StZ: Kickers-Präsident ist von Sponsorenentwicklung enttäuscht

Plus und Minus in der Zwischenbilanz
 
STUTTGART. Heute ist Dirk Eichelbaum exakt 100 Tage Präsident der Stuttgarter Kickers. Während die sportliche Bilanz des Fußball-Regionalligisten sehr zufrieden stellend ist, besteht auf wirtschaftlichem Sektor weiter Nachholbedarf. Eine Bestandsaufnahme.

Von Joachim Klumpp

Sportliche Bilanz: Als Vierter der Fußball-Regionalliga haben die Stuttgarter Kickers die mit Abstand beste Platzierung seit dem Abstieg aus der zweiten Liga erreicht – und zudem exakt den Rang, mit dem Dirk Eichelbaum und seine Mitstreiter Friedrich Kummer sowie Walter Kelsch ihr Amt am 6. März offiziell übernommen haben. Kein Wunder, dass der Präsident sagt: „Damit sind wir sehr zufrieden.“ Obwohl hinter den beiden Aufsteigern Wehen und Hoffenheim sowie dem nicht aufstiegsberechtigten VfB Stuttgart II gleich die Kickers rangieren, blockt Eichelbaum aufkeimende Zweitligaambitionen ab. „Die Abstände waren diese Saison sehr eng.“

Bestes Beispiel ist der 1. FC Saarbrücken, der mit nur einer Niederlage mehr – und dem Torschützenkönig Jonathan Jäger – absteigen musste. „Natürlich darf man auch mal träumen, aber Priorität genießt auf jeden Fall die Qualifikation für die neue dritte Liga. Und da bin ich überzeugt, dass wir das relativ sicher schaffen.“ Grundlage für den künftigen Trainer Peter Zeidler ist ein Kader mit 23 Mann, darunter sechs Neuzugänge: „Ich bin froh, dass keine so genannten Stars dabei sind, schließlich soll auch unser Nachwuchskonzept greifen“, betont Eichelbaum.

Die Nachwuchsarbeit: Mit dem Klassenverbleib der A-Junioren in der Bundesliga können die Kickers ihre erfolgreiche Verzahnung Jugend-Amateure-Profis beibehalten. „Damit sind wir meines Wissens der einzige Regionalligist, der alle Mannschaften bis zur B-Jugend in der höchstmöglichen Spielklasse hat“, sagt der Präsident. Was die Arbeit für den künftigen Jugendkoordinator Zoltan Sebescen – und das zuständige Präsidiumsmitglied Walter Kelsch – leichter macht. „Den Klassenverbleib der A-Jugend stelle ich auf eine Stufe mit dem Pokalerfolg gegen den Hamburger SV“, sagt der Präsident. Hinzu kommt, dass in Stefan Minkwitz künftig der Co-Trainer der Profis und Amateure als Chef bei der A-Jugend fungiert. Das steht für eine klare Vernetzung im Alltag.

Wirtschaftliches Konzept: Die Kickers gehören wirtschaftlich in der Regionalliga nach wie vor nicht zu den Spitzenklubs wie etwa der FC Ingolstadt oder der VfR Aalen, die mit Summen von bis zu vier Millionen Euro jonglieren. Für die neue Saison liegt der Etat (wie bisher) bei etwa 2,4 Millionen. „Unser Budget für Neuzugänge ist erst einmal ausgeschöpft“, sagt der Manager Joachim Cast. Nachdem im Rahmen der Ablösung des ehemaligen Präsidenten Hans Kullen ständig von einer finanziellen Aufstockung die Rede war (die Summen schwankten zwischen einer Viertelmillion und einer Million), muss der Präsident jetzt zugeben: „In dieser Hinsicht können wir nicht zufrieden sein.“ Kaum ein Sponsor kam hinzu. Und all diejenigen im Umfeld, die immer lautstark Kullen als Hemmschuh hingestellt haben, hätten sich nicht mehr gemeldet. „Das ist enttäuschend“, sagt der Rechtsanwalt Eichelbaum.

Was fehlt? Die Akzeptanz der Fans für die Regionalliga – und der rote Faden bei den Blauen im Bereich Marketing. Seit Jahren. Daran ändert auch die neue Zusammensetzung des Vorstands nichts. Dirk Eichelbaum sagt: „Wir müssen uns fragen, wofür stehen die Kickers?“ Für die sympathische Alternative zum VfB, hieß es immer. Doch der Meisterhype des Lokalrivalen macht die Arbeit nicht leichter, wenngleich dies kein Alibi sein darf, weil der Bundesligist seit je die dominante Konkurrenz ist. Inzwischen ist Hans-Jürgen Wetzel für das Marketing zuständig – über mangelnde Arbeit kann er sich nicht beklagen.

Vergangenheitsbewältigung: Das Verhältnis zum Expräsidenten Hans Kullen ist nach wie vor belastet. „Es gibt keinen Kontakt“, sagt Eichelbaum. Dabei ist Kullen nach wie vor eine Schlüsselfigur im Existenzkampf des Vereins. Schließlich trug er mit einem Darlehen von knapp einer halben Million Euro zur aktuellen Lizenzierung bei. Für eine Verlängerung des Darlehens wird er sich kaum breitschlagen lassen, auch wenn Eichelbaum fast provokativ fragt: „Warum nicht?“ Kullen sagt: „Ich kann nicht verstehen, warum zehn hochrangige Leute in Präsidium und Aufsichtsrat nicht das Gleiche aufbringen können wie ich als Einzelperson.“ Vielleicht weil sie nicht wollen. „Wir haben das Thema im Hinterkopf“, sagt Eichelbaum zu diesem Konfliktpotenzial nur. Genau wie einige Satzungsänderungen im Hinblick auf die nächste Hauptversammlung im Herbst. Eine Ausgliederung der Fußballabteilung steht nicht auf der Agenda, auch wenn Eichelbaum zugibt: „Langfristig sehe ich die als einzige Chance für das Überleben des Vereins.“ Doch für eine solche Aktion fehlt: ein Investor.

Zunächst fehlt auch noch ein TV-Sender für das Vorbereitungsspiel gegen Borussia Dortmund am 24. Juli. Denn Stand gestern verzichtet das DSF auf eine Übertragung.

Stuttgarter Zeitung

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