Nachbetrachtungen – Presse am Montag

Dutts Balanceakt
 
Kickers fehlt Führungsfigur und Entschlossenheit
 
Stuttgart – Nach fünf sieglosen Regionalligaspielen in Serie stehen die Stuttgarter Kickers erstmals in dieser Saison auf einem Nichtaufstiegsplatz. „Jetzt sind wir nicht mehr die Gejagten“, sagt Trainer Robin Dutt vor dem DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC am Mittwoch (20 Uhr/Gazistadion).

VON JÜRGEN FREY

Die Konkurrenz um den Aufstieg in die zweite Liga nutzte ihre Chance eiskalt: Nach dem 1:1 der Kickers am Freitag gegen den FC Bayern München II zogen einen Tag später der SV Wehen und die TSG Hoffenheim mit ihren Kantersiegen an den Blauen vorbei. „Damit mussten wir rechnen“, sagte Dutt am Sonntag. Das Abrutschen auf Platz vier stürzte ihn zwar nicht in eine tiefere Sinnkrise. Dennoch tat er sich sehr schwer, dieser Tatsache etwas Positives abzugewinnen: „Vielleicht“, erklärte Dutt und legte die Stirn in Falten, „vielleicht liegt uns die Rolle des Jägers ja besser.“

Logisch, dass sich der Coach auf solche vagen Vermutungen nicht verlässt. Den trainingsfreien Sonntag strich Dutt ersatzlos. Er weiß genau: Die Lage ist ernst. Wollen die Blauen nicht weiter nach unten durchgereicht werden, müssen sie so schnell wie möglich wieder in die Erfolgsspur. Die taktische Grundordnung stimmte gegen die Bayern. Auch Wille und Leidenschaft konnte den Kickers keiner absprechen. Was fehlte, war die Leichtigkeit aus der Anfangsphase der Saison – und vor allem die Entschlossenheit. Dutts Erklärung: „Vieles hängt mit fehlender Selbstsicherheit zusammen.“ Aber eben nicht alles. Manuel Hartmann übernimmt zwar immer mehr Verantwortung, dennoch fehlt ein Chef, der in kritischen Phasen den Mund aufmacht. Eine Führungsfigur, ein verlängerter Arm des Trainers auf dem Platz, wie es früher Alexander Malchow darstellte. „Uns fehlt so ein Typ“, räumt Dutt diesen Balanceakt ein, „deshalb müssen wir diese Rolle auf mehrere Schultern verteilen.“ Warum solche ein Mann nicht verpflichtet wurde? Dutt: „Nach Okpala konnten wir nicht auch noch einen routinierten Klassemann für hinten holen.“

Mit dem Sprung in die dritte Runde des DFB-Pokals ließe sich dies in der Winterpause nachholen. Dafür müssen die Kickers am Mittwoch Hertha BSC schlagen. Die Berliner nahm Dutt am Samstag im Olympiastadion gemeinsam mit Präsident Hans Kullen unter die Lupe. Die Erkenntnis nach dem 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach: „Wenn Hertha seine spielerische Linie nicht findet, sind sie anfällig. Wir müssen es schaffen, die Partie lange ausgeglichen zu gestalten, dann haben wir eine Chance.“ Wie auch immer es ausgeht: Das Schlüsselspiel aus sportlicher Sicht geht erst am Sonntag (14 Uhr) über die Bühne: Dann kommt der Regionalligazweite SV Wehen auf die Waldau.

Stuttgarter Nachrichten

Zwischen Krise und Kritik
 
Fußball-Regionalliga: den Kickers fehlen die Siege, Reutlingen die Tore
 
STUTTGART (ump). Die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart hat in der Fußball-Regionalliga ihre Tabellenführung verteidigt. Der Lokalrivale Kickers steht vorerst nicht mehr auf einem Aufstiegsplatz – und Reutlingen spielt zum vierten Mal nacheinander 0:0.

Die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart kann in der Fußball-Regionalliga zwar nicht aufsteigen, aber die Tabellenführung zu verteidigen ist Anreiz genug. Und so war der Trainer Rainer Adrion nach dem 2:0-Sieg in Kaiserslautern äußerst zufrieden. Auch weil die Mannschaft den Abgang des Spielmachers Sami Khedira zu den Profis gut verkraftet hat. „Marcel Schuon und Peter Perchtold haben diese Lücke hervorragend geschlossen. Das war mitentscheidend für den Sieg, auch wenn Khedira von seiner Qualität nicht eins zu eins zu ersetzen ist.“

Wer weiß, vielleicht muss der VfB bald einen weiteren Leistungsträger ersetzen, denn Tobias Weis hegt Abwanderungsgedanken. „Er war in Kaiserslautern der beste Spieler“, weiß Adrion um die Vorzüge des Flügelflitzers. Ob die auch bei der eigenen Profiabteilung goutiert werden? „Wenn nicht ist es legitim, dass er den Umweg über einen anderen Profiverein sucht“, sagt Adrion. Fragt sich noch, wann? Im Winter oder erst zum Saisonende. Über kurz oder lang jedenfalls wird die TSG Hoffenheim in der Tabelle oben stehen, so Adrions Eindruck nach dem Besuch des vermeintlichen Spitzenspiels am Samstag gegen Saarbrücken. „Ich habe aber nur eine Spitzenmannschaft gesehen“, sagt Adrion. Hoffenheim eben. Und Saarbrücken? „Steckt in einer totalen Krise.“

Vorbei ist auch das Krisengerede beim Lokalrivalen Stuttgarter Kickers nach dem 1:1 gegen Bayern München II nicht. Normalerweise haben die Spieler sonntags auch frei. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, wie gestern. Da bat Robin Dutt zum Training. „Das ist aber keine Strafmaßnahme“, betonte der Kickers-Coach. „Ich wollte die Mannschaft einfach um mich herum haben, um gezielt im Hinblick auf das Hertha-Spiel arbeiten zu können.“ Der fast ausverkaufte Pokalschlager am Mittwoch (20 Uhr) gegen den Bundesligisten ist die Kür, die Pflicht folgt am nächsten Sonntag gegen den SV Wehen. „Natürlich wollen wir da wieder auf einen Aufstiegsplatz kommen, aber ein Schlüsselspiel ist auch diese Partie nicht.“

Die Formkurve zeigt nach unten, fünf Spiele ohne Sieg, den die Kickers gegen zehn Bayern-Spieler mit dem Ausgleich zum 1:1 noch leichtfertig vergeben haben. „Dabei hätte die Mannschaft ein Erfolgserlebnis nötig gehabt“, sagt Dutt. Denn am Freitag spielte die Mannschaft nicht nur gegen den FC Bayern, sondern auch stets gegen die Angst zu verlieren. Zwar stimmte die Ordnung im Spiel, dafür fehlte aber die Kreativität. Was in den ersten Wochen der Saison noch leicht und locker vom Fuß ging, wird zusehends zur Last. Woran es liegt? „Ich kann es nicht sagen“, meint der Kapitän Jens Härter, „es fehlen immer nur Kleinigkeiten.“

Dem SSV Reutlingen fehlt vor allem eines: Tore. Seit sechs Spielen wartet die Mannschaft nun schon auf einen Treffer, in den vergangenen vier Partien hat sich der Aufsteiger auf ein 0:0 „eingeschossen“. Dabei zogen die Gäste bei 1860 München II nach der Pause ein Powerplay auf und vergaben beste Möglichkeiten. „Man kann auswärts nicht besser spielen“, sagte Sasa Janic, „aber wenn man vier hundertprozentige Chancen vergibt, dann kommt so etwas dabei heraus.“

Eine Nullnummer – der besseren Sorte. Und Trainer Peter Starzmann wehrte sich denn auch gegen den Vorwurf, er lasse zu defensiv spielen. „Wir spielen immer auf Sieg.“ Allerdings ist die Abschlussschwäche bezeichnend, und so ist es nicht ausgeschlossen dass der SSV in der Winterpause im Sturm nochmal nachlegt. Einstweilen nimmt Starzmann die Serie gelassen: „Wir haben noch 22 Spiele. Jedes Mal ein 0:0, dann haben wir am Ende 40 Punkte.“ Und den Klassenverbleib sicher.

Stuttgarter Zeitung

Keine Schönfärberei

Nach dem sechsten sieglosen Pflichtspiel hoffen die Kickers auf einen Pokal-Schub
 
Stuttgart – Enttäuschung, Ratlosigkeit und ein Schuss Verzweiflung herrschte nach dem 1:1 gegen den FC Bayern München II bei den Regionalliga-Fußballern der Stuttgarter Kickers. Dabei hätte nicht viel gefehlt und Erleichterung wäre das vorherrschende Gefühl gewesen. Die zu analysierende Leistung wäre kaum eine andere gewesen, wenn Sandro Wagner nicht noch der Ausgleich gelungen wäre. Die Situation ist so aber eine ganz andere.
 
Von Sigor Paesler

„Wir waren kurz vor dem großen Erfolgserlebnis, das wir so dringend gebraucht hätten“, sagte Kickers-Coach Robin Dutt mit versteinerter Mine und fügte hinzu: „Wäre es beim 1:0 geblieben, wäre die Analyse natürlich ganz anders ausgefallen.“ Es war aber nicht bei der Führung geblieben, die Mirnes Mesic nach drei vergebenen Großchancen dann doch noch geschafft hatte. Im Falle eines Sieges hätte die abgelieferte Leistung genügt, um von einem Schritt in die richtige Richtung zu sprechen. Die Stuttgarter hatten gegen einen spielerisch starken, aber unnötig defensiven Gegner mit Engagement, aber zu wenig Durchschlagskraft und Selbstvertrauen gespielt – nachvollziehbar, bei zuvor fünf sieglosen Pflichtspielen in Folge.

Nun aber sind die „Blauen“ nicht nur erstmals in der laufenden Spielzeit einen Aufstiegsplatz los, sondern auch um eine negative Erfahrung reicher. Dutt muss erneut versuchen, einen Weg zu finden, sein Team zur zu Saisonbeginn gezeigten Stärke zurückzuführen. Und das wird immer schwerer. Die Spieler selbst haben offensichtlich kein Rezept. „Ich sehe eigentlich keinen großen Unterschied. Diesmal haben uns fünf Minuten gefehlt“, antwortete Kapitän Jens Härter auf die Frage nach dem Vergleich zwischen dem erfolgreichen Saisonstart und der jetzigen Phase. Stürmer Mesic war vollends ratlos: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wir müssen weitermachen und im nächsten Ligaspiel drei Punkte holen.“

Wehen wartet
Das ist am Sonntag gegen den neuen Zweiten SV Wehen. Davor kommt am Mittwoch der Auftritt im DFB-Pokal gegen Bundesligist Hertha BSC Berlin. Was die Chance auf einen weiteren Coup nach dem Erstrundenerfolg gegen den Hamburger SV betrifft, kommt die Begegnung zum absolut falschen Zeitpunkt. Im Hinblick auf die – wichtigeren – Ziele in der Liga, möglicherweise aber nicht. „Vielleicht können wir da Selbstverstrauen tanken“, sagte Mesic und weiß, dass das gegen den Favoriten selbst im Falle einer knappen Niederlage gelingen könnte.

„In diesem Spiel brauche ich mir über das Thema Selbstvertrauen keine Gedanken zu machen“, meinte Dutt, „wir sind der klare Außenseiter.“ Zudem hat er gegen die Bayern wie immer genauer hingeschaut und nicht nur die offensichtlichen Mängel registriert. „Ich habe auch positive Dinge gesehen, die Mannschaft hat immer weiter nach vorne gespielt“, sagte er. Ausführen wollte er das aber nicht: „Sonst wird mir das als Schönfärberei ausgelegt.“

Eßlinger Zeitung

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