Stuttgarts Robin Dutt fiebert dem DFB-Pokalspiel gegen den HSV entgegen – „Wir spielen nicht auf Abwarten“
Von Peter-Michael Petsch
Wie im vergangenen Jahr stehen sich am Sonnabend in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals die Stuttgarter Kickers und der HSV gegenüber. Pokalspiele gegen den HSV haben für die Kickers fast schon Tradition, 1987 standen sich beide Teams sogar im Pokalendspiel gegenüber, das der HSV mit 3:1 gewann. Beim letzten Zusammentreffen konnten die Stuttgarter bis zur 69. Spielminute ein Unentschieden halten, verloren aber schließlich 1:5. In diesem Jahr soll das anders werden. Die Kickers sind Aufstiegskandidat, nach sechs Spieltagen mit fünf Siegen ungeschlagener Tabellenführer der Regionalliga Süd und strotzen vor Selbstbewusstsein. Für die WELT sprach Peter-Michael Petsch mit Kickers-Trainer Robin Dutt über das Spiel und die Chancen seiner Mannschaft.
DIE WELT: Die Stuttgarter Kickers sind furios in die neue Saison gestartet, nach fünf Spielen stehen sie ungeschlagen an der Tabellenspitze. Was macht die Mannschaft in dieser Saison so stark?
Robin Dutt: Wir sind eine junge, gewachsene Mannschaft und haben in dieser Saison lediglich drei Neuzugänge ins Team zu integrieren. Mit Christian Okpala haben wir den Torschützenkönig der vergangenen Regionalligasaison verpflichtet, und Sascha Benda hat bereits früher für uns gespielt. Die Mannschaft hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt. Als ich das Team übernommen habe waren die Kickers fast Absteiger, jetzt sind sie ein Aufstiegskandidat. Wir sind noch kein Spitzenteam, aber wir sind auf dem Weg dahin.
WELT: Sie haben gegen den HSV bereits DFB-Pokalerfahrung gesammelt. Auch im vergangenen Jahr hieß ihr Erstrundengegner HSV. Damals konnte ihr Team nur bis zur 70. Spielminute mithalten, warum kam dann der Einbruch?
Dutt: Kurz vor dem Gegentor zum 1:2 hatten wir die Riesenchance, in Führung zu gehen. Das war die Schlüsselszene. Hätten wir das Tor gemacht, wäre es selbst für einen Bundesligisten schwer geworden, das Spiel noch einmal zu drehen. Nach dem Gegentor wurde meiner Mannschaft klar, wie viel Kräfte sie bis dahin gelassen hatte. Trotzdem hat dieses Spiel gezeigt, dass der HSV für die Kickers nicht unschlagbar ist.
WELT: Ist das HSV-Los für ihr Team eine Belastung? Wie geht ihre Mannschaft damit um?
Dutt: Ganz im Gegenteil, für unsere jungen Spieler ist es toll, gegen diese Mannschaft zu spielen. Sie haben bisher keine Bundesligaerfahrung, haben aber alle das Ziel, einmal dort zu spielen. Jetzt können sie sich mit Bundesligaprofis messen und sehen, was ihnen noch fehlt.
WELT: Was wollen die Kickers in diesem Jahr beim Heimspiel gegen den HSV anders machen?
Dutt: Nicht sehr viel. Wir wollen kein Gegner sein, der auf Abwarten spielt und sein Heil nur in der Defensive sucht, um dann letztendlich doch zu verlieren. Es hat uns beim letzten Mal ausgezeichnet, dass wir lange Zeit spielerisch mitgehalten haben und das ist auch jetzt wieder unser Ziel.
WELT: Wie stellt man einen Regionalligisten gegen einen Champions-League-Teilnehmer ein?
Dutt: Ich werde die Stärken und Schwächen des Gegners analysieren, wie bei jedem anderen Gegner auch. Wir werden versuchen, unsere eigenen Stärken wie schnelles Kombinationsspiel und Torgefährlichkeit auszuspielen. Von der Motivation ist es in so einem Spiel relativ einfach, denn die Jungs sind ohnehin schon heiß. Es ist eher meine Aufgabe, die Jungs vor Übermotivation zu bewahren.
WELT: Wie stark schätzen Sie die Hamburger nach den Weggängen wie von van Buyten, Barbarez und Boulahrouz in dieser Saison ein? War der HSV 2005 oder der HSV dieses Jahr stärker?
Dutt: Es ist erkennbar, dass sich der HSV in dieser Saison noch nicht gefunden hat. Trotzdem ist er eine Top-Mannschaft mit einem Top-Trainer, der mir persönlich sehr sympathisch ist, ebenso wie sein Spielsystem mit einer Raute im Mittelfeld. Das ist auch unser System.
Artikel erscheint am Do, 7. September 2006 in der WELT