präsidiumsmitglied über Konkurrenz und Schwankungen im Team
Stuttgart – Die Stuttgarter Kickers zeigen in der bisherigen Regionalligasaison schwankende Leistungen: „Wir brauchen eine bessere Ordnung und mehr Ruhe im Spiel“, sagt Walter Kelsch, das für den sportlichen Bereich zuständige Präsidiumsmitglied.
Herr Kelsch, würden Sie uns hartnäckig widersprechen, wenn wir behaupten, die erste Hälfte am Freitag gegen die SF Siegen war so ziemlich das Schlechteste, was eine Kickers-Elf je in Degerloch abgeliefert hat?
Ich kann nur diese und die vergangene Runde bewerten. Aber klar ist, diese 45 Minuten waren alles andere als gut. Wir haben richtig schlecht gespielt, und Siegen war uns spielerisch klar überlegen. Doch zum Glück kämpfte sich unser Team ins Spiel zurück, überzeugte und holte hochverdient ein 1:1.
Wie erklären Sie sich diese zwei Gesichter der Kickers in dieser Saison?
Zum einen darf man nicht vergessen, dass drei der vier bisherigen Gegner richtig dicke Brocken waren. Ich bin sicher, der FC Ingolstadt, Jahn Regensburg und Siegen werden um den Zweitliga-Aufstieg mitspielen. Zum anderen liegen die Schwankungen an uns selbst: Sieben Gegentore zeigen, dass wir in der Defensive ein Problem haben. Außerdem fehlt es der jungen Truppe in schlechten Phasen an Konzentration, Ruhe, Ordnung und Bewegung. Daran arbeiten wir.
Mittelfeldstratege Markus Ortlieb gehört zu den Erfahrenen – und steht besonders in der Kritik.
Die letzten zwei Spiele liefen für ihn nicht gut. Aber er bekommt es in den Griff.
Bashiru Gambo saß vor der Pause nur auf der Bank, Mustafa Parmak war nicht einmal im Kader. Können es sich die Kickers leisten, gerade zu Hause auf solch spielerisch starke Leute zu verzichten?
Unser Trainer ist ein absoluter Fachmann. Parmak war zwar gesund, aber noch nicht fit. Gambo spielte in Pfullendorf sehr schlecht. Er muss seine Leistung in jeder Partie abrufen und nicht nur alle drei Wochen. Bei uns gibt es keine Freifahrscheine. Es herrscht ein Konkurrenzkampf wie noch nie. Zumal sich die Jungen mit Herz und Leidenschaft voll reinhängen.
Wie etwa Senkrechtstarter Sokol Kacani.
Der Junge ist vom Einsatz her ein absolutes Vorbild.
Zum Schluss eine Frage weg vom Sportlichen: Sind die Kickers darauf vorbereitet, wenn Ex-Präsident Hans Kullen am Saisonende die Rückzahlung seines Darlehens in Höhe von etwa 460 000 Euro fordert?
Ja, wir sind vorbereitet. Wir haben Konzepte, die greifen würden. Zu gegebener Zeit werde ich sagen, welche das sind.
Fragen von Jürgen Frey
Stuttgarter Nachrichten
Spielverderber statt Spielgestalter
Das Mittelfeld entpuppt sich bei den Stuttgarter Kickers als Problemzone
Von Carlos Ubina
Stuttgart – In den vier bisherigen Spielen der Fußball-Regionalliga hat es den Stuttgarter Kickers an Konstanz gefehlt. „Wir sind noch in der Entwicklung“, erklärt Trainer Peter Zeidler den Umstand, dass selbst die Leistungen innerhalb von 90 Minuten schwankend sind. Beim 1:1 gegen die SF Siegen zeigte sich dabei eine Problemzone: das Mittelfeld .
Peter Zeidler ließ es sich nicht nehmen, auf die Unterschiede zu verweisen. Also nahm der Kickers-Trainer die Mannschaftsaufstellungen und ratterte bei den Siegenern die Spielernamen und einige ihrer Stationen herunter. Mit Enrico Gaede (Hansa Rostock), Daniel Bogusz (Arminia Bielefeld) und Leandro Escudero (Tiro Federal Rosario/erste argentinische Liga) seien nur drei genannt. Nun ist es nicht so, dass die Gäste im Gazistadion auf eine übermäßige Zahl an Erst- und Zweitliga-Einsätze kommen. Zusammengenommen ergibt diese Ansammlung in der Regionalliga aber eine ansehnliche Qualität. „Und bei uns kommen die Spieler aus Illertissen und Ergenzingen“, sagt Zeidler.
45 Minuten lang waren die Unterschiede zwischen den Stuttgartern und den Siegenern nicht nur auf Papierform beachtlich, sondern ebenso auf dem Rasen. Besonders im Mittelfeld kombinierte sich der Tabellenvierte durch die Kickers-Reihen, größeren Widerstand gab es nicht „Da waren wird zu romantisch“, sagt Zeidler und reagierte. Personell mit zwei neuen Kräften auf den Außenbahnen (Bashiru Gambo und Saban Genisyürek), taktisch mit einer Umstellung. Markus Ortlieb und Marcus Mann formierten sich nebeneinander statt wie zuvor hintereinander.
Die Zentrale im Kickers-Spiel blieb dennoch der neuralgische Punkt. Der Ausgleich durch Sokol Kacanis Kopfball vertrieb aber die Unsicherheit (47.). Mit Engagement stemmten sich die Gastgeber gegen die Ballkunst der Siegener, die durch Bogusz in Führung gegangen waren (17.). Es zeigte sich, welche Rolle die „Blauen“ einzunehmen in der Lage sind: die des Spielverderbers statt des Spielgestalters.
Für die Position hinter den Spitzen empfahl sich zwar Gambo – mit dem Ghanaer kamen mehr Schwung und Struktur in die Aktionen – und in Mustafa Parmak verfügen die Kickers über einen weiteren spielstarken Mann. Aber der Coach denkt an das Gefüge. Das Duo ist noch nicht fit und Zeidler verzichtete deshalb ganz auf Parmak. „Wir müssen weiter fleißig arbeiten und lernen“, nennt der Trainer sein Credo. Dann wird auch der Abstand zwischen Illertissen und Rostock schrumpfen.
Eßlinger Zeitung
Sportfreunde und die Elfmeter: Das Warten auf den ersten Pfiff
Siegen. „Ich weiß von nichts, mein Name ist Hase. Was meinst du?“ Mit diesen Worten reagierte Robert Wulnikowski am Freitagabend nach dem 1:1 bei den Stuttgarter Kickers auf die Frage, was sich der Sportfreunde-Keeper bei seiner „Kahn-Aktion“ gegen den kleinen Gerrit Müller denn wohl gedacht hatte.
Nach einem Eckball von der linken Seite war der kleine Ex-Karlsruher am kurzen Pfosten einfach nicht groß genug, um den Ball mit dem Kopf klären zu können. Die Kugel segelte ungehindert in den Fünfmeterraum, was Wulnikowski auf die Palme brachte.
Auch mal laut werden Auch Trainer Ralf Loose spielte auf dem Rasen des Gazi-Stadions eher den Unwissenden. „Ich weiß nicht, was ihr meint…“ Ein Torhüter, so erinnerte sich der Coach wenig später dann doch an die Szene, dürfe auch mal laut werden.
Eine Äußerung, die wenig später auch Enrico Gaede von sich gab. Was denn wohl gewesen wäre, wenn er selbst so angeraunzt und angegangen worden wäre? Ob es dann auch diese moderaten Töne gegeben hätte?
Das hatte jedenfalls schon handgreifliche Züge, was der an diesem Freitag selbst nicht fehlerfreie Torwart-Hüne da produzierte. Denn beim 1:1-Ausgleich war er vergeblich an die Fünfmeter-Linie geeilt. Den Eckball, den Sascha Benda Sekunden nach dem Seitenwechsel auf den Kopf von Torschütze Sokol Kacani drehte, hatte Wulnikowski falsch berechnet.
Fehlgriff Ein Fehlgriff, den wir dem Keeper indes nicht ankreiden wollen. Denn seine Leistungen waren bislang überdurchschnittlich. Ob das allerdings zu solchen Entgleisungen berechtigt? Kaum. Zumal Müller als kleinster Sportfreunde-Akteur weder vorne noch hinten ein Kopfball-Ungeheuer sein kann.
Allzu viel sollte dennoch nicht in diese Aktion hinein interpretiert werden.
Heilsame Wirkung Und vielleicht diente sie ja auch insgesamt dazu, die wacklig gewordenen Reihen in Stuttgart wieder auf Linie zu trimmen. Manchmal haben drastische Maßnahmen ja auch durchaus heilsame Wirkung.
Wenig Glück haben die Sportfreunde in diesen ersten Spielen mit Elfmetern. Schon beim Auftaktspiel gegen die Münchener Löwen warteten Akteure und Zuschauer vergblich auf zwei Pfiffe. In Frankfurt beschwerte sich Enrico Gaede vergeblich und musste sich am Ende vom Unparteiischen die Frage gefallen lassen: „Mal ehrlich, der hat sie doch gar nicht berührt…?“
Stürmer-Schwalbe?
Am Freitag war Gerrit Müller derjenige, der in den Augen des Schiedsrichters zu leicht in Richtung Grasnarbe sank. Beim dritten Mal sah er dafür sogar die Gelbe Karte. Augen- und Ohrenzeugen am Spielfeldrand wollte spätestens bei dieser dritten Aktion gegen Müller ein „verräterisches Klatschen“ gehört haben, was den elfmeterreifen Fall herbeigeführt haben soll.
Ralf Loose, der die Richtigkeit der „Schwalben-Entscheidung“ anzweifelte, hielt sich mit Schelten gegenüber dem Unparteiischen Roland Greth aus dem bayerischen Menning aber tunlichst zurück. Mal gespannt, wann es die erste Elfmeter-Entscheidung für die Sportfreunde gibt.
Assoumani-Gelb Dafür hatten die Stuttgarter Zuschauer nach einem Auftritt von Mansour Assoumani im Kickers-Strafraum die Rote Karte gegen den Franzosen gefordert. Torhüter David Yelldell war gegen das Knie des Siegener Neuzugangs geprallt und benommen liegen geblieben. Da war selbst die Gelbe Karte wegen eines angeblich langen Beins eine zu harte Bestrafung.
Am Freitag steigt das nächste Spiel. Zu Gast ist die SV Elversberg aus dem Saarland. Deren Manager Eugen Hach saß am Freitag auf der Tribüne des Gazi-Stadions und machte sich eifrig Notizen. Mal sehen, was er mit ihnen am kommenden Freitag ausrichten kann, wenn sein Team im Leimbachstadion antritt.
Personell – das kann wohl schon angedeutet werden – wird sich kaum was ändern.